JudikaturJustiz3Ob96/03v

3Ob96/03v – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. April 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache Johann L*****, vertreten durch Dr. Michael Langhofer, Rechtsanwalt in Neumarkt am Wallersee, wider die verpflichteten Parteien 1) Johann L*****, vertreten durch Dr. Peter Weidisch, Rechtsanwalt in Salzburg, und 2) Alfred L*****, wegen Versteigerung gemäß § 352 EO infolge Rekurses der erstverpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 3. Dezember 2002, GZ 22 R 201/02s 28, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom 21. Juni 2002, GZ 3 E 3753/00x 20, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht stellte eine dem Erstverpflichteten "eingeräumte Servitut des Wohn- und Gebrauchsrechtes" an einer bestimmten Wohnung und einem PKW Abstellplatz des Exekutionsobjekts und die Versteigerungsbedingungen im Verfahren nach § 352 EO aF fest.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss insgesamt auf und verwies die Exekutionssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung "über die Versteigerungsbedingungen" an das Erstgericht zurück. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Erstverpflichteten ist verspätet.

1. Aufhebungsbeschluss im Rekursverfahren - Rekursfrist

1. 1. Beim angefochtenen Beschluss handelt es sich um einen "echten" Aufhebungsbeschluss iSd § 527 Abs 2 ZPO, weil die zweite Instanz eine bestimmte Frage, über die selbstständig zu entscheiden ist, noch nicht abschließend beurteilte, sondern hierüber eine neuerliche Entscheidung des Erstgerichts ergehen soll (allgemein dazu 1 Ob 189/02d; 1 Ob 73/99p mwN). Da die Sondervorschrift des § 519 ZPO nur für das Berufungs , nicht aber auch für das Rekursverfahren gilt und der § 521a Abs 1 Z 2 ZPO ferner nur den Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO regelt, wurde bislang die Ansicht vertreten, das Verfahren über den Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts sei einseitig (1 Ob 189/02d mwN). In der Entscheidung Rkv 1/01 der Obersten Rückstellungskommission beim Obersten Gerichtshof wurde allerdings vor dem Hintergrund des Urteils des EGMR vom 6. 2. 2001 Beer gegen Österreich (ÖJZ 2001, 516) ausgeführt, der aus Art 6 Abs 1 EMRK herleitbare Grundsatz der Waffengleichheit in einem Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen erfordere eine angemessene Gelegenheit für jede Partei, ihren Fall ohne eine wesentliche Benachteiligung im Verhältnis zum Gegner präsentieren zu können. Insofern sei jedoch zwischen Beschlüssen über Rechtsschutzansprüche und solchen rein prozessleitender Natur zu unterscheiden. Sei über einen prozessualen oder materiellen Rechtsschutzanspruch erkannt worden, so sei das Rechtsmittelverfahren gegen eine solche Entscheidung in konventionskonformer Anwendung der maßgebenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen zweiseitig. Der Oberste Gerichtshof folgte diesen Erwägungen bisher im Zivilprozess (1 Ob 189/02d; 4 Ob 133/02s = EvBl 2002/199), im Konkurseröffnungsverfahren (8 Ob 38/02z; 8 Ob 282/01f) und in dem die Bestellung eines Heiratsguts betreffenden (allgemeinen) Außerstreitverfahren (6 Ob 281/01v).

1. 2. Der Gesetzgeber novellierte infolge des zuvor erwähnten Urteils des EGMR den § 521 Abs 1 und den § 521a Abs 1 ZPO kraft Art 94 Z 19 und 20 des 1. Euro Umstellungsgesetzes Bund BGBl I 2001/98. Gemäß Art 96 Z 26 dieses Gesetzes traten die Änderungen am 8. August 2001 in Kraft. Dem § 521a Abs 1 ZPO wurde eine Z 4 angefügt und damit den gemäß § 521a Abs 1 Z 1 bis 3 ZPO in einem zweiseitigen Verfahren bekämpfbaren Entscheidungen die Entscheidung über die Prozesskosten hinzugefügt. Nach § 521a Abs 1 vorletzter Satz ZPO beträgt jedoch die Frist für die Rekursbeantwortung nur in den Fällen der Z 1 bis 3 vier Wochen, im Fall der Z 4 dagegen bloß vierzehn Tage. Demgemäß lautet die Neufassung des § 521 Abs 1 ZPO: "Die Rekursfrist beträgt 14 Tage, in den Fällen des § 521a Abs 1 Z 1 bis 3 jedoch vier Wochen; sie kann nicht verlängert werden."

