JudikaturJustiz3Ob154/01w

3Ob154/01w – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. November 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Elisabeth G*****, und 2. Christine G*****, vertreten durch Dr. Johannes Klezl-Norberg, Rechtsanwalt in Hinterbrühl, gegen die beklagten Parteien 1. Antoinette T*****, vertreten durch Schuppich, Sporn und Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, und 2. Ing. Anton U***** , vertreten durch Dr. Josef Lachmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen je S 1,052.419,06 sA, über die außerordentlichen Revisionen der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. April 2001, GZ 17 R 38/01k-36, womit infolge Berufungen der klagenden Parteien und der zweitbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 16. November 2000, GZ 5 Cg 12/00x-29, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei wird zurückgewiesen.

Der außerordentlichen Revision der erstbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 25.175,70 (darin enthalten S 4.195,95 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Vater der beiden Klägerinnen und Stiefvater der beiden Beklagten starb am 20. 2. 1990. Aufgrund seines Testaments vom 5. 7. 1988 wurde sein Nachlass zu je einem Viertel den beiden Klägerinnen und den beiden Beklagten eingeantwortet. In dem von einem Rechtsanwalt errichteten Testament findet sich folgender Passus:

"Zu meinem, meinen Erben mit der Belästung (richtig: Belastung) des Fruchtgenußrechtes hinterlassenen Vermögens sind nicht meine Vermögenseinlagen bei Personengesellschaften oder Einzelfirmen zu zählen. Diese erhalten als Vermächtnis meine Töchter [die Klägerinnen]."

Der Erblasser war bis zum 31. 12. 1988 Arbeitsgesellschafter einer Kommanditgesellschaft. An deren Vermögen war er zu keinem Zeitpunkt beteiligt. Er hatte bei dieser KG eine gut verzinstes Privatkonto, das als Konto septo im Rahmen des Firmenkontos der Kommanditgesellschaft bei einer Bank geführt wurde. Auf dieses Konto flossen jedenfalls Pensionszahlungen einer GmbH an den Erblasser. Im Zeitpunkt seines Todes betrug das Guthaben auf dem Privatkonto S 4,209.676,23. Weder zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch zum Zeitpunkt seines Todes war er an dieser Kommanditgesellschaft oder an anderen Firmen beteiligt bzw hatte bei anderen Firmen Guthaben irgendwelcher Art. Die Formulierung des Passus betreffend das Vermächtnis an die Klägerinnen stammte vom Erblasser selbst und wurde über dessen Wunsch ohne jede Veränderung in das sonst von einem Rechtsanwalt formulierte Testament aufgenommen. Eine diesbezügliche Rechtsberatung durch den Rechtsanwalt erfolgte nicht. Der vom Erblasser gewählte Begriff der "Vermögenseinlage" wurde von diesem nicht im Sinne der gesetzlichen Definition einer Vermögenseinlage gebraucht, sondern es ist darunter das Guthaben auf seinem Privatkonto bei der Kommanditgesellschaft zu verstehen. Nach dem Willen des Erblassers sollte also das Guthaben aus jenem Konto septo als Vermächtnis nur seinen leiblichen Töchtern, also den Klägerinnen, zukommen.

Nach seinem Tode wurde den Klägerinnen zwar in richtiger Auslegung des Testamentspassus betreffend das Vermächtnis, jedoch rechtsirrtümlich (die Klägerinnen waren nur berechtigt, ihr Vermächtnis gegenüber den Erben, also den Beklagten, geltend zu machen) das Guthaben auf dem Privatkonto des Erblassers je zur Hälfte auf ihre eigenen Privatkonten bei der Kommanditgesellschaft gutgeschrieben. Gegen diese Vorgangsweise erhoben die Beklagten Einwände. Sie begehrten ihrerseits von der Gesellschaft die ihnen nach der Erbteilungsquote zustehende Auszahlung von jeweils einem Viertel des Guthabens.

