JudikaturJustiz3Ob111/08g

3Ob111/08g – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. September 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** reg. Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Jürgen Amann ua Rechtsanwälte in Rankweil, wider die beklagte Partei Erna S*****, vertreten durch Dr. Thomas M. Rhomberg, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 145.000 EUR sA (Revisionsinteresse 143.823,94 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 2. April 2008, GZ 4 R 7/08y 40, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 18. Oktober 2007, GZ 9 Cg 274/05m 33, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben und die Entscheidung der Vorinstanzen dahin abgeändert, dass sie unter Einschluss der in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung insgesamt wie folgt zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 40.626,57 EUR samt 10,5 % Zinsen p.a. seit 22. September 2005 und den mit 606,20 EUR bestimmten Anteil der Pauschalgebühr zu Handen des Klagevertreters binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei den mit 4.810,66 EUR (darin 801,78 EUR USt) bestimmten Anteil an den Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Das Mehrbegehren von 104.373,43 EUR samt 10,5 % Zinsen p.a. seit 22. September 2005 wird abgewiesen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei den mit 999,29 EUR (darin 154,21 EUR USt) bestimmten Anteil für die Berufung sowie 1.390,80 EUR (darin 231,80 EUR USt) für die Berufungsbeantwortung sowie den mit 749,90 EUR (darin 124,98 EUR USt) bestimmten Anteil für die Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die nun 66 jährige Beklagte ist mit ihrem Mann 32 Jahre lang verheiratet. Dieser war zunächst gutverdienender Versicherungsvertreter und im Immobiliengeschäft in der Form tätig, dass er fremdfinanziert Wohnungen kaufte, renovierte und vermietete. Von den Mieteinkünften sollten die ua bei der klagenden Bank aufgenommenen Kredite bedient werden. Für einzelne Abstattungskredite haftete auch die Beklagte als Mitschuldnerin. Sie ist bei einer Eigentumswohnung und einem Haus Miteigentümerin. Die Beklagte vertraute in geschäftlichen Dingen ihrem Mann „blind". 1998 war dieser in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten, weil er von seinem Arbeitgeber gekündigt worden und gegen ihn (wegen „Schwarzgeld") ein Strafverfahren anhängig war, das später mit einem Schuldspruch wegen Betrugs endete. Er war der Meinung, dass sowohl das Strafverfahren als auch der von ihm gegen die Versicherung angestrengte Abfindungsprozess günstig ausgehen werden und besprach mit einem Bankangestellten der klagenden Bank die Möglichkeiten eines weiteren Kredits. Er stand jedoch auf einer bankinternen Liste, wonach ihm wegen Kreditunwürdigkeit kein Kredit mehr eingeräumt werden durfte. Um dem Ehegatten der Beklagten die Fortführung der bestehenden Geschäftsverhältnisse (offene Kredite; weitere Geschäftstätigkeit im Immobiliengeschäft) zu ermöglichen, wurde die nun verfahrensgegenständliche Konstruktion (Vertragsabschluss 18. Dezember 1998, Beil ./F1 bis F11) ausgedacht und umgesetzt:

Die Beklagte nimmt als Alleinschuldnerin einen Kredit über 400.000 öS (= 29.069,13 EUR) mit dem Verwendungszweck „Überweisung Hypobank + Kontoabdeckung" und der Rückzahlungsfälligkeit 30. November 2003 auf. Ihr Mann unterfertigt als Bürge und Zahler. Die Beklagte zeichnet einen Blankowechsel, verpfändet ihre Pensionsbezüge (monatlich 700 EUR und 103 EUR Firmenzusatzpension), eröffnet weiters ein Girokonto (Nr. *****) ohne Überziehungsrahmen und erklärt ihr Einverständnis, dass die klagende Bank zwischen den bestehenden nummernmäßig genau bezeichneten Kreditkonten (ihres Mannes bzw ihres Mannes und ihr selbst) jederzeit aufrechnen kann (Beil ./F9). Die Beklagte verpfändet schließlich zur Sicherstellung der Kreditforderungen ihr bücherliches Eigentum.

