JudikaturJustiz3Ob34/07g

3Ob34/07g – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Juni 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer sowie Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter E*****, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Franz P. Oberlercher Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in Spittal/Drau, wider die beklagte Partei Anton T*****, vertreten durch Dr. Peter S. Borowan und andere Rechtsanwälte in Spittal/Drau, wegen Übergabe einer Liegenschaft und Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts (Streitwert 40.000 EUR), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 29. November 2006, GZ 6 R 216/06s-41, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 10. Juli 2006, GZ 20 Cg 76/05m-27, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es unter Einschluss des bestätigten Teils zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, in die Einverleibung des Eigentumsrechts des Peter E*****, ob der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke 977 Wald, 978/5 Wald, 993/1 LN, je *****, je inneliegend in der Liegenschaft EZ *****, sowie des Überlandgrundstücks 976 Wald GB *****, inneliegend in der EZ *****, einzuwilligen. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei weiters schuldig, die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke Nr. 977 Wald, 978/5 Wald und 993/1 LN, je inneliegend in der EZ ***** und das Überlandgrundstück 976 Wald KG *****, inneliegend in der EZ *****, und zwar das Grundstück 993/1 mit der zu C-LNr 3a, TZ 6174/2000, Dienstbarkeit Gehen, Fahren und Verlegen von Versorgungsleitungen gemäß P.6.1. und 6.2. Kaufvertrag 2000-08-24 und der außerbücherlichen Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das Grundstück 993/1 für die Liegenschaft EZ ***** und die Grundstücke 976, 977 und 978/5 mit den Lasten der Geh- und Fahrrechte aus der Weggemeinschaft „Hofzufahrt T*****" und aus der Mitnutzungsvereinbarung zwischen der Weggemeinschaft „Hofzufahrt T*****" und der W***** GmbH, ansonsten lastenfrei, der klagenden Partei Zug um Zug gegen Bezahlung von 40.000 EUR zu übergeben, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 641 EUR bestimmten Barauslagen des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 876,50 EUR bestimmten Barauslagen des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist Eigentümer bestimmter verbücherter Liegenschaften, für die sich sein Nachbar, der Kläger interessierte. Am 31. März 2005 kam es zu einer Besprechung der Streitteile in Anwesenheit eines Zeugen, bei der über den Ankauf der Liegenschaften durch den Kläger verhandelt wurde. Bei diesem Termin lag ein Schätzungsgutachten des Zeugen vor, das aber nur einen Teil der Grundstücke bewertet hatte. Der Zeuge schlug für alle vom Kläger zu kaufenden Grundstücke einen Preis von 40.000 EUR vor. Die Streitteile einigten sich auf den Verkauf aller Grundstücke um 40.000 EUR und besiegelten den Abschluss dieses Kaufvertrags mit Handschlag. In der Folge verfasste der Kläger eine mit „Vorvertrag" überschriebene Urkunde, datiert mit 1. April 2005, die den genannten Kauf festhielt. Diese Urkunde unterfertigte zunächst der Kläger und übergab sie dem Zeugen, der sie dem Beklagten zur Unterschrift vorlegen sollte. Es war auch geplant, einen grundbuchsfähigen Kaufvertrag zu errichten. Den ursprünglich in der Urkunde genannten Kaufpreis von 32.000 EUR verbesserte der Zeuge im Einvernehmen mit dem Kläger auf 40.000 EUR, weil dies der Vereinbarung der Streitteile entsprach. Der Beklagte unterfertigte diese Urkunde, nachdem er sie mit dem Zeugen durchgegangen war.

Die Lage der Grundstücke in der Natur und deren Bezeichnung war den Streitteilen planmäßig und in der Natur bekannt; der Kläger wusste auch, dass eine Dienstbarkeit vorhanden ist, die er übernehmen sollte. Bezüglich der Lastenfreistellung herrschte Einigkeit. Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung sollte kein Problem bilden, weil beide Streitteile Landwirte sind.

Nicht festgestellt werden konnte, dass der Beklagte den Rücktritt vom Vertrag erklärt hätte oder beim Abschluss des Vertrags in Irrtum geführt worden wäre.

In der Folge verweigerte der Beklagte die Unterfertigung des notariellen Kaufvertrags. Er unterfertigte weiters am 14./15. April 2005 einen Kaufvertrag, womit er die gegenständlichen Grundstücke (und zwei weitere) an Dritte veräußerte. Dieser Kaufvertrag wurde noch nicht verbüchert.

