JudikaturJustiz6Ob171/05y

6Ob171/05y – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. August 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj 1. Feyzullah A*****, geboren am *****, 2. Leyla Merve A*****, geboren am *****, und 3. Melike Nur A*****, geboren am *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter Ayse G*****, vertreten durch Dr. Martin Schuppich, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. März 2005, GZ 44 R 80/05y 144, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 19. Jänner 2005, GZ 2 P 4/01f 138, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 62 Abs 1 AußStrG ist gegen einen im Rahmen des Rekursverfahrens ergangenen Beschluss des Rekursgerichts der Revisionsrekurs nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Eine solche erhebliche Rechtsfrage wird im vorliegenden Rechtsmittel nicht aufgezeigt. Das in § 148 Abs 1 ABGB normierte Recht des minderjährigen Kindes und des mit ihm nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Elternteils, miteinander persönlich zu verkehren (Besuchsrecht), ist ein Grundrecht der Eltern Kind Beziehung und ein allgemein anzuerkennendes, unter dem Schutz des Art 8 EMRK stehendes Menschenrecht (7 Ob 106/99k; 7 Ob 27/01y; 8 Ob 42/02p; 4 Ob 227/02i uva). Der obsorgeberechtigte Elternteil ist dem Kind gegenüber zu dessen Wohl verpflichtet, es unter Vermeidung jeglicher negativer Beeinflussung bestmöglich auf die Besuche des nicht obsorgeberechtigten Elternteils vorzubereiten und die Kontakte mit ihm sodann unter Bedachtnahme auf das Kindeswohl zu verarbeiten (1 Ob 96/97t; 8 Ob 42/02p). Es entspricht stRsp, dass die Unterbindung des Kontakts zu dem getrennt lebenden Elternteil nur in Ausnahmefällen aus besonders schwerwiegenden Gründen zulässig ist. Nur bei massiver Gefährdung des Kindeswohls hat in einem - selbst unverschuldeten - Konfliktfall der Besuchsrechtsanspruch eines Elternteiles gegenüber dem Kindeswohl zurückzutreten (1 Ob 96/97t; 1 Ob 232/01a; 8 Ob 42/02p ua). Liegen derartige schwerwiegende Gründe vor, kann das Besuchsrecht immer nur vorübergehend oder bis auf Weiteres (grundsätzlich jedoch nicht für immer) untersagt werden (4 Ob 1540/92; 1 Ob 232/01a; 8 Ob 42/02p ua).

Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, inwieweit einem Elternteil unter Bedachtnahme auf Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände das Besuchsrecht eingeräumt, eingeschränkt oder sogar entzogen werden soll, ist grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Es kann ihr daher keine Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zuerkannt werden, wenn nicht leitende Grundsätze der Rechtsprechung verletzt wurden (RIS Justiz RS0097114).

Die Auffassung des Rekursgerichts, dass die im Rekurs der Mutter behaupteten neuen Tatsachen eine gänzliche Untersagung des Besuchsrechts nicht rechtfertigen würden, bedarf keiner Korrektur, hält sie sich doch im Rahmen der Rechtsprechung, wonach selbst eine „angstbetonte Beziehung" eines Kindes für eine gänzliche Untersagung des Besuchsrechts nicht ausreicht (RIS Justiz RS0047950) und nur ganz erhebliche, mit der Besuchsrechtsausübung verbundene seelische Irritationen des Kindes eine vorübergehende Untersagung des Besuchsrechts rechtfertigen könnten (5 Ob 329/98p mwN). Die in der Zulassungsbeschwerde geltend gemachte, in der Unterlassung einer Beweisaufnahme des Rekursgerichts über die behaupteten neuen Tatsachen liegende Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens vermag daher die Zulässigkeit des außerordentlichen Revisionsrekurses nicht zu begründen. Überdies kommt den von der Revisionsrekurswerberin behaupteten Umständen, die als besonders schwerwiegende Gründe eine gänzliche Untersagung des Besuchsrechts rechtfertigen sollen, keine über den Einzelfall hinausgehende erhebliche Bedeutung zu.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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