JudikaturJustiz3Ob219/98x

3Ob219/98x – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Dezember 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Helmut H*****, vertreten durch Dr. Walter Fleissner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Christine H*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch gemäß § 35 EO (Streitwert 808.117 S), über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 6. Juli 1998, GZ 44 R 466/98z-19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Favoriten vom 24. März 1998, GZ 8 C 2329/97k-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:

"Der Anspruch der Beklagten aus dem Beschluss des Berufungsgerichts Favoriten vom 6. 8. 1996, 8 F 22/94t, zu dessen Hereinbringung ihr gegen den Kläger mit Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 18. 11. 1997 zu AZ 16 E 7729/97t die Exekution bewilligt wurde, ist im Ausmaß von 751.505,36 S erloschen.

Das Mehrbegehren auf Feststellung, dass der oben bezeichnete Anspruch der Beklagten zur Gänze erloschen sei, wird abgewiesen."

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger an Kosten des Verfahrens aller Instanzen 92.111,10 S (darin 14.852,44 S USt und 1.236,90 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Favoriten vom 31. 8. 1990 aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes geschieden; der Ausspruch über die Ehescheidung ist seit 25. 5. 1991 rechtskräftig, jener über das Verschulden seit 9. 1. 1992.

Zu AZ 8 C 75/91f des Erstgerichts erhob die Beklagte am 17. 6. 1991 Unterhaltsklage verbunden mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382 Abs 1 Z 8a EO. Mit einstweiliger Verfügung vom 5. 7. 1991 wurde ihr ab Antragstag bis zur rechtskräftigen Erledigung der Unterhaltsklage ein einstweiliger monatlicher Unterhalt von 11.000 S zuerkannt. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und Rekurs; dem Rekurs wurde nicht Folge gegeben. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 12. 5. 1992 erstattete der Kläger (dort Beklagter) umfangreiches konkretes und unter anderem mit Urkundenbeweisen belegtes Bestreitungsvorbringen, die Klägerin sei arbeitsfähig und könne in ihrem "Mangelberuf" als medizinisch-technische Assistentin (folgend: MTA) jederzeit einen Arbeitsplatz finden. Die Beklagte (dortige Klägerin) entgegnete darauf nur, eine Arbeit sei ihr auf Grund ihrer Familiensituation und ihres Alters (Jahrgang 1946) unzumutbar. Das Erstgericht wies gleichzeitig mit dem klagestattgebenden Urteil den Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung ab. Der Kläger bekämpfte nur das Urteil mit Berufung, der vom Gericht zweiter Instanz Folge gegeben wurde. Das Ersturteil wurde zur Verfahrensergänzung insbesondere durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Berufskunde mit der Begründung aufgehoben, eine Berufsunterbrechung durch zwanzig Jahre allein bewirke noch nicht, dass die Rückkehr zu einer außerhäuslichen Erwerbstätigkeit unzumutbar sei; soferne die (Unterhalts )Klägerin in der Lage sei und der Arbeitsmarkt entsprechende Möglichkeiten biete, sei sie verpflichtet, eine den bisherigen Lebensverhältnissen angemessene Beschäftigung anzunehmen. Mit Urteil vom 17. 12. 1995 erkannte das Erstgericht neuerlich im Sinne des Klagebegehrens, wobei der Entscheidung die auf dem Gutachten eines berufskundigen Sachverständigen basierende Feststellung, dass die (Unterhalts )Klägerin am Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sei, der Entscheidung zugrunde gelegt wurde. Infolge Berufung des Unterhaltsbeklagten wies das Berufungsgericht mit Urteil vom 10. 2. 1997 die Klage auf nachehelichen Unterhalt ab, weil auf Grund der Ausführungen des vom Berufungsgericht beigezogenen Sachverständigen festgestellt wurde, dass die Beklagte am Arbeitsmarkt eine angemessene Beschäftigung als MTA finden könne. Die außerordentliche Revision gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts wurde zurückgewiesen.