Nach den getroffenen, im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen Feststellungen ließ der Mann ohne jede Aufklärung die Beklagte sämtliche Urkunden unterschreiben. Diese las die Urkunden im Vertrauen auf ihren Mann nicht durch und hatte keine Ahnung, dass sie nun Kreditschuldnerin und Inhaberin eines Girokontos bei der klagenden Bank geworden war. Über das eröffnete Girokonto waren beide Ehegatten einzelzeichnungsbefugt, eine Bankomatkarte erhielt aber nur der Mann. Sämtliche Verfügungen über das Konto bis zur Fälligstellung und Einklagung stammen vom Mann. Am Tag nach der Vertragsunterzeichnung (29. Dezember 1998) wurde durch Überweisung ein Kreditkonto des Mannes mit 11.825,62 EUR abgedeckt und ein Wohnbauförderungsdarlehen (dazu konnte nicht festgestellt werden, ob für dieses auch die Beklagte haftete) über 11.169,81 EUR bezahlt (auf dem Girokonto verblieben demnach nur mehr rund 6.000 EUR). In der Folge kam es bis zum Jahr 2002 zu umfangreichen Kontobewegungen auf dem Girokonto der Beklagten. Es wurden Abstattungskredite ihres Mannes, aber auch gemeinsame Abstattungskredite bedient. Mit Bankomatkarte wurden Abhebungen für alltägliche und „verschiedenste" Ausgaben der Eheleute getätigt. Zur Einzahlung kamen die Firmenpension der Beklagten, Mieteinnahmen und ein Betrag von 74.802,45 EUR „unbekannter Herkunft". Zum Zeitpunkt der Fälligstellung am 21. September 2006 betrug der Negativsaldo auf dem Girokonto der Beklagten 204.227,92 EUR.

Die klagende Bank klagte einen Teilbetrag von 145.000 EUR, gestützt auf das dargelegte Vertragsverhältnis, ein.

Die Beklagte begründete ihren Antrag auf Klageabweisung, gestützt auf § 25c KSchG, mit der unstrittig unterbliebenen Aufklärung über die der Bank bekannte schlechte finanzielle Situation des Mannes. Eigentlicher Kreditschuldner sei ihr Mann. Die Beklagte habe keinen Vorteil aus der Kreditgewährung gehabt. Die Haftungsübernahme für Geschäftsverbindlichkeiten ihres Mannes sei sittenwidrig. Daneben relevierte die Beklagte das Rücktrittsrecht und das richterliche Mäßigungsrecht nach den §§ 3 und 25d KSchG.

Das Erstgericht verhielt die Beklagte zur Zahlung von 126.314,15 EUR sA und wies das Mehrbegehren ab. Von seinen über den schon wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehenden, auf den S 9 bis 21 getroffenen Feststellungen, auf die im Übrigen verwiesen wird, ist Folgendes hervorzuheben:

Der Ehegatte der Beklagten habe beim Angestellten der klagenden Bank um eine Überbrückungshilfe angesucht und seine Erwartung bekundet, dass er von seinem Arbeitgeber eine „Stockablöse" und eine Abfertigung erhalten werde. Der Kreditvertrag und die damit zusammenhängenden weiteren Urkunden seien dem Ehegatten zur Fertigung durch die Beklagte mitgegeben worden. Zu einem Kontakt von Mitarbeitern der klagenden Partei und der Beklagten sei es nicht gekommen.

Zum Vertragsinhalt und zur Verwendung der Kreditmittel stellte das Erstgericht Folgendes fest:

Der Kreditvertrag sah eine Kreditsumme von 400.000 ATS (29.069,13 EUR) vor, rückzahlbar zu einer Endfälligkeit am 30. November 2003 und zu verzinsen mit 6 % p.a. kontokorrentmäßig, 4,5 % Verzugszinsen und einer Überziehungsprovision von ebenfalls 4,5 %.

Der Ehegatte der Beklagten verpflichtete sich, als Bürge für den Kredit zu haften. Hypothekarisch sichergestellt wurde die Kreditverbindlichkeit durch Verpfändung der Eigentumswohnung der Eheleute in EZ 3654 GB ***** (B LNR 22 und 23) als Haupteinlage und des Hälfteanteils des Ehegatten der Beklagten an der Liegenschaft EZ 268 GB ***** (B LNR 3) als Nebeneinlage. Die Beklagte verpfändete zur weiteren Besicherung des Kredits ihre Firmenpension bei der W***** Versicherungs AG.

Über Verlangen der klagenden Partei gaben die Beklagte und ihr Ehegatte schriftlich eine „Kontoübertragungs- und Aufrechnungserklärung" ab, welche folgende Konten umfasste:

Konto Nr. *****, lautend auf die Beklagte (streitgegenständlich)

Konto Nr. *****, lautend auf beide Eheleute

Konto Nr. *****, *****, ***** und *****, sämtliche lautend auf den Ehegatten der Beklagten.

Die Erklärung hatte folgenden wesentlichen Wortlaut:

„Wir erteilen hiermit unser Einverständnis, dass die R***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, Guthaben und Kreditausnützung mit den vorgeschriebenen Konten, sowie allen künftig von uns zu eröffnenden Konten, jederzeit und ohne gesonderten Auftrag untereinander übertragen und gegenseitig aufrechnen kann.

