JudikaturJustiz5Ob1531/93

5Ob1531/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. April 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Schwarz, Dr.Floßmann und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elfriede K***** Nr.87, vertreten durch Dr.Gerhard Kaspar, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Robert M*****, Kraftfahrer, ***** V*****, M*****siedlung 21b, vertreten durch Dr.Hans Jalovetz, Rechtsanwalt in Villach, wegen Anfechtung und Rückabwicklung eines Übergabsvertrages (S 64.000,--) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 26.November 1992, GZ 6 R 113/92-22, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die vermeintlichen Verfahrensmängel und Aktenwidrigkeiten liegen nicht vor, weil das Berufungsgericht die Feststellungen des Ersturteils übernahm und der daraus gezogene Schluß auf die Geschäftsunfähigkeit der Klägerin im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Übergabsvereinbarung ein Akt der rechtlichen Beurteilung ist (NZ 1989, 38 mwN). Auch die Gründe, die zur Ablehnung einer Ergänzung des Sachverständigengutachtens angeführt wurden (der Sachverständige habe zu den aufgeworfenen Fragen ohnehin schon Stellung genommen), lassen keine auffallend unrichtige Rechtsanwendung erkennen und unterliegen daher gemäß § 502 Abs 1 ZPO - unter dem hier allein in Betracht kommenden Gesichtspunkt der Rechtssicherheit - keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof. Daß der Beklagte wegen seines Prozeßerfolgs in erster Instanz keinen Anlaß hatte, Feststellungen des Erstgerichtes zu bekämpfen (und dies auch nicht getan hat), ist für die Zulässigkeit der Revision ohne Bedeutung (vgl EvBl 1985/113 ua; zuletzt 3 Ob 1502/90).

Auch in der Sache selbst sind die Argumente des Beklagten nicht zielführend, weil Geschäftsunfähigkeit eines an geistigen Störungen leidenden Vertragsschließenden nach der zutreffenden Rechtsansicht des Berufungsgerichtes schon dann anzunehmen ist, wenn das in Betracht kommende Geschäft von diesen geistigen Störungen "tangiert" wurde (JBl 1977, 537; Aicher in Rummel2, Rz 5 zu § 21 ABGB; Posch in Schwimann, Rz 10 zu § 21 ABGB). Da zum gültigen Zustandekommen eines Rechtsgeschäftes auch die Manifestation des Abschlußwillens der Vertragsparteien gehört (EvBl 1961/450; RZ 1985, 66/15; Rummel in Rummel2, Rz 5 zu § 861 ABGB), kann sich die Geschäftsunfähigkeit einer Person auch im Zusammenhang mit dieser Willensbildung ergeben. Zu beachten ist dabei, daß nur der (voll) geschäftsfähig ist, der die Tragweite und Auswirkungen seines Handelns abschätzen und dieser Einsicht gemäß disponieren kann (vgl NZ 1989, 38). Die Geschäftsfähigkeit ist daher schon dann ausgeschlossen, wenn einem Vertragsschließenden wegen einer auch nur vorübergehenden geistigen Störung die normale Freiheit der Willensentschließung fehlt (5 Ob 578/82; 1 Ob 574/88; 1 Ob 572/90). Auf Argumente des Vertrauensschutzes ist dabei im Hinblick auf § 21 ABGB kein Bedacht zu nehmen, wenn Anlaß zur Bestellung eines Sachwalters für den konkreten Rechtsakt bestanden hätte.

Damit erweist sich die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes als unbedenklich, der Klägerin habe wegen ihres durch Wahnvorstellungen ausgelösten zwanghaften Drangs zur sofortigen Regelung ihrer Vermögensnachfolge im Zeitpunkt der Übergabsvereinbarung mit dem Beklagten die Geschäftsfähigkeit gefehlt. Selbst wenn man unterstellt, daß an der Geschäftsfähigkeit der Klägerin nicht zu zweifeln wäre, sollte es beim streitgegenständlichen Vertragsabschluß ohnehin nur mehr um eine Verschiebung (Vorverlegung) des Übergabszeitpunktes gegangen sein, wäre für den Beklagten nichts gewonnen, weil die Klägerin unter dem Einfluß ihrer Krankheit eben nicht nur zum Vollzug einer bereits früher gefaßten Übergabsabsicht, sondern dazu veranlßt wurde, "die Liegenschaft schon vor ihrem Tod zu übergeben" (S 7 des Ersturteils). Demnach hat sie sich in einer Situation psychischen Zwangs zu einer Verfügung über ihr Vermögen (unter Lebenden) entschlossen, die in dieser Weise vorher nicht in ihrer Absicht gelegen war. Für eine gegenteilige Annahme ist der Beklagte - wie das Berufungsgericht im Ergebnis richtig erkannte - den Nachweis schuldig geblieben.

Rechtssätze
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