JudikaturJustiz6Ob85/65

6Ob85/65 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. März 1965

Kopf

SZ 38/45

Spruch

Zur Frage der Voraussetzungen für die Kuratorbestellung nach §§ 116 und 8 ZPO., sowie § 276 ABGB.

Entscheidung vom 24. März 1965, 6 Ob 85/65

I. Instanz: Bezirksgericht Voitsberg; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz

Text

Die kundigenden Parteien haben als Liegenschaftseigentümer und Bestandgeber der durch einen Kurator vertretenen Verlassenschaft als Bestandnehmerin das Bestandverhältnis über die Liegenschaft EZ. 123, KG. P., mit dem Haus P. 51, unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zum 30. Juni 1965 mit gerichtlicher Aufkündigung vom 18. Dezember 1964 des Bezirksgerichtes V. aufgekundigt. Der die Anschrift der Verlassenschaftskuratorin Anna H., Rechtsanwaltswitwe, Graz, H.gasse 6, tragende Rückscheinbrief, mit dem ihr diese Aufkündigung zugestellt werden sollte, kam am 22. Dezember 1964 mit dem Postvermerk "Empfänger bis 20. 1. 1965 nach Deutschland verreist" an das Bezirksgericht V. zurück. Von diesem Zustellungsanstand wurde der Vertreter der kundigenden Parteien am 29. Dezember 1964 verständigt. Er beantragte mit dem am 31. Dezember 1964 beim Bezirksgericht V. eingelangten Antrag die Bestellung eines Kurators. Dieser Antrag wurde unter Hinweis auf den Postfehlbericht primär auf die Bestimmungen der §§ 115, 116 ZPO. gegrundet. Dabei wurde mit Rücksicht auf die unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zum 30. Juni 1965 ausgesprochene Aufkündigung auf den den kundigenden Parteien aus einer verspäteten Zustellung drohenden Nachteil der Verlängerung des Bestandvertrages um weitere sechs Monate und die Notwendigkeit der Zustellung der Aufkündigung bis längstens 31. Dezember 1964 hingewiesen; hilfsweise wurde die beantragte Kuratorbestellung auch auf § 276 ABGB. und § 8 ZPO. gestützt. Wegen Dringlichkeit der Zustellung wurde die Bestellung eines am Sitz des Bezirksgerichtes V. wohnhaften Kurators beantragt.

Das Erstgericht hat noch am gleichen Tag mit seinem Beschluß ON. 4 den in V. wohnhaften Rechtsanwalt Dr. Rudolf F. gemäß § 116 ZPO. zwecks Zustellung der Aufkündigung K 12/64 des Bezirksgerichtes V, und allfälliger Erstattung von Einwendungen gegen diese Aufkündigung zum Kurator für die Kuratorin der gekundigten Verlassenschaft bestellt und diesem noch am 31. Dezember 1964 die Kündigung zugestellt. Die Tatsache, daß sich die Kuratorin der Verlassenschaft derzeit unbekannten Aufenthaltes in Deutschland befindet, sei durch den Postfehlbericht bescheinigt. Es seien daher die Voraussetzungen der §§ 115, 116 ZPO., um für sie einen Kurator zu bestellen, gegeben.

Gegen diesen Beschluß erhob die gekundigte Partei zwei Rekurse, und zwar den ersten Rekurs, in welchem bereits die Anschrift des ausländischen Aufenthaltsortes der Verlassenschaftskuratorin mit per Adresse Dr. Anton St., P, E.-Weg Nr. 64, DBR., angegeben war und mit welchem auch Einwendungen gegen die Aufkündigung verbunden waren, durch den gemäß § 116 ZPO. bestellten Kurator Dr Rudolf F. (eingelangt am 9. Jänner 1965) und einen zweiten Rekurs (eingelangt am 14. Jänner 1965) durch Dr. Josef F. als Bevollmächtigten der Verlassenschaftskuratorin Anna H.

Das Rekursgericht gab mit Punkt 1. seines Beschlusses dem Rekurs vom 9. Jänner 1965 Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß der Antrag der kundigenden Parteien auf Kuratorbesteilung abgewiesen, die Zustellung der Kündigung und das weitere Verfahren für nichtig erklärt wurden und den kundigenden Parteien die Bezahlung der Rekurskosten auferlegt wurde.