Der Kläger hat im genannten Unterhaltsverfahren nie einen Antrag gemäß § 399 EO auf Aufhebung (oder Einschränkung) der einstweiligen Verfügung gestellt. Er hat der Beklagten auf Grund dieser einstweiligen Verfügung von Juni 1991 bis Juni 1997 - teilweise über exekutive Hereinbringung - Unterhalt in Höhe von insgesamt 797.133 S bezahlt.

Zu AZ 16 E 7729/97t wurde der Beklagten auf Grund der im nachehelichen Aufteilungsverfahren zu AZ 8 F 22/94g des Erstgerichtes ergangenen Entscheidungen die (Fahrnis- und Forderungs )Exekution zur Hereinbringung von 808.117 S sA bewilligt. Der Kläger hat diesen in Exekution gezogenen Anspruch noch nicht durch Zahlung befriedigt.

Mit der am 2. 12. 1997 eingelangten Klage begehrt der Kläger - sinngemäß - die Feststellung, der betriebene Anspruch der Beklagten sei durch Aufrechnung mit dem (Rückforderungs )Anspruch, der ihm wegen des unrechtmäßigen Bezugs und jedenfalls schlechtgläubigen Verbrauchs von (einstweiligem) Unterhalt in Höhe von 797.133 S zuzüglich Zinsen im Betrag von 100.293,67 S zustehe, erloschen. Der zur Aufrechnung herangezogene Anspruch werde nicht nur auf Bereicherungsrecht, sondern auch auf Schadenersatz gegründet, weil die Beklagte grobfahrlässig die Aufnahme einer eigenen, ihr vom Kläger konkret offerierten Arbeit in ihrem Beruf unterlassen, eine solche Arbeit gar nicht gesucht und sich auf die Unterhaltsleistung des Klägers verlassen habe.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, der Kläger habe ihr auf Grund einer rechtskräftigen einstweiligen Verfügung Unterhalt geleistet, der von ihr auch gutgläubig verbraucht worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus traf es noch folgende weitere Feststellungen:

Die Beklagte hat die von Juni 1991 bis Juni 1997 erhaltenen monatlichen Zahlungen von jeweils 11.000 S zur Gänze für ihren und für den Unterhalt ihrer drei ehelichen Töchter (Geburtsjahrgänge 1974, 1976 und 1978), für die ihr die Obsorge zukam und für die der Kläger monatlich insgesamt 17.000 S an Unterhalt bezahlte, verbraucht. Sie dachte nicht daran, ihr könne ein nachehelicher Unterhaltsanspruch nicht zustehen. Sie ging davon aus, dass sie wegen des überwiegenden Scheidungsverschuldens des Klägers einen Unterhaltsanspruch habe. Die einstweilige Verfügung vom 5. 7. 1991 hat für sie diesen Unterhaltsanspruch konkretisiert; wegen dieser Gerichtsentscheidung vertraute sie darauf, ihr stehe nachehelicher Unterhalt zu. In den Jahren 1991 bis 1994 versuchte sie nicht, einen Arbeitsplatz zu finden. Ab dem Jahr 1994 suchte sie (ca einmal pro Monat) Arbeit, und zwar sowohl in ihrem erlernten Beruf als MTA als auch in verwandten Bereichen. Wegen ihres Alters erhielt sie jedoch nur Absagen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass der gesamte Unterhaltsanspruch einmal wegfallen könnte. Aus dem Nachlass ihres am 17. 8. 1990 verstorbenen Vaters verblieben ihr ca 1,200.000 S. Diesen Betrag hat sie ausgegeben; sie kaufte ein Kraftfahrzeug (ca 225.000 S) und weiters in Antalya eine Wohnung (ca 250.000 S), aus der Vielzahl der seit 1987 anhängigen Gerichtsverfahren enstanden auch enorme Prozesskosten. Schließlich gab sie bis auf eine verbliebene Rücklage von ca 50.000 S das Geld für den Unterhalt ihrer Kinder (Schulausbildung, Urlaube, Ferienaufenthalte, einjähriger Aufenthalt einer Tochter in Amerika) und für das tägliche Leben aus. Der Kläger schrieb der Beklagten ab 1991 mehrere Briefe und forderte sie auf, arbeiten zu gehen; diesen Briefen legte er auch Stellenangebote aus Tageszeitungen bei. Die Beklagte kaufte nach dem Auszug aus der Ehewohnung eine andere Wohnung in Wien 5, wobei die monatlichen Belastungen für diese kreditfinanzierte Wohnung 8.120 S betragen. Nunmehr ist sie in der Türkei (Antalya) als MTA tätig und verdient dort 3.000 S monatlich.

