JudikaturJustiz3Ob225/06v

3Ob225/06v – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Oktober 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B*****, vertreten durch Kosesnik-Wehrle Langer Rechtsanwälte KEG in Wien, wider die verpflichtete Partei H***** GmbH, *****, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Nikolaus Topic-Matutin und Mag. Anna Topic-Matutin, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. März 2006, GZ 47 R 136/06g-13, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

a) Die Ausfertigung der zweitinstanzlichen Entscheidung wurde den Rechtsvertretern der betreibenden Partei am 27. März 2006 zugestellt. Der erkennende Senat wies den außerordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung zurück, das Rechtsmittel sei außerhalb der vierzehntägigen Revisionsrekursfrist (§ 78 EO iVm § 521 Abs 1 ZPO) - die bereits mit Ablauf des 10. April 2006 geendet habe - und zwar nach dem Poststempel am 11. April 2006 zur Post gegeben worden. Die betreibende Partei begehrt nun die Berichtigung dieses Beschlusses. Tatsächlich sei, wie sich aus vorgelegten Urkunden ergebe, der außerordentliche Revisionsrekurs bereits am 10. April 2006 zur Post gegeben worden und somit nicht verspätet. Dieses Vorbringen erweist sich danach (auch auf Grund der vom Erstgericht gepflogenen Erhebungen als richtig.

Demnach ist der in der irrigen Annahme einer Verspätung des Rechtsmittels liegende offenbare Fehler nach § 78 EO iVm § 419 Abs 1, § 522 Abs 1 ZPO analog zu berichtigen (5 Ob 508/95 = EvBl 1996/35 u. v.a., RIS-Justiz RS0062267, RS0041446) und der außerordentliche Revisionsrekurs inhaltlich zu prüfen.

b) Die verpflichtete Partei hat es nach einem gerichtlichen Vergleich gegenüber der betreibenden Partei u.a. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, in Österreich Vertragsabschlüsse im Fernabsatz, insbesondere im Internet, anzubieten, ohne ihren Vertragspartnern vor Abgabe deren Vertragserklärungen, insbesondere vor deren Warenbestellung, klar und verständlich ihre Firma und ihre ladungsfähige Adresse offen zu legen.

Die betreibende Partei brachte in ihrem Antrag auf Bewilligung der Unterlassungsexekution vor, die verpflichtete Partei habe „im August des heurigen Jahres in Österreich" Bestellscheine in Gutscheinheften verteilt, in denen statt deren richtiger Firma nur eine nicht existente aufscheine. Außerdem wirft sie ihr einen gleichartigen Verstoß auf ihrer Website vor.

Wegen dieser Verstöße gegen den Exekutionstitel bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei die Unterlassungsexekution nach § 355 EO, verhängte über diese eine Geldstrafe von 5.000 EUR und bewilligte ihr zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsantrags die Fahrnis- und die Forderungsexekution.

Das Rekursgericht änderte die Exekutionsbewilligung des Erstgerichts nach § 355 EO durch Reduzierung der Geldstrafe auf 2.500 EUR mit der Begründung teilweise ab, dass von der betreibenden Partei Ort und Zeit des ersten Verstoßes viel zu vage umschrieben worden sei und die verpflichtete Partei keine Möglichkeit hätte, dieses Vorbringen in einer Impugnationsklage gezielt zu bekämpfen. Es liege (wie näher ausgeführt wird) nur der zweite behauptete Verstoß vor, weshalb die verhängte Geldstrafe um die Hälfte zu reduzieren sei. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibende Partei ist nicht zulässig.

Die Behauptung, das Rekursgericht sei von der Rsp des Obersten Gerichtshofs abgewichen, weil es schlicht darüber hinweggegangen sei, dass der behauptete Verstoß jedenfalls hinreichend konkretisiert gewesen sei - sei doch für die verpflichtete Partei aus den dem Exekutionsantrag angeschlossenen Kopien der ersten Seite des Gutscheinhefts sowie der Vorder- und Rückseite des darin enthaltenen inkriminierten Gutscheins ganz eindeutig erkennbar gewesen sei, in welchem Gutscheinheft der von ihr in Österreich zur Verteilung gelangte Bestellschein, dem ihre Firma und ladungsfähige Adresse nicht zu entnehmen sei, verbreitet worden - ist nicht stichhältig. Ob die in einem Exekutionsantrag nach § 355 EO enthaltene Behauptung des Zuwiderhandelns gegen den Exekutionstitel ausreicht oder nicht, ist grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage (3 Ob 1032/89 u.a.; RIS-Justiz RS0004745).

