JudikaturJustiz4Ob14/12f

4Ob14/12f – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Februar 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei C***** AG, *****, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Rainer Kornfeld, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 36.000 EUR) und Nichtigerklärung einer Marke (Streitwert 36.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten und widerklagenden Partei (Streitwert 34.000 EUR und 36.000 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. November 2011, GZ 2 R 110/11b 113, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 31. März 2011, GZ 19 Cg 31/04m 108a, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen gaben dem auf Verletzung der Gemeinschaftsmarke der Klägerin gestützten Unterlassungs , Rechnungslegungs und Veröffentlichungsbegehren (großteils) statt und wiesen das Widerklagebegehren auf Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke der Klägerin ab. Diesen Urteilen liegt der Aufhebungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs vom 22. September 2009, 17 Ob 17/09p, zugrunde. Darin wird festgehalten, dass die Klägerin ihren Anspruch, soweit sie ihn aus dem Markenrecht ableitet, einerseits auf die zu ihren Gunsten geschützte Gemeinschaftsmarke, andererseits auf ihre später eingetragene österreichische Marke stützt. Letztere scheide als Anspruchsgrundlage aber aus, weil Verletzungshandlungen (oder deren Drohen) nach Beginn der Schutzdauer weder behauptet noch festgestellt wurden. Die Berechtigung des von der Beklagten erhobenen Widerklagebegehrens (Nichtigerklärung der klägerischen Gemeinschaftsmarke) hängt (nur mehr) davon ab, ob die Klägerin bei der Anmeldung der gegenständlichen Gemeinschaftsmarke bösgläubig iSv Art 52 Abs 1 lit b GMV war. Die weiteren von der Beklagten ins Treffen geführten Nichtigkeitsgründe (fehlende Unterscheidungskraft, bloß beschreibender Charakter der Marke, bloß technisch bedingte Form) erachtete der erkennende Senat als nicht verwirklicht. Ebenso wurde der Einwand der Klägerin, das Widerklagebegehren der Beklagten sei unbestimmt, verworfen und das Vorliegen von Verwechslungsgefahr (als Voraussetzung des Markeneingriffs der Beklagten) bejaht.

Rechtliche Beurteilung

Wenn die Beklagte nunmehr versucht, neuerlich die Nichtigkeit der klägerischen Gemeinschaftsmarke mangels Unterscheidungskraft, Einhaltung einer bloß technisch bedingten Form oder den fehlenden Markeneingriff mangels Bestehen von Verwechslungsgefahr oder sogar das Fehlen einer Benutzungshandlung nach Art 9 GMV geltend zu machen, ist sie darauf zu verweisen, dass im Aufhebungsbeschluss erledigte Streitpunkte nicht mehr Gegenstand des weiteren Verfahrens sind (RIS Justiz RS0042403; RS0042014 [T1, T2]). Damit im Zusammenhang aufgeworfenen, teilweise als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO bezeichneten Rechtsfragen fehlt daher von vornherein Relevanz.

Die Argumentation der Beklagten, wonach die Rechtsauffassung der Vorinstanzen und der diesen zugrundeliegende Aufhebungsbeschluss des erkennenden Senats mit der Rechtsprechung des EuG und des EuGH in Widerspruch stünde bzw aufgrund der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung eine Änderung der Sach und Rechtslage nach dem Aufhebungsbeschluss eingetreten wäre, lässt den bisherigen Verfahrensgang außer Acht. Schon im genannten Aufhebungsbeschluss hielt der erkennende Senat fest, dass die Eintragungsvoraussetzungen einer Gemeinschaftsmarke im gesamten Gebiet der Gemeinschaft verwirklicht sein müssen; fehlt die Unterscheidungskraft der Marke aber nur in einem Mitgliedstaat, so muss sie (nur) dort erworben werden, fehlt sie in mehreren Ländern, so muss sie in allen diesen Ländern erworben werden. Da aber die Unterscheidungskraft der klägerischen Marke zwischen den Parteien nur in Deutschland und Österreich strittig war, war auch nur zu prüfen, ob in diesen beiden Mitgliedstaaten die Klägerin mit ihrer Gemeinschaftsmarke Verkehrsgeltung erlangte. Dies wurde bejaht, weshalb mangelnde Unterscheidungskraft oder bloß beschreibender Charakter der Marke als Nichtigkeitsgrund ausscheidet. Mangels diesbezüglichen Vorbringens in der Widerklage ist aber auch die Kenntnis der Klägerin von allfälligen Vorbenützungen als eine der Voraussetzungen ihrer behaupteten Bösgläubigkeit bei Anmeldung der Gemeinschaftsmarke nur in Deutschland und Österreich zu überprüfen gewesen.

Soweit die Beklagte aus dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz ergangenen Urteils des EuG, T 336/08 (über eine andere Gemeinschaftsmarke der Klägerin) „aufgrund geänderter Sach und Rechtslage“ eine andere Beurteilung der Verwechslungsgefahr ableiten will, ist sie auf die Entscheidung über ihre auf den nämlichen Grund gestützte Wiederaufnahmsklage zu verweisen (17 Ob 30/11m).

Die von der Beklagten behauptete Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens infolge Verletzung ihres rechtlichen Gehörs verneinte bereits das Berufungsgericht, sodass dieser Nichtigkeitsgrund der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen ist (RIS Justiz RS0042981). Da ein Abänderungsantrag im Rechtsmittel grundsätzlich auch den Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beinhaltet (RIS Justiz RS0041774) und überdies eine ausdrückliche Differenzierung im Rechtsmittelantrag zwischen Klage und Widerklage nicht erforderlich ist, wenn sich aus den Rechtsmittelgründen eindeutig ergibt, dass, inwiefern und aus welchen Gründen die Entscheidung in beiden verbundenen Verfahren angefochten wird (vgl RIS Justiz RS0043636), fehlt jeder Anhaltspunkt für die von der Beklagten darüber hinaus behauptete Nichtigkeit (Mangelhaftigkeit des Verfahrens infolge Verstoß gegen § 405 ZPO) in Ansehung der Aufhebungsbeschlüsse des Berufungsgerichts und des Obersten Gerichtshofs im ersten Rechtsgang.

Die Unterbrechung des Verfahrens vor einem Gemeinschaftsmarkengericht nach Art 100 Abs 1 GMV, die die Beklagte infolge (nachträglicher) Anfechtung der klägerischen Gemeinschaftsmarke anstrebt, setzt voraus, dass schon vor Beginn dieses Verfahrens ein anderes dieselbe Marke betreffendes Verfahren vor einem anderen Gemeinschaftsmarkengericht oder den HABM anhängig war (RIS Justiz RS0116782).

Da die Beklagte sohin keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, war ihre außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Rechtssätze
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  • RS0119658OGH Rechtssatz

    26. November 2020·3 Entscheidungen

    Die Rechtsgültigkeit einer Gemeinschaftsmarke ist nicht von Amts wegen zu prüfen. Ob eine Marke die notwendige Unterscheidungskraft besitzt, kann nur aufgrund einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarke geprüft werden.