In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, dass die Beklagte die ihr vom Kläger zugeflossenen Unterhaltszahlungen zur Gänze für ihren Unterhalt gutgläubig verbraucht habe, weshalb dem Kläger kein zur Aufrechnung gegen die betriebene Forderung geeigneter (Rückforderungs )Anspruch zustehe. Die Beklagte habe darauf vertraut und auch vertrauen dürfen, dass ihr nachehelicher Unterhalt zustehe, zumal der Kläger die Abweisung seines Widerspruchs gegen die einstweilige Verfügung unbekämpft gelassen habe. Zudem sei im Unterhaltsprozess ein umfangreiches Beweisverfahren durchgeführt worden und seien auch zahlreiche schwierige Rechtsfragen (über die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit) zu klären gewesen. Überdies habe der Kläger nie eine Aufhebung oder Abänderung der einstweiligen Verfügung im Sinne des § 399 EO beantragt. Dafür, dass die Beklagte in Schädigungsabsicht (oder) grobfahrlässig und rechtswidrig eine Erwerbstätigkeit unterlassen habe, lägen keine Anhaltspunkte vor.

Das Berufungsgericht gab hingegen dem Klagebegehren statt und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Über die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen hinaus sei aktenkundig, dass der Kläger sowohl im Scheidungs- als auch im Unterhaltsverfahren den Unterhaltsanspruch der Beklagten substantiiert bestritten und diese nach Setzung eigener Bemühungen auf dem Arbeitsmarkt nicht nur allgemein aufgefordert habe, einer Tätigkeit als MTA nachzugehen, sondern ihr auch konkrete Arbeitsplatzmöglichkeiten offeriert und sie aufgefordert habe, sich bei den genannten Stellen zu bewerben. Dass der Beklagten der vom Kläger bezahlte Unterhalt auf Grund der rechtskräftigen Abweisung ihres Unterhaltsklagebegehrens nicht zustehe, stehe außer Frage. Strittig sei nur, ob sie beim Verbrauch der auf Grund der einstweiligen Verfügung bezahlten Unterhaltsbeträge als gutgläubig anzusehen sei. Gutgläubigkeit sei schon dann ausgeschlossen, wenn die Unterhaltsempfängerin an der Rechtmäßigkeit der empfangenen Beträge bei der von ihr zu erwartenden Sorgfalt auch nur Zweifel hätte haben müssen. Es könne insbesondere im vorliegenden Fall keine Rede davon sein, dass der vom Kläger von Anfang an bestrittene Unterhaltsanspruch von der Beklagten als mit Sicherheit bestehend angenommen habe werden können. Schlechtgläubigkeit liege schon dann vor, wenn der Anspruch, zu dessen Erfüllung auf Grund einer einstweiligen Verfügung geleistet werde, bestritten werde. An der Ernstlichkeit dieser Bestreitung könne gerade im vorliegenden Fall nicht gezweifelt werden. Die Beklagte habe daher stets damit rechnen müssen, im Unterhaltsverfahren nicht durchzudringen und allenfalls zur Rückzahlung der vom Kläger geleisteten Unterhaltsbeträge verpflichtet zu werden. Sie könne daher nicht als redliche Empfängerin der Unterhaltsbeträge angesehen werden. Der vom Kläger geltend gemachte Rückforderungsanspruch bestehe deshalb zu Recht. Dieser Anspruch sei auch als fälliger Geldanspruch gegenüber dem Anspruch der Beklagten aus dem nachehelichen Aufteilungsverfahren gleichartig und daher zur Kompensation geeignet, zumal die spätestens mit der Klage vorgenommene Aufrechnung auf den Zeitpunkt zurückwirke, in dem einander die Forderungen aufrechenbar gegenübergestanden seien.

