JudikaturJustiz5Ob158/16w

5Ob158/16w – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Grohmann, Mag. Wurzer, Mag. Malesich und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft EZ ***** GB ***** (Liegenschaftsadresse *****), vertreten durch Mag. Michael Rebasso, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Petra Cernochova, Rechtsanwältin in Wien, wegen (ausgedehnt) 5.990,12 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 5.100 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 29. Februar 2016, GZ 34 R 156/15s 24, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 1. September 2015, GZ 6 C 826/14z 19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist die Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ ***** GB ***** mit der Grundstücksadresse *****.

Die Beklagte war vom 11. 4. 2013 bis 13. 4. 2015 Wohnungseigentümerin der Objekte „Wohnung mit Terrasse Top 18“ (B LNr 27) und „Wohnung mit 2 Terrassen Top 19“ (B LNr 28). Das Wohnungseigentum der Beklagten beruhte auf dem Kaufvertrag vom 30. 5. 2012, mit dem sie von der damaligen Mehrheitseigentümerin der Liegenschaft (in der Folge kurz „Verkäuferin“ genannt) Miteigentum an der Liegenschaft samt dem Recht, den Rohdachboden auszubauen, erworben hat. Im Zuge dieses Dachbodenausbaus sollten die genannten Wohnungseigentumsobjekte (in der Folge kurz Top 18 und 19) errichtet werden; zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz war der Dachbodenausbau noch nicht abgeschlossen und die beiden Wohnungseigentumsobjekte waren nicht fertiggestellt.

Die Klägerin begehrte von der Beklagten (zuletzt) die Zahlung monatlicher Beiträge zur Rücklage für den Zeitraum von Juni 2012 bis Oktober 2013 in Höhe von je 160 EUR und für den Zeitraum von November 2013 bis einschließlich März 2015 von je 140 EUR (insgesamt 5.100 EUR) sowie den Ersatz einer aus der Instandhaltungsrücklage für die Beklagte bezahlten Rechnung in Höhe von 890,12 EUR. Die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung monatlicher Beiträge zur Rücklage ergebe sich aus dem Gesetz, subsidiär aus dem Wohnungseigentumsvertrag. Die Beklagte habe in der Eigentümerversammlung am 20. 1. 2014 mit allen übrigen Miteigentümern auch vereinbart, dass sie entsprechende Beiträge zur Rücklage zahle, und diese Forderung konstitutiv anerkannt.

Die Beklagte bestritt und beantragte die Abweisung der Klage. Sie habe sowohl mit der Verkäuferin ihrer Liegenschaftsanteile als auch mit der Klägerin vereinbart, dass Beiträge zur Rücklage erst zu zahlen seien, wenn der Dachbodenausbau abgeschlossen, die Wohnungen der Beklagten fertig gestellt und nutzbar seien. Nach der im Wohnungseigentumsvertrag getroffenen Regelung wiederum seien die Aufwendungen für die Liegenschaft abweichend von § 32 Abs 1 WEG analog den Bestimmungen des § 17 MRG nach dem Verhältnis der Nutzflächen zu tragen. In diese Nutzflächenberechnung sei das noch nicht ausgebaute Dachgeschoß nicht einzubeziehen. Die Beklagte habe auch in der Eigentümerversammlung am 20. 1. 2014 mit anderen Wohnungseigentümern keine Vereinbarung getroffen, wonach sie Beiträge zur Rücklage leiste. Wenn eine solche Vereinbarung getroffen worden wäre, dann nur zwischen ihr und der Verkäuferin, sodass die Klägerin zur Geltendmachung der daraus resultierenden Ansprüche nicht aktivlegitimiert wäre. Mit der behaupteten Vereinbarung habe außerdem offenbar der Wohnungseigentumsvertrag geändert werden sollen; dazu bedürfe es aber der Einstimmigkeit.