Mit Notariatsakt vom 2. 7. 1993 trat die Erstbeklagte die ihr als Miterbin nach dem Erblasser zustehende Forderung gegen die Kommanditgesellschaft im Betrag von mindestens S 1,042.419 an ihren Sohn Alexander S***** gegen einen Kaufpreis von S 200.000 ab. Dieser klagte daraufhin die Gesellschaft auf Zahlung von S 1.052.419,06 sA und erhielt diesen Betrag schlussendlich zugesprochen. In diesem Verfahren waren die Klägerinnen als Nebenintervenientinnen auf Seiten der Gesellschaft beteiligt und wussten daher von der Abtretung zumindest seit dem Jahr 1996, also weit vor Einbringung der gegenständlichen Klage.

Aufgrund der Entscheidung im genannten Prozess wurden mit Wissen und Zustimmung der Klägerinnen ihre Privatkonten bei der Gesellschaft mit Rückzahlungen von je S 639.104,01 und S 178.787,18 an Alexander S***** bzw dessen Rechtsvertreter und von je S 701.028,03 an den Zweitbeklagten zu Handen dessen Rechtsvertreters zwischen April und Juni 1998 belastet.

Im Zuge des genannten Verfahrens unterfertigten die Klägerinnen auf Anraten ihres Rechtsanwaltes eine Abtretungserklärung ihrer Vermächtnisforderungen an die Kommanditgesellschaft, wobei dieser Erklärung kein Rechtstitel zugrunde lag. Am 10. 8. 1998 erfolgte wiederum ohne Rechtstitel die Unterfertigung von Rückabtretungserklärungen der Gesellschaft an die Klägerinnen, jeweils betreffend Forderungen in Höhe von je S 526.209,54. Mit ihrer Klage begehrten die Klägerinnen von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von jeweils 1,052.490,06 samt 4 % Zinsen seit dem auf den Todestag des Erblassers folgenden Tag.

Sie brachten dazu im Wesentlichen vor:

Der Begriff "Vermögenseinlagen" im Testament könne nicht anders ausgelegt werden, als dass damit die Geldeinlage des Verstorbenen bei der Kommanditgesellschaft gemeint gewesen sei. Es sei der erklärte Wille des Erblassers gewesen, jene Vermögenswerte, die aus der Familie seiner Frau Stephanie stammen, ausschließlich seinen leiblichen Kindern, also ihnen, und nicht auch seinen Stiefkindern, den Beklagten, zukommen zu lassen. Mangels anderer gesellschaftlicher Beteiligungen an Personenhandelsgesellschaften oder Einzelunternehmen könne der Erblasser nur die Geldeinlage bei der Kommanditgesellschaft gemeint haben.

Mit Rücksicht auf den völlig unzweifelhaften Willen des Erblassers habe die Kommanditgesellschaft nach dessen Ableben und nach Einantwortung des Nachlasses die gleichzeitige Auszahlung der Geldeinlage mit je S 2,104.838,12 an sie als diejenigen vorgenommen, die hierauf materiell Anspruch hätten.

Im Hinblick auf das Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes 7 Ob 313/97y im Verfahrens des Sohns der Erstbeklagten gegen die Kommanditgesellschaft sei diese ihrer Judikatschuld nachgekommen. Weiters sei sie auch einem inhaltsgleichen Anspruch des Zweitbeklagten zur Gänze nachgekommen. Die Kommanditgesellschaft habe also als Schuldner der vermächtnisgegenständlichen Forderung diese mit je einem Viertel an alle Streitteile als testamentarische Erben bezahlt. Unter anderem darauf gestützt habe der Klagevertreter die Beklagten schriftlich aufgefordert, ihren anteiligen Legatsforderungen im Betrag von je S 1,052.419,06 nachzukommen. Die Vermächtnisforderungen seien gemäß § 685 ABGB seit 21. Februar 1991 fällig.

