JudikaturJustiz6Ob250/99d

6Ob250/99d – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. November 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei T***** AG, ***** vertreten durch Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Dr. Peter P*****, vertreten durch Dr. Georg Freimüller ua Rechtsanwälte in Wien, wegen Wiederaufnahme des Rekursverfahrens betreffend die einstweilige Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 5. August 1998, GZ 17 Cg 22/98m-12, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht und Wiederaufnahmegericht vom 15. Juli 1999, GZ 1 R 153/99y (17 Cg 22/98m)-37, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

In Ostösterreich stehen einige größere Baufirmen, ihre Organe und Mitarbeiter im Verdacht, zum Schaden der zumeist öffentlichen Auftraggeber Preisabsprachen getroffen zu haben, die dem Kartellrecht und allenfalls auch dem Strafrecht widersprechen. Der Verdacht hat bereits zu Strafverfahren gegen verschiedene Personen geführt. Darüber wurde vom Beklagten in mehreren von ihm einberufenen Pressekonferenzen öffentlich berichtet. Im Rahmen einer solchen Pressekonferenz führte der Beklagte am 17. 4. 1998 unter anderem Folgendes aus:

"Ich wiederhole nicht alle Vorwürfe, die wir in Richtung T*****, des Wiener Niederlassungsleiters und des Vorstandes vorgebracht haben. Ich verweise nur auf ein Faktum, das diese Woche bekannt geworden ist und das uns auch vorliegt, nämlich daß durch das Anbotsergebnis in bezug auf 1220 Wien, unbenannte Gasse, jetzt der erste konkrete Hinweis, wahrscheinlich Beweis, vorliegt, daß der T*****-Vorstand direkt über die gesamten Praktiken im Rahmen des Wiener Baukartells informiert und damit involviert war. - Das Wesentliche bei dem Dokument ist, daß am 27. 1. 1993 in der T*****-Niederlassung Wien ein Anbotsergebnis vorgelegen ist, das sich bezieht auf ein Anbot vom 29. 1. 1993. Die einzelnen Bruttosummen stehen in diesem Anbot [...] die einzelnen Bruttosummen sind also offensichtlich der TA - und zwar die Summen der Mitbewerber - mindestens zwei Tage vor der Anbotseröffnung in der MA 28 bekannt gewesen".

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen, mit der zu 17 Cg 22/98m beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruchs begehrte die Klägerin, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung folgende unwahre, kreditschädigende Tatsachenbehauptungen zu verbieten:

"a) Beim Baulos 1220 Wien, unbenannte Gasse, waren der T***** die einzelnen Anbotsbruttosummen - und zwar die Summen der Mitbewerber - mindestens zwei Tage vor der Anbotseröffnung in der MA 28 bekannt gewesen.

b) In einer internen Dokumentation der T***** vom 27. 1. 1993 war das Anbotsergebnis der Anbotseröffnung vom 29. 1. 1993 bereits enthalten, der Vorstand der T***** war in diesem Zusammenhang direkt über die gesamten Praktiken im Rahmen des Wiener Baukartells informiert und die Firma T***** habe daher beim Baulos 1220 Wien, unbenannte Gasse, an einem illegalen Preiskartell teilgenommen.

und gleichartige ähnliche kreditschädigende Äußerungen zu verbreiten."

Mit Beschluss vom 5. 8. 1998 erließ das Erstgericht die beantragte einstweilige Verfügung (ON 12). Es ging von dem bescheinigten Sachverhalt aus, dass die vom Beklagten vorgelegte Besprechungsnotiz vom 27. 1. 1993 zwar zwei Tage vor der Anbotseröffnung am 29. 1. 1993 datiert sei, dass aber diese Datierung aufgrund eines Computerfehlers falsch sei und die Urkunde daher keine genügende Grundlage für die Feststellung abgeben könne, dass Vertreter der Klägerin an einer Besprechung mit einer anderen Baufirma am 27. 1. 1993 überhaupt teilgenommen hätten.

