JudikaturJustiz3Ob99/16d

3Ob99/16d – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Juni 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Dr. Hans Kaska, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagten Parteien 1. F*****, und 2. V*****, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens des Bezirksgerichts Lilienfeld, AZ 2 C 973/11p, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 12. April 2016, GZ 7 R 43/16b 5, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Lilienfeld vom 26. Februar 2016, GZ 2 C 48/16s 2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Im wiederaufzunehmenden Verfahren begehrte(n) der Kläger (und seine Ehegattin, deren eingeantworteter Erbe er nunmehr ist) die Zahlung eines Gesamtbetrags von 63.170 EUR. Dieser setzte sich ua aus 10.000 EUR an Ersatzanspruch für den Einbau einer Zentralheizung (Punkt I.a. der Mahnklage) und 1.780 EUR an Aufwand für eine Dachreparatur (Punkt II./2003 der Mahnklage; die Gesamtsumme unter diesem Punkt macht 14.810 EUR aus) zusammen; weiters aus einem addierten Betrag von 2.890 EUR (Punkt IV. der Mahnklage). Die Klage im Vorverfahren wurde rechtskräftig abgewiesen.

Mit seiner Wiederaufnahmsklage strebt der Kläger die Wiederaufnahme des Vorverfahrens an, allerdings nur „in Ansehung nachstehender (in der Mahnklage aufgezählter) Punkte, und zwar I.a.), II. und IV.“. Sein Vorbringen dazu beschäftigt sich allerdings nur mit den Punkten I.a. und II./2003 der Mahnklage.

Das Erstgericht wies die Mahnklage im Vorprüfungsverfahren a limine zurück.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Dagegen richtet sich der „außerordentliche“ Revisionsrekurs des Klägers, den das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vorlegte. Allerdings fehlt es (derzeit) an einer Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs.

Rechtliche Beurteilung

1. Vorauszuschicken ist, dass der außerordentliche Revisionsrekurs trotz des bestätigenden Beschlusses des Rekursgerichts nicht dem absoluten Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unterliegt, weil die Wiederaufnahmsklage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde (RIS Justiz RS0125126).

2. Der Streitwert im Wiederaufnahmsverfahren entspricht grundsätzlich jenem des Hauptprozesses (RIS Justiz RS0042409; RS0042445). Richtet sich die Wiederaufnahmsklage aber nur gegen einen Teil der Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren, ist Streitgegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens nur dieser von der Wiederaufnahmsklage betroffene Teil (RIS Justiz RS0120215; 6 Ob 349/04y = RIS Justiz RS0042409 [T6] = RS0042445 [T6]).

Der von der Wiederaufnahmsklage betroffene Teil der Entscheidung im Vorverfahren weist einen Streitgegenstand von 11.780 EUR (nach dem Vorbringen) oder 27.700 EUR (nach dem Begehren) auf; er liegt daher jedenfalls im Zwischenbereich des § 528 Abs 2 Z 1a ZPO (2 Ob 163/15g P 3.2).

3. Da das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärte, steht dem Wiederaufnahmskläger nur die Möglichkeit offen, nach § 528 Abs 2a ZPO einen mit einem (ordentlichen) Revisionsrekurs verbundenen Antrag auf Abänderung des Unzulässigkeitsausspruchs an das Rekursgericht zu stellen. Dieser Antrag – verbunden mit dem ordentlichen Rechtsmittel – ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 528 Abs 2a iVm § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rechtsmittelgericht zu behandeln. Erhebt in den dargestellten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen (jüngst: 2 Ob 163/15g).

Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet wird und an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist. Dieser darf darüber nur bzw erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei; und zwar auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht iSd § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Änderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS Justiz RS0109623).

4. Das Erstgericht wird daher das Rechtsmittel des Wiederaufnahmsklägers dem Rekursgericht vorzulegen haben. Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

Rechtssätze
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