Am 7. 8. 1998 sei eine Rückabtretung der Kommanditgesellschaft an sie (Klägerinnen) erfolgt. Die Rückzahlung sei zur Gänze am 19. 4. 1998 an die Kommanditgesellschaft erfolgt. Die Beklagten hätten im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens je ein Viertel der Geldeinlage als ihren Erbteil beansprucht und auch erhalten. Die Verrechnungskonten der Klägerinnen seien nach der Entscheidung im Vorprozess mit je einem Viertel der vermächtnisgegenständlichen Geldeinlage samt Zinsen und Verfahrenskosten belastet worden. Sie hätten diese Beträge zur Gänze an die Kommanditgesellschaft retourniert.

Die Beklagten beantragten jeweils die Abweisung des Klagebegehrens.

Sie brachten übereinstimmend im Wesentlichen vor wie folgt:

Die Klägerinnen seien nicht aktiv legitimiert, weil sie mit einer angeblich am 3. 10. 1995 mündlich geschlossenen Abtretungsvereinbarung ihre ihnen vermeintlich gegen sie (Beklagte) zustehende Forderung in Höhe von je S 726.209,54 sA an die Kommanditgesellschaft abgetreten hätten. Der Erblasser habe zum Zeitpunkt des Todes keine Vermögenseinlage im handelsrechtlichen Sinn an dieser Gesellschaft gehabt, wohl aber ein Guthaben im Betrag von S 4,209.676,23. Selbst wenn den Klägerinnen die Vermächtnisforderungen zugestanden wären, wären diese bereits im Frühjahr 1992 von der Kommanditgesellschaft bezahlt worden. Der Erblasser sei noch vor seinem Tode aus zwei anderen Gesellschaften als persönlich haftender Gesellschafter ausgeschieden. Er sei auch an keinerlei Einzelfirmen beteiligt gewesen. Der Auszahlung an die Klägerinnen sei angeblich eine Konsultation des Rechtsanwaltes, der das Testament errichtet hatte, durch die Klägerinnen vorausgegangen, der deren Auslegung bestätigt haben solle. Für Vermächtnisse gelte nur Quotenhaftung nach § 649 ABGB. Eine Fälligkeit der Forderung könne frühestens mit Klagszustellung eintreten.

Die Klägerinnen hätten an die Kommanditgesellschaft keine Rückzahlungen geleistet, weshalb ihnen ein Betrag von je S 2,104.838,12 endgültig zugekommen sei. Es mangle ihnen daher am Interesse an der Klage. Die nochmalige Befriedigung eines allfälligen Anspruchs aus einem Vorausvermächtnis würde zu einer unzulässigen Bereicherung führen. Die Kommanditgesellschaft habe keine rechtliche Möglichkeit, von den Klägerinnen den bezahlten Betrag zurückzufordern, weil die Zahlung nicht rechtsirrig, sondern in voller Kenntnis der Rechtslage sowie aufgrund des Naheverhältnisses zwischen den Klägerinnen und der Gesellschaft erfolgt sei. Die Pensionszahlungen an den Erblasser stammten unzweifelhaft nicht von der Gesellschaft und nicht vom Vermögen seiner ersten Frau. Schließlich bestritten die Beklagten auch noch die Höhe der geltend gemachten Forderungen.

Wenn überhaupt, stünde den Klägerinnen nur ein Anspruch auf Abtretung der Forderung gegen die Kommanditgesellschaft zu. Die Erstbeklagte sei erstmals mit Schreiben des Klagevertreters vom 29. 4. 1998 aufgefordert worden, zwar nicht zur Abtretung einer Forderung, sondern zur Zahlung des klagsgegenständlichen Betrags. Sie sei jedoch passiv nicht legitimiert, weil sie von der Kommanditgesellschaft keinerlei Geld erhalten habe. Sie habe vielmehr im Zeitpunkt des Aufforderungsschreibens ihre als Erbin zustehende Forderung an ihren Sohn Alexander S***** abgetreten gehabt.