Mit Punkt 2. seines Beschlusses wies es den Rekurs der gekundigten Partei vom 14. Jänner 1965 zurück.

Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, daß nur dann ein die Bestellung eines Kurators nach § 116 ZPO. rechtfertigender unbekannter Aufenthalt vorliege, wenn der die Bestellung eines Kurators beantragende Gegner des Abwesenden bescheinige, daß er trotz der ihr zumutbaren, wenn auch nicht umfangreichen Erhebungen, wie z. B. Befragung leicht erreichbarer Personen, von welchen angenommen werden könne, daß ihnen der Aufenthalt der von ihrem Wohnsitz abwesenden Personen bekannt sei (Angehörige, Wohnungsgenossen, Hausbesorger), den Aufenthalt des Abwesenden nicht habe ermitteln können. Es müsse also bescheinigt werden, daß die Antragsteller unverschuldet von dem derzeitigen Aufenthaltsort des Abwesenden keine Kenntnis haben. Die bloße Berufung auf einen Postfehlbericht genüge nicht. Dazu komme, daß es dem Kurator möglich gewesen sei, innerhalb von 10 Minuten durch fernmündliche Anfrage in der Wohnung der Verlassenschaftskuratorin die Anschrift ihres Aufenthaltsortes in Deutschland zu erfahren. Es seien daher mangels Bescheinigung die Voraussetzungen für die Bestellung eines Kurators nach § 116 ZPO. nicht gegeben gewesen.

Was aber den Umstand anlange, daß die kundigenden Parteien ihren Antrag hilfsweise auch auf § 276 ABGB. gestützt hätten, so sei auch eine darauf gegrundete Kuratorbestellung nicht gerechtfertigt, da, abgesehen davon, daß ein solcher Antrag nicht beim Prozeßgericht (Bezirksgericht V.), sondern beim zuständigen Pflegschaftsgericht in Graz zu stellen gewesen wäre, Voraussetzung für eine Kuratorbestellung nach § 276 ABGB. sei, daß die Antragsteller die ihnen zumutbaren Erhebungen über den Aufenthaltsort des Abwesenden ergebnislos durchgeführt haben. Dies sei aber im vorliegenden Fall nicht geschehen.

Die Bezugnahme auf § 8 ZPO. sei überhaupt verfehlt, da die Verlassenschaftskuratorin Anna H., für welche die Bestellung eines Kurators beantragt worden ist, keine prozeßunfähige Partei sei welche eines gesetzlichen Vertreters bedürfe.

Aus allen diesen Gründen erweise sich die vom Erstgericht vorgenommene Bestellung eines Kurators als ungesetzlich, weshalb in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses der Antrag auf Bestellung eines Kurators abzuweisen gewesen sei, was die Nichtigkeit der Zustellung der Aufkündigung und des bisherigen Verfahrens zur Folge habe.

