JudikaturJustiz4Ob106/08d

4Ob106/08d – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. August 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Zechner als Vorsitzenden und durch die Hofrätin Dr. Schenk sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O*****, vertreten durch Dr. Simon Tonini, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. T*****, 2. N*****, und 3. O*****, alle vertreten durch Dr. Harald Lettner und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 75.000 EUR), über den ordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 17. April 2008, GZ 6 R 65/08h 13, womit der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 27. Februar 2008, GZ 4 Cg 2/08v 9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

„Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei gegen die zweit- und die drittbeklagte Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der zweit- und der drittbeklagten Partei für die Dauer dieses Rechtsstreits aufgetragen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit der Bewerbung von Kombi Anzeigenschaltungen in den Medien T*****, O***** und O***** unter Hinweis auf eine Reichweitenerhebung zahlenmäßig bestimmte Leserzahlen und/oder zahlenmäßig bestimmte in Prozenten ausgedrückte Reichweiten zu behaupten, ohne einen aufklärenden Zusatz über die statistische Schwankungsbreite dieser Erhebung beizusetzen.

Das Mehrbegehren, auch der erstbeklagten Partei das zuvor beschriebene Verhalten aufzutragen, wird abgewiesen."

Die klagende Partei hat die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen betreffend die zweit- und die drittbeklagte Partei vorläufig, die zweit- und die drittbeklagte Partei haben die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 1.978,02 EUR (darin 329,67 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Medieninhaberin der jeden Sonntag in vierzehn Regionalausgaben erscheinenden Gratis Wochenzeitung „Sonntags Rundschau" und der an jedem Wochentag in dreizehn Regionalausgaben erscheinenden Wochenzeitung „O*****". Die Letztere ist mit Ausnahme einer Regionalausgabe (der „L*****") eine Kaufzeitung. Die Klägerin veröffentlicht in diesen Medien bezahlte Anzeigen Dritter, die sich an potentielle Kunden im Raum Oberösterreich wenden.

Die Erstbeklagte gibt die wöchentlich in Oberösterreich in vierzehn und in Niederösterreich in zwei Regionalausgaben erscheinende Gratiszeitung „T*****" heraus. Die Zweitbeklagte gibt die Gratis Tageszeitung „O*****" heraus, die in einer Ausgabe für den oberösterreichischen Zentralraum erscheint und an öffentlichen Plätzen zur freien Entnahme aufliegt. Die Drittbeklagte ist Herausgeberin der „O*****", einer Kauftageszeitung. Die drei Medien unterscheiden sich vom optischen Erscheinungsbild her deutlich; sie veröffentlichen bezahlte Anzeigen Dritter, die sich in erster Linie an potentielle Kunden im Raum Oberösterreich wenden. Die beklagten Parteien gehören einem Konzern an, sie sind aber selbständige Rechtspersönlichkeiten, sie arbeiten organisatorisch eigenständig und getrennt und haben jeweils eine eigene Redaktion. Der alleinige Geschäftsführer der Drittbeklagten ist „pro forma" auch selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Zweitbeklagten neben einem weiteren selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer, der „de facto" die Geschäfte der Zweitbeklagten alleine führt.

Am 1. 9. 2007 erschien im Medium der Drittbeklagten nachstehende Ankündigung:

Die Ankündigung wurde auf alleinige Initiative des Geschäftsführers der Zweit- und der Drittbeklagten „ohne Rücksprache mit den Geschäftsführern der anderen Beklagten" und ohne deren vorherige Kenntnis - insofern sind der Geschäftsführer der Erstbeklagten und der weitere Geschäftsführer der Zweitbeklagten gemeint - veröffentlicht. Nach ihrem Erscheinen entschieden die Geschäftsführer aller Beklagten, in Zukunft wieder getrennt zu werben.