Mit seinem im zweiten Rechtsgang gefällten Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren gegenüber der zweitbeklagten Partei mit einem Betrag von S 526.209,53 je Klägerin samt den begehrten Zinsen statt, wies dagegen das Begehren auf Zahlung je eines Betrages in dieser Höhe gegenüber der erstbeklagten Partei ab. Im Kostenpunkt verurteilte es unter anderem den Zweitbeklagten zum Ersatz der Hälfte der Kosten der Klägerinnen.

Das Erstgericht traf die am Beginn dieser Entscheidung wiedergegebenen Feststellungen.

In rechtlicher Hinsicht ergebe sich aus der Auslegung des Testaments des Erblassers, dass die Klägerinnen in Erfüllung des ihnen gemachten Vermächtnisses einen Anspruch darauf hätten, das Guthaben des Erblassers bei der Kommanditgesellschaft je zur Hälfte zu erhalten. Es ergebe sich somit ein Anspruch von je S 2,104.838,12. Jeweils die Hälfte davon hätten sie bereits aufgrund ihrer Stellung als Miterbinnen erhalten. Da sie die ihnen vorerst zu Unrecht von der Gesellschaft gutgeschriebenen Beträge von je weiters S 1,052.419,06 jeweils zur Hälfte an den Zweitbeklagten und den Sohn der Erstbeklagten zurückerstattet hätten, stünde ihnen grundsätzlich ein Anspruch auf Erfüllung des Vermächtnisses zu. Eine wirksame Zession an die Gesellschaft sei nicht erfolgt, nähme man dies aber an, lägen entsprechende Rückzessionserklärungen vor, denen es aber wie auch den Zessionen an einem Titel mangle.

Es bestehe daher gegen den Zweitbeklagten, dem sein gesamter Erbteil als Miterbe zugeflossen sei, ein Anspruch auf Erfüllung des Vermächtnisses, weshalb er den Klägerinnen jeweils die Hälfte des ihm zugekommenen Guthabens aus dem Konto des Erblassers zu zahlen habe. Die Erstbeklagte habe jedoch gegen die Klagsforderung wirksam eine Zession an ihren Sohn einwenden können. Diese habe genau jene Vermächtnisforderung der Klägerinnen betroffen, die die Beklagten damals gegenüber der Kommanditgesellschaft als Nachlassschuldnerin geltend gemacht hätten. Die Zession habe lange vor Einleitung des vorliegenden Verfahrens stattgefunden. Von der Zession seien die Klägerinnen als Nebenintervenientinnen im Streit zwischen dem Sohn der Erstbeklagten und der Kommanditgesellschaft informiert gewesen. Demnach habe diese zu Recht einwenden können, nicht mehr sie, sondern ihr Sohn sei Schuldner dieser Forderung.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung des Zweitbeklagten teilweise, und zwar hinsichtlich des Zinsenlaufes, der Berufung der Klägerinnen aber in der Hauptsache Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass es insgesamt beide Beklagte zur ungeteilten Hand schuldig erkannte, den Klägerinnen je einen Betrag von S 1,052.419,06 samt 4 % Zinsen seit 20. 2. 1991 zu bezahlen. Das Zinsenmehrbegehren von 4 % vom 21. 2. 1990 bis 19. 2. 1991 wies es ab.

Das Berufungsgericht übernahm die (lediglich vom Zweitbeklagten teilweise bekämpften) Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer einwandfreien Beweiswürdigung. Es billigte die Auslegung des Testaments durch das Erstgericht im Hinblick auf den Wortlaut des Vermächtnisses im Zusammenhang mit der Tatsache, dass der Erblasser über keinerlei sonstige Beteiligungen verfügte, und führte überdies aus:

Die Beklagten hätten wie sämtliche Erben eine unbedingte Erbserklärung abgegeben, weshalb sie gemäß § 820 ABGB zur ungeteilten Hand für die Erfüllung des Vermächtnisses hafteten. Zwar könne aufgrund des Vorliegens eines Forderungsvermächtnisses nach § 664 ABGB grundsätzlich nur die Abtretung der Forderung gegenüber der Kommanditgesellschaft verlangt werden. Da aber diese nach den Feststellungen die Forderungen erfüllt und je zu einem Viertel das Guthaben an alle Erben ausgezahlt habe (vgl dazu 7 Ob 313/97y), sei die Forderung gegenüber der Kommanditgesellschaft erloschen, weshalb die Klage auf Zahlung des Geldbetrages berechtigt sei (vgl Welser in Rummel3 Rz 1 ff; NZ 1997, 365 = 10 Ob 2335/96x). Beim Vermächtnis eines Geldbetrages aus einem Guthaben des Erblassers stünden Verzugszinsen ab dem Tag der Fälligkeit, also nach § 685 zweiter Halbsatz ABGB ab einem Jahr nach dem Tod des Erblassers (NZ 1997, 365 mwN), zu. Daher sei das Ersturteil gegenüber der Erstbeklagten im Sinn einer Klagsstattgebung abzuändern, Zinsen seien aber erst ab einem Jahr nach dem Todestag des Erblassers zuzusprechen. Der Zweitbeklagte übersehe bei seiner Argumentation, die Klägerinnen hätten keinen Anspruch gegen die Beklagten, wenn ihnen ohnedies die Zahlungen schon durch die Kommanditgesellschaft zugeflossen wären, dass für den Fall einer Zession auch eine Rückzession erfolgt sei. Wie schon dargelegt, liege ein Forderungsvermächtnis vor, das durch die Überweisung durch die Kommanditgesellschaft an alle Erben zunächst erfüllt worden sei. Es bleibe also den Klägerinnen nur noch die Klage auf Bezahlung durch die Beklagten (NZ 1997, 365). Die Berufung des Zweitbeklagten sei daher nur teilweise hinsichtlich des Zinsenlaufs, wie dargelegt, berechtigt.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil einerseits die Auslegung des Vermächtnisses im Einzelfall zu erfolgen gehabt habe, im Übrigen das Berufungsgericht zur Frage des korrekten Klagebegehrens der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (NZ 1997, 365 mwN) gefolgt sei. Dieses Urteil bekämpfen beide Beklagten mit außerordentlicher Revision, mit der sie jeweils die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dahin begehren, dass die Klage zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise stellen sie jeweils Aufhebungsanträge.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Zweitbeklagten ist nicht zulässig, die der Erstbeklagten dagegen zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Zur außerordentlichen Revision des Zweitbeklagten:

Der der Sache nach geltend gemachte Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO liegt - ungeachtet der lapidaren Kürze der Rechtsausführungen der zweiten Instanz zur Berufung des Zweitbeklagten - nicht vor, kann doch weder von einer Scheinbegründung noch Unüberprüfbarkeit die Rede sein (vgl dazu Kodek in Rechberger, ZPO2 § 477 Rz 12 mN). Auch in materiellrechtlicher Hinsicht zeigt der Zweitbeklagte keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf. Den Rechtsausführungen liegt offenbar die Vermengung zweier Schuldverhältnisse zugrunde, und zwar einerseits des Forderungsrechts der Klägerinnen gegenüber den Beklagten als Miterben aus dem Rechtstitel des Vermächtnisses einerseits und der in den Nachlass fallenden Forderung (zunächst aller Miterben) aus der Einlage an die Kommanditgesellschaft andererseits. Es wurde keineswegs festgestellt, dass die Klägerinnen "als Vermächtnisnehmerinnen" von der Kommanditgesellschaft bereits voll befriedigt worden wären und sich (freiwillig) der ihnen zugegangenen Gelder wieder entledigt hätten. Da ein gültiges Vermächtnis an die Klägerinnen vom Zweitbeklagten nach wie vor bestritten wird und demnach die zur Erfüllung des Vermächtnisses nach § 664 ABGB grundsätzlich erforderliche Abtretung der gegenüber der Kommanditgesellschaft bestehenden Forderung an die Vermächtnisnehmerinnen nicht erfolgt ist - dass ein bloßes Damnationslegat vorliegt, wird vom Zweitbeklagten nicht bestritten - , waren die Klägerinnen als Miterbinnen jedenfalls nicht berechtigt, eine über ihren Viertelanteil als Erbinnen hinausgehenden Teil der Einlage von der Kommanditgesellschaft zu verlangen. Somit erfolgte die seinerzeitige Gutschrift an die Klägerinnen, soweit diese über dieses Viertel hinausging, jedenfalls rechtsgrundlos. (Ob die Gutschrift je eines Viertels rechtmäßig war, braucht hier nicht geprüft zu werden.) Dass die Kommanditgesellschaft mit diesen Gutschriften die aufgrund des Vermächtnisses bestehende Schuld (auch) des Zweitbeklagten eingelöst hätte, wurde nicht einmal geltend gemacht. Da es somit an der in der Revision aufgestellten Prämisse fehlt, sind die aufgeworfenen Fragen nicht präjudiziell. Die Revision des Zweitbeklagten war somit zurückzuweisen.

