JudikaturJustiz3Ob89/85

3Ob89/85 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Oktober 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei A B SA, 211 bis, Avenue Carles de Caulle,

F-92200 Neuilly-sur-Seine, vertreten durch Dr.Egon Jaufer, Rechtsanwalt in Graz, wider die verpflichtete Partei Maschinenfabrik C Gesellschaft m.b.H. Co.KG, 8591 Maria Lankowitz, vertreten durch Dr.Konrad Faulhaber, Rechtsanwalt in Baden, wegen 40.000 sfr s.A. infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 12.März 1985, GZ.4 R 50/85-11, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 22.Jänner 1985, GZ. E 8959/84-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Beim Schiedsgericht der Zürcher Handelskammer ist ein Schiedsgerichtsverfahren zwischen den Streitteilen anhängig. Mit Beschluß vom 11.6.1982 legte das Schiedsgericht beiden Parteien im Sinne des § 247 Abs 2 der Zürcherischen ZPO eine Kaution zur Sicherstellung der Prozeßkosten in Höhe von je 40.000 sfr auf. Nachdem die verpflichtete Partei diese Kaution nicht erlegte, erlegte die betreibende Partei an Stelle der verpflichteten Partei auch deren Kaution.

Mit Entscheid des Schiedsgerichtes der Zürcher Handelskammer vom 12.10.1984 wurde der betreibenden Partei gemäß § 247 Abs 3 der Züricher ZPO für den von ihr an Stelle der verpflichteten Partei geleisteten Kostenvorschuß von 40.000 sfr das Rückgriffsrecht gewährt. Gemäß § 247 Abs 3 der Zürcherischen ZPO ist dieser Beschluß einem rechtskräftigen Urteil gleichgestellt. Das Obergericht Zürich erteilte am 20.11.1984 die Bescheinigung, daß der Entscheid des Schiedsgerichtes der Zürcher Handelskammer vom 12.10.1984 rechtskräftig, vollstreckbar und einem Entscheid der staatlichen Gerichte gleichgestellt sei.

Auf Grund des Entscheides des Schiedsgerichtes der Zürcher Handelskammer vom 12.10.1984 bewilligte das Landesgericht für ZRS Graz mit Beschluß vom 28.11.1984 die Fahrnisexekution zur Hereinbringung von 40.000 sfr s.A. Die Exekution wurde am 14.12.1984 vollzogen, die Exekutionsbewilligung an diesem Tag der verpflichteten Partei zugestellt.

Die verpflichtete Partei erhob innerhalb von 14 Tagen weder einen Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung noch einen Widerspruch im Sinne des § 83 EO.

Am 17.1.1985 stellte die verpflichtete Partei aber unter Hinweis auf zwei von ihr eingebrachte Klagen den Antrag auf Aufschiebung des Exekutionsverfahrens.

Die erste Klage wurde von der verpflichteten Partei gegen die betreibende Partei schon am 29.9.1982 beim Landesgericht für ZRS Graz zu 15 Cg 599/82 eingebracht. In dieser Klage wird die Feststellung begehrt, daß zwischen den Streitteilen kein Vertretungsvertrag betreffende Lateinamerika wirksam zustandegekommen sei und das Schiedsgericht der Zürcher Handelskammer nicht zuständig sei, über die von der betreibenden Partei gegen die verpflichtete Partei eingebrachte Schiedsklage zu entscheiden.

Die zweite Klage wurde am 16.1.1985 beim Landesgericht für ZRS Graz zu 21 Cg 1/85 eingebracht. Sie ist als Vollstreckungsgegenklage bezeichnet. Es wird das Urteil begehrt, die vorliegende Fahrnisexekution sei unzulässig. Die verpflichtete Partei macht geltend, daß der im Vertretungsvertrag enthaltene Schiedsvertrag nicht zustandegekommen sei und daher das Schiedsgericht der Zürcher Handelskammer unzuständig sei. Nach österreichischem Recht obliege es dem ordentlichen Gericht, die Frage der Wirksamkeit der Schiedsabrede zu prüfen. Der Entscheid vom 12.10.1984 stelle im übrigen keinen Schiedsspruch gemäß Art.7 Abs 1 bzw. keine gerichtliche Entscheidung im Sinne des Art.I Abs 1 des zwischen Österreich und der Schweiz abgeschlossenen Vollstreckungsvertrages vom 16.12.1960, BGBl.1962 Nr.125, dar. Die Anerkennung dieses Beschlusses als eines rechtskräftigen Urteils widerspreche auch dem österreichischen ordre public, weil der Ersatz von Kosten vor erledigtem Schiedsverfahren mit der österreichischen Rechtsordnung nicht vereinbar sei.

