JudikaturJustiz4Ob200/07a

4Ob200/07a – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. November 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH Co KG, *****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Josef Broinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Schadenersatz (Streitwert 36.340 EUR), über (a) die ordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Endurteil des Oberlandesgerichts Linz vom 9. August 2007, GZ 4 R 1/07f-19, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Linz vom 10. November 2006, GZ 2 Cg 151/06p-6, in den Aussprüchen über das Zahlungs- und das Veröffentlichungsbegehren teilweise abgeändert wurde, sowie (b) über den Rekurs der klagenden Partei gegen die im Endurteil des Oberlandesgerichts Linz vom 9. August 2007, GZ 4 R 1/07f-19, enthaltene Kostenentscheidung, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 312,30 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 52,05 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

2. Der Rekurs und die Rekursbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Parteien stehen im Wettbewerb auf dem Oberösterreichischen Zeitungsmarkt. Die Zeitschrift „Tips" der Klägerin erscheint einmal in der Woche als Gratiszeitung, die „Rundschau" der Beklagten erscheint unter der Woche in 14 Regionalausgaben als kombinierte Gratis- und Kaufzeitung (Rundschau Wochentagsausgabe) und am Wochenende als Gratiszeitung (Sonntags-Rundschau). Die Klägerin wendet sich gegen Spitzenstellungsbehauptungen der Beklagten und begehrt Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Schadenersatz. In erster Instanz drang die Klägerin zunächst zur Gänze durch. Das Berufungsgericht wies demgegenüber im ersten Rechtsgang das gesamte Begehren ab. Dabei ließ es aufgrund seiner Auffassung, dass die Beklagte nicht wettbewerbswidrig gehandelt habe, Beweis- und Verfahrensrügen der Beklagten unerledigt, die sich auf das Veröffentlichungs- und das Schadenersatzbegehren bezogen hatten. Der Oberste Gerichtshof verpflichtete die Beklagte mit Teilurteil vom 10. Juli 2007, AZ 4 Ob 80/07d, zur Unterlassung bestimmter Spitzenstellungsbehauptungen und wies ein Unterlassungsmehrbegehren ab. In Bezug auf das Veröffentlichungs- und das Schadenersatzbegehren hob er das Urteil wegen Nichterledigung der Verfahrens- und Beweisrügen auf und trug dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung auf. Auch die Kostenentscheidung behielt er dem Berufungsgericht vor.

Mit dem nun angefochtenen Urteil verpflichtete das Berufungsgericht die Beklagte zu einer bestimmten Urteilsveröffentlichung, wies das Veröffentlichungsmehrbegehren sowie das Schadenersatzbegehren ab und bestimmte die Kosten des gesamten Verfahrens. Weiters sprach es aus, dass der Wert seines Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, „weil keine oberstgerichtliche Judikatur zur Veröffentlichung eines höchstgerichtlichen Teilurteils aufgrund einer durch ein Untergericht gemäß § 25 UWG erteilten Ermächtigung aufgefunden werden konnte".

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richten sich eine ordentliche Revision der Beklagten und ein Kostenrekurs des Klägers. Beide Rechtsmittel sind unzulässig.

I. Zur Revision der Beklagten

1. Es ist schlechthin nicht nachvollziehbar, weshalb das Berufungsgericht nicht befugt gewesen sein sollte, über das Veröffentlichungsbegehren zu entscheiden.

1.1. Zwar wird das Veröffentlichungsbegehren in der Rechtsprechung als „Nebenanspruch" zum Unterlassungsbegehren bezeichnet (vgl etwa RIS-Justiz RS0079596, RS0079531). Das bedeutet aber nur, dass die Veröffentlichung eines auf Unterlassung lautenden Urteils selbstverständlich die Existenz eines solchen Urteils voraussetzt. Weiters wird aus der „untrennbaren Verknüpfung" (4 Ob 268/02v = MR 2003, 153 - schlafender Offizier) zwischen Unterlassungs- und Veröffentlichungsanspruch abgeleitet, dass ein Vergleichsangebot des Beklagten nur dann die Vermutung der Wiederholungsgefahr beseitige, wenn es auch den Veröffentlichungsanspruch erfasse (RIS-Justiz RS0079921).