Aus der Medienanalyse „Regioprint 2007, Kombi Reichweiten und Leser in Oberösterreich bzw im Zentralraum Oberösterreich" ergibt sich, dass die Kombination der von den Beklagten herausgegebenen Zeitungen eine Reichweite von 909.000 Lesern hat, das entspricht 78 %. Die Ankündigung verschweigt allerdings, dass die zitierte Medienerhebung unter Berücksichtigung der Fallzahlen eine Schwankungsbreite von zumindest 2,8 % aufweist. Die Kombination der Zeitungen der Klägerin erreicht nach jener Analyse eine Leserzahl von 870.000, das sind 75 %.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragte die Klägerin, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit der Bewerbung von Kombi Anzeigenschaltungen in den Medien „T*****, O***** und O*****" unter Hinweis auf eine Reichweitenerhebung zahlenmäßig bestimmte Leserzahlen und/oder zahlenmäßig bestimmte in Prozenten ausgedrückte Reichweiten zu behaupten, ohne einen aufklärenden Zusatz über die statistische Schwankungsbreite dieser Erhebung beizusetzen. Die Werbung der Beklagten verstoße gegen § 2 UWG, weil sie die Schwankungsbreite der darin angegebenen Quelle nicht berücksichtige und dadurch den irrigen Eindruck erwecke, die Medienkombination der Beklagten habe exakt 78 % Reichweite oder exakt 909.000 Leser.

In einem weiteren zu AZ 31 Cg 1/08w des Erstgerichts anhängigen Verfahren nimmt die Klägerin die beklagten Parteien wegen derselben Ankündigung auf Unterlassung in Anspruch. Ihr Begehren ist dort (zusammengefasst) darauf gerichtet, den Beklagten zu verbieten, eine Spitzenstellung ihrer Medienkombination unter Hinweis auf eine Reichweitenerhebung zu behaupten, insbesondere zu behaupten, die Kombination ihrer Medien sei in Oberösterreich am reichweitenstärksten und/oder sei ein „Reichweitenkaiser", wenn kein beachtlicher und dauerhafter und die statistische Schwankungsbreite übersteigender Vorsprung dieser Medienkombination aufgrund der Reichweitenerhebung gegenüber der sich aus den Medien der Klägerin ergebenden Kombination vorliege.

Die Beklagten wendeten ein, Erst- und Zweitbeklagte seien nicht passivlegitimiert, weil sie die beanstandete Werbung weder in Auftrag gegeben noch verbreitet hätten. Es fehle an einem Rechtsschutzinteresse der Klägerin, die aufgrund dieser Werbung bereits eine Klage eingebracht und eine einstweilige Verfügung begehrt habe; ihr nunmehriges Begehren sei rechtsmissbräuchlich; jedenfalls stehe der Klägerin kein Kostenersatz zu, weil sie die Sicherungsanträge hätte verbinden müssen. Davon abgesehen, bestehe keine Verpflichtung, einen aufklärenden Zusatz über die statistische Schwankungsbreite anzubringen. Die Aussagen „Reichweitenkaiser" und „am reichweitenstärksten" seien marktschreierische, nicht ernst zu nehmende Ankündigungen, deren Tatsachenkern wahr sei.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es stellte noch fest, dass der Hinweis in der Regioprint 2007 über eine statistische Schwankungsbreite von zumindest 2,8 % ganz vorne angeordnet, durch Fettdruck und einer im Vergleich zum übrigen Text größeren Schrift hervorgehoben und demnach unübersehbar und auf den ersten Blick leicht erkennbar sei.

