JudikaturJustiz6Ob4/17g

6Ob4/17g – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. März 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Dr. Nowotny und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. B***** P*****, vertreten durch Dr. Andreas Öhler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei p***** GmbH, *****, Deutschland, vertreten durch Mag. Alexander Koukal, Rechtsanwalt in Wien, wegen 49.000 EUR sA (Revisionsinteresse 30.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. März 2016, GZ 1 R 208/15p 34, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Auslegung von Urteilsfeststellungen im Einzelfall regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0118891), es sei denn, die Auslegung der erstgerichtlichen Feststellungen durch das Berufungsgericht stellte eine unvertretbare Fehlbeurteilung dar (7 Ob 132/14h; 1 Ob 138/16z). Eine solche kann hier jedoch nicht erkannt werden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, durch die Feststellung

[ Ein näher bezeichnetes Unternehmen ] war auf der Suche nach einem neuen technischen Projektleiter. Das Unternehmen trat daher an Mag. M***** D***** heran und bat ihn um einen entsprechenden Vorschlag. [ Dieser ] wollte den Kläger dafür vorschlagen, er war jedoch in Kenntnis der Artikel bzw Veröffentlichungen über den Kläger. Daher schlug er den Kläger gegenüber dem Auftraggeber nicht für die Position des technischen Projektleiters vor. […] Hätte Mag. M***** D***** den Kläger [ dem Unternehmen ] vorgeschlagen, wäre dem Kläger die Position nicht zwingend eingeräumt worden. Aufgrund der Reputation [ Mag. M***** D*****s ] bei [de m Unternehmen ] wird jedoch üblicherweise seinen Vorschlägen Folge geleistet. […] Vom fiktiven Eintrittsdatum bis zum Datum der Klagseinbringung hätte dies einen Verdienst in Höhe von 30.000 EUR ergeben.

habe der Kläger den Beweis seines entgangenen Gewinns erbracht, ist durchaus vertretbar. Der entgangene Gewinn ist danach zu bemessen, welchen Gewinn der Kläger „nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten“ gehabt hätte (§ 1293 Satz 2 ABGB), wobei bei der hiefür notwendigen Prüfung des Kausalzusammenhangs jener Umstand (hier: die Artikel bzw Veröffentlichungen der Beklagten) wegzudenken ist, ohne den der Schaden nicht eingetreten wäre, und nicht durch einen anderen Umstand zu ersetzen ist (4 Ob 74/05v SZ 2005/130 = ecolex 2006, 228 [ Tonninger ] = ÖBl 2006/15 [ Barbist ]; 4 Ob 49/07w; Koziol , Wegdenken und Hinzudenken bei der Kausalitätsprüfung, RdW 2007, 12).

2. Auch die Beurteilung, was dem Geschädigten im Rahmen der Obliegenheit zur Schadensminderung konkret zumutbar ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0027787). Dass der Kläger Mag. M***** D***** die Unterlagen aus dem Hamburger Verfahren, in dem es um das Verbot der Artikel bzw Veröffentlichungen ging, nicht zeigte und diesen auch nicht ersuchte, das Unternehmen darauf aufmerksam zu machen und mit diesem das Thema zu klären, bedeutet entgegen der in der außerordentlichen Revision vertretenen Auffassung noch nicht zwingend, dass in diesem Fall Mag. M***** D***** den Kläger auch tatsächlich vorgeschlagen hätte. Auch dass der Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanzen bei seinem Widerruf des ursprünglichen Unterlassungsvergleichs im Hamburger Verfahren wusste, dass die Beklagte die Artikel wieder auf ihre Website stellen würde, ändert an der Vertretbarkeit der Verneinung einer Schadenminderungspflichtverletzung durch den Kläger nichts. Die Artikel bzw Veröffentlichungen waren iSd § 1330 ABGB rechtswidrig (dies wird von der Beklagten im Revisionsverfahren auch gar nicht mehr in Abrede gestellt). Sie wurden von der Beklagten vorsätzlich wieder auf die Website gestellt; Vorsatz schließt aber den Mitverschuldenseinwand des § 1304 ABGB regelmäßig aus (4 Ob 77/06m).

Rechtssätze
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