Der Beklagte erhob gegen die einstweilige Verfügung Rekurs und stellte weiters einen auf § 399 EO gestützten Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung mit der wesentlichen Begründung, dass sich seit der Zustellung der einstweiligen Verfügung am 13. 8. 1998 die Sachlage rund um die Wiener Baufirmen wesentlich geändert habe. Die Stadt Wien habe über 15 Baufirmen einen vorläufigen Auftragsstopp verhängt. Das Kontrollamt habe Prüfungen durchgeführt und einen Bericht erstattet, in dem festgehalten worden sei, dass am 27. 1. 1993 eine Preisabsprache stattgefunden habe.

Mit seinem Beschluss vom 30. 10. 1998 hob das Erstgericht die einstweilige Verfügung auf. Es nahm die vom beklagten behauptete Bieterabsprache als bescheinigt an.

Mit der gemeinsam ergangenen Entscheidung des Rekursgerichtes vom 28. 12. 1998 wurde dem Rekurs der Klägerin gegen den Aufhebungsbeschluss nach § 399 EO nicht stattgegeben (1 R 237/98z des OLG Wien) und weiters der Rekurs des Beklagten gegen die einstweilige Verfügung mit der Begründung zurückgewiesen, dass infolge der bestätigten Aufhebung der einstweiligen Verfügung die Beschwer des Rekurswerbers weggefallen sei. Das Rekursgericht verwies dazu auf die oberstgerichtliche Rechtsprechung, wonach wegen der Ersatzansprüche nach § 394 EO auch noch nach Zeitablauf der Befristung (Wirksamkeit) der einstweiligen Verfügung ein Rechtsschutzinteresse zu bejahen sei, aus Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs in jüngster Zeit könne aber abgeleitet werden, dass nach einer Aufhebung der einstweiligen Verfügung mögliche Schadenersatzansprüche den Mangel der Beschwer nicht sanieren könnten.

Der Beklagte ließ die Zurückweisung seines Rekurses unbekämpft. Über den Revisionsrekurs der Klägerin änderte der erkennende Senat mit seinem Beschluss vom 20. 5. 1999 die Entscheidungen der Vorinstanzen über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung dahin ab, dass der Aufhebungsantrag des Beklagten abgewiesen wurde (6 Ob 26/99p).

Der Beklagte begehrt nunmehr die Wiederaufnahme des Rekursverfahrens 1 R 160/98a des Oberlandesgerichtes Wien aus den Gründen des § 530 Abs 1 Z 5 und 7 ZPO mit dem Antrag auf Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses und auf meritorische Entscheidung über den Rekurs gegen die einstweilige Verfügung.

Das Rekursgericht wies den Wiederaufnahmeantrag zurück. Gegen Entscheidungen im Exekutionsverfahren sei eine Wiederaufnahme nicht zulässig. Nach der in JBl 1996, 327 veröffentlichten Entscheidung 4 Ob 43/95 sei es in der Lehre und Rechtsprechung unbestritten, dass § 78 EO und damit auch § 402 Abs 4 EO nicht auf die Rechtseinrichtung der Wiederaufnahme des Verfahrens verwiesen (ebenso: 3 Ob 108/98y und 3 Ob 261/98y). Die §§ 530 ff ZPO seien im Sicherungsverfahren höchstens analog anzuwenden. Dies entspreche der herrschenden Lehre und der oberstgerichtlichen Rechtsprechung. Nach der Lehrmeinung Faschings (ZPR2 Rz 2042) sei eine analoge Anwendung nur dort geboten, wo ein besonderes Schutzbedürfnis bestehe. Ein solches habe der Oberste Gerichtshof bei einstweiligen Verfügungen nach § 382 Z 8 lit a EO bejaht, für andere "echte" einstweilige Verfügungen aber verneint. Bei "echten" Provisorialentscheidungen sei die analoge Anwendung der Vorschriften der ZPO über die Wiederaufnahmsklage nicht geboten, weil die endgültige Sachentscheidung über den zu sichernden Anspruch in der Regel dem Prozess über die Hauptsache vorbehalten bleibe. Die jederzeitige Wiederaufnahmemöglichkeit des Provisorialverfahrens sei mit dem vorläufigen Sicherungszweck nicht in Einklang zu bringen, wie dies in der E 6 Ob 26/99p zum Ausdruck gebracht worden sei. Der Wiederaufnahmeantrag sei daher gemäß § 538 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Der Wiederaufnahmswerber mache auch keine tauglichen Wiederaufnahmsgründe geltend. Nach dem Zeitpunkt der Entscheidung eingetretene Änderungen des Tatbestandes könnten eine Wiederaufnahmsklage nicht rechtfertigen. Der geltend gemachte Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 5 ZPO setze eine rechtskräftige präjudizielle Vorentscheidung voraus, die durch eine andere rechtskräftige Entscheidung aufgehoben worden sei. Hier läge die präjudizielle Vorentscheidung im Beschluss des Erstgerichtes über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Dieser Beschluss sei nie in Rechtskraft erwachsen.