Das Erstgericht gab der Klage zur Gänze statt. Die Eigentümer hätten im Wohnungseigentumsvertrag einen abweichenden Aufteilungsschlüssel iSd § 32 Abs 2 WEG festgelegt, wonach der jeweilige Eigentümer der im Wege des Dachgeschossausbaus zu schaffenden Objekte die Betriebskosten und sonstigen laufenden Aufwendungen erst ab deren Fertigstellung und tatsächlichen Benützbarkeit zu entrichten habe. Abweichend davon habe die Verkäuferin mit der Beklagten im Kaufvertrag für den Zeitraum vor Anzeige der Fertigstellung die Zahlung eines sofortigen Beitrags zur Rücklage von je 80 EUR pro Monat und Wohnung vereinbart und als Mehrheitseigentümerin mittels einer entsprechenden Weisung an die Hausverwaltung auch eingefordert. Die Beklagte habe hingegen den zeitlich nach dem Kaufvertrag abgeschlossenen Wohnungseigentumsvertrag als einzig maßgebliche Rechtsgrundlage für eine Beitragspflicht zur Rücklage angesehen. Dieser Vertrag stelle aber aufgrund der fehlenden Neuparifizierung und der damit gegebenen Unmöglichkeit einer den tatsächlichen Nutzflächen entsprechenden Rücklagenberechnung keine zweckdienliche Grundlage dar. Dies könne aber nicht bedeuten, dass bis zur Neuparifizierung und deren grundbücherlichen Durchführung überhaupt kein Rücklagenbeitrag zu leisten sei und der im Kaufvertrag vereinbarte allfällige Beitrag zur Rücklage, der eindeutig zu Gunsten der Klägerin wirke, verdrängt werde. Abgesehen davon, hätten die Eigentümer diese Divergenzen im Rahmen der Eigentümerversammlung am 20. 1. 2014 diskutiert und schließlich eine Einigung in dem Sinn erzielt, dass die Beklagte die Nachzahlung der vorgeschriebenen Beiträge zur Rücklage bis einschließlich Oktober 2013 und für die Zeit ab November 2013 die Zahlung monatlicher Beiträge von insgesamt 140 EUR zugesagt habe und die anderen Eigentümer damit einverstanden gewesen seien. Damit sei ein Vergleich iSd § 1380 ABGB über die bisher strittigen Rechtsverhältnisse geschlossen worden, der die Beklagte ebenfalls zur Zahlung der zugesagten Beiträge verpflichte. Die von der Klägerin ersetzt begehrte Rechnung habe eine für die Beklagte bestellte, für ihre Zwecke nützliche und von ihr zu bezahlende Leistung betroffen. Die Klägerin habe diese Forderung durch Zahlung eingelöst (§ 1422 ABGB) und sei daher zum Regress berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte die angefochtene Entscheidung ab. Es erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin die vorgeschriebenen Beiträge zur Rücklage in Höhe von insgesamt 5.100 EUR samt gestaffelten Zinsen zu zahlen; das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 890,12 EUR wies es hingegen ab. Entgegen der Auffassung der Beklagten stelle die im Rahmen der Eigentümerversammlung am 20. 1. 2014 getroffene Vereinbarung keine an die Schriftform gebundene Abänderung des in § 32 Abs 1 WEG geregelten Aufteilungsschlüssels dar, weil in der Vereinbarung keine Aufteilung der Aufwendungen auf alle Miteigentümer erfolgt sei. Vielmehr stelle die Vereinbarung – wie das Erstgericht zutreffend erkannt habe – einen Vergleich iSd § 1380 ABGB dar, der dazu gedient habe, einen bestehenden Konflikt zwischen der Klägerin und der Beklagten über die Frage, ob und allenfalls in welcher Höhe von letzterer Beiträge zur Rücklage zu leisten seien, zu bereinigen. Die Beklagte sei daher verhalten, ihre Zusage einzuhalten. Hingegen trage der zur Forderung aus der Rechnung festgestellte Sachverhalt die vom Erstgericht vorgenommene rechtliche Beurteilung nicht.