Rechtlich verneinte das Erstgericht die Passivlegitimation der Erst- und der Zweitbeklagten. Ihre Geschäftsführer seien über die Aktion der Drittbeklagten weder informiert gewesen noch hätten sie darauf Einfluss gehabt. Dass der Geschäftsführer der Drittbeklagten „pro forma" auch Geschäftsführer der Zweitbeklagten sei, schade nicht, weil er als deren Geschäftsführer nicht tätig geworden sei. Ein Verstoß gegen § 2 UWG liege nicht vor, der Werbende habe nur die Reichweite zu definieren und Quelle und Erhebungsdatum anzugeben. Die Medienanalyse Regioprint 2007 weise eingehend auf die Notwendigkeit hin, die Schwankungsbreite zu berücksichtigen. Ein zusätzlicher Hinweis im Inserat selbst sei entbehrlich. Sein Fehlen verwirkliche keine „Wettbewerbsverletzung". Der Einwand des Rechtsmissbrauchs, der schikanösen Rechtsausübung und des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses sei nicht berechtigt. Werde in einem weiteren Verfahren ein Sachverhalt behauptet, der über jenen des ersten Verfahrens hinausgehe und für sich allein genommen das Sicherungsbegehren begründen könne, sei der Rechtsschutz der Klägerin durch die zunächst erlassene einstweilige Verfügung nicht vollständig gewahrt.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Fall der Aufspaltung einer Werbeaussage in mehrere „Wettbewerbsverstöße" fehle. Das (weitere) Sicherungsbegehren wäre nur dann berechtigt, wenn die Werbeaussage zwei voneinander zu trennende „Wettbewerbsverstöße" enthielte, nämlich einerseits eine unzulässige Spitzenstellungswerbung und andererseits eine - wegen Fehlens eines Hinweises auf die statistische Schwankungsbreite - irreführende Aussage über ein Reichweitenergebnis. Dies sei hier nicht der Fall. Nach dem Gesamteindruck liege der Schwerpunkt der Werbeaussage in der Inanspruchnahme einer Spitzenstellung. Diese sei bereits Gegenstand des Verfahrens 31 Cg 1/08w, in dem das Erstgericht ein entsprechendes - zu billigendes - Verbot erlassen habe. Der (fehlende) Hinweis auf die statistische Schwankungsbreite sei für die Beurteilung der Aussage als unzulässige Spitzenstellungswerbung ohne Bedeutung. Die Werbung mit einer Spitzenstellung wäre nämlich auch dann wettbewerbswidrig, wenn sie einen derartigen Hinweis enthielte, weil die Beklagten keinen beachtlichen und stetigen Vorsprung für sich in Anspruch nehmen könnten. Die schon durch die Spitzenstellungsbehauptung herbeigeführte Irreführung könnte durch einen klarstellenden Hinweis auf die Schwankungsbreite nicht beseitigt werden. Nach dem Gesamtzusammenhang liege nur die (unzulässige) Inanspruchnahme einer Spitzenstellung, nicht aber eine Werbung mit einer Spitzenstellung einerseits und mit einem (irreführenden) Reichweitenergebnis andererseits, vor. Die Ansprüche der Klägerin könnten daher nicht nebeneinander bestehen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil das Rekursgericht den Aussagegehalt der beanstandeten Ankündigung zum Teil in korrekturbedürftiger Weise verkannt hat; das Rechtsmittel ist in Ansehung der Zweit- und der Drittbeklagten auch berechtigt.

1.1. Die Klägerin macht geltend, die beanstandete Anzeige widerspreche in mehrfacher Hinsicht dem Lauterkeitsrecht. Sie beanspruche eine tatsächlich nicht vorhandene Spitzenstellung in Bezug auf die Reichweite und werbe überdies mit fixen Leserzahlen, ohne auf die statistische Schwankungsbreite hinzuweisen, wodurch der Interessent (auch) über die Leserzahlen in Irrtum geführt werde. Beide Verstöße seien voneinander unabhängig, jeder von ihnen könne für sich getrennt verfolgt werden.

1.2. Nach § 2 UWG idF vor der UWG Novelle 2007 BGBl I 79 war sowohl vergleichende Werbung, als auch die Werbung mit einer Spitzenstellung (als Anwendungsfall vergleichender Werbung) lauterkeitsrechtlich nur dann zu beanstanden, wenn die ernstlich und objektiv nachprüfbar behaupteten Umstände nicht den Tatsachen entsprachen oder die Ankündigung sonst zur Irreführung geeignet war (stRsp RIS Justiz RS0078472; 4 Ob 116/07y; zuletzt 4 Ob 245/07v). Dabei konnte auch durch das Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Eindruck hervorgerufen werden, wenn die Unvollständigkeit geeignet war, das Publikum in für den Kaufentschluss wesentlicher Weise irrezuführen (RIS Justiz RS0121669; zuletzt 4 Ob 177/07v).

