JudikaturJustiz5Ob2320/96d

5Ob2320/96d – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. September 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Graf, Dr.Floßmann und Dr.Baumann als weitere Richter sowie in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Helmut S*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr.Hans Jürgen K*****, Arzt, ***** vertreten durch Grosch Partner, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 28.März 1995, GZ 3 R 7, 17/95-17, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 28.Oktober 1994, GZ 2 C 770/94d-11, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Maria Luise L***** war Eigentümerin von 76/1310 Anteilen an der Liegenschaft EZ ***** GB *****, mit denen das Wohnungseigentum an der im Haus ***** im zweiten Obergeschoß gelegenen Wohnung W 6 und an der Garage G 1 untrennbar verbunden ist. Der Beklagte wollte diese Liegenschaftsanteile erwerben. Da aber einem unmittelbaren Eigentumserwerb des Beklagten als deutschem Staatsbürger die Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes entgegenstanden, verfaßte Maria Luise L***** über rechtsfreundliche Beratung eine letztwillige Verfügung (Kodizill vom 19.5.1980), in welchem sie die genannten Liegenschaftsanteile dem Beklagten vermachte. Maria Luise L***** verstarb am 1.10.1989, ihr Lebensgefährte Johann P***** wurde aufgrund der Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 4.7.1990 eingeantworteter Erbe und anerkannte im Verlassenschaftsverfahren die Gültigkeit des vorerwähnten Kodizills. Nachdem die Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes Kitzbühel gemäß § 178 AußStrG erteilt worden war, beantragte der Beklagte bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel die Ausstellung einer "Negativbestätigung" im Sinne des § 2 Abs 2 TGVG 1983, die mit Bescheid vom 29.3.1990 auch erfolgte. Gegen diesen Bescheid erhob jedoch der Landesgrundverkehrsreferent Berufung mit der wesentlichen Begründung, daß es sich bei dem Kodizill um ein Umgehungsgeschäft handle, das nichtig und dem deshalb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu versagen sei.

Über diese Berufung entschied die Landesgrundverkehrsbehörde mit Bescheid vom 9.2.1993, daß der Bescheid der Grundverkehrsbehörde Kitzbühel aufgehoben und der Antrag des Beklagten auf Ausstellung einer Negativbestätigung zurückgewiesen wird. Der dagegen vom Beklagten erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof hat dieser mit seinem Erkenntnis vom 28.9.1993 nicht Folge gegeben. Sowohl die Landesgrundverkehrsbehörde als auch der Verfassungsgerichtshof gingen in ihren Entscheidungen im wesentlichen davon aus, daß das Legat im Sinne des § 879 ABGB als nichtiges Umgehungsgeschäft zu werten sei, weil damit nur eine "Ersatzlösung" angestrebt worden sei, um den Zweck eines gesetzlichen Verbotes zu vereiteln.

Da die Aufforderungen des Beklagten, der im Hinblick auf diese Entscheidungen davon ausging, daß die zwischen ihm und L***** getroffenen Vereinbarungen ebenso wie die letztwillige Verfügung nichtig seien, an den Erben Johann P***** auf Rückerstattung von Zahlungen, die der Beklagte behauptetermaßen an die Erblasserin geleistet habe, erfolglos waren, brachte er gegen Johann P***** zu 40 Cg 89/94p des Landesgerichtes Innsbruck eine am 5.5.1994 dort eingelangte Klage auf Zahlung von S 1,500.000,- s.Ng. ein, wobei er Zug um Zug gegen diese Bezahlung auch die Wohnung samt Garage räumen würde. Am 7.6.1994 langte zu 40 Cg 89/94p des Landesgerichtes Innsbruck die Klagebeantwortung des Johann P*****, vertreten durch Dr.Manfred Trentinaglia und Dr.Clemens Winkler, Rechtsanwälte in Kitzbühel, ein; mit Schriftsatz vom 10.6.1994 gab der nunmehrige Klagsvertreter auch die ihm von Johann P***** für das Verfahren vor dem Landesgericht Innsbruck erteilte Vollmacht bekannt. Aufgrund der Vorkorrespondenz hatte der Kläger, seinerseits Rechtsanwaltsanwärter in der Kanzlei des Klagsvertreters, Kenntnis davon, daß die Verfügungsgeschäfte der Maria Luise L***** einem weitläufigen grundverkehrsbehördlichen Verfahren unterzogen waren und letztlich auch die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt wurde. Als im Hinblick darauf Johann P*****, der in diesem grundverkehrsbehördlichen Verfahren keinerlei Beteiligtenstellung hatte, von der beklagten Partei aufgefordert wurde, den Kaufpreis bzw sonstige Aufwendungen zurückzuerstatten, hatte der Kläger auch Kenntnis davon, daß diese Aufforderung die gegenständlichen Liegenschaftsanteile betraf.