Das Berufungsgericht sprach – in Stattgebung des Abänderungsantrags der Beklagten nach § 508 Abs 1 ZPO – nachträglich aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die Beklagte wiederhole in ihrem Zulassungsantrag ihre Rechtsauffassung, der Vergleich vom 20. 1. 2014 komme inhaltlich einer Abänderung des Verteilungsschlüssels gleich, eine solche Abänderung des Verteilungsschlüssels bedürfe nach § 32 WEG der Schriftform und dieses Schriftlichkeitsgebot gelte auch für einen zwischen der Eigentümergemeinschaft und einem Wohnungseigentümer abgeschlossenen Vergleich über die Änderung der Beitragspflicht. Dieser Argumentation komme für die ab dem Zeitpunkt des Vergleichs vom 20. 1. 2014 fällig gewordenen Beiträge Berechtigung zu. Ob die Vereinbarung vom 20. 1. 2014 (auch) schriftlich (und von allen Wohnungseigentümern) abgeschlossen worden sei, sei bislang aber nicht geprüft worden. Es komme daher darauf an, ob die Beklagte aufgrund der Vereinbarung des abweichenden, auf § 17 MRG abstellenden Verteilungsschlüssel im Hinblick auf § 17 Abs 2 MRG erst ab jenem Zeitpunkt Beiträge zur Rücklage zu leisten habe, zu dem die Objekte im Dachboden zu Wohn- oder Geschäftszwecken geeignet seien. Dazu gebe es aber keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Gegen den klagsstattgebenden Teil dieses Urteils des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs und Zurückverweisungsantrag.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung , die Revision als unzulässig zurückweisen, in eventu als unberechtigt abzuweisen.

Die Revision ist zulässig und – im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungs- und Zurückverweisungs-antrags – auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die der Beklagten im Zeitraum von Juni 2012 bis einschließlich März 2015 vorgeschriebenen monatlichen Beiträge zur Rücklage in Höhe von insgesamt 5.100 EUR. Die Klägerin begründet die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung dieser Beiträge – erkennbar alternativ – mit dem Gesetz, dem Wohnungseigentumsvertrag und einer in der Eigentümerversammlung am 20. 1. 2014 angeblich mit allen übrigen Miteigentümern getroffenen Vereinbarung.

2. Nach § 32 Abs 1 WEG sind die Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage von den Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen. Maßgeblich für die Aufteilung ist grundsätzlich der Grundbuchsstand (5 Ob 110/08z = RIS Justiz RS0106059 [T1]). Beitragsschuldner ist immer derjenige Wohnungseigentümer, der zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beitragsschuld im Grundbuch als Eigentümer des entsprechenden Anteils eingetragen ist oder war (RIS Justiz RS0013566 [T6], insb 5 Ob 247/04s mwN). Auch den Wohnungseigentümer eines (noch) nicht errichteten Wohnungseigentumsobjekts trifft (mangels abweichender Vereinbarung) die Beitragspflicht mit dem ihn nach der gültigen Verteilungsordnung der Liegenschaft treffenden Anteilen (5 Ob 110/08z = wobl 2008, 335/124 [insoweit zust Call ] = immolex 2008, 276/117 [zust Prader ]; Hausmann in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht WEG³ § 32 WEG Rz 26a; Würth/Zingher/Kovanyi , Miet und Wohnrecht II²³ § 32 WEG Rz 4; vgl auch 5 Ob 12/10s).

3.1 Nach § 32 Abs 2 WEG können sämtliche Wohnungseigentümer (ua) einen vom Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile nach § 32 Abs 1 WEG abweichenden Aufteilungsschlüssel festlegen. Solche Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform und sie werden frühestens für die ihrem Abschluss nachfolgende Abrechnungsperiode wirksam.