Im geltenden Lauterkeitsrecht wird vergleichende Werbung - wie auch Werbung mit einer Spitzenstellung - am Tatbestand des § 2 Abs 1 Z 2 UWG idgF (irreführende Geschäftspraktik in Form einer unrichtigen Angabe über die wesentlichen Merkmale des Produkts) gemessen. Sie ist gemäß § 2a Abs 1 UWG idgF zulässig, wenn sie nicht gegen § 2 UWG idgF verstößt (4 Ob 245/07v).

1.3. Für die Ermittlung des Inhalts einer Werbeaussage, wie auch für die Frage, ob sie danach zur Irreführung geeignet ist, war schon nach bisheriger jüngerer Rechtsprechung das Verständnis eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers entscheidend, der eine dem Anlass angemessene Aufmerksamkeit aufwendet. An diesem Beurteilungsmaßstab, der sich schon bisher an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum europäischen Verbraucherleitbild orientierte, hat sich auch nach dem Inkrafttreten der UWG Novelle 2007 nichts geändert (4 Ob 177/07v mwN). Entscheidend ist daher, wie der beschriebene Durchschnittsverbraucher eine Werbeaussage nach ihrem Gesamteindruck versteht.

1.4. Geht man vom Verständnis des Durchschnittsverbrauchers aus, so enthält die beanstandete Werbung zwei, jede für sich selbständig zur Irreführung geeignete Angaben: Einerseits enthält sie die Behauptung, die Kombination aus den Medien der Beklagten sei nach den von der „Regioprint 2007" in Oberösterreich erhobenen Kombi Reichweiten die „reichweitenstärkste", sie erreiche nämlich im Zentralraum Oberösterreich die meisten Leser und sei daher „Reichweitenkaiser". Andererseits enthält die Anzeige eine (scheinbar) genaue Leserzahl und die daraus errechnete (scheinbar) genaue prozentuelle Reichweite. Mangels Aufklärung über die statistische Schwankungsbreite wird der Durchschnittsverbraucher annehmen, dass diese Zahlen mit den Ergebnissen der Medienanalyse „Regioprint 2007" in Einklang stehen, und die daraus wiedergegebenen Leserzahlen den Tatsachen entsprechen. Die fehlende Aufklärung über die bei einer Reichweitenbeurteilung zu berücksichtigende statistische Schwankungsbreite kann sein Kaufverhalten in nicht unwesentlicher Weise beeinflussen.

Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass jede dieser beiden Aussagen für sich verfolgt werden kann. Dass die Spitzenstellungsaussage (zunächst) ins Auge springt, bedeutet keineswegs, dass der Leser der Anzeige nicht auch durch deren weiteren Inhalt in Irrtum geführt werden kann.

Die Spitzenstellungsbehauptung enthält unrichtige Angaben über wesentliche Merkmale des Produkts im Sinn des § 2 Abs 1 Z 2 UWG idgF, die Angabe konkreter Leserzahlen ohne Hinweis auf die statistische Schwankungsbreite lässt eine wesentliche Information über wesentliche Merkmale des Produkts im Sinn des § 2 Abs 6 Z 1 UWG idgF vermissen. Beide Angaben sind jeweils für sich zur Irreführung geeignet. Es fehlt daher weder an einem Rechtsschutzinteresse der Klägerin an der Verfolgung der unrichtigen Angabe über die Leserzahlen, noch ist die Verfolgung der Unterlassungsansprüche in getrennten Klagen rechtsmissbräuchlich. Das für eine missbräuchliche Rechtsausübung erforderliche krasse Missverhältnis zwischen den von der Klägerin durch Einbringung zweier Klagen verfolgten Interessen und den beeinträchtigten Interessen der Beklagten an der Geringhaltung ihrer Prozesskosten liegt hier nicht vor.

