JudikaturJustiz5Ob292/98x

5Ob292/98x – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Dezember 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Firma D*****, vertreten durch Dr. Gerhard Götschhofer, Rechtsanwalt in 4655 Vorchdorf, Schloßplatz 15, wegen Grundbuchseintragungen ob der Liegenschaft *****, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 19. August 1998, 22 R 277/98m, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gmunden vom 26. Mai 1998, TZ 2625/98, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichtes wird in der Weise abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Der Vollzug der dadurch notwendigen Grundbuchseintragungen sowie die Verständigung der bereits im Beschluß vom 26. 5. 1998 angeführten Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Unter Vorlage einer Pfandbestellungsurkunde vom 19. 5. 1998, in der festgehalten ist, daß die Antragstellerin gegen Hermann J*****, "aus dessen Tätigkeit für die Antragstellerin Schadenersatzforderungen aufgrund von Handlungen zum Schaden der Antragstellerin hat", begehrte die Antragstellerin "zur Sicherstellung aller Schadenersatzforderungen aus Haupt- und Nebenansprüchen aller Art bis zum Höchstbetrag von S 3,500.000,-- die der Antragstellerin gegen Hermann J*****, aus Handlungen zu Lasten der Antragstellerin bis Mai 1998 erwachsen sind und in Hinkunft erwachsen werden, mögen diese Forderungen aus Kapital, Zinsen sowie Spesen, Kosten und Gebühren herrühren", die Einverleibung eines Höchstbetrags- pfandrechtes in den Einlagen EZ *****, unter Anmerkung der Simultanhaftung, wobei die EZ ***** als Haupteinlage und die EZ ***** als Nebeneinlage haften soll.

Das Erstgericht bewilligte diese Eintragungen; das von den Pfandbestellern angerufene Rekursgericht wies jedoch das Eintragungsbegehren aus folgenden Erwägungen ab:

Auszugehen sei davon, daß ein Begehren auf Einverleibung einer Hypothek nur bewilligt werden könne, wenn dem Grundbuchsgericht neben der Pfandbestellung und dem Rechtsgrund zum Pfandrecht (§ 26 Abs 2 GBG) auch der Bestand oder das künftige Entstehen der zu sichernden Forderungen nachgewiesen wird (SZ 61/222, mwN; ÖBA 7/98, 572 mwN ua).

Zum erforderlichen Nachweis der zu sichernden Forderung gehe die herrschende Ansicht (vgl SZ 61/222) davon aus, daß es der Beibringung eines Schuldscheines nicht bedürfe, weil in der Pfandbestellungsurkunde auch die Anerkennung des Bestands einer rechtsgültigen Forderung gelegen sei. Die zu sichernde Forderung müsse bloß in der Pfandbestellungsurkunde nach Gläubiger, Schuldner, Schuldgrund und Höhe genau bestimmt sein.

Bei der durch ein gegenwärtig wirksames Pfandrecht zu sichernden Forderung könne es sich nach herrschender Auffassung auch um eine aufschiebend bedingte oder erst künftig entstehende Forderung handeln, soferne diese zur Zeit der Pfandrechtseinräumung ausreichend (durch Angabe von Gläubiger, Schuldner, Schuldgrund und Höhe) individualisierbar ist (SZ 61/222 mwN).