Mit seinem Rekurs beantragt der Beklagte die Abänderung dahin, dass dem Wiederaufnahmeantrag stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Für die Zulässigkeit des Rechtsmittels gelten gemäß § 535 ZPO die Vorschriften über das Rechtsmittelverfahren. Die Zulässigkeit setzt also das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen voraus. Dies trifft hier zu.

Der Streitwert im Wiederaufnahmeverfahren richtet sich nach demjenigen des wiederaufzunehmenden Verfahrens. Im Verfahren 1 R 160/98a des Oberlandesgerichtes Wien war der Wert des Entscheidungsgegenstandes mit über 260.000 S bewertet worden. Der Rekurs ist demnach zulässig.

Der Rekurswerber vertritt zusammengefasst folgende Rechtsansichten:

1. Bei einer die Sache erledigenden Entscheidung sei auch im Sicherungsverfahren ein Wiederaufnahmsantrag in analoger Anwendung der Bestimmungen der §§ 530 ff ZPO zulässig (JBl 1994, 478); der Beschluss des Rekursgerichtes auf Zurückweisung des Rekurses des Beklagten sei eine derartige Sachentscheidung;

2. Der Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 20. 5. 1999 habe die zum Zeitpunkt der Zurückweisung des Rekurses präjudizielle Vorentscheidung, nämlich die Aufhebung der einstweiligen Verfügung mit der Wirkung ex tunc beseitigt. Darin liege per analogiam der Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 5 ZPO;

3. Mit der zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs sei eine neue Tatsache geschaffen worden, die aber wegen ihrer Rückwirkung den Wiederaufnahmsgrund nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO darstelle;

4. Bei der Nichtzulassung der Wiederaufnahme werde dem Beklagten jede Möglichkeit genommen, gegen eine rechtswidrige einstweilige Verfügung vorzugehen; dies verstoße gegen das Grundrecht nach Art 6 EMRK auf Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen und verletze das Rechtsstaatprinzip des B-VG;

5. Der Beklagte habe gegen die Zurückweisung seines Rekurses gegen die einstweilige Verfügung bewusst kein Rechtsmittel erhoben, weil ein Revisionsrekurs keine Erfolgsaussichten gehabt hätte; nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung bestehe nach der Aufhebung einer einstweiligen Verfügung kein Rechtsschutzinteresse an einer meritorischen Entscheidung über den Rekurs gegen die einstweilige Verfügung.

Dazu ist auszuführen:

In seiner Entscheidung vom 19. 5. 1998, 3 Ob 108/98y hat der 3. Senat des Obersten Gerichtshofs den Stand der Lehre und der oberstgerichtlichen Judikatur zur Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens im Provisorialverfahren wie folgt zusammengefasst:

"§ 78 EO zählt die Bestimmungen über die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage nicht zu jenen der ZPO, die auch im Exekutionsverfahren anzuwenden sind (Heller/Berger/Stix 1371 f und 2891 f; Rechberger/Simotta Exekutionsverfahren2 Rz 2; Holzhammer Ö. Zwangsvoll- streckungsrecht4 27; Kodek in Rechberger Rz 7 vor § 529 ZPO; aus der Jud zul JBl 1996, 327 = ÖBl 1996, 87). Nach der früher fast einhelligen Auffassung von Rechtsprechung und Lehre gibt es daher im Exekutions- verfahren weder Nichtigkeits- noch Wiederaufnahmeklagen (Fasching IV 481, der nur die Urteile nach § 83 Abs 2 EO idF vor der EO-Nov 1995 ausnimmt; Heller/Berger/Stix 1372 und die dort bei FN 7 zit E; König Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren 332; aM nunmehr Fasching LB2 Rz 2042 ausnahmsweise, wenn ein besonderes Schutzbedürfnis bestehe, einen sacherledigenden Beschluß zu beseitigen; Rechberger, Die fehlerhafte Exekution 177 f, 185 und 188, der eine analoge Anwendung des § 529 ZPO für denkbar hält; Konecny in JBl 1983, 20 [FN 20], soweit die EO keine Verfahrensmöglichkeiten vorsieht, die die Wiederaufnahme ersetzen könnten; in der Rsp nur GlUNF 3833)."

Die vom Rekurswerber zitierte Entscheidung 8 Ob 585/93 = JBl 1994, 478 erblickte in einer einstweiligen Verfügung über den einstweiligen Unterhalt nach § 382 Abs 1 Z 8 EO eine Sachentscheidung, die wegen des von Fasching angeführten besonderen Rechtsschutzbedürfnisses die analoge Anwendung des Wiederaufnahmeverfahrens der ZPO rechtfertige. Die generelle Richtigkeit dieser Auffassung wurde schon in der Entscheidung 6 Ob 626/93 in Frage gestellt. In mehreren Folgeentscheidungen wurde jedenfalls eine Ausweitung der Anwendbarkeit der Vorschriften der ZPO auf "echte" einstweilige Verfügungen abgelehnt (4 Ob 43/95 = JBl 1996, 327; 3 Ob 108/98y; zur Unzulässigkeit einer Nichtigkeitsklage 3 Ob 261/98y). Das vorliegende Verfahren ist aus folgendem Grund nicht geeignet, die zitierte Judikatur zu überprüfen und die gestellte Rechtsfrage unter Befassung eines verstärkten Senats neuerlich zu behandeln:

Selbst wenn man grundsätzlich im Sinne des Rekurswerbers die analoge Anwendung der §§ 529 ff ZPO im Provisorialverfahren ins Auge fasste, müssten jedenfalls die dann ebenfalls analog zu fordernden Voraussetzungen (Einhaltung von Fristen; fehlendes Verschulden an der Geltendmachung des Wiederaufnahmsgrundes ua) vorliegen. Das Fehlen eines Verschuldens an der Geltendmachung des Wiederaufnahmsgrundes ist eng verknüpft mit der Frage nach dem besonderen Rechtsschutzbedürfnis, weil nur mit diesem die Notwendigkeit eines im Wege der Analogie zu findenden Wiederaufnahmeverfahrens begründet werden könnte. Der Beklagte hat die Zurückweisung seines Rekurses gegen die einstweilige Verfügung, wie er nun selbst darlegt, absichtlich unangefochten gelassen, weil er die Begründung des Rekursgerichtes über den Wegfall einer Beschwer infolge der Stattgebung des Aufhebungsantrages nach § 399 EO für stichhältig und im Einklang mit der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung stehend gehalten habe. Dies trifft jedoch nicht zu, wie dem Rekurswerber schon auf Grund der Begründung im Zurückweisungsbeschluss des Rekursgerichtes hätte auffallen können. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung wird nach dem Wegfall der Wirkungen einer einstweiligen Verfügung infolge des Ablaufs der Zeit, für welche die einstweilige Verfügung bewilligt worden war, ein Rechtsschutzinteresse an einer Sachentscheidung über den Rekurs gegen die einstweilige Verfügung bejaht, weil der Rekurswerber wegen seiner Schadenersatzansprüche nach § 394 EO ein rechtliches Interesse an der Klärung der Frage hat, ob die einstweilige Verfügung berechtigterweise erlassen wurde. Die einstweilige Verfügung ist zwar inhaltlich "überholt", die Beschwer aber wegen des möglichen Schadenersatzanspruchs noch nicht weggefallen (EFSlg 46.775; 4 Ob 113/95; 2 Ob 547/95 = JBl 1996, 599). Der kritischen Entscheidungsanmerkung Königs zu der zuletzt genannten Entscheidung (König will das Rechtsschutzinteresse erst im Ersatzverfahren geprüft haben) ist der enge Sachzusammenhang zwischen dem Verfügungs- und dem Ersatzverfahren entgegenzuhalten (SZ 68/32). Auch im Fall der Aufhebung einer einstweiligen Verfügung nach § 399 EO, die ja - beim hier maßgebenden Aufhebungsgrund - nur ex nunc wirkt, wird das Rechtsschutzinteresse des Beklagten an einer meritorischen Entscheidung über seinen Rekurs nicht beseitigt. Bei einem Rechtsmittelerfolg wäre die einstweilige Verfügung mit Wirkung ex tunc beseitigt. Von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses kann schon deshalb keine Rede sein, weil der Beklagte den künftigen Eintritt der Rechtskraft der Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 399 EO nicht als gesichert ansehen und daher schon aus diesem Grund eine meritorische Entscheidung über seinen Rekurs verlangen durfte. Vor Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses nach § 399 EO werden die Wirkungen der einstweiligen Verfügung noch nicht vollständig und endgültig beseitigt (vgl SZ 8/286). Ein Hinweis auf diese Rechtslage wurde schon in der Begründung des Beschlusses 6 Ob 26/99p gegeben. Dabei handelte es sich keineswegs um ein vom Rekurswerber jetzt behauptetes "fast schon hämisch gefasstes Dictum", sondern um den Hinweis, dass eine Anfechtung des Zurückweisungsbeschlusses möglich und auch erfolgreich gewesen wäre. Damit liegt aber auch schon die Begründung dafür vor, dass für die angestrebte Wiederaufnahme des Rekursverfahrens in einem Provisorialverfahren im Wege einer analogen Anwendung der §§ 530 ff ZPO das erforderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben ist. Es liegt nicht das vom Rekurswerber ins Treffen geführte Rechtsschutzdefizit infolge fehlender Überprüfungsmöglichkeiten einer gerichtlichen Entscheidung vor, was nach Art 6 EMRK allenfalls bedenklich sein könnte. Die meritorische Behandlung seines Rekurses unterblieb nur deshalb, weil der Beklagte 1. die Bestätigung der Aufhebung der einstweiligen Verfügung durch den Obersten Gerichtshof als sicher voraussetzte, obwohl dies aus den in der Entscheidung 6 Ob 26/99p angeführten Gründen nicht zu erwarten war (eine Bestätigung hätte die Abkehr von der jüngeren oberstgerichtlichen Judikatur, etwa von der Entscheidung ÖBl 1996, 98 bedeutet) und 2. dass eine erfolgreiche Anfechtung des mit dem Wegfall der Beschwer begründeten Zurückweisungsbeschlusses nicht zu erwarten gewesen sei, was wiederum - wie aufgezeigt - mit der oberstgerichtlichen Vorjudikatur nicht in Einklang steht.

Das Rekursgericht ist mit seiner Ablehnung der Wiederaufnahme des Provisorialverfahrens der zitierten oberstgerichtlichen Judikatur gefolgt. Eine analoge Anwendung der Bestimmungen der §§ 530 ff ZPO im Provisorialverfahren kommt jedenfalls dann nicht in Frage, wenn der Wiederaufnahmswerber ohnehin in der Lage war, eine Sachentscheidung über seinen Antrag herbeizuführen. In diesem Fall liegt kein Rechtsschutzdefizit vor, das als planwidrige Gesetzeslücke per analogiam geschlossen werden müsste.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 78 und 402 EO; §§ 41 und 50 ZPO.

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