Die gegen die zweitinstanzliche Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Beklagten ist entgegen dem Ausspruch der Vorinstanz zulässig, weil der Lösung der Frage, ab welcher Art und Intensität der Bestreitung eines mit einstweiliger Verfügung gesicherten Unterhaltsanspruchs beim Anspruchswerber die Gutgläubigkeit ausschließende Zweifel an der Anspruchsberechtigung entstehen müssen, erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukommt. Die Revision ist auch teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte vertritt die Auffassung, sie habe die Unterhaltsbeträge, die sie auf Grund der während des gesamten Unterhaltsprozesses aufrecht gebliebenen einstweiligen Verfügung erhielt, jedenfalls so lange gutgläubig verbraucht, solange der Erstrichter ihren Unterhaltsanspruch in zwei Rechtsgängen bejaht habe. Lediglich auf Grund - sei es auch - ernsthafter und konkreter Bestreitung des Anspruchs durch den Kläger hätte sie noch keine Zweifel am Bestand ihres nachehelichen Unterhaltsanspruchs haben müssen, zumal auch ihr in Familienrechtssachen versierter Rechtsvertreter solche Zweifel bei ihr nicht geweckt habe oder wecken hätte müssen.

Dem ist folgendes zu erwidern:

Nach ständiger, im Schrifttum gebilligter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs können ohne Rechtsgrundlage gezahlte Unterhaltsbeträge (mangels echter Bereicherung) nur dann nicht zurückgefordert werden, wenn sie gutgläubig verbraucht wurden (SZ 13/262; SZ 58/57; JBl 1996, 727; 1 Ob 2267/97f mwN; 1 Ob 1/98y mwN; 4 Ob 217/99m mwN; RIS-Justiz RS0033609; Rummel in Rummel2 Rz 12 zu § 1437; Konsell/Mader in Schwimann2 Rz 18 ff zu § 1437). Der Oberste Gerichtshof wendet diesen Grundsatz auch auf im Rahmen des einstweiligen Unterhalts nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO gezahlte Unterhaltsbeträge aus der Erwägung an, die zugrunde liegende einstweilige Verfügung bilde für sich allein keine ausreichende rechtliche Grundlage, weil der so festgesetzte Unterhalt nur vorschussweise zu zahlen sei, während die endgültige rechtliche Zuweisung vom Ergebnis des ordentlichen Verfahrens abhänge (EvBl 1984/151; JBl 1996, 727). Im Rahmen des einstweiligen Unterhalts bezogene Beträge könnten daher bei Schlechtgläubigkeit des Empfängers zurückgefordert werden, wenn sie nicht der sich aus dem Gesetz ergebenden Unterhaltspflicht entsprechen (JBl 1996, 727). Diese Auffassung hat der Oberste Gerichtshof auch in 1 Ob 235/98k und 4 Ob 217/99m aufrecht erhalten.

Auch ein Großteil der Lehre (Huber, Endgültige Zuweisung bei einstweiligem Unterhalt, JBl 1984, 182 ff; König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren Rz 130; Deixler-Hübner, Wiederaufnahme im Verfahren nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a ZPO, Beitr ZPR V (1995) 10 ff; Rummel aaO; Konsell/Mader aaO) tritt für die Rückforderbarkeit einstweilen geleisteten Unterhalts ein, wobei allerdings die Rückforderbarkeit überwiegend unter Hinweis auf § 394 EO - unabhängig vom guten Glauben - bejaht wird (König aaO; Huber aaO).

