JudikaturJustiz4Ob226/13h

4Ob226/13h – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Februar 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Zsizsik Dr. Prattes Rechtsanwälte OG in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei V***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Helmut Weinzettl, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen 232.599,14 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 104.404,57 EUR sA) und den Rekurs gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. September 2013, GZ 4 R 110/13w 196, womit das dritte Teilurteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 12. Februar 2013, GZ 24 Cg 222/04v 187, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision und der Rekurs werden zurückgewiesen.

Die Revisions und Rekursbeantwortung der klagenden Partei wird als verspätet zurückgewiesen (§ 507a Abs 1 und 2 Z 1 ZPO).

Text

Begründung:

Die Beklagte erhielt von Dritten Aufträge zur Errichtung mehrerer Mülltrennungs und Wiederaufbereitungsanlagen. Die Klägerin belieferte die Beklagte mit hiefür benötigten Komponenten, insbesondere mit Förderbändern; deren Montage auf der Baustelle war in der Regel nicht Auftragsinhalt (ausgenommen eine Anlage).

Die Klägerin macht soweit für das nunmehr bekämpfte Teilurteil relevant restliches Entgelt für ein bestimmtes Projekt in Höhe von 118.045,62 EUR geltend. Die Beklagte wendete einerseits ein, dieses Projekt sei unter Berücksichtigung aufgetretener Mängel bereits ausbezahlt und erhob betreffend dieses Projekts Gegenforderungen von 86.045 EUR sowie betreffend ein weiteres Projekt von 196.649,40 EUR, weil Preisminderung/Schadenersatz wegen Lackierungsmängeln, diverser Reparaturen und letztlich notwendigen Austausches fehleranfälliger Förderer zustehe.

Das Berufungsgericht bestätigte den erstgerichtlichen Ausspruch, dass die Klageforderung mit 118.045,62 EUR zu Recht bestehe, erkannte die eingewendeten Gegenforderungen als mit 13.641,05 EUR zu Recht bestehend und mit 145.138,12 EUR als nicht zu Recht bestehend, weshalb es die Beklagte (unter Abweisung des entsprechenden Mehrbegehrens) zur Zahlung von 104.404,57 EUR sA verurteilte. In Ansehung des Ausspruchs über die restliche Gegenforderung von 123.915,23 EUR hob es das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision und der Rekurs zulässig seien, weil explizite höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Qualifizierung von Verträgen über die Lieferung und den Einbau von Anlagenteilen (Maschinen) als Werk oder Werklieferungsvertrag fehle.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts sind die Revision und der Rekurs der Beklagten, mit denen sie die gänzliche Klageabweisung anstrebt, nicht zulässig.

Weder ist die vom Berufungsgericht genannte Rechtsfrage als erheblich im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu beurteilen, noch vermag die Beklagte erhebliche Rechtsfragen im Sinn der genannten Gesetzesstelle aufzuzeigen.

1. Unstrittig ist, dass hier noch die von der seit 1. 1. 2007 geltenden Rechtslage abweichenden Bestimmungen des § 381 Abs 2 HGB anzuwenden sind. Das Berufungsgericht gelangte zwar anders als noch das Erstgericht zur Einordnung des zu beurteilenden Vertrags der Streitteile als Werklieferungsvertrag, verneinte aber bei Behandlung der Berufung der Klägerin betreffend einen bestimmten von der Beklagten geltend gemachten Mangel eine Rügeobliegenheit nach § 377 HGB (Getriebeaufhängung Schlammbunker). Da die Klägerin die Berufungsentscheidung unbekämpft ließ, ist dieser Streitpunkt nicht mehr zu behandeln.

Im Übrigen erachtete das Berufungsgericht den Sachverhalt in Ansehung bestimmter geltend gemachter Gegenforderungen als ergänzungsbedürftig. Den Parteien sei Gelegenheit zu geben, ihr Vorbringen zur Beurteilung des Vorliegens eines Mangels zu ergänzen. Hält das Berufungsgericht, ausgehend von einer richtigen Rechtsansicht, die erstgerichtlichen Feststellungen für unzureichend und weitere Feststellungen für erforderlich, so kann der Oberste Gerichtshof, der nicht auch Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS Justiz RS0043414). Ob die kaufmännische Rügeobliegenheit im Weiteren überhaupt noch relevant ist, kann derzeit nicht beurteilt werden. Die vom Berufungsgericht zur Rügeobliegenheit dargelegten Grundsätze entsprechen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (zur hier anzuwendenden alten Rechtslage); dies gilt auch für die Abgrenzung von Werk und Werklieferungsvertrag (RIS Justiz RS0113879). Da noch nicht abschließend feststeht, ob überhaupt ein allenfalls zu rügender Mangel vorliegt, ist eine nach den konkreten Umständen des Einzelfalls vorzunehmende Beurteilung, ob von einer Rügeobliegenheit auszugehen ist und bejahendenfalls dieser entsprochen wurde, noch nicht möglich. Soweit Schadenersatzansprüche, die nicht aus einem Mangel der Ware selbst, sondern aus einer Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten hergeleitet werden, können diese unabhängig davon geltend gemacht werden, ob eine Mängelrüge erfolgt ist oder nicht. Ist die Ware an sich mängelfrei, so besteht keine Rügepflicht (4 Ob 279/94i = SZ 2005/14).

2. Dass die Preisminderung nach der sogenannten relativen Berechnungsmethode zu ermitteln ist (vgl RIS Justiz RS0018764) bezweifelt die Beklagte nicht. Sie will die Berechnung der Preisminderung aber so vornehmen, dass sie in Wahrheit den gesamten Verbesserungsaufwand (einschließlich des Mangelfolgeschadens infolge Demontagenotwendigkeit) erhält. Eine tatsächliche Verbesserung wurde nach den getroffenen Feststellungen nicht vorgenommen, der offenbar angestrebte Zuspruch fiktiver Verbesserungskosten kommt aber nicht in Betracht (1 Ob 109/09z ua; RIS Justiz RS0022844 [T9]). Die von den Vorinstanzen vorgenommene Berechnung, die zu Grunde legt, dass der Wert der mangelbehafteten Leistung zwei Drittel des Werts der mangelfreien Leistung beträgt, weshalb als Preisminderung ein Drittel des für die beanstandeten Arbeiten vereinbarten Entgelts anzusetzen sei, ist daher nicht zu beanstanden.

3. Ist nach den getroffenen Feststellungen die Leistung der Klägerin in einem bestimmten Punkt nicht mangelhaft, scheiden Gewährleistungs und Schadenersatzansprüche insoweit von vornherein aus (Projekt St. Pölten, Unterstützungswinkel). Mangels ausreichender Feststellungen zum Vertragsinhalt erachtete das Berufungsgericht zu einem bestimmten Projekt weder die Beurteilung bestimmter Umstände als Mangel noch die aufgeworfene Frage nach einer allfälligen Verletzung der die Klägerin treffenden Warnpflicht als beurteilbar. Dass die vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegte rechtliche Beurteilung in diesem Zusammenhang unzutreffend wäre, lässt sich den Revisionsausführungen nicht entnehmen. Abgesehen davon, dass das Erfüllungsinteresse mangels Klärung des vertragsgemäßen Zustands derzeit nicht berechnet werden kann, lässt sich den Revisionsausführungen auch nicht entnehmen, aufgrund welcher konkreten Feststellungen der begehrte Ersatzbetrag begründbar wäre.

Rechtssätze
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