2.1. Die Erstbeklagte macht geltend, sie habe das beanstandete Inserat weder in Auftrag gegeben noch veröffentlicht, sie haftet daher auch nicht für dessen Inhalt. Dass das Inserat auch in ihrem wirtschaftlichen Interesse liege, begründe ebenso wenig eine Haftung nach § 18 UWG wie ein allenfalls beim Leser hervorgerufener Eindruck vom Inhalt des Inserats. Sinngemäß gelte dies in gleicher Weise für die Zweitbeklagte, weil der Geschäftsführer der Drittbeklagten nur „pro forma" auch Geschäftsführer der Zweitbeklagten sei, deren Geschäfte aber „de facto" ausschließlich durch den weiteren Geschäftsführer geführt würden.

2.2. Der lauterkeitsrechtliche Unterlassungsanspruch richtet sich grundsätzlich gegen den Störer, somit gegen denjenigen, von dem die Beeinträchtigung ausgeht und auf dessen maßgeblichen Willen sie beruht (RIS Justiz RS0079539). Juristische Personen können Störer, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe (nur) aufgrund des Verhaltens ihrer Organe sein, welches ihnen selbst zugerechnet wird (RIS Justiz RS0079765 [T14, T25]). Die Zurechnung setzt voraus, dass die tatsächlich handelnde natürliche Person in ihrer Eigenschaft als Organ in Ausführung der ihr zustehenden Verrichtungen unlauter gehandelt hat, wobei dieses Handeln im objektiven Zusammenhang mit dem den Organ zugewiesenen Wirkungsbereich bestehen muss (4 Ob 243/99k).

2.3. Nach diesen Grundsätzen haften sowohl die Zweit- als auch die Drittbeklagte als unmittelbare Störer aufgrund eines tatsächlichen Vertretungsakts ihres vertretungsbefugten Organs. Der Geschäftsführer der Drittbeklagten ist zugleich selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Zweitbeklagten und benötigte, um das beanstandete Inserat wirksam auch für die Zweitbeklagte zu schalten, keiner Rücksprache mit dem anderen, gleichfalls selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer. Dass der Letztgenannte „de facto" die Geschäfte der Zweitbeklagten führt und über die Schaltung des Inserats nicht informiert war, ist ohne Bedeutung, weil der tatsächlich Handelnde aufgrund seiner Vertretungsbefugnis die Macht hatte, selbständig auch für die Zweitbeklagte zu handeln. Als Geschäftsführer der Zweit- und der Drittbeklagten hatte er auch die rechtliche Möglichkeit, auf ein Werbeverhalten der Drittbeklagten dadurch Einfluss zu nehmen, dass er die Zweitbeklagte in der Werbebotschaft hätte weglassen können.

2.4. Die Schaltung eines Inserats mit einer auch das Unternehmen der Zweitbeklagten betreffenden Botschaft an potentielle Kunden fällt unter die typischen Geschäftsführungshandlungen und steht daher auch im objektiven Zusammenhang mit dem einem Organ zugewiesenen Wirkungsbereich. Dass das Inserat nach den Feststellungen der Vorinstanzen „ausschließlich auf Initiative des Geschäftsführers der Drittbeklagten ... ohne Rücksprache mit den Geschäftsführern der anderen Beklagten geschaltet wurde", macht dieses Verhalten in Ansehung der Zweitbeklagten - vor dem Hintergrund der voranstehenden Erwägungen - nicht zu einem solchen, das ausschließlich der Drittbeklagten zuzurechnen wäre. Vielmehr handelt es sich auch um einen Vertretungsakt für die Zweitbeklagte, in deren Interesse ihr Geschäftsführer durch die Bewerbung ihres Produkts gehandelt hat.

2.5. Sollen für die Zweitbeklagte nur Vertretungshandlungen desjenigen Geschäftsführers rechtsverbindlich und haftungsbegründend sein, der die Geschäfte „de facto" führt, so müsste sie diesen zum alleinigen Geschäftsführer bestellen. Eine interne „de facto" Regelung der Geschäftsführungsagenden zwischen zwei selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführern ist im Außenverhältnis unbeachtlich.