Soweit es auf die Unredlichkeit des Unterhaltsverbrauchs ankommt, hat der kondizierende Kläger die Unredlichkeit der Beklagten zu behaupten und unter Beweis zu stellen (SZ 60/136; 2 Ob 9/96; 1 Ob 1/98y;

RIS-Justiz RS0010271 und RS0010182; Konsell/Mader aaO Rz 8). Dabei bezieht sich die Redlichkeit auf die Existenz des Kondiktionsanspruchs, wobei schon Fahrlässigkeit schadet (SZ 57/64;

JBl 1996, 727; Rummel aaO Rz 2 zu § 1437). Auch ist nicht ausschlaggebend, ob der einstweilige Unterhalt "erschlichen" oder in auffallend sorgloser Weise entgegengenommen und verbraucht wurde. Die Redlichkeit des Empfängers fehlt nicht erst bei auffallender Sorglosigkeit oder gar bei Vorsatz, sondern schon dann, wenn der Empfänger der Leistung zwar nicht nach seinem subjektiven Wissen, wohl aber bei objektiver Beurteilung an der Rechtmäßigkeit der ihm rechtsgrundlos ausgezahlten Beträge auch nur zweifeln hätte müssen (RdA 1993, 214 [Wachter]; JBl 1996, 727; 1 Ob 1/98y; 4 Ob 217/99m; RIS-Justiz RS0103057; Honsell/Mader aaO Rz 5 ff). Die Rechtsprechung hat in Fällen der Bekämpfung von Unterhaltstiteln schon bisher auf den Zeitpunkt der Zustellung der Klage oder des Antrags im Verfahren außer Streitsachen abgestellt; ab diesem Zeitpunkt müsse der Bereicherte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der ihm (danach) ausgezahlten Beträge haben (SZ 58/57 mwN; Rummel aaO Rz 2 zu § 1437; Honsell/Mader aaO Rz 7 zu § 1437).

Im Falle einer Unterhaltsklage nach rechtskräftiger Ehescheidung hat der schuldlos - oder nur minder schuldig - geschiedene Ehegatte gemäß § 66 EheG erst dann einen Unterhaltsanspruch gegen den allein oder überwiegend schuldigen Ehegatten, wenn (soweit) seine Einkünfte aus Vermögen oder die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit, die von ihm den Umständen nach erwartet werden kann, nicht zur Deckung des nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalts ausreichen. Jede gegen diese grundsätzlichen Unterhaltsvoraussetzungen verstoßende (allenfalls auf entsprechender Belehrung beruhende) Auffassung eines schuldlos geschiedenen Ehegatten ist für sich gesehen als vorwerfbare Fehleinschätzung des Unterhaltsanspruchs anzusehen. Selbst wenn daher - im vorliegenden Fall - die Beklagte (als Klägerin des Unterhaltsprozesses) noch bei Einleitung des Unterhaltsprozesses der (von ihrem Rechtsvertreter, aber auch vom Erstrichter dieses Verfahrens genährten) Überzeugung gewesen sein sollte, sie müsse in ihrem Alter (Jahrgang 1946) und auf Grund ihrer Familiensituation (Obsorge für die drei damals 17, 15 und 13 Jahre alten ehelichen Töchter und langjährige Nichtausübung des erlernten Berufs als MTA) nicht mehr in ihren oder einen vergleichbaren Beruf "zurückkehren", sondern könne sich auf Unterhaltsleistungen des Klägers "verlassen", so mussten bei ihr (und ihrem Rechtsvertreter) spätestens nach dem konkreten und durch vielfache Beweisanbote belegten Bestreitungsvorbringen des Klägers (dort Beklagten) in der mündlichen Streitverhandlung vom 12. 5. 1992, (mit dem die später im Prozess erfolgreiche Rechtsauffassung des Klägers, die Beklagte sei in ihrem Mangelberuf als MTA stets vermittelbar und damit selbsterhaltungsfähig im Sinn des § 66 EheG gewesen, bekannt wurde) ähnliche Zweifel an der Berechtigung ihres Unterhaltsanspruchs aufkommen wie etwa nach der Rechtsprechung spätestens mit der Zustellung einer Oppositionsklage oder einer Unterhaltsherabsetzungsklage. Dieser - aktenkundige - Umstand führt daher in Anwendung der dargelegten Rechtsprechungsgrundsätze zu dem Ergebnis, dass der Empfang und Verbrauch des vom Kläger auf Grund der einstweiligen Verfügung geleisteten einstweiligen Unterhalts ab Juni 1992 nicht mehr als gutgläubig beurteilt werden kann. Der Kläger hat sich im Verfahren erster Instanz nicht etwa auf einen Ersatz (auch) dieser Unterhaltsleistungen aus dem Grunde des § 394 EO, sondern bloß wegen Schadenersatzes auf Grund schuldhafter rechtswidriger Weigerung der Beklagten, eine entsprechend ertragreiche Arbeit aufzunehmen, gestützt. Ob nach § 394 EO auch gutgläubig verbrauchter Unterhalt zurückgefordert werden kann, ist hier deshalb nicht zu entscheiden.