3.2 Die Klägerin stützte ihre Forderung auf Zahlung der vorgeschriebenen Beiträge zur Rücklage (auch) auf eine in der Eigentümerversammlung am 20. 1. 2014 getroffene Vereinbarung. Dazu stellte das Erstgericht fest, dass der Geschäftsführer der Beklagten sich im Zuge der Diskussion dieses Themas „einverstanden erklärte“ und „vereinbart wurde“, dass die Beklagte in die Rücklage ab Kaufvertrag einen Beitrag von monatlich 160 EUR bis 31. Oktober 2013 und ab 1. November 2013 je 140 EUR bezahlt. In dem von der Verwalterin erstellten Protokoll dieser Eigentümerversammlung sei „diese Vereinbarung“ festgehalten.

3.3 Ein vereinbarter abweichender Aufteilungsschlüssel iSd § 32 Abs 2 WEG kann nicht bloß in Prozentsatzverschiebungen bestehen, sondern auch in einer den Wohnungseigentümer unmittelbar treffenden Kostentragungspflicht (5 Ob 277/01y mwN = RIS Justiz RS0116331 [zu § 19 Abs 1 Z 2 WEG 1975 idF vor dem 3. WÄG]; Hausmann aaO § 32 WEG Rz 34). Eine von allen anderen Wohnungseigentümern getroffene Vereinbarung, mit der sich die Beklagte zu einer bestimmten, konkret bezifferten Beitragsleistung verpflichtet, wäre daher als (Abänderung der im Wohnungseigentumsvertrag getroffenen) Vereinbarung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels zu qualifizieren und unter § 32 Abs 2 WEG zu subsumieren. Als solche bedürfte sie daher zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform und sie wäre auch frühestens für die ihrem Abschluss nachfolgende Abrechnungsperiode wirksam. An dem Schriftformerfordernis ändert auch der Umstand nichts, dass die festgestellte Vereinbarung hier der Klärung der Auseinandersetzung um die strittige Beitragspflicht der Beklagten gedient haben und daher als Vergleich iSd § 1380 ABGB zu qualifizieren sein mag. Nach ganz herrschender Auffassung bestehen zwar für den Vergleich an sich keine Formvorschriften; enthält der Vergleich aber – wie hier – Verpflichtungen, die formbedürftig sind, so erstreckt sich die Formpflicht auch auf ihn ( Fucik in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang ³ § 1380 Rz 24 mwN).

3.4 Das Berufungsgericht führt in seiner Zulassungsbegründung aus, dass die Frage, ob die Vereinbarung vom 20. 1. 2014 auch schriftlich und von allen Wohnungseigentümern abgeschlossen worden sei, bislang nicht geprüft worden sei. Dem ist insofern nicht entgegen zu treten, als aus den Feststellungen des Erstgerichts – auch in Zusammenschau mit jenen Ausführungen in seiner rechtlichen Beurteilung, die Feststellungscharakter aufweisen – nicht mit der erforderlichen Klarheit hervorgeht, wer im Sinne der Rechtsgeschäftslehre die Erklärungsempfänger der Einverständniserklärung der Beklagten und damit Partei der festgestellten Vereinbarung waren, und zur Frage der Schriftlichkeit (in der Form der Unterschriftlichkeit) Feststellungen überhaupt fehlen.

4.1 Eine abschließende Beurteilung, ob die Vereinbarung vom 20. 1. 2014 die Forderung der Klägerin auf Zahlung (als eine Vereinbarung iSd § 32 Abs 2 WEG hinsichtlich der in der ihrem Abschluss nachfolgenden Abrechnungsperiode fällig gewordenen Beiträge) trägt, würde sich allerdings erübrigen, wenn sich die Verpflichtung der Beklagten, die ihr vorgeschriebenen Beiträge zur Rücklage zu leisten, ohnedies (auch) aus dem Wohnungseigentumsvertrag vom 27. 6. 2012 und der darin getroffenen Aufteilungsvereinbarung ergebe.

