JudikaturJustiz5Ob2205/96t

5Ob2205/96t – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. August 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.I.Huber und Dr.Baumann als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Betroffenen Maximilian H*****, infolge Revisionsrekurses des Franz H*****, vertreten durch Dr.Jürgen Nowotny, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 30. Mai 1996, GZ 13 R 204/96b-81, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 17.April 1996, GZ 6 P 1914/95k-71, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Maximilian H***** ist Miteigentümer des landwirtschaftlichen Anwesens "H*****", auf dem er sowie sein Sohn Franz H***** und dessen Ehefrau wohnen. Die Liegenschaften sind teilweise in Bestand gegeben. Maximilian H***** verfügt infolge von Grundverkäufen über beträchtliches Barvermögen. Mit Beschluß vom 4.11.1993 wurde für ihn Dipl.Ing.Rudolf N***** gemäß § 273 ABGB zum Sachwalter unter anderem zur Verwaltung seines Vermögens, insbesondere auch zur Verwaltung des landwirtschaftlichen Anwesens bestellt, wobei angeordnet wurde, daß umgehend Sanierungs- und Entrümpelungsmaßnahmen zu setzen seien und für eine dem heutigen Lebensstandard entsprechende Unterbringung des Maximilian H***** durch erforderliche Adaptierungen zu sorgen sei. Zu diesem Zeitpunkt war ein von Maximilian H***** angestrengtes Räumungsverfahren gegen seinen Sohn Franz H***** anhängig. Nach der Durchführung verschiedener Baumaßnahmen wohnen Franz H***** und seine Familie nunmehr in dem im Südtrakt des Vierkanthofes geschaffenen Wohngebäude, während Maximilian H***** im noch zu sanierenden Nordtrakt verblieb.

Am 27.3.1995 faßte das Erstgericht den weder beantragten noch weiter begründeten Beschluß, daß nunmehr sämtliche Bau- und Wirtschaftsmaßnahmen für den Betroffenen mit dem durch das Anerbenrecht anwartschaftsberechtigten Sohn Franz H***** abzustimmen seien und bei sämtlichen diesbezüglichen Verträgen auch dessen Zustimmung einzuholen sei.

Sowohl der bisherige Pächter Johannes F***** als auch Franz H***** haben Interesse, die Landwirtschaft als Pächter zu führen. Der Sachwalter beantragte die gerichtliche Genehmigung des Abschlusses eines Pachtvertrages mit Johannes F*****, weil Maximilian H***** seinem Sohn und seiner Schwiegertochter ablehnend gegenüberstehe und der vom Sohn vorgeschlagene Pachtvertrag wirtschaftlich nachteiliger sei. Der Sachwalter beantragte weiters die Aufhebung des Beschlusses vom 27.3.1995. Franz H***** sprach sich gegen diese Anträge aus und regte an, den Sachwalter anzuweisen, mit ihm einen Pachtvertrag abzuschließen.

