JudikaturJustiz4Ob2256/96k

4Ob2256/96k – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Oktober 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter, in der Rechtssache der klagenden Partei Gerda J*****, vertreten durch Brandstetter, Politzer Pritz Partnerschaft KEG, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Ewald H*****, vertreten durch Dr.Tassilo Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 713.650 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22.April 1996, GZ 14 R 292/95-13, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 21.September 1995, GZ 8 Cg 2/95p-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten haben:

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin S 713.650 samt 6,5 % Zinsen p. a. seit 24.11.1993 zuzüglich 4 % Zinseszinsen seit Klagezustellung (20.1.1995) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung von 6,5 % Zinseszinsen bis zum Tag der Klagezustellung und weiterer 2,5 % Zinseszinsen ab Klagezustellung wird abgewiesen.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin nachstehende Kosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen:

an Kosten des Verfahrens erster Instanz S 47.695,72 (darin S 13.560 Barauslagen und S 5.695,95 Umsatzsteuer,

an Kosten des Berufungsverfahrens S 56.496 (darin S 19.920 Barauslagen und S 6.096 Umsatzsteuer) und

an Kosten des Revisionsverfahrens S 48.461 (darin S 26.510 Barauslagen und S 3.658,50 Umsatzsteuer).

Text

Entscheidungsgründe:

In der Verlassenschaftsabhandlung nach der am 24.11.1993 verstorbenen Elisabeth R***** gab der Sohn ihres vorverstorbenen Bruders Ewald H***** eine unbedingte Erbserklärung aufgrund des Gesetzes ab. Mit Schriftsatz vom 25.1.1994, 2 A 509/93d-19, Bezirksgericht Fünfhaus berief sich die Klägerin auf eine mündliche letztwillige Anordnung der Erblasserin. Diese habe der Klägerin am 16.4.1993 in Anwesenheit der Zeugen Ernestine B*****, Helga P***** und Emilia H***** das PSK-Sparbuch Nr 103406903 mündlich vermacht.

Der nunmehr beklagte gesetzliche Erbe bestritt dieses Legat. Auf seinen Antrag vernahm das Bezirksgericht Fünfhaus am 25.2.1994 die von der Klägerin namhaft gemachten Zeugen der letztwilligen Anordnung beeidet und machte das Protokoll am selben Tag kund. Das Einvernahmeprotokoll hat nachstehenden wesentlichen Wortlaut:

"Testamentszeugin Ernestine B*****: Ich war eine langjährige gute Bekannte der Erblasserin und habe sie viele Jahre mit Hilfeleistungen unterstützt. Viele Jahre hindurch sagte die Erblasserin zu mir, daß ihr Postsparbuch nach ihrem Ableben die Gerda J***** bekommen solle, weil diese ihr und ihrem Gatten durch viele Jahre Beistand geleistet habe.

Am 16.4.1993 ließ mich die Erblasserin überraschend in ihre Wohnung kommen, worüber ich erstaunt war, weil an diesem Tag ihre Helferin Helga P***** ohnedies bei ihr im Haushalt war. In der Wohnung der Erblasserin war am 16.4.1993 bei meinem Einlangen bzw in späterer Folge auch noch Frau Emilia H*****, eine Bekannte der Erblasserin, anwesend, so daß wir drei Zeugen während ihrer Erklärung anwesend waren, nämlich: Helga P*****, Emilia H***** und ich. Außerdem war auch Gerda J***** in der Wohnung anwesend. Die Erblasserin sagte, sie habe uns drei Zeuginnen rufen lassen, weil sie vor uns die Erklärung abgeben wolle, daß ihr Postsparbuch Nr 103406903 nach ihrem Tod die Gerda J***** zu bekommen habe. Die Erblasserin trug uns ausdrücklich auf, wir drei Zeuginnen sollten uns die genannte Postsparbuchnummer notieren, was ich auch tatsächlich gemacht habe. Die Erblasserin hat uns aber nicht gesagt, welche Stand das genannte Sparbuch habe. Ich habe mir gedacht, daß ich einmal Auskunft über diesen Vorgang geben werde müssen. Die Erblasserin sagte mir, "vielleicht brauchen Sie einmal".

Die Erblasserin sagte dann auch "der Glasschrank mit Inhalt gehört auch der Gerda J*****". Auch dies war mir schon von früher bekannt. Die Erblasserin hat uns drei Zeuginnen ins Wohnzimmer geführt und hat dann vor uns auf den Glasschrank gezeigt und eben gesagt, daß der Schrank mit Inhalt der Gerda J***** gehöre. Dies hat die Erblasserin auch schon vorher oft zu mir gesagt.

