JudikaturJustiz4Ob546/95

4Ob546/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** Aktiengesellschaft ***** vertreten durch Heller, Löber, Bahn Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Firma Walter P***** vertreten durch Dr.Paul Bachmann und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen S 2,377.834,84 sA (Revisionsinteresse S 1,605.221,24 sA), infolge Revision der Beklagten gegen das Teilurteil

des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 22.Dezember 1994, 5 R 156/94-96, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 13. Mai 1994, 13 Cg 424/93t-89, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den

Beschluß

gefaßt:

Die Revision wird, soweit Nichtigkeit geltend gemacht wird, verworfen.

II. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird insoweit als Teilurteil bestätigt,

als die Beklagte schuldig erkannt wird, der Klägerin S 887.767,13

samt 8,2 % Zinsen vom 15.10.1985 bis 15.12.1988 und 6,75 % Zinsen

seit 16.12.1988 binnen 14 Tagen zu zahlen, und als das Mehrbegehren

auf Zahlung von S 360.772,36 samt 8,2 % Zinsen vom 15.10.1985 bis

15.12.1988 und von 6,75 % Zinsen seit 16.12.1988 abgewiesen wird.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

III. den

Beschluß

gefaßt:

Im Umfang eines Betrages von S 717.454,11 samt 8,2 % Zinsen vom

15.10.1985 bis 15.12.1988 und 6,75 % Zinsen seit 16.12.1988 werden

die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben; die Rechtssache wird insoweit zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin erzeugt (ua) PVC-Folien, die zum Abdichten verwendet werden.

Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der protokollierten Firma Walter P*****. Alleininhaberin der protokollierten Firma Walter P***** war Magdalena W*****; Magdalena hat dieses Einzelunternehmen unter Verzicht auf die Liquidation aufgelöst und in die zur Fortführung ihres Betriebes gegründete M*****gesellschaft eingebracht. Die M*****gesellschaft wurde am 23.9.1994 zu FN ***** im Firmenbuch des Handelsgerichtes W***** eingetragen; die protokollierte Firma Walter P***** wurde am selben Tag gelöscht. Die Bezeichnung der Beklagten konnte aber mangels Gesamtrechtsnachfolge nicht richtig gestellt werden.

Rechtsvorgängerin der protokollierten Firma Walter P***** war die Walter P***** OHG, deren persönlich haftende Gesellschafter Magdalena W***** und Hellmuth W***** waren. Gegen die Walter P***** OHG, Magdalena W***** und Hellmuth W***** war die Klage ursprünglich gerichtet. Hellmuth W***** ist am 11.11.1987 verstorben; sein Nachlaß wurde Magdalena W***** eingeantwortet. Magdalena W***** führte die Walter P***** OHG als Einzelunternehmen weiter.

Die Walter P***** OHG (in der Folge: P***** OHG) betrieb ein Dachdeckungs- und Abdichtungsunternehmen. Ihre Tochtergesellschaft die Walter P***** Gesellschaft mbH (in der Folge: P***** GmbH), befaßte sich mit Montagearbeiten.

Die Klägerin lieferte der P***** OHG vom Beginn der Siebzigerjahre an Folienmaterial. Am 19.4./7.5.1974 wurde zwischen der Klägerin und der P***** OHG ein Alleinvertriebsvertrag geschlossen. Zu Beginn der Achtzigerjahre reklamierten Kunden der P***** OHG Undichtheiten bei Dächern, welche die P***** GmbH hergestellt hatte. Die Undichtheiten waren auf fehlerhafte Folien zurückzuführen, welche die Klägerin geliefert hatte. Die Klägerin anerkannte im wesentlichen, daß ihre Folien mangelhaft waren.

Zwischen der Klägerin und der P***** OHG wurde folgende Vereinbarung geschlossen: Die Gewährleistungsfrist sollte in jedem Fall zehn Jahre betragen. Die P***** OHG sollte die Klägerin von jeder Beanstandung verständigen und mit ihr zusammen deren Berechtigung überprüfen. War die Reklamation berechtigt, so sollte die Klägerin die Sanierung freigeben. Die Klägerin verpflichtete sich, die Materialien kostenlos zu liefern und die Arbeitsleistungen zu zahlen.