2.6. Hingegen hat die Erstbeklagte die Veröffentlichung - anders als die Zweit- und die Drittbeklagte - weder als Mittäterin willentlich veranlasst, noch als Gehilfin - etwa durch Verbreitung in ihrem Medium - daran mitgewirkt.

3.1. Eine Haftung der Erstbeklagten für das vom Geschäftsführer der Zweit- und der Drittbeklagten veröffentlichte Inserat lässt sich - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht aus § 18 UWG ableiten.

3.2. § 18 UWG normiert die Haftung des Unternehmers für Lauterkeitsverstöße, die im Betrieb seines Unternehmens begangen werden. Dies trifft nach der Rechtsprechung auf Personen zu, die im Auftrag des Unternehmers bestimmte Arbeiten für das Unternehmen verrichten. Handeln sie im Zusammenhang damit lauterkeitswidrig, so hat der Unternehmer für ihre Handlungen einzustehen, wenn er kraft seiner Beziehung zum Handelnden die rechtliche Möglichkeit hat, den Lauterkeitsverstoß abzustellen (RIS Justiz RS0079674 [T14]). Das Interesse des Unternehmensinhabers am wirtschaftlichen Erfolg der unlauteren Wettbewerbshandlung reicht für sich allein in der Regel zur Begründung einer Haftung nach § 18 UWG nicht aus (RIS Justiz RS0079924); ebenso wenig reicht es aus, dass die Tätigkeit dem Unternehmer zu Gute kommt (4 Ob 249/05d mwN).

3.3. Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, woraus sich für die Erstbeklagte die rechtliche Möglichkeit ergeben haben soll, auf das Werbeverhalten der Drittbeklagten Einfluss zu nehmen. Zwar gehören alle Beklagten dem selben Konzern an, sie sind aber selbständige Rechtspersönlichkeiten. Aus dem bloßen Bestehen eines Konzerns kann jedoch noch nicht die Haftung eines Konzernunternehmens für unlautere Handlungen eines anderen rechtlich selbständigen Unternehmens im Konzern abgeleitet werden (vgl RIS Justiz RS0049307). Dass aber der Geschäftsführer der Erstbeklagten mit jenem der Drittbeklagten vereinbart hätte, der Letzteren freie Hand bei der Gestaltung einer vom Willen aller Beteiligten getragenen Gemeinschaftswerbung für ihre Printmedien zu lassen, ist nicht bescheinigt.

3.4. Der Senat hat bereits ausgesprochen, dass für die Passivlegitimation nach § 18 UWG nur die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend sind (4 Ob 249/05d = RIS Justiz RS0120643).

Dies steht in keinem Widerspruch zu den in RIS Justiz RS0078583 enthaltenen Entscheidungen, die sich mit der Frage beschäftigen, unter welchen Umständen ein Medienunternehmen für den Inhalt eines in seinem Medium veröffentlichten Inserats (als Gemeinschaftswerbung des Auftraggebers und des Medienunternehmens) haftet. Diese Entscheidungskette ist allerdings im Anlassfall nicht einschlägig, weil sich in Würdigung des maßgebenden Sachverhalts ergibt, dass die Ankündigung unlauteren Inhalts allein auf Veranlassung der Zweit- und der Drittbeklagten nur im Printmedium der Drittbeklagten erfolgt ist, ohne dass also auch eine Veröffentlichung im Printmedium der Erstbeklagten stattgefunden hätte.

Es wäre daher verfehlt, eine lauterkeitsrechtliche Mitverantwortung der Erstbeklagten allein daraus ableiten zu wollen, dass dieses Unternehmen nach dem Erscheinungsbild der beanstandeten Werbung als deren Nutznießer in Frage kommen.

4. Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der Beklagten auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1 ZPO (Zweit- und Drittbeklagte) bzw §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO (Erstbeklagte). Die Klägerin hat gegenüber der Zweit- und der Drittbeklagten obsiegt, die Kosten der Beklagten sind diesen nach Kopfteilen zuzurechnen.

Rechtssätze
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