Der Kläger begehrte vom Beklagten die Übergabe der ihm verkauften Grundstücke gegen Bezahlung des Kaufpreises von 40.000 EUR sowie die Einwilligung in die Einverleibung seines Eigentumsrechts mit dem Vorbringen, die Parteien hätten über diese Grundstücke einen Kaufvertrag geschlossen, der Beklagte habe jedoch nachträglich die Unterfertigung der schriftlichen Vertragsurkunde verweigert. Der Beklagte wendete ein, er habe lediglich einen Vorvertrag geschlossen, der Kläger hätte ihn über den Wert der Liegenschaften in Irrtum geführt. Er habe die Grundstücke bereits an andere Personen verkauft.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze mit der Begründung statt, der Kaufvertrag sei formgültig zu Stande gekommen. Die Voraussetzungen einer Irrtumsanfechtung lägen nicht vor, weshalb der Beklagte zur Zuhaltung des Vertrags verpflichtet sei. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und keine erhebliche Rechtsfrage vorliege. Eine Veräußerungsrangordnung begründe keinen Anspruch auf das Eigentumsrecht, sondern bloß einen bestimmten Grundbuchsrang. Der Beklagte habe den gutgläubigen Eigentumserwerb Dritter erstmals in seiner Berufung behauptet, weshalb dieses Vorbringen eine unzulässige Neuerung bilde. Die außerordentliche Revision des Beklagten, mit der er die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens anstrebt, ist zulässig und teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Auslegung des vorliegenden Kaufvertrags durch die Vorinstanzen ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht den Grundsätzen von Lehre und Rechtsprechung. Auch beim Kauf von Liegenschaften ist der Vertrag bereits dann gültig zustande gekommen, wenn eine Einigung über Vertragsgegenstand und Kaufpreis erfolgt ist. Der Schriftlichkeit bedarf es nicht (4 Ob 517/95 = WoBl 1995, 161 mwN u.a.; RIS-Justiz RS0019951; Aicher in Rummel3, § 1054 ABGB Rz 3). Die Einigung, die schriftliche Ausfertigung in einverleibungfähiger Form einem späteren Zeitpunkt vorzubehalten, indiziert nicht, dass lediglich ein Vorvertrag geschlossen wurde. Vielmehr besteht ein Anspruch auf Unterfertigung der einverleibungsfähigen Urkunde durch den Vertragspartner (7 Ob 508/77 = NZ 1980, 5 = HS 10.817). Nach den getroffenen Feststellungen haben die Streitteile über Vertragsgegenstand und Kaufpreis Einigung erzielt, ein Vorbehalt in Ansehung bestimmter noch zu klärender Umstände (etwa strittige Dienstbarkeiten) ist nicht festgestellt, weshalb ein gültiger Vertragsschluss zu bejahen war.

2. Zu Unrecht erblickt der Revisionswerber einen Verfahrensmangel darin, dass das Berufungsgericht seine Behauptung zum gutgläubigen Erwerb Dritter als unzulässige Neuerung beurteilte. Tatsächlich erschöpfte sich das Beklagtenvorbringen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz in allgemein gehaltenen Behauptungen („...hatte er seine Grundstücke zulässigerweise bereits an einen anderen Interessenten veräußert" [S 4 der Klagebeantwortung]). Konkretes Vorbringen zu einem Gutglaubenserwerb Dritter erstattete er erstmals in seiner Berufung, weshalb dieses zu Recht als verspätet und daher unbeachtlich beurteilt wurde.

3. Zwar bildet die Genehmigung des Vertrags durch die Grundverkehrskommission beim genehmigungspflichtigen Liegenschaftskauf eine Suspensivbedingung für dessen Wirksamkeit (7 Ob 646/87 = JBl 1988, 445 u.a.), dies hindert jedoch nicht den Anspruch auf Erwirkung erforderlicher Willenserklärungen bei strittigen Verträgen. Dies resultiert aus der Verpflichtung der Vertragspartner, alles zu unterlassen, was dem Bedingungseintritt entgegenstehen könnte, und darauf hinzuwirken, dass die Bedingung eintritt (RIS-Justiz RS0017406, RS0061101; Apathy in Schwimann3, § 897 ABGB Rz 12, 13; Gamerith in Rummel3, § 897 ABGB Rz 5). Hiezu zählt insbesondere die Einwilligung in die bücherliche Einverleibung des Käufers, weil diese eine Voraussetzung für die Genehmigung nach dem Grundverkehrsgesetzen und somit auch für die Beendigung des Schwebezustands für den Kaufvertrag ist (stRsp, zuletzt 7 Ob 147/05a = MietSlg 57.082; RIS-Justiz RS0038684).

4. Zu Recht moniert der Beklagte jedoch, der Kläger verfüge „über keinen Titel, der die im Urteilsspruch auferlegte Verpflichtung des Beklagten decken" könne, in Ansehung des Begehrens auf Übergabe der Grundstücke gegen Kaufpreiszahlung. Die Vorwirkungen des bedingten Vertrags erschöpfen sich darin, jene Ansprüche zu begründen, die unmittelbar zur Beendigung seines Schwebezustands erforderlich sind. Ein Anspruch auf gänzliche Erfüllung des Kaufvertrags hingegen ist davon nicht umfasst (4 Ob 261/99g = RdW 2000, 275 = ImmZ 2000, 401 u. a.; RIS-Justiz RS0038963 [T3 und T5]).

So besteht etwa auch der Anspruch des Verkäufers auf Kaufpreiszahlung erst nach Vorliegen der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung (7 Ob 646/87; 2 Ob 680/86), gleiches gilt auch für den Anspruch des Käufers auf Überlassung der Grundstücksnutzung (6 Ob 709/81), weshalb der Kläger (einstweilen) nicht berechtigt ist, die Übergabe der verkauften Liegenschaften (gegen Kaufpreiszahlung) zu begehren. Der außerordentlichen Revision ist daher nur in Ansehung des Übergabsbegehrens Folge zu geben und dieses abzuweisen. Im Übrigen ist die zweitinstanzliche Entscheidung zu bestätigen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 1 ZPO, in Ansehung des Rechtsmittelverfahrens auch auf § 50 Abs 1 ZPO; der Kläger ist mit der Hälfte seines Begehrens durchgedrungen.

Rechtssätze
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