Ein Widerruf dieser Vereinbarung ist nur mit schriftlicher Zustimmung der erteilten Bank R***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung möglich."

Im Kontoeröffnungsantrag und im Girokontovertrag wurden für das Konto Nr. ***** sowohl die Beklagte als auch deren Ehegatte als Einzelzeichnungsberechtigte eingetragen.

Es wurde eine Bankomatkarte ausgestellt, welche auf den Namen des Ehegatten der Beklagten lautete und von diesem in der Folge mit Einverständnis der Beklagten benützt wurde. Die Beklagte selbst hatte keine Bankomatkarte für das Konto und verfügte selbst keine Kontobewegungen.

Die Mittel vom streitgegenständlichen Kreditkonto wurden wie folgt verwendet:

Am 29. Dezember 1998 wurde mit einer Zahlung von 162.724,15 ATS (11.825,62 EUR) das Kreditkonto des Ehegatten der Beklagten mit der Konto Nr. ***** zur Gänze abgedeckt. Am 30. Dezember 1998 wurde eine Zahlung von 152.973 ATS (11.169.81 EUR) zur Abdeckung eines Wohnbauförderungsdarlehens der Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank mit der Konto Nr. ***** geleistet. Ob Schuldner dieses Wohnbauförderungsdarlehens die Beklagte, deren Ehegatte oder beide waren und für welches Objekt diese Wohnbauförderung bestand, ist nicht offengelegt worden.

In den Jahren 1999 bis 2003 wurden vom streitgegenständlichen Kreditkonto der Beklagten Ratenzahlungen auf andere Kreditkonten geleistet:

Auf den Abstattungskreditvertrag des Ehegatten der Beklagten mit der Konto Nr. ***** 1.591,80 EUR

auf den Abstattungskreditvertrag des Ehegatten der Beklagten mit der Konto Nr. ***** 42.040,68 EUR

auf den Abstattungskreditvertrag der Beklagten und des Ehegatten der Beklagten mit der

Konto Nr. ***** 38.430.39 EUR.

Auf Abhebungen mittels Bankomatkarte, welche vom Ehegatten der Beklagten vorgenommen wurden und alltäglichen Ausgaben der Eheleute dienten, entfielen in den Jahren 1999 bis 2002 33.556,70 EUR.

Mit sonstigen Überweisungen, welche der Ehegatte der Beklagten in den Jahren 1999 und 2000 vornahm, wurden verschiedenste Ausgaben der Eheleute (Betriebskosten, Rundfunkgebühren, Zeitungsabo, Autoreparaturen, Arztkosten, Anwalts- und Gerichtsgebühren, Zahlungen an das Finanzamt, Versicherungsprämien und dergleichen) getätigt. Auf solche Überweisungen entfielen Ausgänge vom Konto von 68.063,24 EUR.

Auf diese Weise ergaben sich insgesamt unter Berücksichtigung von Zinsen, Spesen und Kosten

von 113.143,34 EUR

Ausgänge vom Kreditkonto von 296.835,23 EUR.

Dem standen folgende Zahlungseingänge gegenüber:

Firmenpension der Beklagten 8.872,90 EUR

Gehalt 167,79 EUR

Mieteinnahmen aus der Vermietung

einer Wohnung (nur Dezember 1999 bis Jänner 2001)

10.072,45 EUR

sonstige Einzahlungen in wechselnder Höhe

unbekannter Herkunft 74.802,45 EUR

insgesamt erfolgten Eingänge von 93.915,51 EUR

Die Handhabung des Kreditkontos überließ die Beklagte nahezu zur Gänze ihrem Ehegatten. Dieser verfügte die Überweisungen und nahm, nach Bedarf, Abhebungen mit der Bankomatkarte vor. Lediglich im Falle der Überweisung zur Abdeckung des Wohnbauförderungsdarlehens unterfertigte auch die Beklagte den Überweisungsauftrag. Kontoauszüge waren schalterlagernd vereinbart und wurden jeweils vom Ehegatten der Beklagten abgeholt. Jedes Jahr erfolgte ein Kontoabschluss mit Saldoanerkenntnis, der per Post an die Beklagte geschickt wurde.