Die Arbeitsleistungen wurden von der P***** GmbH erbracht. Diese stellte ihre Forderungen der Klägerin in Rechnung; die von der Klägerin anerkannten Forderungen wurden mit Warenlieferungen verrechnet. Abgerechnet wurde in der Form, daß die Forderungen der Klägerin aus Warenlieferungen den Forderungen der P***** GmbH und der P***** OHG gegenübergestellt wurden. Ein sich allenfalls ergebender Saldo wurde gezahlt. Die Klägerin unterschied nicht zwischen der P***** OHG und der P***** GmbH; sie behandelte im wesentlichen beide gleich. Bei Gesprächen am 29.2./1.3.1988 übergab die P***** OHG der Klägerin eine "D*****-Gesamtaufstellung", die sämtliche wechselseitigen Forderungen seit 31.3.1981 umfaßte und einen Saldo von S 1,137.472,22 zugunsten der P***** OHG ergab. Am 31.3.1981 hatte ein Saldo von S 2,381.489,53 zugunsten der Klägerin bestanden.

Da die Klägerin einige der Gegenrechnungen nicht akzeptierte, brachte die P***** GmbH in Deutschland Klagen gegen die Klägerin ein.

Zu 2 KfH O 24/87 des Landgerichtes H***** machte die P***** GmbH S 672.731,61 sA für im Auftrag der Klägerin ausgeführte Dachsanierungen geltend. Wegen eines Teilvergleiches über die das Bauvorhanden P***** betreffenden Rechnungen hatte das Oberlandesgericht S***** als Berufungsgericht nur noch über S 627.890,01 sA zu entscheiden. Mit (rechtskräftigem) Berufungsurteil vom 31.5.1989, 5 U 213/88, wurden der P***** GmbH S 32.396,60 sA zugesprochen; das Mehrbegehren wurde abgewiesen. Das Oberlandesgericht S***** war der Auffassung, daß von der Forderung der P***** GmbH für das Bauvorhaben Unionstraße L***** (Rechnung vom 22.12.1983) S 13.069,81 als über dem vereinbarten Pauschalpreis für die Wiederherstellung der Bepflanzung liegend nicht berechtigt und der Restbetrag von S 226.928,54 verjährt sei. Das gleiche gelte für die Forderung aus der Rechnung vom 31.12.1983 über S 86.022,59 (Bauvorhaben Sporthalle und Freischwimmbad S*****) und für die Forderung aus der Rechnung vom 31.12.1983 über S 269.472,47 (Bauvorhaben Sankt J*****).

Zu 3 KfH O 385/87 des Landgerichtes H***** machte die P***** GmbH S 135.030,51 aus der Rechnung vom 10.9.1984 für das Bauvorhaben Hauptschule Sankt J***** und S 33.428,52 aus der Rechnung vom 22.10.1984 für Sanierungsarbeiten am Bauvorhaben K***** geltend. Das Erstgericht erkannte S 135.030,51 als verjährt, S 33.428,52 als nicht zu Recht bestehend. Es wies die Klage ab; die Berufung der P***** GmbH wurde mit (rechtskräftigem) Urteil des Oberlandesgerichtes S***** vom 14.1.1991, 5 U 47/90, zurückgewiesen.