§ 14 Abs 2 GBG eröffne die Möglichkeit, daß anstelle eines feststehenden Betrages ein Höchstbetrag einverleibt wird. Die Aufzählung der Rechtsgründe in § 14 Abs 2 GBG umfasse alle aus einem Vertrag (vgl 1996, 650) entstehenden Schadenersatzansprüche, den Rechtsgrund der Konventionalstrafe, Rückgriffsansprüche eines Bürgen, alle Arten bestehender Kreditverhältnisse, Gewährleistung, übernommene Geschäftsführung und letztlich nach § 191 StPO auch die Sicherstellung von Haftkautionen. Allen diesen Rechtsgründen sei gemeinsam, daß zukünftige Forderungen schon jetzt gesichert werden können, daß aber der Gläubiger, der Schuldner und vor allem ein ganz bestimmter Rechtsgrund feststehen müssen, aus dem das Entstehen von Forderungen erwartet werden kann (JBl 1994, Seite 650). In seiner Entscheidung vom 10. 7. 1996 (JBl 1996, 646) habe das Höchstgericht (als verstärkter Senat) den Rechtssatz formuliert, daß die Begründung von Höchstbetragshypotheken über die im § 14 Abs 2 GBG genannten Fälle hinaus für alle zukünftigen Forderungen zulässig sei, wenn außer der Person des Berechtigten und des Schuldners auch der genau umrissene Rechtsgrund, aus dem die Forderung entstehen könnte, feststehe.

Zur Wahrung des Spezialitätsgrundsatzes dürfe nämlich nicht einem bestimmten Gläubiger dadurch eine bevorzugte Stellung eingeräumt werden, daß allen seinen Forderungen eine Befriedigungsmöglichkeit vor anderen Gläubigern zugestanden wird (SZ 27/155; SZ 11/15; SZ 48/75).

Die Frage, wann ein ausreichend bestimmter Rechtsgrund vorliegt, werde allerdings nicht einheitlich beantwortet. Die ältere Judikatur des Obersten Gerichtshofes habe darunter eine bedingte oder noch nicht fällige Forderung aus einer bereits bestehenden Rahmenvereinbarung verstanden (vgl die Nachweise in Feil, GBG § 14, Rz 18), während der Oberste Gerichtshof sodann (in JBl 1986, 588) auch einen erst künftig (zwischen bestimmten Personen) im Inland zu beurkundenden Kreditvertrag als hinlänglich bestimmtes Rechtsverhältnis angesehen habe.

Zu SZ 61/89 (gemeint offenbar SZ 61/98) sei ausgeführt worden, daß die nur abstrakt und theoretisch bestehende Möglichkeit des Entstehens einer Forderung unzureichend sei. Die bloße Benennung des Rechtsgrundes einer solchen künftigen Forderung würde nicht genügen. Es müsse daher schon eine objektive Grundlage, ein schon vorhandenes, konkretes Rechtsverhältnis bestehen, das die Möglichkeit der Entstehung der künftigen Forderung in sich schließe (vgl Exner, Hypothekarrecht1, Seite 130 f).

Gehe man nun von dieser letztgenannten Ansicht aus, daß ein konkretes Rechtsverhältnis bestehen muß, das die rechtliche Möglichkeit des Bestandes oder auch künftigen Entstehens der zu sichernden Forderung in sich schließt, dann könne hier nicht gesagt zu werden, daß ein derartiges Rechtsverhältnis (urkundlich) nachgewiesen worden wäre.

Die Pfandbestellungsurkunde bezeichne "Schadenersatzforderungen ... (der Einschreiterin) ... gegen Hermann J***** aus dessen Tätigkeit für die D***** auf Grund von Handlungen zu deren Schaden". Auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis sei damit nicht Bezug genommen worden. Wohl könnten auch Schäden aus einer Tätigkeit erwachsen; ohne nähere sachliche und/oder zeitliche Präzisierung könne aber kein hinlängliches Substrat erkannt werden, das auf ein (ab einem bestimmten Zeitpunkt bestehendes) Rechtsverhältnis der Parteien schließen ließe. Es hätte daher der genauen Bezugnahme auf ein konkretes schon vorhandes oder (allenfalls) auch erst künftig abzuschließendes Rechtsverhältnis bedurft, das die rechtliche Möglichkeit der Entscheidung der Forderung konkret erschließen läßt.