Der Kläger kann daher den der Beklagten für die Zeit von Juni 1992 bis Juni 1997 (61 Monate) geleisteten Unterhalt in der Höhe von 671.000 S, den die Beklagte nach dem Gesagten nicht gutgläubig verbraucht hat, gemäß § 1431 ABGB zurückfordern. Darüber hinaus hat er gegen die Beklagte, die bei der Kondiktion der von ihr zu Unrecht empfangenen Geldleistungen unabhängig vom Zeitpunkt des Eintritts des Verzuges zur Verzinsung des Kapitals verpflichtet ist (SZ 60/6; JBl 1992, 199; SZ 70/69; JBl 1998, 312 [verst. Senat]), Anspruch auf gesetzliche Zinsen. Dieser beträgt monatlich 36,66 S (4 % von 11.000 = 440:12) und besteht bis zur Tilgung der Schuld der Beklagten, die mit der durch die Klage erfolgten Aufrechnung anzunehmen ist, daher bis einschließlich November 1997. Dies bedeutet, dass der im Juni 1992 empfangene Unterhaltsbetrag (11.000 S) für insgesamt 66 Monate, der im Juli 1992 empfangene für insgesamt 65 Monate usf und zuletzt der im Juni 1997 empfangene für 6 Monate zu verzinsen ist. Das ergibt für alle Monate einen Zinsennanspruch von 80.505,36 S (36,66 S x [66 + 6] x [61:2]). Insgesamt konnte der Kläger daher mit 751.505,36 S (671.000 S Kapital + 80.505,36 S Zinsen) aufrechnen. Bei dieser Zinsenberechnung wurde im Sinne des § 273 ZPO von einem regelmäßigen monatlichen Empfang der Unterhaltsbeträge ausgegangen. Auf die Verjährung eines Teiles der Zinsenforderung konnte gemäß § 1501 ABGB nicht Bedacht genommen werden, weil sie nicht eingewendet wurde (vgl RZ 1988/58), wobei dies auch bei einer aufrechnungsweise geltend gemachten Forderung notwendig gewesen wäre (Mader in Schwimann2 Rz 1 zu § 1501). Die betriebene Forderung ist demnach durch die Aufrechnung im Umfang von 751.505,36 S erloschen.

Der Revision ist daher teilweise stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 1, für die Kosten der Rechtsmittelverfahren überdies auf § 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger mit rund 93 % seines Begehrens durchgedrungen ist, schuldet ihm die Beklagte 86 % seiner zutreffend verzeichneten Kosten für Verdienst und Umsatzsteuer sowie 93 % der richtig verzeichneten Barauslagen.

Rechtssätze
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