JudikaturJustiz5Ob195/04v

5Ob195/04v – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. September 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Tittel und Dr. Baumann sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Peter R*****, geboren 30. Juli 1962, *****, wegen Grundbuchshandlungen in den Liegenschaften EZ 80 und 356 jeweils Grundbuch *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der R***** reg GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Erwin Bajc, Dr. Peter Zach und Dr. Reinhard Teubl, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 14. Juni 2004, AZ 1 R 73/04h, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Pfandgläubigerin R***** reg GenmbH wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

An den in Frage stehenden Liegenschaften hat der Antragsteller im Rang vor der von der Revisionsrekurswerberin erwirkten und auch bücherlich angemerkten einstweiligen Verfügung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots die Vormerkung seines Eigentumsrechts erlangt.

Mit dem gegenständlichen außerordentlichen Revisionsrekurs sucht die Rechtsmittelwerberin, die Rechtfertigung und deren Folgen mit dem Argument, dass ihr die Liegenschaft nach einer bisher bloß obligatorischen Verpflichtung des bücherlichen Eigentümers für dessen Schuld hafte, zu verhindern.

Zu 2 C 287/03s 2 hat die Revisionsrekurswerberin eine einstweilige Verfügung gegen den bücherlichen Eigentümer und den vorgemerkten Eigentümer nachstehenden Inhalts erwirkt:

1.a) Den Gegnern der gefährdeten Partei wird verboten, die Rechtfertigung des zugunsten Peter R***** vorgemerkten Eigentumsrechts zu beantragen, soweit sich dieses auf die Liegenschaft bzw Anteile daran des Ambros R***** an EZ 91, EZ 104, EZ 156 je KG 65133 ***** und EZ 80 sowie EZ 356 je KG 60210 ***** bezieht.

b) Den Rechtsanwälten Dr. Peter S*****, Dr. Wolfgang K***** ... wird verboten, die in Punkt a) genannten Grundbuchshandlungen und überhaupt jegliche sonstige Grundbuchshandlungen im Zusammenhang mit den dort genannten Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteilen sowie der EZ 130 KG ***** vorzunehmen.

c) Den Gegnern der gefährdeten Partei wird aufgetragen, die Rechtsanwälte Dr. Peter S***** Dr. Wolfgang K***** ... unverzüglich anzuweisen, die in Punkt b) dargestellten Grundbuchshandlungen zu unterlassen sowie die im Zusammenhang mit der Veräußerung der in Punkt a) genannten Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteile von der Finanzverwaltung auszustellenden finanzbehördlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen beim Bezirksgericht Knittelfeld zu hinterlegen.

d) Dem Erstgegner der gefährdeten Partei Ambros R***** wird jegliche Verfügung oder Veränderung, insbesondere eine Belastung oder Veräußerung der in seinem Eigentum stehenden Liegenschaften und Liegenschaftsanteile und zwar an EZ 91, EZ 104, EZ 156 je KG ***** sowie EZ 80 und EZ 356 je KG ***** sowie EZ 130 KG ***** verboten und ist dieses Belastungs- und Veräußerungsverbot je bei den im Eigentum des Erstantragsgegners der gefährdeten Partei stehenden Liegenschaften und Liegenschaftsanteilen im Grundbuch anzumerken.

Vom Bezirksgericht Knittelfeld bzw Bezirksgericht Mürzzuschlag wurden aufgrund der einstweiligen Verfügung ein Belastungs- und Veräußerungsverbot angemerkt.

Mit Beschluss vom 18. 12. 2003 änderte das Rekursgericht die Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Verfügung dahin ab, dass diese zur Gänze abgewiesen wurde. Diese Entscheidung ist infolge Erhebung eines außerordentlichen Rechtsmittels nicht in Rechtskraft erwachsen. Dem Revisionsrekurs wurde aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit dem verfahrenseinleitenden Grundbuchsgesuch begehrte der Antragsteller die Rechtfertigung seines Eigentumsrechts sowie die sich daraus ergebenden Löschungen bzw Eintragungen. Beide Vorinstanzen bewilligten das Gesuch.