1. 3. Die auf den Aufhebungsbeschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO bezogene Bestimmung des § 521a Abs 1 Z 2 ZPO bezweckt den Gleichlauf der Fristen im Revisionsverfahren. Deren analoge Anwendung auf das Rekursverfahren kommt nicht in Betracht, hätte das doch den gegenteiligen Effekt, dass zwar gegen eine abschließende Sachentscheidung nur binnen vierzehn Tagen Rekurs erhoben werden könnte, für die Bekämpfung eines Aufhebungsbeschlusses jedoch immer vier Wochen zur Verfügung stünden. Soweit daher ein auf die Fälle nach § 521a ZPO Z 1 bis 3 ZPO gestützter Analogieschluss ausscheidet, hat es auch gemäß § 521 Abs 1 ZPO idFd BGBl I Nr 2001/98 bei der vierzehntägigen Rekursfrist zu verbleiben (1 Ob 189/02d).

2. Rekursfrist im Exekutionsverfahren

Die Rekursfrist beträgt im Exekutionsverfahren gemäß § 78 EO iVm § 521 Abs 1 ZPO grundsätzlich vierzehn Tage (3 Ob 23/03h). Das gilt unzweifelhaft jedenfalls dann, wenn das Rekursverfahren einseitig ist ( Jakusch in Angst , EO, § 65 Rz 31). Soweit das Gesetz wie etwa im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels gemäß § 84 EO die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens anordnet und die Fristfrage gesondert regelt, kann für den Rekurs und die Rekursbeantwortung nach einem Aufhebungsbeschluss zweiter Instanz auch eine längere als die vierzehntägige Frist gelten. Andernfalls beträgt die Frist für den Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss und für die Rekursbeantwortung selbst im zweiseitigen Verfahren nur vierzehn Tage, findet sich doch im Lichte der Erwägungen unter 1. 3. - auch im Exekutionsverfahren keine tragfähige Begründung für einen Rechtssatz, die Frist für Rekurse gegen abschließende Sacherledigungen betrage grundsätzlich vierzehn Tage, jene für Rekurse gegen Aufhebungsbeschlüsse in Anlehnung an § 521 Abs 1 iVm § 521a Abs 1 Z 2 ZPO dagegen immer vier Wochen. Demnach sind die bisherigen Ausführungen wie folgt zusammenzufassen:

Im Exekutionsverfahren beträgt die Frist für den Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss zweiter Instanz vierzehn Tage, auch wenn das Rekursverfahren zweiseitig ist, es sei denn, der Gesetzgeber hätte für die Vollziehung bestimmter Materien des Exekutionsrechts eine andere Anordnung getroffen.

3. Ergebnis

Dem Erstverpflichteten wurde eine Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses am 8. Jänner 2003 zugestellt. Der Rekurs wurde am 5. Februar 2003 also am achtundzwanzigsten Tag nach dem fristauslösenden Ereignis zur Post gegeben. Dieser Rekurs ist jedenfalls verspätet, gleichviel ob das Rekursverfahren als ein- oder als zweiseitig anzusehen ist. Daher muss im Anlassfall nicht beurteilt werden, ob dem angefochtenen Aufhebungsbeschluss ein materieller oder prozessualer Rechtsschutzanspruch zugrunde liegt, auf dessen Grundlage das Rekursverfahren allenfalls zweiseitig sein könnte. Der verspätete Rekurs des Erstverpflichteten ist somit gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO als verspätet zurückzuweisen.