Die Erblasserin war am 16.4.1993 voll bei Sinnen und es waren keinerlei Anzeichen einer Verwirrung zu bemerken. Ich habe mir über den beschriebenen Vorgang für mich das Datum und die Sparbuchnummer notiert. Die Erblasserin sagte auch, daß sie ihr Testament in Kürze machen werde und daß wir alle etwas bekommen würden. Ich bin nicht informiert, welche Formvorschriften für eine mündliche letztwillige Verfügung einzuhalten sind."

Helga P***** gab an: "Die Erblasserin hat ca Mitte April 1993 an einem Freitag außer mir auch noch Ernestine B***** und Emilia H***** zu sich in die Wohnung rufen lassen. ..........Ich selbst weilte zu Haushaltsarbeiten im Haushalt der Erblasserin, weil ich ihr an jedem Freitag beim Aufräumen geholfen habe. Außer uns drei war auch Gerda J***** anwesend. Die Erblasserin sagte vor uns drei Zeuginnen und vor Gerda J*****, daß Gerda J***** einmal ihr Postsparbuch, dessen Nummer sie uns nannte, nach ihrem Tod bekommen solle. Sie hielt dabei das Sparbuch in Händen und sagte uns die Nummer an. Sie forderte uns auf, uns die Sparbuchnummer auch zu notieren. Gerda J***** hat sich gefreut und hat die Erblasserin erklärt, dies sei für die langjährige Treue der Gerda J*****. Die Erblasserin war bei ihrer Erklärung geistig frisch und nicht verwirrt. Dann verließ uns Gerda J*****. Wir drei anderen Frauen blieben zurück, nämlich Ernestine B*****, Emilia H***** und ich. Die Erblasserin führte uns ins Wohnzimmer und sagte uns, daß der Glasschrank mit Inhalt auch der Gerda J***** gehören solle. Wir drei waren gleichzeitig anwesend als die Erblasserin diese Erklärung abgab. Am 1.10.1993 hat mir die Erblasserin vor ihrer Spitalseinlieferung auch noch das Losungswort des Sparbuches genannt. Sie sagte "das ist das Losungswort für der Gerda ihr Sparbuch". Dieses Losungswort habe ich mir gemerkt und könnte ich es nennen. Am 1.10.1993 sagte mir die Erblasserin auch, sie wolle noch ein Testament machen.

Im April 1993 habe ich mich eher schon als Zeugin einer sehr wichtigen Erklärung gefühlt, weil ich es ja auch aufschreiben mußte bzw mir die Sparbuchnummern vermerken mußte. Die Erblasserin hat gesagt, sie wolle alles, was wir besprochen hatten, noch schriftlich machen."

Emilia H***** gab an: "1993 habe ich die Erblasserin öfters ins Spital zu ihrem Gatten begleitet, weil die Erblasserin nicht alleine fahren konnte. Dadurch lernten wir uns näher kennen. An einem Freitag im April 1993 forderte mich die Erblasserin telefonisch auf, ich sollte zu ihr in die Wohnung kommen. Dort traf ich bei der Erblasserin Helga P*****. Dann kam auch noch Gerda J***** dazu und dann kam auch Ernestine B*****. Wir waren dann alle vier bei der Erblasserin. Die Erblasserin sagte, sie habe schon lange vorgehabt, uns mündlich etwas anzuvertrauen. Sie nahm ihr Postsparbuch zur Hand und sagte, daß Gerda J***** dieses Sparbuch einmal bekommen solle. Ich habe mir nicht gedacht, daß die Erblasserin ein Testament machen wolle. Ich dachte mir, die Erblasserin werde später alles mit ihrer Steuerberaterin machen. Ich dachte, es handle sich um ein vertrauliches Gespräch.

Verwirrt war die Erblasserin bei diesem Gespräch nicht. Später sagte die Erblasserin bei diesem Zusammentreffen in ihrer Wohnung noch zu mir und zu Helga P***** und zu Ernestine B*****, daß Gerda J***** auch einmal ihren Glasschrank aus dem Wohnzimmer samt Inhalt bekommen werde. Die Erblasserin hat gesagt, sie werde mit der Steuerberaterin noch alles schriftlich machen".

Der gesetzliche Erbe anerkannte das behauptete Legat nicht und nahm das PSK-Sparbuch in sein eidesstättiges Vermögensbekenntnis auf. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 20.10.1994, 2 A 509/93d-38, wurde der Nachlaß dem gesetzlichen Erben rechtskräftig eingeantwortet.