Ein Zuwiderhandeln des Verpflichteten gegen das im Exekutionstitel enthaltene Unterlassungsverbot ist bejahende Bedingung für den Eintritt der materiellen Vollstreckbarkeit des Titels iSd § 7 Abs 2 EO (3 Ob 80/84 = SZ 57/137 u.v.a.; RIS-Justiz RS0004747). Der betreibende Gläubiger muss daher im Exekutionsantrag das dem Verpflichteten angelastete Zuwiderhandeln konkret und schlüssig behaupten (stRsp, 3 Ob 164/98h mwN u.v.a; RIS-Justiz RS0000709, RS0004747). Eine konkrete und schlüssige Behauptung erfordert in der Regel nähere Angaben über Zeit, Ort und Art (Beschaffenheit) des Zuwiderhandelns. Dabei genügt etwa die bloße Angabe des Datums des Zuwiderhandelns ohne sonstige Konkretisierung des (vermeintlichen) Verstoßes nicht (3 Ob 17/90 = RZ 1990, 62). Die von der Revisionsrekurswerberin zitierten oberstgerichtlichen Entscheidungen befassen sich mit Ankündigungen beim Verkauf und Vertrieb periodischer Druckschriften. Anders als nach der älteren Rsp (3 Ob 64/89 = MR 1989, 182 mwN) ist die Angabe einer bestimmten Verkaufsstelle im Exekutionsantrag dann nicht erforderlich, wenn ein Verstoß gegen das Unterlassungsgebot für den Tag des Erscheinens oder den ihm folgenden Tag behauptet wird und der Sachlage nach davon auszugehen ist, dass die Druckschrift an zahlreichen Stellen vertrieben wird (3 Ob 199/97d mwN).

In der von der Revisionsrekurswerberin zitierten Entscheidung 3 Ob 68/92 (= MR 1993, 71 = ÖBl 1993, 181 = ecolex 1993, 254) sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass bei behaupteten Verstößen gegen die Kennzeichnungspflicht des § 26 MedienG zur Konkretisierung des Verstoßes die Vorlage eines Exemplars der den Verstoß enthaltenden Zeitschrift, verbunden mit dem Hinweis auf die jeweilige Seite, ausreichend ist.

Dass es sich bei den angeblich von der verpflichteten Partei verteilten Gutscheinheften um periodische Druckschriften iS der zitierten Judikatur gehandelt hätte, ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgebracht worden. Es wird auch kein Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht nach § 26 MedienG behauptet.

Das Rekursgericht ist somit bei der Beurteilung, ob ein Verstoß vorliege, nicht von der Rsp des Obersten Gerichtshofs abgewichen (ebenso schon 3 Ob 149/88 [Prospektverteilung]). Der Beschluss steht insoweit im Einklang mit den von der stRsp aufgestellten Grundsätzen, wonach - abgesehen von den dargestellten Fällen - ein Exekutionsantrag Angaben über die Zeit, den Ort und die Art des Zuwiderhandelns beinhalten muss.

Der außerordentlicher Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die zweite Instanz richtigerweise statt der bloßen Reduktion der verhängten Geldstrafe auch den Exekutionsantrag teilweise hätte ausdrücklich abweisen müssen, weil es ja einen von zwei behaupteten Verstößen gegen den Exekutionstitel verneinte. Ebenso wie bei mehreren zu beurteilenden Verstößen die Impugnationsklage (3 Ob 317/01s = SZ 2002/30 = JBl 2002, 805; 3 Ob 254/03d; 3 Ob 195/04d) kann eben auch ein Rechtsmittel teilweise Erfolg haben (kein Alles-oder-nichts-Prinzip) und dann idR - aber erst in zweiter Linie - zu einer Verringerung der für mehrere Verstöße verhängten Gesamtstrafe führen. Gerade wegen der dem Verpflichteten zu Gebote stehenden Impugnationsklage sind vom Exekutionsgericht alle als Zuwiderhandeln gegen den Titel angesehene Verhaltensweisen anzuführen (Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 355 Rz 37). Aus dem nämlichen Grund wäre es erforderlich, auch im Spruch einer Rechtsmittelenscthediung klarzustellen, für welche Verhaltensweisen die Exekution bewilligt oder in der Folge eine weitere Strafe verhängt wird. Die allein anfechtende betreibende Partei ist aber dadurch nicht beschwert, weshalb auch kein Anlass für eine Berichtigung besteht.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 78 EO iVm § 528a, § 510 Abs 3 ZPO).

Die betreibende Partei hat die Kosten des Berichtigungsantrags selbst zu tragen, da ihr Rechtsmittel erfolglos blieb (§ 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO; Rechberger in Rechberger², § 419 ZPO Rz 9 mwN).

Rechtssätze
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