Zu 1 KfH O 111/88 des Landesgerichtes H***** klagte die P***** GmbH die D***** AG auf S 430.279,95 sA. Die Forderungen gingen auf Sanierungsarbeiten zurück, welche die P***** GmbH bei den Bauvorhaben Dr.Hild-Gasse, P*****, Hauptschule Sankt J*****, K*****, H*****, und K*****, W*****, vorgenommen hatte. Das Erstgericht wies die Klage ab; die gegen dieses Urteil erhobene Berufung wurde zurückgezogen. Nach den Urteilsfeststellungen hat die D***** AG bei keinem der vier Bauvorhaben einen Sanierungsauftrag erteilt. Die Ansprüche aus den Rechnungen vom 26.2.1985 über S 42.039,40 (Sankt J*****) und vom 26.2.1985 über S 8.707,37 (K***** H*****) wären überdies, ebenso wie die übrigen das Bauvorhaben Sankt J***** betreffenden Rechnungen vom 19.7.1985 über S 47.207,26, vm 20.9.1985 über S 33.281,95, vom 31.12.1985 über S 26.276,84, vom 30.6.1986 über S 111.814,09 und vom 14.10.1986 über S 29.137,46, verjährt und teilweise wegen Ablaufes der Gewährleistungsfrist präkludiert; Bereicherungsansprüche stünden der P***** GmbH nicht zu. Die Klägerin begehrt S 2,377.384,84 sA. Sie habe der Beklagten in den Jahren 1983 bis 1985 laufend auftragsgemäß Kunststoffolien geliefert. Die Rechnungen seien jeweils binnen 60 Tagen zur Zahlung fällig gewesen.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Ihr stünden für die Sanierung mangelhafter Dachbahnen Gegenforderungen von insgesamt S 2,634.458,61 zu.

Das Erstgericht stellte mit Teilurteil vom 28.11.1991 die Klageforderung mit S 2,372.806,84 sA fest und erkannte die Beklagte schuldig, diesen Betrag zu zahlen.

Mit Beschluß vom 29.1.1993, 5 R 60/92, hob das Berufungsgericht das Teilurteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück.

Nach Ergänzung des Verfahrens sprach das Erstgericht der Klägerin S 1,997.062,48 sA zu und wies das Mehrbegehren von S 380.772,36 sA ab.

Die Parteien hätten die P***** OHG und die P***** GmbH als identisch behandelt; die für die Aufrechnung notwendige Gegenseitigkeit sei daher gegeben. Die in Deutschland ergangenen Urteile seien aufgrund des deutsch-österreichischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrages inländischen Urteilen gleichgestellt. Eine Wiederholung dieser Rechtsstreite sei ausgeschlossen. Eine Gegenforderung sei von einem inländischen Gericht aberkannt worden. Dachbahnen, die im Zeitpunkt ihrer Herstellung dem Stand der Technik entsprochen hätten, seien nicht mangelhaft gewesen. Insoweit stünden keine Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche zu. Bei einer im Vergleich zur Klageforderung unbedeutenden Gegenforderung sei nach § 273 ZPO vorzugehen. Gegenforderungen, denen vor Verjährung Forderungen der Klägerin gegenübergestanden seien, seien nicht verjährt. Die Skontoabzüge der Beklagten seien aufgrund langjähriger Übung berechtigt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil als Teilurteil und sprach der Klägerin S 1,605.221,24 sA zu. Das Mehrbegehren von S 360.772,36 sA wies es ab. Im übrigen nämlich im Umfang von S 411.841,24 sA hob das Berufungsgericht das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei.