2. Zur außerordentlichen Revision der Erstbeklagten:

Die Sachlage unterscheidet sich im Hinblick auf die Erstbeklagte grundlegend von jener, die beim Zweitbeklagten gegeben ist. Während zu Lasten der Privatkonten der Klägerinnen bei der Kommanditgesellschaft Zahlungen an den Zweitbeklagten im Ausmaß von jeweils S 701.028,03 im Frühjahr 1998 erfolgten, erhielt die Erstbeklagte persönlich nach den Feststellungen nichts, vielmehr erhielt ihr Sohn als Zessionar Beträge von jeweils über S 800.000 aufgrund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 7 Ob 313/97y (= EFSlg 87.190). Zu Recht macht sie daher geltend, dass ihre Verurteilung zur Zahlung von jeweils S 1,052.419,06 an die Klägerinnen durch Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zumindest nicht gedeckt ist. Insbesondere ist der vorliegende Fall dem der Entscheidung 10 Ob 2335/96x = SZ 69/247 = EFSlg 33/2 = NZ 1997, 365 nur beschränkt vergleichbar.

Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Erstbeklagten, es handle sich bei der Auslegung des Testaments um eine vom Obersten Gerichtshof überprüfbare Rechtsfrage. Die Auslegung einer dem Wortlaut nach feststehenden Urkunde ist nämlich nur dann eine Frage der rechtlichen Beurteilung und damit auch vor dem Obersten Gerichtshof bekämpfbar, wenn sie allein aufgrund des Urkundeninhalts geschieht (SZ 69/247 mwN; NZ 1991, 91; anderer Ansicht Welser in Rummel, ABGB3 §§ 552, 553 Rz 11: die Feststellung des Erblasserwillens sei grundsätzlich Tatfrage, außer die Interpretation stehe in Widerspruch mit den Regeln der Sprache, der Logik, mit allgemeiner Erkenntnisgrundsätzen oder mit gesetzlichen Auslegungsregeln). Wie die Erstbeklagte selbst erkennt, stand dem Erstgericht auch die Aussage des Rechtsanwalts zur Verfügung, der das Testament verfasst hatte, und worauf auch die vom Berufungsgericht übernommene Feststellung des Erstgerichts mitberuht, wonach unter Vermögenseinlage im Testament das Guthaben des Erblasesrs auf seinem Privatkonto bei der Kommanditgesellschaft zu verstehen sei. Es ist daher nicht erforderlich, auf die gerade die wesentlichen Passagen der Zeugenaussagen unterschlagenden Ausführungen in der Revision zu diesem Punkt einzugehen.