Das Erstgericht gab dem Aufschiebungsantrag statt.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Aufschiebungsantrag abgewiesen wurde. Die Klage 15 Cg 599/82 könne keinen Aufschiebungsgrund begründen, weil mit ihr nicht die Unzulässigkeit der vorliegenden Exekution geltend gemacht werde. Die Klage 21 Cg 1/85 werde zwar als Vollstreckungsgegenklage bezeichnet, enthalte aber nach dem Klageinhalt keine Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 EO, aber auch keine gegen die Vollstreckbarkeit gerichteten Einwendungen im Sinne des § 36 EO. Die allfällige Ungültigkeit des Exekutionstitels könne nicht mit einer Klage nach §§ 35,36 EO geltend gemacht werden. Als Widerspruch gemäß § 83 EO (§ 81 Z 4 EO) könne die Klage 21 Cg 1/85 wegen ihres gesamten Inhaltes nicht aufgefaßt werden. Hinsichtlich der zweiten Klage stehe daher einer Aufschiebung der Exekution die Aussichtslosigkeit der Klage entgegen.

Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde oder ihn aufzuheben.

Die verpflichtete Partei macht geltend, daß die Klage 15 Cg 599/82 wie eine Aufhebungsklage nach § 595 ZPO wirke und daher sehr wohl einen Aufschiebungsgrund darstelle. Und die Klage 21 Cg 1/85 enthalte u.a. insbesondere auch einen nicht fristgebundenen Widerspruch nach § 83 EO, sodaß auch der Aufschiebungsgrund nach § 83 Abs 2 letzter Satz EO vorliege. Wegen des Wertes des betriebenen Anspruches - 40.000 sfr entsprechen im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz jedenfalls dem Wert von mehr als 300.000 S - ist der Revisionsrekurs als Vollrekurs zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aber nicht begründet.

Der Aufschiebungsgrund nach § 42 Abs 1 Z 1 EO liegt nur vor, wenn eine Klage auf Ungültig- oder Unwirksamerklärung oder auf Aufhebung eines der im § 1 EO angeführten, einer bewilligten Exekution zu Grunde liegenden Exekutionstitels erhoben wird. Der Aufschiebungsgrund nach § 42 Abs 1 Z 2 EO letzter Fall liegt nur vor, wenn in bezug auf einen Schiedsspruch die Aufhebung des Schiedsspruches im Klagewege beantragt wird. Eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines bestimmten Vertrages, in dem die Schiedsklausel enthalten ist, kann nicht als eine solche Klage aufgefaßt werden. Nur eine Klage nach Art.XXV EGZPO bzw.§ 595 ZPO würde die Voraussetzungen erfüllen, welche dem Einstellungsgrund nach § 39 Abs 1 Z 1 EO zugrundeliegen. Beide Klagen können immer erst nach Erlassung eines Schiedsspruchs anhängig gemacht werden, so daß schon deshalb eine vorher eingebrachte Feststellungsklage unmaßgeblich ist.

Eine Aufschiebung der Exekution nach § 42 Abs 1 Z 5 EO ist nicht schon dann zu bewilligen, wenn eine der dort angeführten Klagen eingebracht wurde, sondern es muß auch auf die Wahrscheinlichkeit des Erfolges einer solchen Klage Bedacht genommen werden. Wenn eine solche Klage von vorneherein aussichtslos erscheint, kann dem Aufschiebungsantrag nicht stattgegeben werden (Heller-Berger-Stix,550,551, Entscheidungen wie SZ 46/120, MietSlg. 30.813 ua). Mit Recht geht das Gericht zweiter Instanz davon aus, daß die Klage 21 Cg 1/85 keine Einwendungen gemäß §§ 35,36 EO enthält. Ob ein Exekutionstitel gültig zustandegekommen ist, ob eine bestimmte Entscheidung überhaupt einen Exekutionstitel darstellt oder ob eine Exekutionsführung auf Grund eines ausländischen Exekutionstitels dem inländischen ordre public widerspricht, sind keinesfalls den Anspruch aufhebende oder hemmende Tatsachen, die erst nach Entstehung des Exekutionstitels eingetreten sind (§ 35 Abs 1 EO) oder Tatsachen die für die Fälligkeit oder Vollstreckbarkeit des Anspruches gemäß §§ 7 Abs 2, 9 EO maßgeblich sind (§ 36 Abs 1 Z 1 EO). Alle von der verpflichteten Partei angeführten Gründe könnten daher höchstens mit Rekurs oder Widerspruch, nicht aber mit einer Oppositions- oder Impugnationsklage geltend gemacht werden (ZBl.1932/61, EvBl 1962/401).

