JudikaturJustiz5Ob109/13k

5Ob109/13k – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Juni 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin B*****gesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Kurt Lechner, Rechtsanwalt in Neunkirchen, wegen Einverleibung eines Bestandrechts ob der Liegenschaft EZ 1477 GB *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 19. März 2013, AZ 7 R 36/13v, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 126 Abs 3 GBG).

Text

Begründung:

1. Bestandnehmerin der Liegenschaft ist eine Leasinggesellschaft, die nach den von der Antragstellerin vorgelegten Urkunden auf dieser Liegenschaft ein Fachmarktzentrum als Superädifikat errichten wird. Gegenstand des zwischen der Leasinggesellschaft und der Antragstellerin abgeschlossenen Mietvertrags sind Räumlichkeiten in diesem neu zu errichtenden Gebäude. Die Antragstellerin begehrte die Einverleibung dieses Mietvertrags auf der Liegenschaft der grundbücherlichen Eigentümerin.

Rechtliche Beurteilung

2. Bereits das Rekursgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Vermietung von Räumlichkeiten eines Superädifikats durch dessen Eigentümer Hauptmietrechte verschafft (RIS Justiz RS0117163 = 5 Ob 108/02x), deren Verbücherung durch die beantragte Einverleibung des Bestandrechts (§ 1095 ABGB, § 9 GBG) nicht in Betracht kommt. Die Revisionsrekurswerberin zieht diese Ansicht auch nicht in Zweifel und betont, dass sie nicht die Belastung des Superädifikats mit dem Bestandrecht durch Urkundenhinterlegung gemäß § 1 Abs 1 Z 1 lit a UHG, sondern eine solche des Grundstücks begehre. Damit muss im Revisionsrekursverfahren auch nicht erörtert werden, ob ein solches Begehren im Sinne des § 9 Abs 1 Z 2 UHG durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet wäre. Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob das Superädifikat ungeachtet des Wortlauts im Mietvertrag vom 16. 11. 2012 bei Einlangen des Antrags beim Erstgericht am 28. 12. 2012 bereits errichtet war, wie die Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs breit ausführt.

3. Nach § 94 Abs 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen (RIS Justiz RS0060878) und darf eine grundbücherliche Eintragung unter anderem nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Der von der Antragstellerin erstmals im Revisionsrekursverfahren vorgetragene Standpunkt, dass sie nicht bloß Mieterin von Räumlichkeiten innerhalb des Superädifikats sein soll, sondern nach dem Willen der Grundeigentümerin neben der Leasinggesellschaft Hauptmieterin des gesamten Grundstücks, findet im Wortlaut der von ihr vorgelegten Urkunde keine Deckung. Dem Grundbuchsgericht ist es aber verwehrt, eine ergänzende Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen vorzunehmen oder sonst Erwägungen anzustellen, um den wahren Willen der Vertragsparteien zu ergründen (RIS Justiz RS0060878 [T25]; RS0060537; Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht, § 94 GBG Rz 4 mwN ).

4. Grundsätzlich richtig ist, dass es nach der Rechtsprechung auch ohne ausdrückliche Regelung zulässig ist, auf der gesamten Liegenschaft ein Bestandrecht einzuverleiben, das sich nur auf ein bestimmtes Grundstück erstreckt (RIS Justiz RS0118470; RS0119604 jeweils mit Bezug auf § 12 Abs 2 GBG). In einem solchen Fall muss aber a us den vorliegenden Urkunden der räumliche Umfang des Bestandrechts klar ersichtlich sein (5 Ob 13/11i). Das ist hier hinsichtlich der Stellplätze und Verkehrsflächen schon deshalb nicht der Fall, weil diese Flächen, wie bereits das Rekursgericht aufgezeigt hat, nach dem Wortlaut des Mietvertrags „anteilig zur Nettomietfläche“ des Superädifikats mitvermietet sind. Die Antragstellerin geht in ihrem Rechtsmittel selbst davon aus, dass sie nicht alleinige Mieterin von Räumlichkeiten des Superädifikats ist und nennt weitere Bestandnehmer, denen damit ebenfalls anteilig zur Nettomietfläche Stellplätze und Verkehrsflächen vermietet sind. Aus dem angeschlossenen Außenplan, dem lediglich die Gesamtanzahl und die Situierung der Verkehrsflächen und Abstellplätze entnommen werden kann, lässt sich damit entgegen dem Standpunkt der Revisionsrekurswerberin in keiner Weise der räumliche Umfang gerade ihres Bestandrechts erschließen. Bereits aus diesem Grund kommt die von ihr thematisierte Einverleibung eines Unterbestandrechts (vgl dazu RIS Justiz RS0020593) nicht in Betracht. Aus Anlass des vorliegenden Rechtsmittels muss daher nicht untersucht werden, ob die Einverleibungsfähigkeit eines Unterbestandrechts ein zulässiges Minus, wie die Revisionsrekurswerberin meint, oder aber ein aliud zum Begehren auf Einverleibung eines (Haupt )Bestandrechts darstellt.

5. Die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens wegen des entgegen § 89c Abs 5 Z 2 GOG idF BGBl I 2012/26 nur im Postweg und nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten Rechtsmittels kann im Hinblick auf die Zurückweisung entfallen (vgl 5 Ob 20/13x mwN uam).

Rechtssätze
6
  • RS0128266OGH Rechtssatz

    03. März 2022·3 Entscheidungen

    Gemäß § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 sind Rechtsanwälte nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26). Für Eingaben eines Rechtsanwalts ab dem maßgeblichen Stichtag 1. 5. 2012 (§ 98 Abs 15 Z 1 GOG), die auf dem Postweg und nicht im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden, ist demnach ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Die bisherige Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0124215; RS0124335; RS0124555), die in der nicht auf elektronischem Weg eingebrachten Eingabe keinen die geschäftsordnungsgemäße Behandlung hindernden Formmangel erkannte und von einem folgenlosen Verstoß gegen eine reine Ordnungsvorschrift ausging, kann infolge Änderung der Rechtslage für solche Eingaben seit 1. 5. 2012 nicht mehr aufrecht erhalten werden. In gewollter Abkehr von dieser Judikatur müssen die im neu gefassten § 89c Abs 5 GOG idF BGBl I 2012/26 genannten ERV‑Teilnehmer/innen in Hinkunft den elektronischen Rechtsverkehr zwingend verwenden. Das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete soll ‑ als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26) ‑ zu einem Verbesserungsverfahren und bei einem Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe führen.