Am 6.6./8.6.1994 schloß der Kläger mit dem aufgrund der Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Kitzbühel zum Eigentümer der in Rede stehenden Liegenschaftsanteile avancierten Johann P***** einen Übergabsvertrag, mit welchem Letzterer ihm die Liegenschaftsanteile samt dem Wohnungseigentum an der Wohnung und an der Garage gegen Bezahlung einer monatlichen Leibrente von S 5.000,-

übergab. Dieser Vertrag wurde auch verbüchert, sodaß der Kläger grundbücherlicher Eigentümer der 76/1310 Anteile an der Liegenschaft in EZ ***** ist, mit denen das Wohnungseigentum an der Wohnung W 6, die größer als 60 m2, aber kleiner als 90 m2 ist und der Garage G 1 verbunden ist.

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Räumung der genannten Eigentumswohnung und die geräumte Übergabe derselben an sich, weil der Beklagte das Objekt titellos benütze.

Der Beklagte wandte im wesentliche - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ein, er habe an die seinerzeitige Eigentümerin für den nichtigen Erwerb der streitverfangenen Wohnung S 1,500.000,- hingegeben, sodaß er zur Rückstellung an wen immer nur Zug um Zug gegen Wiederausfolgung dieses Betrages verpflichtet sei. Der Kläger könne daher vom Beklagten die Herausgabe der streitverfangenen Wohnung nur Zug um Zug gegen Wiederausfolgung der von Maria Luise L***** empfangenen Gegenleistung von S 1,500.000,-

s. A. verlangen.

Der Kläger sei Rechtsanwaltsanwärter in der Kanzlei des Klagevertreters. Sein vorauszusetzendes Wissen um die hier dargelegten Vorgänge mache sein Verhalten, das sowohl gegen ein gesetzliches Verbot als auch gegen die guten Sitten verstoße, nichtig. Insbesondere habe er eine dem Rechtsfreund anvertraute Sache ganz an sich gelöst und so gegen die Bestimmung des § 879 Abs 1 und 2 Z 2 ABGB verstoßen.

Außerdem sei das Eigentumsrecht des Klägers zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage noch nicht verbüchert gewesen.

Der Kläger habe den Verkäufer Johann P***** entweder in Irrtum geführt oder dessen Irrtum ausgenützt, um sich eine Leistung versprechen zu lassen, die seiner Gegenleistung in keiner Weise entspreche. Die Gegenleistung des Klägers bestehe nämlich nur darin, daß er den Verkäufer eine monatliche Leibrente von S 5.000,- zahle.

Der Beklagte anerkenne seine Verpflichtung zur Rückstellung und Räumung der streitverfangenen Wohnung, allerdings nur Zug um Zug gegen Zahlung von S 1,500.000,-.