Gleiches gilt für den Aufschiebungsgrund nach § 83 Abs 2 letzter Satz EO. Nur wenn die Erhebung des Widerspruches nicht von vorneherein aussichtslos ist, kann die Aufschiebung der Exekution bewilligt werden. Da die verpflichtete Partei die Frist des § 83 Abs 2 EO versäumt hat, kommt nur mehr die Erhebung eines Widerspruches in Frage, der auf den Mangel der Gegenseitigkeit oder auf einen der im § 81 Z 2 bis 4 EO angeführten Gründe gestützt ist. In Betracht käme nach der Sachlage daher nur die Geltendmachung des sogenannten ordre public in der Sonderregelung des § 81 Z 4 EO. Nach herrschender Auffassung handelt es sich dabei um eine Ausnahmeregel, von der nur sparsamster Gebrauch gemacht werden darf. Eine Vollstreckung ist nur zu versagen, wenn dem Exekutionstitel mit der inländischen Rechtsordnung vollkommen unvereinbare ausländische Rechtsgedanken zu Grunde liegen und daher die Vollstreckbarkeit des ausländischen Titels mit der inländischen Rechtsordnung völlig unvereinbar ist (Heller-Berger-Stix, 782 Scheucher, ZfRV 1960,15, besonders 21, Herz, JBl 1954,213, besonders 214, Entscheidungen wie EvBl 1961/27 oder ZfRV 1983,206). Dies trifft für den vorliegenden Fall nicht zu. Die Bevorschussung von Gerichtskosten ist dem österreichischen Recht nicht fremd (siehe etwa die im zivilgerichtlichen Verfahren zu entrichtenden Pauschalgebühren nach dem D). Auch nach österreichischem Recht steht den Schiedsrichtern das Recht auf einen angemessenen Vorschuß auf ihre Honorare zu (Fasching, Handbuch, Rz 2203). Daß diese Vorschußleistung nicht einfach nur der beim Schiedsgericht als Kläger auftretenden Partei auferlegt wird, sondern auch der beklagten Partei, trägt dem Umstand Rechnung, daß beide Parteien durch die Fertigung des Schiedsvertrages sozusagen vorweg gemeinsam den Auftrag zum Tätigwerden der Schiedsrichter erteilt haben und daher für deren Honorare solidarisch haften. Zur Durchsetzung dieser gleichmäßigen Verteilung des Risikos auf beide Parteien erscheint es durchaus sachgerecht, ein Verfahren für den Fall der Säumigkeit einer Partei zu schaffen, wie dies im § 247 der Zürcherischen ZPO geregelt ist. Gemäß dieser Bestimmung kann das Schiedsgericht beiden Parteien eine Kaution zur Sicherstellung der Prozeßkosten auferlegen (Abs 1). Leistet eine Partei den ihr aufgelegten Kostenvorschuß nicht, so kann die andere nach ihrer Wahl den gesamten Vorschuß erbringen oder auf das Schiedsverfahren verzichten (Abs 2). Hat eine Partei den gesamten Vorschuß geleistet, gewährt ihr das Schiedsgericht für den an Stelle der Gegenpartei geleisteten Teilbetrag das Rückgriffsrecht auf die Gegenpartei und dieser Beschluß ist einem rechtkräftigen Urteil gleichgestellt (Abs 3). Reicht die von der unterliegenden Partei geleistete Kaution zur Bezahlung der ihr auferlegten Prozeßkosten nicht aus, so kann das Schiedsgericht für den ungedeckten Teil der Kosten die Kaution der obsiegenden Partei in Anspruch nehmen. Das Schiedsgericht gewährt ihr hiefür das Rückgriffsrecht auf die unterliegende Partei entsprechend Abs 3 (Abs 4).

Es ist nicht ersichtlich, mit welchen Grundgedanken der österreichischen Rechtsordnung diese Regelung im Widerspruch stehen soll. Beide Parteien werden durchaus gleich behandelt; wenn der Vorschuß der unterliegenden Partei ausreicht, bleibt der Vorschuß der obsiegenden Partei unangetastet; und wenn auch der Vorschuß der obsiegenden Partei in Anspruch genommen wird, wird dieser ein Ersatzanspruch gegen die unterliegende Partei eingeräumt. Die Lösung ist somit auch nach österreichischem Rechtsempfinden ausgewogen und sachgerecht.

Es muß daher nicht untersucht werden, ob die Klage 21 Cg 1/85 überhaupt als Widerspruch aufgefaßt werden kann, weil selbst dann, wenn ein Widerspruch vorläge, wegen dessen Aussichtslosigkeit die Aufschiebung der Exekution nach § 83 Abs 2 EO nicht bewilligt werden könnte.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.

Rechtssätze
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