Der Ausdruck "Schadenersatzforderungen" sei zwar ein Rechtsgrund, reiche aber ohne nähere Präzisierung zur hinlänglichen Bescheinigung und Abgrenzung der zu sichernden Forderungen der Einschreiterin nicht aus. Zudem beinhalte die Aufzählung der Rechtsgründe in § 14 Abs 2 GBG - nach der Rechtsmeinung des Obersten Gerichtshofes (vgl JBl 1996, 650) - (nur) die aus einem Vertrag entstehenden Schadenersatzansprüche, weshalb auch deswegen zweifelhaft erscheine, ob zukünftige deliktische Ersatzansprüche gemäß § 14 Abs 2 GBG überhaupt gesichert werden können.

Zusammenfassend hätte daher vorliegend auf ein konkret bestimmtes Rechtsverhältnis Bezug genommen werden müssen, das die rechtliche Möglichkeit der Entstehung der künftigen Forderungen in sich schloß. Da dies aber bei der bloßen Nennung einer Tätigkeit hier nicht der Fall sei, wäre der Einschreiterin damit praktisch für zeitlich und inhaltlich nicht näher bestimmte (allenfalls vertragliche und/oder deliktische) Schadenersatzforderungen eine Befriedigungsmöglichkeit zugestanden worden, was aber dem Spezialitätsgrundsatz zuwiderlaufe.

Das Eintragungsbegehren sei daher abzuweisen.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß der Rechtsfrage des Spezifizierungserfordernisses bei für Schadenersatzforderungen zu begründenden Höchstbetragshypotheken eine grundsätzliche rechtserhebliche Bedeutung zuzumessen sei; im besonderen sei auch zur Rechtsfrage der Sicherungsfähigkeit deliktischer Ansprüche (mit Ausnahme des entgegenstehenden Zitates zu JBl 1996, 650) keine Judikatur des Höchstgerichtes vorhanden.

In ihrem Revisionsrekurs wendet sich die Antragstellerin gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, sie habe die zu sichernden Schadenersatzforderungen nicht ausreichend individualisiert. Nach der Rechtsprechung genüge bei Höchstbetragshypotheken zur Wahrung des pfandrechtlichen Spezialitäts- und Akzessorietätsprinzips die Bezeichnung des Rechtsgrundes der zu sichernden Forderung sowie des Gläubigers und des Schuldners. Alle diese Individualisierungsmerkmale ließen sich der vorgelegten Pfandbestellungsurkunde entnehmen. Demnach habe die Antragstellerin aus Tätigkeiten des Hermann J***** "für sie" bereits einen Schaden erlitten, der eindeutig auf Vertragsverletzungen zurückzuführen sei, und aus eben diesem Rechtsgrund werde auch - bis zu einem bestimmten Höchstbetrag - die Sicherung zukünftig entstehender Schadenersatzansprüche begehrt. Daß derartige Forderungen bestehen bzw entstehen können, hätten die Pfandbesteller durch die Unterfertigung der Pfandbestellungsurkunde anerkannt. Die Rechtsprechung habe schon in zweifelhafteren Fällen einer ausreichenden Individualisierung des zu sicherenden Anspruchs - etwa in SZ 61/222 - die Bestellung einer Höchstbetragshypothek als zulässig angesehen. Im übrigen sei die Bestellung einer Höchstbetragshypothek schlechthin für bestimmte Schadenersatzansprüche möglich, also nicht auf Schadenersatzansprüche ex contractu beschränkt.