Berechtigt ist dagegen der gegen das Berufungsurteil erhobene Einwand, dieses habe die Feststellungen des Erstgerichtes unrichtig in der Weise wiedergegeben, dass die Kommanditgesellschaft die Forderungen erfüllt und zu je einem Viertel das Guthaben an alle Erben ausbezahlt habe. Dies widerspricht tatsächlich den vom Erstgericht getroffenen und auch vom Berufungsgericht ausdrücklich als unbedenklich übernommenen Feststellungen des Erstgerichts, aus denen sich gerade nicht ergibt, dass auch die Erstbeklagte (so wie der Zweitbeklagte) ein Viertel des Guthabens bei der Kommanditgesellschaft von dieser ausbezahlt erhalten hätte. Vielmehr stellte das Erstgericht eine Abtretung dieser Forderung gegen die Kommanditgesellschaft an den Sohn der Erstbeklagten gegen einen Kaufpreis von S 200.000 fest. Demgemäß wurde auch (hinreichend deutlich) die "Rückzahlung" von zweimal über S 800.000 an den Sohn bzw dessen Rechtsvertreter als Ergebnis des der Entscheidung 7 Ob 313/97y zugrunde liegenden Verfahrens festgestellt. In diesem Sinn ist demnach die im Berufungsurteil enthaltene Unrichtigkeit dadurch zu bereinigen, dass nunmehr die tatsächlichen Feststellungen einer rechtlichen Beurteilung unterzogen werden (siehe Kodek in Rechberger, ZPO2 § 503 Rz 4).

Auch das Berufungsgericht ging in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Forderungsvermächtnis nach § 664 ABGB davon aus, dass dieses lediglich den Beschwerten zur Abtretung der vermachten Forderung verpflichtet und den Klägerinnen daher einen schuldrechtlichen Anspruch auf die Übertragung der Forderung gibt, vor der Zession aber kein Recht gegen den debitor cessus (EvBl 1970/190; SZ 69/247; 7 Ob 313/97y).

Mit der vorliegenden Klage begehren nun die Klägerinnen von der Erstbeklagten nicht die Abtretung eines Teils der aus dem "Guthaben" bei der Kommanditgesellschaft entspringenden Forderung. Eine solche Klage hätte wohl auch daran scheitern müssen, dass die Kommanditgesellschaft, wie feststeht, bereits vor Klagseinbringung den Guthabensbetrag bezahlte, allerdings gerade nicht an die Erstbeklagte, sondern an ihrer Stelle an den Zessionar der ihr zustehenden Teilforderung. Nach den Feststellungen ist somit die in die Verlassenschaft fallende Forderung gegen die Kommanditgesellschaft durch Erfüllung untergegangen. Der Entscheidung SZ 69/247 lag ein Fall zugrunde, in dem das Vermächtnis eines Sparbuchs zu beurteilen war und die Alleinerbin lange vor Einbringung der Klage die Forderung aus dem Sparbuchvertrag bereits "eingehoben" hatte. Der Oberste Gerichtshof vertrat dazu die Auffassung, dass es dem Erblasser damals offenbar mehr auf den Betrag als auf dessen rechtliche Herkunft angekommen sei. Nach all dem beanstandete der damals erkennende Senat das Begehren auf Bezahlung des Geldbetrages nicht.

Im Gegensatz dazu spielt allerdings im Testament des Erblassers im vorliegenden Fall eine Geldsumme keine Rolle. Vor allem aber hat die Erstbeklagte als Miterbin die Forderung gegen die KG nicht "realisiert". Ihr gegenüber wurde sie nicht erfüllt. Die Voraussetzungen, unter denen in der Entscheidung SZ 69/247 gleichsam die Umwandlung des Forderungsvermächtnisses in ein Geldvermächtnis angenommen wurde, liegen hier also nicht vor.

Zu prüfen bleibt daher, ob die Realisierung des auf die Erstbeklagte entfallenden Teils des Guthabens bei der Kommanditgesellschaft durch (entgeltliche) Zession ihre Verurteilung zur Geldleistung rechtfertigen kann.