Der Kläger bestritt das Vorbringen des Beklagten, insbesondere, daß er an Frau L***** S 1,500.000,- gezahlt habe. Einen allfälligen Anspruch auf Rückerstattung dieses Betrages stünde jedoch der Anspruch des Rechtsvorgängers des Klägers auf angemessenes Benützungsentgelt seit dem Jahre 1980 gegenüber. Dieses überschreite den Betrag von S 1,500.000,-.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Rechtlich führte das Erstgericht, ausgehend von dem eingangs wiedergegebenen und nicht mehr strittigen Sachverhalt, folgendes aus:

Der Kläger habe keine streitverfangene Sache erworben, weil die Liegenschaftsanteile, mit denen Wohnungseigentum an der vom Beklagten benützten Wohnung verbunden sei, niemals Streitgegenstand gewesen sei. Streit habe lediglich über die Frage der Zug um Zug gegen Rückstellung des Objektes dem Beklagten zurückzustellenden Leistungen geherrscht. Ferner seien diese Liegenschaftsanteile dem Kläger nicht anvertraut im Sinne des § 879 ABGB gewesen, weil Johann P***** im grundverkehrsbehördlichen Verfahren gar keine Parteistellung genossen und hierin auch nicht habe vertreten werden können.

Allfällige Willensmängel des Johann P***** könne nur der Vertragspartner des Klägers, nicht jedoch der Beklagte als außenstehender Dritter geltend machen.

Da im gegenständlichen Fall der die Wohnung titellos benützende Kläger zu keinem der Vertragsteile einen wie immer gearteten rechtlich relevanten Kontakt gehabt und er auch keine Leistungen empfangen hätte, könne ihm auch keine Rückstellungsverpflichtung auferlegt werden. Eine Rechtsnachfolge des Klägers bezüglich des vom Beklagten an seine Vertragspartnerin behauptetermaßen bezahlten Kaufpreises sei nicht eingetreten, weshalb ihm gegenüber auch keine Kondiktionsansprüche (§ 1437 ABGB) geltend gemacht werden könnten.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-

übersteigt und daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Ein "An-sich-lösen der Streitsache" im Sinne des § 879 Abs 2 Z 2 ABGB liege begrifflich schon deswegen nicht vor, weil die Liegenschaftsanteile zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Übergabsvertrages nicht streitverfangen gewesen seien. Prozeßgegenstand im Verfahren 40 Cg 89/94p des Landesgerichtes Innsbruck sei die Bezahlung von S 1,500.000,- gewesen. Auch wenn sich dieses Umgehungsgeschäft auf diese Liegenschaftsanteile bezogen habe, so seien diese dennoch nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß der nunmehrige Beklagte als Kläger im dortigen Verfahren die Zahlung lediglich Zug um Zug gegen Räumung der von ihm benützten Wohnung begehrte. Selbst wenn man zugunsten des Beklagten davon ausgehe, daß der Kläger von dem gegen Johann P***** angestrengten Verfahren gewußt habe, so stehe dem Beklagten dennoch ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu. Dem Kläger komme als grundbücherlichen Eigentümer eine absolute Rechtsstellung gegenüber jedermann, also auch gegenüber dem Beklagten zu. Dessen Sache wäre es gewesen, ausdrücklich zu behaupten und zu beweisen, daß der Kläger und Johann P***** bei Abschluß des Übergabsvertrages zusammengewirkt haben, um dem Beklagten Einwendungen aus dem nichtigen Umgehungsgeschäft abzuschneiden. Derartiges sei jedoch im Verfahren erster Instanz nicht behauptet worden.

Aus der vom Beklagten vorgenommenen Qualifikation des zwischen dem Kläger und Johann P***** abgeschlossenen Übergabsvertrages als eine nach dem Notariatszwangsgesetz nichtige Schenkung sei für den Beklagten gleichfalls nichts zu gewinnen, weil der Kläger als grundbücherlicher Eigentümer gegenüber dem Beklagten wie auch gegenüber jedem Dritten eine absolute Rechtsstellung genieße.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil bei der auf den Einzelfall zugeschnittenen Entscheidung von der oberstgerichtlichen Judikatur nicht abgewichen worden sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen in klageabweisendem Sinn abzuändern; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger begehrt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig und im Sinne ihres Eventualantrages auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Zur Zulässigkeit:

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht bei Beurteilung des dem Beklagten zustehenden Zurückbehaltungsrechtes nach § 471 ABGB - wie noch ausgeführt werden wird - von Lehre und Rechtsprechung abwich.

b) Zur Sachentscheidung:

Der Beklagte macht in der Revision als erhebliche Rechtsfragen geltend, das Berufungsgericht habe in folgenden Punkten die Rechtslage verkannt:

a) Der Übergabsvertrag zwischen dem Erben von Luise L*****, Johann P***** und dem Kläger sei in Wahrheit als Schenkung zu qualifizieren und daher mangels Einhaltung der Notariatsaktform nichtig, sodaß der Kläger nicht Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Wohnung geworden sei.

b) Der Kläger habe eine streitverfangene Sache an sich gebracht, sodaß der Vertrag aus diesem Grund nach § 879 Abs 2 Z 2 ABGB nichtig sei.

Die Sache sei streitverfangen gewesen, weil der hier Beklagte im Verfahren 40 Cg 89/94p des Landesgerichtes Innsbruck als Kläger die Rückzahlung von S 1,500.000,- s.A. Zug um Zug gegen Räumung und Übergabe dieser Wohnung begehrt habe.

c) Der Beklagte sei zur geräumten Übergabe der Wohnung wegen des ihm nach § 471 ABGB zustehenden Zurückbehaltungsrechtes (wegen seines Anspruches auf Zahlung von S 1,500.000,-) nicht verpflichtet.

Nur der letztgenannte Einwand des Beklagten ist berechtigt.

Zu den Rechtsmittelausführungen ist wie folgt Stellung zu nehmen:

a) Der Übergabsvertrag zwischen dem Kläger und dem Erben der Liegenschaftsanteile, mit denen Wohnungseigentum an der vom Beklagten benützten Wohnung verbunden ist, wurde verbüchert. Ein allfälliger Formmangel wäre daher durch Erfüllung geheilt (Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 5 zu § 1432 unter Hinweis auf SZ 45/35). Es kann daher schon aus diesem Grund keine Rede davon sein, daß der Kläger mangels gültigen Titels nicht Eigentümer dieser Liegenschaftsanteile geworden wäre. Auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen überhaupt von einer zumindest gemischten Schenkung gesprochen werden könnte (vgl Schubert in Rummel, ABGB2, Rz 9 zu § 938) und ob sich der Beklagte überhaupt als Nichtvertragspartner darauf berufen könnte, muß daher nicht weiter eingegangen werden.

b) "Ansichlösen" der Streitsache ist jeder Akt, durch den der Rechtsfreund sich die Streitsache ganz oder zum Teil aneignet. Dazu gehört jede Verfügung, durch die der Rechtsfreund Teilhaber der Streitsache wird (Krejci in Rummel, ABGB2, Rz 208 zu § 879; 5 Ob 40/59).

Streitsache im Verfahren 40 Cg 89/94p war der Betrag von S 1,500.000,-, der im Zuge der Rückabwicklung des wegen Verstoßes gegen das TirGVG nichtigen Geschäftes vom Erben der früheren Wohnungseigentümerin gezahlt werden sollte. Die gegenständliche Eigentumswohnung spielte dabei lediglich insofern eine Rolle, als der Kläger bloß auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung dieses Betrages Zug um Zug gegen Räumung der Wohnung geklagt hatte. Dies bedeutet aber nicht, daß es sich dabei bei dieser Eigentumswohnung um eine dem Rechtsfreund des Beklagten anvertraute Sache handelte. Dazu kommt noch, daß der Kläger in diesem Verfahren bloß Mitarbeiter (RAA) des Rechtsfreundes des dortigen Beklagten war, jedoch nicht Rechtsfreund einer der Parteien. Er war jedenfalls nie der Rechtsfreund des Eigentümers. Demnach ist auch der Nichtigkeitsgrund des § 879 Abs 2 Z 2 ABGB nicht gegeben.