Mit Beschluß vom 17.4.1996 wies das Erstgericht 1. den Antrag auf Aufhebung des Beschlusses vom 27.3.1995 und 2. den Antrag auf Genehmigung des Pachtvertrages mit Johannes F***** samt Zusatzvereinbarung ab. Ferner wies es 3. den Sachwalter an, umgehend einen Pachtvertrag mit Franz H***** in dem von diesem vorgeschlagenen Sinn abzuschließen und seine Stellungnahme zum noch anhängigen Räumungsverfahren zu spezifizieren. Es trug 4. dem Sachwalter auf, einen Antrag auf erforderliche Umbauarbeiten in dem von Maximilian H***** bewohnten Altbau des Hofes zu stellen und einen diesbezüglichen Finanzierungsplan vorzulegen sowie 5. bis Ende des Monats Rechnung zu legen. Bei der Landwirtschaft des Maximilian H***** handle es sich um einen Erbhof. Es sei zur Hintanhaltung von Haftungsansprüchen des ausschließlich als Anerben in Betracht kommenden Franz H*****, die aus Maßnahmen des Sachwalters sowie des Gerichtes resultieren könnten, zweckmäßig, Franz H***** bei sämtlichen Bau- und Wirtschaftsmaßnahmen beizuziehen und hiezu seine Zustimmung einzuholen. Die Sachlage sei seit Erlassung des diesbezüglichen Beschlusses vom 27.3.1995 gleich geblieben. Es bestünden keine Bedenken gegen eine Verpachtung an den Sohn, dem ein fast 74jähriger "gesunder" Inhaber eines solchen Erbhofes den Betrieb schon längst übergeben hätte. Es sei auch die menschliche Komponente unter Einbindung des Fürsorgegedankens zugunsten des Vaters zu berücksichtigen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem gegen die Punkte 1., 2. und 3. dieses Beschlusses erhobenen Rekurs des Sachwalters teilweise Folge. Es hob Punkt 3. hinsichtlich der Anweisung an den Sachwalter, einen Pachtvertrag mit Franz H***** abzuschließen, ersatzlos auf. Es hob Punkt 2. auf und trug dem Erstgericht insoweit eine neuerliche Entscheidung auf. Punkt 1. des erstgerichtlichen Beschlusses änderte das Rekursgericht dahin ab, daß der Beschluß vom 27.3.1995, wonach sämtliche Bau- und Wirtschaftsmaßnahmen für den Betroffenen mit Franz H***** abzusprechen seien und bei sämtlichen diesbezüglichen Verträgen dessen Zustimmung einzuholen sei, aufgehoben wurde. Eine weitere Rekursschrift des Betroffenen, vertreten durch einen von ihm selbst gewählten Rechtsanwalt, wies das Rekursgericht zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht führte zu Punkt 1. des erstgerichtlichen Beschlusses aus, daß dem Vertragspartner des Pflegebefohlenen nach ständiger Rechtsprechung im Verfahren auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung eines Vertrages keine Parteistellung zukomme. Daher sei auch dem Sohn Franz H***** unabhängig davon, ob er durch das Anerbenrecht anwartschaftsberechtigt sei, grundsätzlich keine Parteistellung im Sachwalterschaftsverfahren einzuräumen. Da widerstreitende Interessen vorlägen, bestehe auch kein Anlaß, dem Sohn als nahen Angehörigen Parteistellung im Pflegschaftsverfahren zuzubilligen. Der Beschluß vom 27.3.1995 sei daher zu Unrecht ergangen. Der vom Erstgericht zur Begründung herangezogene Schutz des Betroffenen vor Haftungsansprüchen sei nicht durch ein Zustimmungsrecht des Franz H***** zu bewerkstelligen, sondern bei der jeweiligen Genehmigung von Verträgen zu berücksichtigen. Allerdings sei dieser Beschluß in Rechtskraft erwachsen. Die Rechtskraft stehe einer Abänderung des Beschlusses aber bei wesentlicher Änderung der Sachlage, von der hier auszugehen sei, nicht im Wege. Franz H***** bringe nunmehr eigene Interessen massiv ein, indem er selbst einen Pachtvertrag mit dem Betroffenen abschließen wolle und daher naturgemäß den entgegenstehenden Verträgen des Betroffenen negativ gegenüberstehe. Damit sei nun ein im Sachwalterschaftsverfahren notwendiges Vorgehen im Interesse und zum Wohl des Betroffenen massiv behindert. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil unter Umständen von einer wesentlichen Änderung der Sachlage nicht auszugehen sei, weil widerstreitende Interessen zwischen dem Betroffenen und seinem Sohn schon im Zeitpunkt der Beschlußfassung vom 27.3.1995 gegeben gewesen seien.

Der (lediglich) gegen die Abänderung des Punktes 1. des erstgerichtlichen Beschlusses gerichtete Revisionsrekurs des Franz H***** ist aber ungeachtet der Frage, ob eine Änderung der Umstände seit der Beschlußfassung hierüber vom 27.3.1995 eingetreten ist, deshalb unzulässig, weil dem Franz H***** gegen eine derartige Anordnung kein Rekursrecht zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Wie bereits das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausgeführt hat, kommt im Verfahren zur pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung von Verträgen Pflegebefohlener weder deren Vertragspartner noch einem Dritten, der behauptet, daß seine Rechte durch den mit dem Pflegebefohlenen abgeschlossenen Vertrag verletzt werden, Beteiligtenstellung und Rechtsmittellegitimation zu (RZ 1993/77 mwN).