4.2 In dem der Begründung des Wohnungseigentums zugrunde liegenden Wohnungseigentumsvertrag vom 27. 6. 2012 haben die (damaligen) Wohnungseigentümer in dessen Art V. einen abweichenden Aufteilungsschlüssel vereinbart. Diese Vereinbarung lautet auszugsweise wie folgt:

„5.1. Die Aufwendungen für die Liegenschaft (§ 32 WEG 2002) werden abweichend von den Bestimmungen des § 32 Abs 1 WEG 2002 analog den Bestimmungen im Sinne des § 17 MRG nach dem Verhältnis der Nutzfläche des jeweiligen Wohnungseigentumsobjektes zur Nutzfläche aller Wohnungseigentumsobjekte getragen.

[…]

Zu den nach Abs 1 von allen Eigentümern […] zu tragenden gemeinsamen Leistungen gehören […] alle sonstigen Aufwendungen, für die nicht ausdrücklich ein anderer Verteilungsschlüssel vereinbart worden ist.

[...]

5.3. Im Sinne des § 31 WEG 2002 beschließen die Miteigentümer eine angemessene Rücklage zur Vorsorge der Aufwendungen zu bilden. Ab Wohnungseigentumsbegründung verpflichten sich die Wohnungseigentümer den in diesem Sinne vorzuschreibenden Betrag monatlich an die jeweilige Hausverwaltung zu entrichten. […]

5.4. Die Betriebskosten und sonstigen laufenden Aufwendungen für die durch den Ausbau der Rohdachbodenfläche entstehenden Wohnungs-eigentumsobjekte sind ab Fertigstellung oder Erteilung der Benützungsbewilligung für dieselben, spätestens jedoch ab der tatsächlichen Benützbarkeit durch die jeweiligen Eigentümer zu entrichten. [...]“

4.3.1 Die vom Berufungsgericht in seiner Zulassungsbegründung aufgeworfene, in der angefochtenen Entscheidung selbst aber nicht behandelte Frage, ob die Beklagte aufgrund dieser Vereinbarung (auch) die Beiträge zur Rücklage erst ab Fertigstellung, Erteilung der Benützungsbewilligung oder tatsächlicher Benützbarkeit ihrer Wohnungseigentumsobjekte zu leisten habe, ist eine Frage der Vertragsauslegung im konkreten Einzelfall (offenbar generalisierend: Hausmann aaO § 32 WEG Rz 26a). Auch bei einem Rechtsgeschäft, das nach dem Gesetz – wie die vorliegende Vereinbarung nach § 32 Abs 2 WEG – der Schriftform bedarf, ist der Parteiwille mit Hilfe der allgemeinen Auslegungsregeln zu ergründen. Die Andeutungstheorie, deren Reichweite durch den Formzweck begrenzt wird, ist nur zur Lösung der weiteren Frage, ob – und bejahendenfalls inwieweit – der Parteiwille auch formgültig und daher rechtswirksam erklärt wurde, heranzuziehen (RIS Justiz RS0118519). (Nur) die ergänzende Auslegung von Urkunden ist dort, wo ein gesetzliches Schriftformgebot besteht, durch den Formzweck beschränkt (RIS Justiz RS0117165, vgl auch 5 Ob 181/02g = RS0117166).