c) Nach den Feststellungen erwarb der Kläger die Liegenschaftsanteile, mit denen Wohnungseigentum an der vom Beklagten benützten Wohnung verbunden ist, vom Gesamtrechtsnachfolger der Luise L***** in Kenntnis derjenigen Umstände, unter denen diese Wohnung dem Beklagten in Ausführung des das TirGVG betreffenden Umgehungsgeschäftes zugekommen war. Durch das Umgehungsgeschäft (Vermächtnis) sollte der in Wahrheit von den Beteiligten gewollte, wegen der Grundverkehrsbestimmungen aber nicht mögliche Kauf verdeckt werden. Der Beurteilung ist jedoch das in Wahrheit gewollte Geschäft zugrundezulegen (Krejci, aaO, Rz 37 zu § 879 unter Hinweis auf EvBl 1988/10; Koziol/Welser I10, 144 f). Es ist also davon auszugehen, daß infolge der Nichtigkeit des gewollten Kaufvertrages eine Rückabwicklung stattzufinden hat. Der Beklagte hat demnach den in seinem physischen Besitz stehenden Kaufgegenstand, die Eigentumswohnung, herauszugeben (die ideellen Liegenschaftsanteile, mit denen das Wohnungseigentum an dieser Wohnung verbunden ist, gehören ohnedies schon dem Kläger, weil eine Verbücherung des zwischen dem Kläger und Johann P***** abgeschlossenen Übergabsvertrages bereits erfolgte), allerdings gemäß § 471 ABGB nur Zug um Zug gegen Leistung des auf die Sache gemachten Aufwandes. Ein diesbezüglicher Einwand wurde vom Beklagten substantiiert (Petrasch in Rummel, ABGB2, Rz 9 zu § 471 unter Hinweis auf SZ 42/85) geltend gemacht. Zu dem auf die Sache gemachten Aufwand gehört auch das zur Erlangung der Sache Gezahlte, hier also die bereits mehrfach genannten S 1,500.000,- (Klang in Klang2 II 544; Petrasch in Rummel, ABGB2, Rz 8 zu § 471; SZ 8/186; RZ 1961, 44 = MietSlg 7794). Dieses Zurückbehaltungsrecht ist zwar kein dingliches Recht, aber doch ein solches mit teilweise dinglichen Wirkungen (Petrasch, aaO, Rz 2). Es verschafft während der Dauer der Macht über die Sache einen Rang, der von nachträglichen Verfügungen über die Sache unberührt bleibt (Petrasch, aaO, Rz 2), zB im Falle der Eigentumsübertragung, sofern - wie hier - der Käufer das Zurückbehaltungsrecht kannte oder kennen mußte (EvBl 1959/172). Hingegen ist der Umstand, daß der Beklagte den Verstoß gegen das TirGVG kannte und deswegen als schlechtgläubiger Besitzer (Inhaber) anzusehen ist, ohne Einfluß auf die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes, weil ihm dieses auch in einem solchen Fall nach § 336 ABGB iVm den §§ 1036 ff ABGB zusteht (Petrasch, aaO, Rz 4 mwN); SZ 8/186; aM Klang in Klang2 II 545, allerdings mit Einschränkungen iSd Zulässigkeit bei hinkenden Geschäften im Zusammenhang mit Grundverkehrsvorschriften).

Die Entscheidung JBl 1994, 171 stellte zwar auf die Redlichkeit des Besitzes des später titellos gewordenen Inhabers ab, bejahte aber dort das Vorliegen der Redlichkeit. Für den Fall der Unredlichkeit sind darin keine näheren Ausführungen enthalten. Der erkennende Senat hat daher keine Bedenken, den überzeugenden Ausführungen des Obersten Gerichtshofes in SZ 8/186 zu folgen.

Schon aus dem bisher Gesagten folgt, daß die Rechtssache nicht spruchreif ist, weil Feststellungen darüber fehlen, ob der Beklagte die S 1,500.000,- tatsächlich geleistet hat und ob ihm daraus - unter Berücksichtigung eines allenfalls bestehenden, jedenfalls noch näher zu erörternden Anspruches des Klägers auf Benützungsentgelt - im Rahmen der Rückabwicklung noch eine Forderung zusteht (vgl Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 259 zu § 879).

Die Rechtssache bedarf daher eines ergänzenden Verfahrens in erster Instanz und einer darauf beruhenden neuen Entscheidung.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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