JudikaturJustiz5Ob49/13m

5Ob49/13m – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. November 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Laimböck, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. J***** M*****, vertreten durch Dr. Erich Kafka, Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, 2. T***** T*****, vertreten durch Dr. Martin Mahrer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 187.665,58 EUR sA (Revisionsstreitwert 105.687,50 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. Jänner 2013, GZ 15 R 254/12a 89, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Nach Auflösung des zwischen den Parteien über ein Gastwirtschaftsunternehmen abgeschlossenen Kaufvertrags wegen Verzugs der Klägerin mit der Zahlung eines Teils des Kaufpreises begehrt diese die Rückzahlung des von ihr geleisteten Kaufpreises. Die Beklagten wendeten, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ein, die Klägerin habe das Gastwirtschaftsunternehmen von 2006 bis 2009 betrieben und dafür Benützungsentgelt zu entrichten. Dieses hielten sie der Klagsforderung als Gegenforderung entgegen.

Beide Vorinstanzen stellten den Bestand der Klagsforderung mit 187.665,58 EUR fest, den der Gegenforderung mit 105.687,50 EUR und verpflichteten die Beklagten zur ungeteilten Hand, der Klägerin den Betrag von 81.978,04 EUR samt 4 % Zinsen seit 26. 2. 2009 zu bezahlen. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.

Die Klägerin macht in ihrer außerordentlichen Revision geltend, das Urteil des Berufungsgerichts weiche von ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage der Rückabwicklung synallagmatischer Verträge ab. Während der Klägerin ein hohes Benützungsentgelt auferlegt werde, sei nicht berücksichtigt worden, dass die Beklagten den erhaltenen Kaufpreis bis zur Rückstellung des Lokals hätten nutzen können. Es lägen äquivalente Leistungen beider vor, die zwischen den Streitteilen bereits zu einem angemessenen Ausgleich geführt hätten.

Rechtliche Beurteilung

Bei einem Vertragsrücktritt infolge Verzugs nach § 918 ABGB erfolgt die Rückabwicklung nach § 921 Satz 2 ABGB, woraus die in den §§ 1431 ff ABGB niedergelegte verschuldensunabhängige, bereicherungsrechtliche Rück-stellungs bzw Vergütungspflicht folgt (RIS Justiz RS0018505; RS0018688; 10 Ob 57/04m ecolex 2006, 123). Der Wegfall des Vertrags beseitigt bei beiden Partnern den Rechtsgrund für das Behalten der empfangenen Leistung. Soweit möglich, ist die erhaltene Leistung selbst herauszugeben, ansonsten ihr Wert. Wurde die geleistete Sache verwendet, ist dafür ein angemessenes Benützungsentgelt zu zahlen (RIS Justiz RS0018527; 5 Ob 33/06y: angemessener Pachtzins für die Zeit, in der eine Betriebsliegenschaft benützt und bewohnt wurde). Vorteil im Sinn des § 877 ABGB ist das, was in jemandes unbeschränkte Verwendungsmöglichkeit gelangt ist, gleichgültig, ob er davon in der Folge einen nützlichen oder sogar einen verlustbringenden Gebrauch gemacht hat (RIS Justiz RS0016319; zuletzt 10 Ob 35/11m; Koziol in KBB³ § 1431 ABGB Rz 7 mwN).

Es unterliegt keinem Zweifel, dass bei Rücktritt vom Vertrag bei zweiseitig verbindlichen Verträgen bereicherungsrechtliche Ansprüche beider Vertragsteile, die bereits Leistungen erbracht haben, entstehen (RIS Justiz RS0086350).

Jene Rechtsprechung, die bei der Rückabwicklung synallagmatischer Verträge nach den §§ 330, 1437 ABGB eine „subjektive Äquivalenz“ der Leistungen zu Grunde legt, weshalb sich Früchte und Nutzungen gegenseitig aufheben (vgl RIS Justiz RS0010214; 4 Ob 84/97z SZ 70/69 ua, worauf sich die Klägerin in ihrem außerordentlichen Rechtsmittel beruft), kann sie schon deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil hier § 330 ABGB nicht anzuwenden ist (RIS Justiz RS0018524). Außerdem sind die gegenseitigen Leistungen hier infolge Unterlassung der Zahlung des Gesamtkaufpreises durch die Klägerin ganz offensichtlich nicht gleichwertig, sodass sich die Annahme einer subjektiven Äquivalenz verbietet. Es erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit dieser von der Lehre kritisierten Rechtsprechung, die von einer gegenseitigen Aufhebung der Früchte und Nutzungen ausgeht (vgl Welser in Koziol/Welser II 13 297 samt FN 142).

Ob daher die Beklagten als Kaufpreisempfänger dem Kläger Zinsen für die Nutzung dieses Kapitals schulden, wäre nur dann zu prüfen gewesen, wenn die Klägerin die Behauptung einer außergerichtlichen Aufrechnung aufgestellt (RIS Justiz RS0033876) oder Zinsen aus dem Kaufpreis im gegenständlichen Verfahren geltend gemacht hätte. Sie hat jedoch Zinsen nur seit 26. 2. 2009 (Zeitpunkt der Rückstellung des Unternehmens) begehrt.

Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO war daher die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Rechtssätze
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