Unter Berufung auf die Gültigkeit der mündlichen letztwilligen Anordnung begehrt die Klägerin vom Beklagten als dem eingeantworteten Erben Zahlung von S 713.650, in eventu die Herausgabe des PSK-Sparbuches. Die vor dem Verlassenschaftsgericht gemäß § 66 AußStrG beeideten Angaben der Zeugen, die ein formgültiges Legat bestätigten, seien gemäß § 67 AußStrG qualifiziert. Obwohl es prozessual nicht mehr erforderlich sei, beantrage sie vorsichtshalber die neuerliche Einvernahme der Testamentszeugen.

Der Beklagte bestritt die Gültigkeit der letztwilligen Verfügung. Nach den Aussagen der Zeugen B***** und P***** habe die Erblasserin nicht bekundet, in ihrer Anwesenheit eine letztwillige Verfügung treffen zu wollen. Sie habe eine solche nur für die Zukunft angekündigt. Emilia H***** sei sich nicht bewußt gewesen, daß in ihrer Anwesenheit eine letztwillige Verfügung errichtet werden sollte.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, Elisabeth R***** habe am 16.4.1993 ihre langjährige Bekannte Ernestine Brückl sowie eine weitere Bekannte Emilia H***** zu sich in ihre Wohnung eingeladen. Dort seien Helga P*****, welche jeden Freitag beim Aufräumen behilflich sei, sowie die Klägerin anwesend gewesen. Elisabeth R***** habe den vier Frauen erklärt, sie habe sie deshalb zu sich kommen lassen, um vor ihnen die Erklärung abzugeben, daß ihr Postsparbuch mit der Nr 103406903 nach ihrem Tod der Klägerin zukommen solle. Ernestine B*****, Helga P***** und Emilie H***** sollten sich die Nummer notieren. Unter anderem habe Elisabeth R***** weiter gesagt, sie werde in Kürze ihr Testament machen, alle Anwesenden sollten etwas bekommen, sie werde dies noch alles mit ihrer Steuerberaterin schriftlich machen. Emilia H***** sei anläßlich dieser Erklärung nicht der Ansicht gewesen, daß Elisabeth R***** damit ein Testament machen wolle. Sie habe vielmehr gedacht, es handle sich lediglich um ein vertrauliches Gespräch und R***** werde zu einem späteren Zeitpunkt ihr Testament mit der Steuerberaterin machen.

Das Erstgericht verneinte das Vorliegen einer formgültigen letztwilligen Erklärung mit Rücksicht darauf, daß der Zeugin H***** das Bewußtsein der Zeugeneigenschaft gefehlt habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Eine mündliche letztwillige Anordnung setze eine Willenserklärung des Erblassers und die gleichzeitige Anwesenheit von drei Zeugen voraus, die der Erklärung im Bewußtsein ihrer Zeugeneigenschaft beiwohnen. Das Gesetz sehe einen zweiaktigen Vorgang vor, die Erklärung des letzten Willens durch den Erblasser und auf Verlangen dessen Bestätigung oder aber bei Nichtbestätigung dessen Unwirksamkeit. Die in § 586 ABGB geforderte eidliche Bekräftigung sei Formbestandteil und Wirksamkeitsvoraussetzung der Verfügung und nicht bloß substituierbares Beweismittel. Gelinge durch die Einvernahme der Zeugen der letztwilligen Anordnung vor dem Verlassenschaftsgericht die Bestätigung des letzten Willens nicht, sei die Erklärung des Erblassers gemäß § 586 ABGB unwirksam. Aus den Feststellungen bzw dem Inhalt der beeideten Zeugenaussage ergebe sich, daß Emilia H***** zwar bei der behaupteten letztwilligen Anordnung anwesend gewesen sei und diese gehört habe, nicht jedoch im Bewußtsein, Elisabeth R***** habe dadurch eine letztwillige Anordnung treffen wollen. Sie habe den Eindruck eines vertraulichen Gesprächs über die Absichten betreffend zukünftige Anordnungen gehabt. Das von der Klägerin behauptete mündliche Legat leide daher an einem Formmangel und sei unwirksam. Ein mangels Einhaltung der erforderlichen Formerfordernisse ungültiges Testament könne nicht durch nachträgliche Aussagen im Zivilprozeß zu einem gültigen Testament gemacht werden, so daß die neuerliche Einvernahme der Zeugen unterbleiben könne.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob eine neuerliche Einvernahme der Zeugen eines mündlichen Testaments nur dem Beweisthema dienen dürfe, die behauptete letztwillige Verfügung zu widerlegen, widersprüchliche Judikatur bestehe und § 67 AußStrG dafür spreche, daß auch derjenige, der sich auf eine mündliche letztwillige Verfügung berufe, eine ergänzende Einvernahme der Zeugen verlangen könne.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig, sie ist auch berechtigt.