Der Revisionsrekursantrag geht dahin, in Abänderung des rekursgerichtlichen Beschlusses dem Eintragungsbegehren vollinhaltlich stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Bei der Höchstbetragshypothek ist das Spezialitätsprinzip bezüglich der gesicherten Forderung dahin abgeschwächt, daß nicht der tatsächliche Forderungsbetrag, sondern nur der Höchstbetrag der Forderung feststehen muß. Sie dient auch nicht bloß der Sicherung einer einzelnen Forderung, sondern seines ganzen Schuldverhältnisses für die Dauer seines Bestandes (Hinteregger in Schwimann2, Rz 17 zu § 449 ABGB mwN). Es können mit der Höchstbetragshypothek sowohl bereits entstandene als auch zukünftig entstehende Forderungen gesichert werden (Bartsch, GBG7, 260; JBl 1985, 418; SZ 58/159; SZ 60/68 ua). Voraussetzung ist nur, daß das zwischen Pfandgläubiger und Pfandschuldner bestehende Rechtsverhältnis nicht bloß abstrakt und theoretisch, sondern konkret die rechtliche Möglichkeit der Entstehung künftiger Forderungen in sich schließt (SZ 61/98).

§ 36 GBG verlangt für die Erwirkung eines Pfandrechts (auch eines Höchstbetragspfandrechts) die hinlängliche Bescheinigung der Forderung. Es muß eindeutig bestimmt sein, welche Forderung durch das Pfandrecht gesichert werden soll. Diesem Erfordernis ist bei Höchstbetragshypotheken dann genüge getan, wenn neben der Person des Gläubigers und des Schuldners auch der genau umrissene Rechtsgrund feststeht, aus dem die zu sichernde Forderung entstammt oder entstehen könnte. Zusammen mit der Angabe des Höchstbetrages, bis zu dem die verpfändete Liegenschaft haftet, ist damit die gleiche Verläßlichkeit des Grundbuches gewährleistet wie bei der ziffernmäßig bestimmten Hypothek nach § 14 Abs 1 GBG (SZ 69/159 mwN).

Als Entstehungsgrund von Forderungen, die durch eine Höchstbetragshypothek gesichert werden können, ist in der nach den Regeln der Analogie sogar erweiterungsfähigen Aufzählung des § 14 Abs 2 GBG (siehe dazu SZ 69/159) der Titel des Schadenersatzes genannt. Für die Individualisierung derartiger Ansprüche reicht es aus, sie durch die Bezeichnung der Art des Schadens oder des schadensstiftenden Ereignisses einzugrenzen, indem zB die Sicherung von Forderungen wegen verspäteter oder schlechter Vertragserfüllung oder für Forderungen vereinbart wird, die dem § 912 ABGB zu unterstellen sind (vgl JBl 1979, 144; EvBl 1996/106; SZ 69/159). Es ist auch möglich, für verschieden titulierte Forderungen, etwa für Forderungen aus einer übernommenen Geschäftsführung und für Schadenersatzansprüche eine Höchstbetragshypothek zu bestellen, wenn diese Forderungen aus einem bestimmten Rechtverhältnis entspringen (vgl Bartsch aaO).

Im gegenständlichen Fall sollen Forderungen gesichert werden, die aus einer schadensstiftenden Tätigkeit des Schuldners für die Antragstellerin bis Mai 1998 entstanden sind und noch entstehen werden. Es stehen also die Personen des Schuldverhältnisses fest, der Rechtsgrund der fraglichen Forderungen, nämlich Schadenersatz, und dazu auch noch, daß die Höchstbetragshypothek nur solche Schadenersatzansprüche abdeckt, die aus einer bis Mai 1998 ausgeübten Tätigkeit des Schuldners für die Antragstellerin resultieren. Diese Ansprüche lassen sich als Schadenersatzansprüche aus einer übernommenen Geschäftsführung definieren und sind damit durch die Bezugnahme auf ein konkretes Schuldverhältnis, aus dem sie entstanden sind bzw entstehen können, ausreichend bestimmt. Die eigentliche Präzisierung der gesicherten Forderung wird ohnehin erst im Zuge der Pfandverwertung möglich und notwendig sein.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden, ohne die für den gegenständlichen Fall nicht entscheidungsrelevante Frage lösen zu müssen, ob eine Höchstbetragshypothek auch für deliktische Schadenersatzansprüche bestellt werden kann.

Rechtssätze
4