1.2. Warum daraus aber folgen soll, dass über ein Veröffentlichungsbegehren entgegen § 391 Abs 1 ZPO ausnahmslos zugleich mit dem Unterlassungsbegehren entschieden werden müsste, legen weder das Berufungsgericht noch die Revisionswerberin dar. Unergiebig ist in diesem Zusammenhang der in der Revision enthaltene Hinweis auf Ausführungen von Ciresa (Urteilsveröffentlichung3 [2006] Rz 197). Dieser Autor erörtert die Frage, ob bei einem Teilurteil über einen Teil des Unterlassungsbegehrens sofort eine Veröffentlichung anzuordnen sei oder damit bis zum Endurteil zugewartet werden müsse. Er spricht sich, der Rechtsprechung des Senats folgend (4 Ob 50/89 = ÖBl 1990, 55 - PSK), für ein Zuwarten aus, um die Kosten einer zweifachen Veröffentlichung zu vermeiden. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass bei einer Entscheidung über das gesamte Unterlassungsbegehren jedenfalls zugleich über das Veröffentlichungsbegehren abgesprochen werden müsste.

1.3. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach nach einer unbekämpft gebliebenen oder von ihm getroffenen Entscheidung über das Unterlassungsbegehren die Erledigung des Veröffentlichungsbegehrens wegen fehlender Spruchreife den Vorinstanzen überlassen (vgl etwa 4 Ob 345/74 = ÖBl 1975, 39 - Prawda; 4 Ob 91/93 = SZ 66/91 - Ringe; weiters im vorliegenden Rechtsstreit 4 Ob 80/07d). Umgekehrt hat er ein jedenfalls unberechtigtes Veröffentlichungsbegehren mit Teilurteil abgewiesen, obwohl das Unterlassungsbegehren noch nicht endgültig erledigt werden konnte (4 Ob 120/03f = SZ 2003/92 - politische Petitionen). Er nimmt daher in ständiger Rechtsprechung an, dass § 391 Abs 1 ZPO auch auf die Entscheidung über ein Begehren auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung anzuwenden sei. Ein Grund für ein Abgehen davon ist nicht zu erkennen. Soweit die Revision und - erkennbar - auch das Berufungsgericht die Annahme des Senats bezweifeln, dass das Veröffentlichungsbegehren im ersten Rechtsgang noch nicht spruchreif gewesen sei, sind sie auf die Rechtskraft der Entscheidung 4 Ob 80/07d und die damit bewirkte Bindung des Berufungsgerichts hinzuweisen.

2. Die Frage, ob und in welchem Umfang eine Urteilsveröffentlichung nach den Umständen des Falles zur Aufklärung des Publikums geboten ist, begründet - von einer groben, hier nicht vorliegenden Fehlbeurteilung abgesehen - keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0042967, insb T5, T8; zuletzt etwa 4 Ob 47/07a und 17 Ob 5/07w).

3. Die Revision ist daher wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen. Die Klägerin hat in der Revisionsbeantwortung auf diesen Umstand hingewiesen; daher hat ihr die Beklagte deren Kosten zu ersetzen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

II. Zum Kostenrekurs der Klägerin

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts im Kostenpunkt ist - mangels Erwähnung in § 519 ZPO - jedenfalls unanfechtbar (RIS-Justiz RS0075211). Dieser Rechtsmittelausschluss gilt - der Wertung des § 528 Abs 2 Z 3 ZPO entsprechend - ausnahmslos (RIS-Justiz RS0044233). Er ist verfassungsrechtlich unbedenklich, da Art 6 EMRK keinen Anspruch auf ein mehrinstanziges Verfahren gewährt (RIS-Justiz RS0079186) und Art 92 B-VG den Gesetzgeber nicht hindert, in bestimmten Fällen den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof auszuschließen (RIS-Justiz RS0054028; siehe etwa auch zu Kostenentscheidungen der zweiten Instanz als Prozessgericht 1 Ob 362/97k = SZ 70/246). Der Kostenrekurs der Klägerin ist daher jedenfalls unzulässig.

2. Gleiches gilt für die Rekursbeantwortung der Beklagten. Denn der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass bei einem ohne Rechtskraftvorbehalt erfolgten Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts die Beantwortung eines dennoch eingebrachten Rekurses gesetzlich nicht vorgesehen und daher zurückzuweisen sei (RIS-Justiz RS0043897). Das muss auch für die Beantwortung eines jedenfalls unzulässigen Kostenrekurses gelten.

Rechtssätze
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