Wer mündlich testiert, muß vor drei fähigen Zeugen, welche zugleich gegenwärtig und zu bestätigen fähig sind, daß in der Person des Erblassers kein Betrug oder Irrtum unterlaufen sei, ernstlich seinen letzten Willen erklären (§ 585 ABGB). Nach § 586 ABGB muß eine mündliche letzte Anordnung auf Verlangen eines jeden, dem daran gelegen ist, durch die übereinstimmende eidliche Aussage der drei Zeugen......bestätigt werden, widrigens diese Erklärung des letzten Willens unwirksam ist (§ 601). Während die einhellige Rechtsprechung in der Bestätigung des mündlich erklärten Willens durch Testamentszeugen und in deren Beeidigung einen zum rechtlichen Bestand der letztwilligen Verfügung erforderlichen Solennitätsakt, somit ein formelles Erfordernis für seine Gültigkeit erblickt (SZ 62/60 mwN), vertreten Weiß (in Klang2 III 325 f) und Kralik/Ehrenzweig (Erbrecht3, 137) die Ansicht, die übereinstimmende eidliche Aussage der Testamentszeugen sei Voraussetzung für die Wirksamkeit der letztwilligen Anordnung. Wie der Oberste Gerichtshof schon in SZ 62/60 zutreffend erkannt hat, kommt es nun nicht darauf an, ob die übereinstimmenden Aussagen der Testamentszeugen Voraussetzung der Gültigkeit der letztwilligen Verfügung oder ihrer Wirksamkeit sind. Existenz und Inhalt der behaupteten letztwilligen Verfügung können jedenfalls nicht anders als durch die übereinstimmenden Aussagen der Testamentszeugen bewiesen werden. Dabei ist zur Vermeidung von Mißbräuchen besonders streng zu prüfen, ob einerseits der ernstliche Testierwille, das heißt das Bewußtsein des Erblassers, jetzt eine letztwillige Verfügung zu errichten und auch das Bewußtsein der Zeugen, einem Testierakt beizuwohnen, vorliegt (SZ 18/46; EvBl 1955/42; 1957/127; NZ 1978, 13; 1979, 174; 1984, 178; 2 Ob 559/93).

Es ist daher zu prüfen, ob aufgrund der eidlichen Vernehmung der drei Testamentszeugen eine mündliche letztwillige Anordnung anzunehmen ist.

Gemäß § 65 AußStrG werden die Testamentszeugen über den Inhalt der Erklärung und über jene Umstände einvernommen, von denen die Gültigkeit der letztwilligen Anordnung abhängt, wie die Testierabsicht des Erblassers und das Bewußtsein der Zeugenschaft. Die gemäß § 66 AußStrG vorgenommene eidliche Bestätigung der mündlichen letztwilligen Anordnung hat zwischen allen am Nachlaß beteiligten Personen Beweiskraft (§ 67). Bestätigen die beeideten Aussagen das Vorliegen einer mündlichen letztwilligen Verfügung, kann deren Gültigkeit im Streitverfahren bekämpft werden (NZ 1979, 174), wobei die unter Eid abgelegten Aussagen der Testamentszeugen durch andere Beweismittel widerlegt werden können (6 Ob 559/88).

Während für den Bereich des Verlassenschaftsverfahrens die Wahrung der äußeren Form des mündlichen Testaments zur Erbringung des Erbrechtsausweises hinreicht, der Nachweis der Testierabsicht und des Bewußtseins der Zeugeneigenschaft daher dort nicht erforderlich ist (10 Ob 534/94), sind Testierabsicht und Bewußtsein der Zeugeneigenschaft als Voraussetzung für die Gültigkeit der letztwilligen Anordnung im Rahmen des Erbrechtsstreites zu prüfen (SZ 62/60; 10 Ob 534/94 mwN), wobei derjenige, der die Gültigkeit eines Legats geltend macht, zu klagen hat (SZ 45/81).