Im Wesentlichen macht die Revisionswerberin geltend, der Antragsteller sei im Zeitpunkt der Rechtfertigung (allenfalls auch bei Erwirkung der Vormerkung seines Eigentumsrechts) schlechtgläubig gewesen. Gutgläubigkeit wäre aber die Voraussetzung dafür, dass eine einstweilige Verfügung nicht gegen denjenigen wirke, zu dessen Gunsten bereits eine Rangordnungsanmerkung oder hier eine Vormerkung des Eigentumsrechts erfolgt sei. Im Zeitpunkt der Rechtfertigung des Eigentumsrechts sei zugunsten der Revisionsrekurswerberin die einstweilige Verfügung in Geltung gestanden, deshalb hätten überdies erhebliche materiell rechtliche Hindernisse bestanden, welche die Rechtfertigung des Eigentumsrechts für den Antragsteller verhindert hätten. Das Gericht dürfe ein Ansuchen nur dann bewilligen, wenn "der Urkundeninhalt ein derartiger sei, dass er nicht nur in formaler Beziehung unbedenklich erscheine, sondern auch bezüglich der materiell rechtlichen Frage irgendwelche Zweifel nicht aufkommen lasse". Solche materiell rechtlichen Zweifel seien schon aufgrund des Inhalts der einstweiligen Verfügung gegeben gewesen und hätten vom Grundbuchsgericht beachtet werden müssen. Schließlich sei aus der EV erkennbar gewesen, dass dem vorgemerkten Eigentümer verboten werde, die Rechtfertigung des zu seinen Gunsten vorgemerkten Eigentumsrechts zu beantragen.

Rechtliche Beurteilung

Diese Erwägungen sind aber nicht zielführend. Zufolge der Bestimmungen der §§ 40, 49 GBG können zwar sowohl gegen den einverleibten als auch gegen den vorgemerkten Eigentümer weitere Eintragungen bewilligt werden, sogar ein Veräußerungs- und Belastungsverbot (SZ 67/226), doch hängt deren rechtlicher Bestand davon ab, ob die Vormerkung des Eigentumsrechts gerechtfertigt wird oder nicht. Die Rechtfertigung der Vormerkung wirkt dann ex tunc (SZ 78/170 = NZ 1955, 170 = EvBl 1955/349 = JBl 1955, 623; NZ 1996, 91 [Hoyer]).

Nach herrschender Ansicht muss der gute Glaube sowohl bei Abschluss des Rechtsgeschäfts als auch noch bei Überreichung des Grundbuchsgesuchs vorhanden sein (SZ 60/237; ecolex 1996, 96 ua). Auch im Fall der Ausnützung einer Rangordnungsanmerkung muss der gute Glaube noch im Zeitpunkt der Überreichung des Gesuchs um Eintragung des Rechts, für das die Anmerkung der Rangordnung erwirkt wurde, gegeben sein (NZ 1988, 113; SZ 60/237). Die Frage der Gutgläubigkeit des Erwerbs ist aber nur in einem nachfolgenden Verfahren, das allenfalls bei Fehlen zur Löschung führen kann, beachtlich, keinesfalls jedoch eine bei der Bewilligung eines Grundbuchsgesuchs zu überprüfende Voraussetzung.

Gemäß § 94 Abs 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Es darf eine grundbücherliche Eintragung ua nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Das Ansuchen kann somit nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt ein derartiger ist, das er nicht nur in formaler Beziehung unbedenklich erscheint, sondern auch bezüglich der materiell rechtlichen Frage irgendwelche Zweifel nicht aufkommen lässt (RIS Justiz RS0060878). Materiell rechtliche Fragen, die eine Bewilligung hindern, sind also auf Grundbuchsstand und Inhalt der Urkunden beschränkt. Das Grundbuchsverfahren als reines Akten- und Urkundenverfahren (immolex 1997/161) muss ohne Zwischenerledigungen auskommen (§ 95 Abs 1 GBG). Diesen Prinzipien des Verfahrensrechts entsprechend ist die Prüfungsmöglichkeit und -befugnis des Grundbuchsrichters eingeschränkt (vgl Hoyer, FS Kralik, 215). Die Prüfung des Grundbuchsgerichts beschränkt sich damit auf die rechtserzeugenden Tatsachen wie Grundbuchsstand, Gesuch und Beilagen.

Allfällige Eintragungshindernisse wie Schlechtgläubigkeit sind im Grundbuchsverfahren nicht überprüfbar. Solche Umstände können nur mittels Löschungsklagen des GBG (§ 62, 63 GBG) geltend gemacht werden. Diese beschränkte Kognition entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl Feil, GBG3 Rz 1a f zu § 94 GBG mit Rechtsprechungshinweisen). Zu beachten hatte das Grundbuchsgericht daher nur den bücherlich angemerkten Teil der EV, somit nur das angemerkte Veräußerungs- und Belastungsverbot. Der darüber hinausgehende Teil der EV war weder Buchstand noch Inhalt der Urkunde, aufgrund derer die Eintragung erfolgen sollte. Das angemerkte Veräußerungs- und Belastungsverbot hindert aber die Rechtfertigung nicht (vgl die oben zitierte Judikatur). Auch die infolge der Rechtfertigung erfolgte Löschung der grundbücherlichen Anmerkung eines richterlichen Veräußerungs- und Belastungsverbots erging in Übereinstimmung mit dazu ergangener Rechtsprechung (NZ 2003/18).

Es liegen daher zusammengefasst keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung vor.

Das hatte zur Zurückweisung des außerordentlichen Rechtsmittels zu führen.

Rechtssätze
3