Die Zurückweisung des von der gleichen Partei erhobenen Rekurses vom 14. Jänner 1965 begrundete das Rekursgericht damit, daß von einer Partei gegen einen Beschluß nur immer ein Rechtsmittel eingebracht werden könne und daß dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, von einer Partei mehrere Rechtsmittel gegen denselben Beschluß eingebracht werden, nur das zuerst eingelangte Rechtsmittel einer meritorischen Erledigung zuzuführen sei, während die anderen Rechtsmittel zurückzuweisen seien.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der kundigenden Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zunächst wird bekämpft, daß das Rekursgericht eine mangelnde Bescheinigung der Ergebnislosigkeit der den kundigenden Parteien zumutbaren Erhebungen über den Aufenthalt der von ihrem Wohnsitz abwesenden und im Ausland befindlichen Verlassenschaftskuratorin angenommen und die Voraussetzungen der §§ 115, 116 ZPO. für eine Bestellung eines Kurators verneint habe. Es wird darauf hingewiesen, daß nach dem Postfehlbericht die Verlassenschaftskuratorin bis 20. Jänner 1965, sohin weit über den Zeitpunkt hinaus, bis zu welchem ihr die Kündigung fristgerecht zugestellt werden mußte, ins Ausland verreist war, und ausgeführt, es sei Sinn und Zweck der Bestimmungen der §§ 115, 116 ZPO., nicht nur den abwesenden Adressaten zu schützen; es würden vielmehr diese Bestimmungen auch den Interessen des Gegners der abwesenden Partei dienen, dem durch sie die Bewirkung der Zustellung an die Gegenseite trotz unbekannten Aufenthaltes derselben ermöglicht werden solle. Es solle nicht nur die Zustellung an sich, sondern insbesondere auch die rechtzeitige Zustellung eines Gerichtsstückes dort, wo bestimmte Fristen einzuhalten seien, gesichert werden.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß stets Voraussetzung für eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung nach § 115 ZPO. bzw. eine Zustellung an einen gemäß § 116 ZPO. zu bestellenden Kurator ist, daß der Aufenthalt des Empfängers unbekannt ist, wobei dem unbekannten Aufenthalt der Fall gleichzusetzen ist, daß der Aufenthalt der Partei zwar bekannt ist, diese aber dort tatsächlich nicht erreicht werden kann (Fasching, Komm. zu den ZP.-Gesetzen II 617, Anm. 3, zu § 115 ZPO.; Neumann, Komm. zu den ZP.-Gesetzen[4] 674, zu § 115 ZPO.). Nach Lehre und Rechtsprechung ist ein unbekannter Aufenthalt erst dann gegeben, wenn nicht nur der Antragsteller keine Kenntnis vom Aufenthalt seines Gegners hat, sondern wenn er auch dem Personenkreis unbekannt ist, der üblicherweise vom Aufenthalt Kenntnis hat. Die Glaubhaftmachung gemäß § 115 ZPO. setzt voraus, daß der Antragsteller den Versuch unternommen hat, den derzeitigen Aufenthalt des Empfängers zu ermitteln, wobei allerdings umfangreiche Erhebungen nicht in Betracht kommen. Der Postfehlbericht allein genügt nicht (Fasching, a. a. O., auch Anm. 1. Neumann, a. a. O., SZ. XXV 10; 1 Ob 139/55 = EvBl. 1955, Nr. 277).

Im vorliegenden fall haben sich aber die kundigenden Parteien in ihrem Antrag hinsichtlich des angeblich unbekannten Aufenthaltes der Verlassenschaftskuratorin in Deutschland lediglich auf den Postfehlbericht berufen und sind daher der ihnen obliegenden Bescheinigungspflicht nicht nachgekommen. Wenn sie nunmehr im Revisionsrekurs ausführen, daß ihr Vertreter am 29. Dezember 1964 in der Wohnung der Verlassenschaftskuratorin angerufen, dort sich aber niemand gemeldet habe, so handelt es sich um eine unzulässige Neuerung, wozu noch kommt, daß auch bei der gegebenen Sachlage ein bloßer Anruf für die Glaubhaftmachung nicht genügt, vielmehr, wie oben dargelegt wurde, Erhebungen bei den Hausgenossen und Mitbewohnern der abwesenden Partei notwendig sind.

Nun ist es zwar richtig, daß der Zweck der Schutznorm der §§ 115, 116 ZPO. darin liegt, der Person, die außerstande ist, sich am Verfahren zu beteiligen, durch einen gesetzlichen Vertreter Vertretungsschutz zu gewähren, andererseits aber den Gang der Rechte Dritter nicht zu hindern (Fasching a. a. O.), doch ändert dies nichts daran, daß, bevor eine Maßnahme nach §§ 115, 116 ZPO. ergriffen werden kann, die Unbekanntheit des Aufenthaltes glaubhaft gemacht sein muß. Das hat allerdings zur Folge, daß es Fälle gibt, in welchen die genannten Bestimmungen nicht hinreichen, um demjenigen, der Rechte gegen eine nicht an ihrem Wohnsitz befindliche Person geltend machen will, seine Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen. So z. B. in dem Fall, wenn der Bestandgeber den Bestandnehmer kundigen will, dieser aber verreist ist und sich an einem bekannten Ort, insbesondere im Ausland, (oder wie hier an einem leicht zu ermittelnden Ort im Ausland) befindet, wohin aber die Aufkündigung selbst bei zeitgerechter Einbringung nicht mehr rechtzeitig zugestellt werden kann. In diesem Fall kommen die Bestimmungen des § 116 ZPO. nicht zur Anwendung, da der Aufenthalt des Bestandnehmers nicht unbekannt ist. Dadurch aber, daß die Zustellung der. Aufkündigung nicht rechtzeitig bewerkstelligt werden kann, würden die dem Bestandgeber zustehenden Kündigungsrechte in ihrem Gang gehemmt werden. In einem solchen Falle sind die Voraussetzungen für eine Kuratorbestellung nach § 276 ABGB. gegeben (Neumann, a. a. O., S. 679, zu §§ 116 bis 118 ZPO.).