4.3.2 Die Aufteilungsvereinbarung in Art V. des Wohnungseigentumsvertrags vom 27. 6. 2012 enthält zunächst in seinem Punkt 5.1. die grundsätzliche Regelung für „die Aufwendungen für die Liegenschaft (§ 32 WEG 2002)“. Wie sich aus dem nachgestellten Verweis auf § 32 WEG 2002 ergibt, soll der darin festgelegte Aufteilungsschlüssel grundsätzlich für sämtliche notwendigen Leistungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage gelten (vgl 5 Ob 185/07b). In diesem Sinne endet auch die nachfolgende beispielsweise Aufzählung solcher Aufwendungen mit allen „sonstigen Aufwendungen, für die nicht ausdrücklich ein anderer Verteilungsschlüssel vereinbart worden ist“. In Punkt 5.3. erfahren die Beiträge zur Rücklage zwar eine Sonderregelung, diese beschränkt sich aber auf die Vereinbarung der Bildung einer Rücklage und einer Beitragspflicht der Wohnungseigentümer „ab Wohnungseigentumsbegründung“; sie beinhaltet aber gerade keinen eigenen (anderen) Aufteilungsschlüssel. Eine solche Aufteilungsregel enthält hingegen Punkt 5.4. für die „Betriebskosten und sonstigen laufenden Aufwendungen“ insofern, als diese Aufwendungen für die erst zu errichtenden Wohnungseigentumsobjekte von den jeweiligen Eigentümern erst ab Fertigstellung, Erteilung der Benützungsbewilligung oder tatsächlicher Benützbarkeit zu entrichten sind. Die Vereinbarung (über die „Aufwendungen für die Liegenschaft“) differenziert also zwischen den „Beiträgen zur Rücklage“ und den „Betriebskosten und sonstigen laufenden Aufwendungen“. Nach objektivem Verständnis sind daher die Beiträge zur Rücklage jene Vorschreibungen, die als eine Art „Ansparsystem“ für künftige Aufwendungen auf die Liegenschaft, also neben den laufenden Bewirtschaftungskosten und den sich daraus ergebenden Vorauszahlungen vorgeschrieben werden (vgl 5 Ob 185/07b). Die so verstandenen Beiträge zur Rücklage dienen nicht der Deckung der „laufenden“ Bewirtschaftungskosten und sind daher von der vorläufigen Kostenbefreiung für die noch nicht errichteten Wohnungseigentumsobjekte nicht erfasst. Die Beschränkung der vereinbarten Kostenbefreiung auf laufende Aufwendungen und die sich daraus ergebenden Vorauszahlungen ist im Hinblick auf die (auch ausdrücklich vereinbarte) Funktion der Rücklage zur Vorsorge für künftige Aufwendungen auch in ihrem Regelungszweck nachvollziehbar.

4.3.3 Die (vorläufige) Kostenbefreiung des Punkt 5.4. gilt daher nach Wortlaut, Systematik und Regelungszweck dieser Bestimmung nicht für die Beiträge zur Rücklage (im engeren Sinne). Für diese gilt vielmehr die in Punkt 5.1. normierte Grundregel der Aufteilung nach Nutzflächen. Das ergibt sich aus deren Wortlaut und im Sinne eines Umkehrschlusses aus dem Umstand, dass die Wohnungseigentümer zwar für die laufenden Bewirtschaftungskosten, nicht aber für die (in anderem Zusammenhang sehr wohl gesondert angesprochenen) Beiträge zur Rücklage ausdrücklich eine Sonderregelung getroffen haben. Die damit vereinbarte Aufteilung der Rücklagenbeiträge nach Nutzfläche ist auch nicht etwa deshalb obsolet, weil einzelne Wohnungseigentumsobjekte noch nicht errichtet sind; schließlich kann (und muss) in diesen Fällen auf die im Nutzwertgutachten in Anschlag gebrachten Nutzflächen laut Plan abgestellt werden.

4.4 Die Verpflichtung der Beklagten, im oben dargestellten engeren Sinn Beiträge zur Rücklage zu leisten, ergibt sich daher dem Grunde nach schon aus der im Wohnungseigentumsvertrag vom 27. 6. 2012 enthaltenen Vereinbarung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels.