Im Hinblick auf diese Rechtsprechung kann der Beschluß des Erstgerichtes vom 27.3.1993 nur als eine an den Sachwalter Dipl.Ing.N***** gerichtete Verhaltensmaßregel angesehen werden. Weder die mangelnde Anhörung noch die mangelnde Zustimmung des Franz H***** zu Rechtshandlungen des Sachwalters als Vertreter des Betroffenen könnten letztlich deren gerichtliche Genehmigung verhindern, auch wenn die Anordnung vom 27.3.1995 weiter bestünde. Ebenso würden Maßnahmen des Sachwalters, die in den Rahmen der ordentlichen Vermögensverwaltung fielen und nicht genehmigungsbedürftig wären, auch ohne Zustimmung des Franz H***** schon deshalb wirksam, weil die Geschäftspartner auf die dem Sachwalter im Rahmen des Sachwalterbestellungsbeschlusses eingeräumte Vertretungsmacht vertrauen könnten.

Der Beschluß vom 27.3.1993 läßt nicht darauf schließen, daß Franz H***** damit zum Mitvormund bzw Mitsachwalter (§ 210 ABGB) seines Vaters bestellt werden sollte. Für eine solche Auslegung gibt der zitierte Beschluß - abgesehen von seiner Form, die auf ein solches Vorhaben des Erstgerichtes in keiner Weise hindeutet - keinen Anlaß, zumal die Sachwalterbestellung unter anderem gerade wegen des Konfliktes des Maximilian H***** mit seinem Sohn Franz H***** erfolgte und weil im Beschluß auch keinerlei Aufteilung der Agenden der Sachwalterschaft zwischen dem Sachwalter Dipl.Ing.N***** und Franz H***** angeordnet wurde, die alleine die Bestellung mehrerer Sachwalter plausibel machen würde. Nicht zuletzt zeigt die im Beschluß vom 17.4.1996 angeführte Begründung, warum der Beschluß vom 27.3.1995 weiterhin aufrecht sein solle, deutlich auf, daß damit nicht eine Verbesserung der Interessenswahrung für Maximilian H***** durch Bestellung eines weiteren, fachkundigen Sachwalters erreicht werden sollte, sondern dem Sachwalter Dipl.Ing.N***** die Einholung der Zustimmung des Franz H***** aufgetragen wurde, um gegen mögliche spätere Haftungsansprüche des Franz H***** als allfälligen Erben Vorsorge zu treffen. Damit kann sich aber das Gericht ohnehin nicht wirksam seiner Verantwortung und seiner Aufgabe zur Überwachung der Maßnahmen des Sachwalters und zur Prüfung, ob Verträge zu genehmigen seien oder nicht, entledigen.

Eine Verletzung des dem Sachwalter Dipl.Ing.N***** mit Beschluß vom 27.3.1993 erteilten Auftrages, Franz H***** anzuhören bzw dessen Zustimmung einzuholen, hätte Dipl.Ing.N***** lediglich dem letztlich über die Sachwalterschaft Aufsicht führenden Gericht gegenüber verantwortlich gemacht (vgl §§ 254, 283 Abs 2 ABGB). Eine rechtswirksame Einflußmöglichkeit des Franz H***** wäre aber nur gegeben gewesen, wenn dieser zum Sachwalter des Maximilian H*****, sei es anstelle des Dipl.Ing.N***** oder gemeinsam mit diesem, bestellt worden wäre. Da eine solche Bestellung dem Beschluß vom 27.3.1995 nicht entnommen werden kann und im Pflegschafts- und Sachwalterschaftsverfahren auch in bezug auf die Überwachung der Wirtschaftsführung und Vermögensverwaltung allein die Interessen des Pflegebefohlenen und nicht die Interessen Dritter zu beachten sind, kann Franz H***** aus dem Beschluß vom 27.3.1993 keine Parteistellung in diesem Sachwalterschaftsverfahren ableiten.

Bei dem von Franz H***** bekämpften Beschlußpunkt geht es nicht um eine die Interessen des Pflegebefohlenen betreffende Frage. Die in der Rechtsprechung nicht einheitlich, in neuerer Zeit aber bejahend gelöste Frage der Rekurslegitimation der nächsten Angehörigen in Pflegschaftsverfahren, insbesondere auch in Angelegenheiten der Vermögensverwaltung (vgl 7 Ob 615/93 mwN), stellt sich daher hier nicht. Da vom Rechtsmittel keine Verfügung über Vermögensrechte, keine Genehmigung von Verträgen und keine sonstige Interessen des Maximilian H***** massiv betreffende Maßnahmen berührt werden, kann die Rechtsmittellegitimation des Franz H***** auch nicht aus seinem nahen Verwandtschaftsgrad abgeleitet werden.

Der Revisionsrekurs des Franz H***** war daher mangels Rechtsmittellegitimation zurückzuweisen.

Rechtssätze
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