Das Erstgericht hätte nicht nach § 273 ZPO vorgehen dürfen, weil die Feststellung der mit S 24.584,60 geltend gemachten Gegenforderung nicht mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden sei. Die in Deutschland ergangenen Urteile seien nach dem deutsch-österreichischen Vollstreckungsvertrag in Österreich anzuerkennen. Sie seien inländischen Entscheidungen gleichgestellt. Auch abweisende ausländische Urteile seien bindend. Die deutschen Gerichte hätten nicht über Forderungen erkannt, die bereits durch Kompensation erloschen gewesen wären. In den Urteilen werde bindend festgestellt, daß die Forderungen, mit denen die Beklagte aufgerechnet habe, nicht zu Recht bestanden hätten. Auch wenn mit verjährten Forderungen aufgerechnet werden könne, folge daraus nicht, daß rechtskräftige Entscheidungen unbeachtlich würden. Inhaltlich könnten die Urteile wegen ihrer Bindungswirkung nicht mehr überprüft werden. Privatgutachten könnten das vom Gericht eingeholte Gutachten nicht widerlegen. Das Erstgericht hätte vom gerichtlichen Sachverständigengutachten nicht abgehen dürfen. Soweit mit dem Urteil ein Betrag von S 324.399,- sA zugesprochen worden sei, sei das Urteil aufzuheben. Das Erstgericht werde zu prüfen haben, ob die 1978 hergestellte Dachfolie "d***** F 1,2 mm" dem Stand der Technik im Jahre 1978 entsprochen habe. Aufzuheben sei das Urteil auch im Umfang von S 47.061,02 sA, weil nicht feststehe, ob dieser Betrag der Beklagten zustehe oder ob die Klägerin den Teilbetrag zu Recht bestritten habe, sowie im Umfang von S 20.381,22 und S 20.000,- je sA.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Teilurteil gerichtete Revision ist teilweise berechtigt.

Die Beklagte bekämpft das angefochtene Urteil insoweit als nichtig, als zu den Positionen F 2, 3, 12, 14, 17 und 18 auf die Ausführungen zu Position F 1 verwiesen wird. Das Urteil könne nicht mit der

notwendigen Sicherheit überprüft werden, so daß es nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO nichtig sei.

Die geltend gemachte Nichtigkeit liegt nicht vor. Die Beklagte hat in der Berufung zu diesen Punkten auf ihre Ausführungen zu F 1 verwiesen; daß auch das Berufungsgericht auf seine Ausführungen zu F 1 verweist, ist nur folgerichtig und reicht als Begründung aus.

Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor (§ 510 Abs 3

ZPO). Daß die Feststellung des Erstgerichtes, die Beklagte habe

durch Ing.Josef S***** schriftlich auf S 289.555,48 (richtig: S

189.555,48; s AS 197, 587) verzichtet, nicht aktenwidrig ist, hat

bereits das Berufungsgericht schlüssig dargelegt. Die

Revisionsausführungen zu diesem Punkt sind nur ein - unzulässiger

- Versuch, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen.

Die Vorinstanzen haben die Gegenforderungen von S 640.335,01, S 168.459,03 und S 430.279,95 nicht berücksichtigt, weil Klagen der Beklagten auf Zahlung dieser Beträge von deutschen Gerichten abgewiesen worden sind; ein Teilbetrag von S 44.841,60 (Bauvorhaben P*****) wurde im Verfahren 5 U 213/88 des Oberlandesgerichtes S***** verglichen. Die Beklagte weist darauf hin, daß sich die deutschen Gerichte nicht damit befaßt haben, ob diese Forderungen durch Aufrechnung erloschen sind. Entscheidend sei aber, wann die Kompensation eingetreten sei. Durch Aufrechnung erloschene Forderungen hätten nicht verjähren können. Mit den deutschen Urteilen sei über Forderungen erkannt worden, die durch Kompensation erloschen gewesen seien; die Urteile seien daher nichtig.