Bei der Frage der Zuständigkeit zur Bestellung eines Abwesenheitskurators nach § 276 ABGB. ist davon auszugehen, daß die Bestimmungen der §§ 276, 280 ABGB. im Ergebnis auf § 109 JN. verweisen und daß sie einer Heranziehung des § 112 (2) JN. vorgehen. Das Interesse der Antragsteller an der Bestellung eines Kurators für einen Abwesenden wird vollauf dadurch berücksichtigt, daß die Hemmung des Fortganges ihrer Rechte Grund für die Kuratorbestellung ist. Hingegen kann es für die Zuständigkeitsfrage erst und nur in letzter Linie maßgebend werden, weil es vornehmlich auf die Wahrung dar Interessen des Kuranden ankommt. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um die Vertretung des Abwesenden in einer einzelnen Rechtsangelegenheit oder um eine allgemeine Vertretung handelt, denn es ist die Wahrung der Interessen des Abwesenden von dem für seinen Wohnsitz, allenfalls letzten Wohnsitz oder Aufenthalt, zuständigen Gericht am besten möglich (SZ. XXXIV 99, siehe auch SZ. XXIV 15). Damit ist dargetan, daß es entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs für die Frage der Zuständigkeit zur Bestellung eines Abwesenheitskurators nach § 276 ABGB. nicht darauf ankommt, daß die kundigenden Parteien ihren ordentlichen Wohnsitz im Sprengel des Bezirksgerichtes V. haben. Entscheidend ist vielmehr, daß die gekundigte Verlassenschaft mit Rücksicht auf den letzten Wohnsitz des Verstorbenen in Graz (§ 105 JN.) beim Bezirksgericht für ZRS. Graz abgehandelt wird und daß die Verlassenschaftskuratorin ihren Wohnsitz im Sprengel dieses Bezirksgerichtes hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes für ZRS. Graz gemäß § 109 JN. für die Bestellung eines Abwesenheitskurators nach § 276 ABGB. Soweit aber im Revisionsrekurs ausgeführt wird, daß infolge der Bestimmungen des § 280, zweiter Satz, ABGB. mit Rücksicht darauf, daß der Bestandgegenstand, der aufgekundigt werden soll, im Sprengel des Bezirksgerichtes V. liegt und dort das Kündigungsverfahren anhängig ist, die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes V. zu einer Kuratorbestellung nach § 276 ABGB. gegeben sei, so kann dem nicht gefolgt werden. Die Bestimmungen der §§ 109, 109a, 112 JN. sind an Stelle der Bestimmungen des zweiten Satzes des § 280 ABGB. über eine besondere Zuständigkeit des Gerichtes zur Kuratorbestellung getreten (Wentzel - Piegler im Klang-Komm.[2] I/2 534, zu § 280 ABGB.). Auch Bartsch im Klang-Komm.[1] I/1 1128, zu § 280 ABGB., ist dieser Auffassung und führt dazu aus, daß der Schlußsatz des § 280 ABGB. nur insofern noch von Bedeutung sei, als auch heute noch die Zuständigkeitsregeln für die Pflegschaftsgerichtsbarkeit andere sind, wenn es sich um die Personalpflegschaft handelt oder um die sogenannte Sachpflegschaft, da für jene die Regeln der §§ 109 - 111 JN., für diese aber die im § 112 JN. angeführten Regeln des bürgerlichen Rechtes und des Prozeßrechtes gelten. Aus all dem ergibt sich, daß entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung der Bestimmung des § 280, zweiter Satz, ABGB. keine über die erwähnte allgemeine Zuständigkeitsregel hinausgehende Bedeutung einer selbständigen besonderen Zuständigkeitsnorm zukommt. Es ist daher aus den dargelegten Gründen im vorliegenden Fall eine Zuständigkeit des Bezirksgerichtes V. zur Bestellung eines Abwesenheitskurators nach § 276 ABGB. nicht gegeben.