Der Ansicht der Vorinstanzen, daß niemand ohne Wissen und eigenen Willen Testamentszeuge sein kann (SZ 18/46; EvBl 1955/42; EvBl 1957/127) ist zuzustimmen; die Zeugen müssen also wissentlich und willentlich im Einverständnis mit dem Erblasser (am Testierakt) mitwirken (Welser in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 579; Rz 4 zu §§ 584 - 586). Die Wirksamkeit einer mündlichen letztwilligen Anordnung hängt daher auch vom Bewußtsein der Zeugen ab, an einer letztwilligen Verfügung teilzunehmen. Zweck dieses von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Erfordernisses einer gültigen Testamentszeugenschaft ist es, als Entsprechung zu dem vom Erblasser geforderten Testierwillen auch auf der Seite der Erklärungsempfänger nur solche Personen als Testamentszeugen anzusehen, die nicht nur beiläufig und zufällig die Willensäußerung gehört haben, also Zufallszeugen waren, sondern das Bewußtsein haben, daß die Erklärung ausdrücklich an sie mit dem Zweck gerichtet war, zu einem späteren Zeitpunkt die Absicht des Erblassers bestätigen zu können. Ob jemand das Bewußtsein und den Willen hat, (in diesem Sinn) als Testamentszeuge zu fungieren, ist zwar eine Tatfrage und daher zur Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof idR entzogen (NZ 1984, 192; Welser aaO Rz zu § 579). Der Umstand, daß eine zugezogene Person den Inhalt einzelner Erklärungen des Erblassers rechtlich unrichtig dahin beurteilt, es handle sich noch nicht um eine letztwillige Verfügung, weil der Erblasser erklärt hatte, er werde zu einem späteren Zeitpunkt eine schriftliche Verfügung treffen, ist aber für die Annahme des Bewußtseins, einem Testierakt beizuwohnen, unerheblich.

Am Willen der Erblasserin, zugunsten der Klägerin ein Kodizill zu errichten, besteht auf Grund der festgestellten Aussagen aller Zeugen über die Begleitumstände dieser Erklärung kein Zweifel. Alle Zeugen gaben völlig übereinstimmend an, von Elisabeth Rippstein deshalb "gerufen" worden zu sein, weil diese ihnen gegenüber eine wichtige Erklärung abgeben wollte. Auch der von den Zeugen wiedergegebene Inhalt dieser Erklärung stimmt völlig überein. Die Zeugen bestätigen auch, daß Elisabeth R***** das Sparbuch, um das es ging, anläßlich ihrer Erklärung in Händen hielt; zwei der Testamentszeugen (die dritte Zeugin wurde dazu vom Abhandlungsgericht nicht befragt) gaben überdies an, die Erblasserin habe sie aufgefordert, die Sparbuchnummer zu notieren.

Die vom Erstgericht als Feststellung übernommene Aussage der Emilia H*****, sie sei der Ansicht gewesen, Elisabeth R***** habe mit ihrer Erklärung kein Testament machen wollen, sie habe vielmehr gedacht, es handle sich um ein vertrauliches Gespräch, Elisabeth R***** werde das Testament zu einem späteren Zeitpunkt errichten, steht der Annahme, daß auch Emilia H***** als Zeugin eines letzten Willens beigezogen wurde und tatsächlich einem Testierakt der Erblasserin bewußt beiwohnte, nicht entgegen.

Auch dieser Zeugin war, wie sie ausdrücklich bestätigt hat, bewußt, daß sie und ihre beiden Freundinnen von Elisabeth R***** gerufen wurden, weil diese ihnen eine wichtige Erklärung zu machen hatte und daß sich diese Erklärung auf die Verfügung über einen wichtigen Vermögensbestandteil der Erblasserin für den Fall ihres Todes bezog. Der Umstand, daß die Zeugin diese Erklärung nicht als Testament angesehen hat, sondern darin ein "vertrauliches Gespräch" sah, ist als bloße rechtliche Beurteilung der von ihr wissentlich und willentlich entgegengenommenen Erklärung unerheblich. Der Umstand, daß Elisabeth R***** erklärte, sie werde später ein Testament schreiben und in diesem noch andere Personen bedenken, spricht nicht dagegen, daß sie eine Verfügung über das Sparbuch schon mündlich vor den beigezogenen Zeugen treffen wollte.

Das zugunsten der Klägerin errichtete mündliche Kodizill ist daher gültig, so daß dem Klagebegehren in Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen Folge zu geben war. Hingegen konnten Zinseszinsen nur in gesetzlicher Höhe und nur ab dem Tag der Klagezustellung zugesprochen werden (Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 3 zu § 1333 mwN).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 2 und § 50 ZPO.

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