Wird über eine Forderung entschieden, die nicht mehr besteht, dann

ist das Urteil weder nichtig noch ein Nichturteil. Dieser Frage ist

aber im vorliegenden Fall gar nicht entscheidend. Die Beklagte hat

Forderungen aufrechnungsweise eingewandt, die sie auch gesondert

eingeklagt hat. Die Klagen wurden zum Teil deshalb abgewiesen, weil

die Forderungen als verjährt erachtet wurden. Mit einer verjährten

Forderung kann aber - sowohl nach dem hier anwendbaren

österreichischen (§ 1438 ABGB) als auch nach deutschen Recht (§

390 Abs 2 BGB) - aufgerechnet werden (ecolex 1993, 594 mwN; s

auch Rummel in Rummel, ABGB2 § 1438 Rz 15 mwN), weil die

Aufrechnung auf den Zeitpunkt, in dem die Forderungen einander

erstmals aufrechenbar gegenübergestanden sind (Aufrechnungslage),

zurückwirkt. Waren die Forderungen damals nicht verjährt, dann kann

die Aufrechnung auch noch nach Ablauf der Verjährungsfrist erklärt

werden. Das gilt aber nicht für Forderungen, die im Zeitpunkt der

Aufrechnungserklärung infolge Ablaufs einer Ausschlußfrist erloschen

sind. In diesem Fall kann auch dann nicht mehr aufgerechnet werden,

wenn die Präklusion erst nach der Aufrechnungslage eingetreten ist

(SZ 59/137 = JBl 1987, 127 mit Anm von P.Bydlinski = RdW

1987, 132; s Rummel aaO mwN).

Die Aufrechnung mit einer verjährten Forderung ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Klage auf Zahlung der Gegenforderung rechtskräftig wegen Verjährung abgewiesen wurde (s Palandt, BGB54 § 390 Rz 3 mwN). Die prozeßrechtlichen Wirkungen ausländischer Entscheidungen sind denen inländischer Gerichte gleich, wenn die Entscheidung des ausländischen Gerichtes in Österreich anzuerkennen ist. Nach dem Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen, BGBl 1960/105, werden die in Zivil- und Handelssachen ergangenen Entscheidungen der Gerichte des einen Staates, durch die im streitigen Verfahren oder im Verfahren außer Streitsachen (in einem Verfahren der streitigen oder der freiwilligen Gerichtsbarkeit) über Ansprüche der Parteien erkannt wird, im anderen Staat anerkannt (Art 1 Abs 1 leg cit). Die zwischen den Streitteilen ergangenen Entscheidungen des Landgerichtes H***** und des Oberlandesgerichtes S***** sind Entscheidungen deutscher Gerichte in Zivil- und Handelssachen; sie sind daher in Österreich anzuerkennen. Damit sind sie in ihren prozeßrechtlichen Wirkungen einer inländischen Entscheidung vollkommen gleichgestellt (SZ 55/74 mwN).

Soweit demnach in den zwischen der Klägerin und der P***** GmbH ergangenen Urteilen festgestellt wurde, daß Forderungen, welche die Beklagte als Gegenforderungen geltend macht, nicht zu Recht bestehen, ist die Aufrechnungseinrede der Beklagten nicht berechtigt. Soweit die Klagen der P***** GmbH aber wegen Verjährung abgewiesen wurden, hindert dies die Aufrechnung nicht. In diesen Fällen ist allerdings zu prüfen, ob die Forderungen zu Recht bestehen, weil die deutschen Gerichte eine solche Prüfung nicht vorgenommen und die Klagen nur wegen Verjährung abgewiesen haben.

Als nicht zu Recht bestehend erkannt wurden insgesamt S 476.778,28 (S 13.069,81 im Verfahren 2 KfH 24/87 des Landgerichtes H*****, 5 U 213/88 des Oberlandesgerichtes S*****; S 33.428,52 im Verfahren 3 KfH O 385/87 des Landgerichtes H*****, 5 U 47/90 des Oberlandesgerichtes S*****; S 430.279,95 im Verfahren 1 KfH O 111/88 des Landgerichtes H*****); als verjährt insgesamt S 717.454,11 (S 582.423,60 im Verfahren 2 KfH O 24/87 des Landgerichtes H*****, 5 U 213/88 des Oberlandesgerichtes S*****; S 135.030,51 im Verfahren 3 KfH O 385/87 des Landgerichtes H*****, 5 U 47/90 des Oberlandesgerichtes S*****). Im Umfang der als verjährt abgewiesenen Forderungen ist zu prüfen, ob die Aufrechnungseinrede der Beklagten berechtigt ist.

Der Revision war daher teilweise Folge zu geben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren in einem Teilbetrag von S 717.454,11 sA aufzuheben und die Rechtssache war insoweit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Im übrigen war die angefochtene Entscheidung als Teilurteil zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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