Für ihre in der ihnen freigestellten Revisionsbeantwortung geäußerte Rechtsansicht, nach Erfüllung der Forderung der beklagten Miterben gegen die Kommanditgesellschaft verbleibe den Klägerinnen "nur mehr ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagten", können sich die Klägerinnen nur auf die bereits wiederholt zitierte Entscheidung SZ 69/247 berufen, gehen aber nicht weiter auf das Problem ein, dass im vorliegenden Fall die Erstbeklagte eben aus ihrer geerbten Forderung keine Zahlung des Drittschuldners erhalten hat. Die weiteren Ausführungen, dass in Wahrheit die Zession auch einen Schuldnerwechsel, was das Legat betrifft, umfasst hätte, der mangels ihrer Zustimmung unwirksam sei, entbehren jeglicher Grundlage in den Tatsachenfeststellungen. Derartiges wurde auch niemals vorgebracht. Auf die weiteren Ausführungen zum Schuldnerwechsel ist somit nicht weiter einzugehen.

Unzutreffend ist auch die Formulierung im Ersturteil, wonach die Erstbeklagte zu Recht gegen die Klagsforderung einwenden könne, nicht mehr sie, sondern ihr Sohn sei aufgrund der Zession Schuldner dieser Forderung. Dieser ist vielmehr Zessionar der in den Nachlass fallenden Forderung gegen die Kommanditgesellschaft. Dass durch diese Forderung die Verpflichtung der Erstbeklagten als Miterbin auf ihn übergegangen wäre, findet in den Feststellungen keinerlei Grundlage. Die Legatsklage ist jedoch nach Einantwortung gegen den (die) Erben zu richten (stRsp; N bei Welser in Rummel3 § 647 Rz 13). Beim Legat einer Forderung ist der dadurch Belastete grundsätzlich zur Abtretung der Forderung (so wie der Schuldner eines Sachlegats zur Herausgabe) verpflichtet.

Das ist beim Vermächtnis einer Geldforderung schon deswegen sinnvoll, weil ja bei einem solchen die Gleichsetzung etwa mit dem Legat einer Geldsumme (§ 658 Satz 2 ABGB) jedenfalls bei ausreichendem Nachlass, dem Erben das Risiko der Richtigkeit und Einbringlichkeit der vermachten Forderung aufbürden würde. Er müsste dann den Nennwert der Forderung dem Legatar zahlen und könnte selbst unter Umständen bei der Eintreibung zur Gänze scheitern.

Anders liegt der Fall aber, wenn die vermachte Geldforderung bereits vom Schuldner erfüllt wurde und sich das Einbringlichkeitsrisiko somit nicht verwirklicht hat. In diesem Fall enspricht es nicht nur dem Willen des Erblassers, sondern auch der Billigkeit, dem Vermächtnisnehmer anstelle des nicht mehr erfüllbaren Anspruchs auf Abtretung (iSd § 664 ABGB) einen Geldanspruch gegen den Erben zuzugestehen; dies jedenfalls dann, wenn ihm (wie dem Zweitbeklagten) der Geldbetrag, mit dem die Schuld erfüllt wurde, zugekommen ist. Aber auch dann, wenn der Erbe zwar keine Zahlung erhalten, aber über die Forderung verfügt hat, ist die Rechtslage nicht anders zu beurteilen. Es würde nicht nur dem Willen des Erblassers widersprechen, sondern auch den Wertungen des Vermächtnisrechts, könnte sich der durch ein Forderungslegat belastete Erbe durch Zession der Forderung seiner Verpflichtung entledigen. Da überdies auch für den auf die Erstbeklagte entfallende Quote die Werthaltigkeit der Forderung feststeht, erlangte doch der Zessionar die volle Zahlung, ist im Ergebnis das Berufungsurteil gegenüber der Erstbeklagten zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.