5.1 Nach den Feststellungen des Erstgerichts schrieb die Verwalterin der Liegenschaft der Beklagten als der Wohnungseigentümerin der (noch zu errichtenden) Wohnungen Top 18 und 19 ab Juni 2013 einen Beitrag zur Rücklage von monatlich 160 EUR und ab November 2013 von monatlich 140 EUR vor. Diese Vorschreibungen erfolgten nicht auf Basis des Nutzflächenschlüssels, sondern, wie vom Erstgericht auch disloziert festgestellt, abweichend davon zunächst korrespondierend zu einer zwischen der Beklagten und der Verkäuferin und Mehrheitseigentümerin im Kaufvertrag vom 30. 5. 2012 getroffenen Vereinbarung und dann entsprechend der Vereinbarung vom 20. 1. 2014.

5.2 Die Beiträge zur Rücklage sind jedenfalls allen Wohnungseigentümern nach dem gültigen Anteilsschlüssel vorzuschreiben (5 Ob 185/07b). Ob und inwieweit die Vorschreibungen gegenüber der Beklagten – insbesondere unter Berücksichtigung des diesbezüglichen Gleichbehandlungsgebots (vgl 5 Ob 135/04w) – dem nach der Aufteilungsvereinbarung in Art V. des Wohnungseigentums-vertrags vom 27. 6. 2012 maßgeblichen Nutzflächenschlüssel entsprechen, lässt sich nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nicht beurteilen. Die Beklagte hat dies jedenfalls ausdrücklich bestritten.

5.3 Der Beklagten ist dieser für die Berechtigung der Klagsforderung auch der Höhe nach relevante Einwand vertragswidriger Vorschreibung grundsätzlich auch nicht verwehrt. Nach der Rechtsprechung zur Akontierung der Beiträge zu den Liegenschaftsaufwendungen hindert zwar der Einwand vertragswidriger Vorschreibung von Bewirtschaftungskosten die Fälligkeit der Akontoforderungen nicht (RIS Justiz RS0109647), weil solche Fragen der Richtigkeit und Vertragsgemäßheit in der Regel erst nach Abführung eines Rechtsstreits geklärt werden können, was zu einer empfindlichen Einschränkung der für die Abdeckung der laufenden Verbindlichkeiten notwendigen Liquidität der Eigentümergemeinschaft führen würde (RIS Justiz RS0109647 [T4]). Dieses Argument eines Vorrangs der Gemeinschaftsinteressen ist aber auf die Rücklagenbildung nicht ohne Weiteres übertragbar. Bei der Rücklagenbildung steht nicht die Vermeidung von Liquiditätsengpässen zur Bewirtschaftung der Liegenschaft, sondern die Herstellung der vom Gesetz geforderten gleichen (anteiligen) Belastung der Wohnungseigentümer bei der finanziellen Vorsorge zur Deckung des Instandhaltungsaufwands im Vordergrund (RIS Justiz RS0119211). Macht der Beklagte geltend, die ihm vorgeschriebenen Beiträge zur Rücklage seien ihm nicht nach dem gesetzlichen als dem gültigen Aufteilungsschlüssel vorgeschrieben worden, macht er eine dem Gleichheitsgebot widersprechende Belastung mit Beiträgen zur Rücklage geltend. Dieser Einwand kann ihm nicht schon allein mit dem Hinweis, es handle sich um eine Akontierung, verwehrt werden (5 Ob 187/12d, vgl auch 5 Ob 144/15k [Sondervorschreibung zur Überbrückung eines akuten Liquiditätsengpasses]).

6. Zusammengefasst lässt der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt mangels ausreichender Klarheit der einzelnen dazu getroffenen Feststellungen keine verlässliche Beurteilung der beteiligten Vertragsparteien, der Form, Natur und des Zwecks der Vereinbarung vom 20. 1. 2014 zu. Gleiches gilt für die Frage, ob und inwieweit die Vorschreibungen gegenüber der Beklagten dem nach der Aufteilungsvereinbarung im Wohnungseigentumsvertrag vom 27. 6. 2012 maßgeblichen Nutzflächenschlüssel entsprechen. Diese sekundären Feststellungsmängel zwingen zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung an das Prozessgericht erster Instanz.

7. Der Vorbehalt der Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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