Was aber schließlich die Frage der Bestellung eines Kurators nach § 8 ZPO. anlangt, so ist davon auszugehen, daß Kündigungsgegner der ruhende Nachlaß, sohin ein Gebilde ist, dem zwar nach dem Gesetz Parteifähigkeit zukommt, das aber, um handlungs- und prozeßfähig zu sein, eines Vertreters bedarf (Fasching, a. a. O., II 163, zu § 8 ZPO.) und daß zu diesem Zweck die erblasserische Witwe vom Abhandlungsgericht zum Verlassenschaftskurator bestellt wurde (Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS. Graz vom 30. Oktober 1964). Damit kommt aber eine Bestellung eines Prozeßkurators nach § 8 ZPO. durch das Prozeßgericht nicht mehr in Betracht, weil nach dieser Bestimmung nur dann vorgegangen werden kann, wenn eine Prozeßhandlung gegenüber einer prozeßunfähigen Partei, die eines gesetzlichen Vertreters entbehrt, vorgenommen werden soll.

Wenn nun eine dringende Prozeßhandlung, worunter im Sinne des § 8 ZPO. alle jene rechtlich erheblichen Parteien- und Gerichtshandlungen anzusehen sind, die im betreffenden Verfahren prozeßrechtliche Wirkungen auslösen und die Einleitung, den Fortgang oder die Beendigung des Verfahrens zum Gegenstand haben (Fasching, a. a. O. II 163, 164, zu § 8 ZPO.), wozu auch eine gerichtliche Aufkündigung als formstrenge Prozeßhandlung gehört (2Ob 480/57 = JBl. 1958, S. 210), gegenüber einem prozeßunfähigen Gegner, z. B. wie hier dem ruhenden Nachlaß, vorgenommen werden soll und dessen Vertreter entweder für längere Zeit oder auch nur vorübergehend abwesen ist, ohne einen Bevollmächtigten zurückgelassen zu haben, dann kann nicht nach § 9 ZPO. vorgegangen werden. In einem solchen Fall ist vielmehr, wenn die Voraussetzungen der §§ 115, 116 ZPO. gegeben sind, über Antrag der Partei, welche die dringende Prozeßhandlung vornehmen will, nach §§ 115, 116 ZPO. vorzugehen oder es kann bei dem für den Gegner nach § 109 JN. zuständigen Gericht (im vorliegenden Fall das Bezirksgericht für ZRS. Graz) für den abwesenden gesetzlichen Vertreter die Bestellung eines Kurators gemäß § 276 ABGB. beantragt werden (Neumann a. a. O. I. 422, zu § 8 ZPO.). Hingegen kommt aus den dargelegten Gründen die Bestellung eines Kurators gemäß § 9 ZPO. durch das Prozeßgericht nicht in Betracht.

Das Rekursgericht hat daher ohne Rechtsirrtum das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bestellung eines Kurators nach §§ 9, 116 ZPO. oder § 276 ABGB. durch das Bezirksgericht V. verneint, in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses den beim Bezirksgericht V. gestellten Antrag auf Kuratorbestellung abgewiesen und die Zustellung der Kündigung an den vom Bezirksgericht V. bestellten Kurator sowie das weitere Verfahren für nichtig erklärt. Es hat auch entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 524 (1) ZPO. zutreffend den von diesem Kurator erhobenen und zuerst bei Gericht eingelangten Rekurs einer meritorischen Erledigung unterzogen und den später vom Bevollmächtigten der Verlassenschaftskuratorin eingebrachten Rekurs zurückgewiesen. Nach dieser Richtung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende Begründung des Beschlusses des Rekursgerichtes verwiesen.