Soweit der eingeräumte Kreditrahmen überschritten war, wurde die Beklagte als Kontoinhaberin mit automatisierten monatlichen Mahnschreiben aufgefordert, den entsprechenden Betrag abzudecken. Die Beklagte überließ jedoch auch die eingehende Post im Wesentlichen ihrem Ehegatten und meldete sich persönlich nie bei der klagenden Partei.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt im Wesentlichen dahin, dass die Beklagte im Umfang der auf die Konten des Mannes geleisteten Zahlungen von 11.825,62 EUR, 42.040,68 EUR und 1.591,80 EUR (zusammen 55.485,10 EUR) als Interzedentin für fremde Schulden anzusehen sei, im Übrigen aber nicht (Verwendung der Kreditmittel für Aufwendungen für den ehelichen Haushalt und das tägliche Leben; Rückzahlungen auf Kredite, für die auch sie selbst als Mitschuldnerin haftete). Die Interzession mache 20 % des gesamten Schuldenstandes aus. Die Ausgänge vom verfahrensgegenständlichen Konto der Beklagten beliefen sich auf insgesamt 296.835,23 EUR bzw bereinigt um Zinsen, Spesen und sonstige Kosten auf 284.491,89 EUR. Wenn man diesem Betrag die Interzessionssumme von 55.485,10 EUR gegenüberstelle, ergebe sich, dass die Interzession am gesamten Schuldenstand einen Anteil von rund 20 % ausmache. Ein entsprechender Anteil der Interzession an den Kosten des Kredits sei ebenfalls von dem von der klagenden Partei geltend gemachten Klagebetrag in Abzug zu ziehen. Bei Zinsen und Spesen von 112.080,86 EUR und sonstigen Kosten von 1.062,48 EUR, zusammen 113.143,34 EUR, seien 20 % 22.628,67 EUR. Vom Debetkontostand von 204.427,92 EUR seien der auf die nichtige Interzession entfallende Betrag von 55.485,10 EUR und der damit zusammenhängende Zinsen- und Kostenanteil von 22.628,07 EUR abzuziehen, sodass das Klagebegehren mit 126.314,15 EUR berechtigt sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge und änderte über Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wurde. Es führte in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen Folgendes aus:

Der Beklagten stehe kein Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG zu, weil es vor dem Zustandekommen des Vertrags keine Besprechungen zwischen den Beteiligten gegeben habe. Auf genau diesen Umstand habe die Beklagte ihren Einwand nach § 25c KSchG und die behauptete Sittenwidrigkeit des Kontoeröffnungs- und Kreditvertrags gestützt.

Die Prüfung rechtsgeschäftlicher Haftungserklärungen und von Verträgen (§ 879 Abs 1 ABGB) sei nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorzunehmen. Wenn man berücksichtige, dass der Ehegatte der Beklagten unter Schilderung seiner finanziellen Probleme um Kredit angesucht habe, diesen aber wegen der bankinternen Sperre nicht erlangen habe können, müsse die Beklagte als Kreditnehmerin und Kontoinhaberin des neu zu eröffnenden Girokontos als Interzedentin qualifiziert werden, auch wenn sie formell keine Bürgschaft übernommen oder als Mitschuldnerin oder Mithaftende dem Kreditvertrag und dem Vertrag über die Eröffnung und Führung eines Girokontos beigetreten sei. Irgendeine Aufklärung der Beklagten durch die klagende Partei sei nicht erfolgt. Diese habe sich begnügt, dem Ehegatten die Formulare zur Fertigung durch die Beklagte mitzugeben und „überließ offenbar eine allfällige Aufklärung darüber, was die Beklagte damit für Verbindlichkeiten und Risiken eingeht, ihrem Ehegatten, wobei der Geschäftsleiter der klagenden Partei damit habe rechnen müssen, dass der Ehegatte der Beklagten wegen seines Interesses, zusätzliche Geldmittel zu erhalten, seine Ehegattin nicht entsprechend aufklären und das von ihr zu übernehmende Risiko verharmlosen wird". Allein diese Vorgangsweise sei als grob sittenwidrig zu qualifizieren, insbesondere weil die eingeräumten Kreditmittel zu mehr als der Hälfte offenbar nur zur Abdeckung des weit überzogenen Girokontos des Ehegatten der Beklagten gedient hätten und über das Girokonto der Beklagten ausschließlich deren Ehegatte verfügen habe sollen und dort keine „halbwegs angemessene Überziehungsgrenze" bestehen habe sollen. Da nur dem Ehegatten der Beklagten eine Bankomatkarte ausgefolgt worden sei, sei offenbar von Anfang an geplant gewesen, dass nur dieser über das Girokonto hätte verfügen sollen, die Beklagte aber persönlich und allein verpflichtet werden sollte. Dies sei grob sittenwidrig, zumal die von ihr verpfändete Zusatzrente von 100 EUR monatlich in keiner Relation zu den regelmäßigen Belastungen des Girokontos stünde. Die Sittenwidrigkeit ergebe sich auch aus der vereinbarten Kontoübertragungs- und Aufrechnungsvereinbarung. Damit sei Tür und Tor geöffnet worden, dass der Ehegatte der Beklagten neue Konten eröffne, diese überziehe und dann eine Abdeckung über das Konto der Beklagten erfolge. Die Absprache und Zusammenarbeit mit dem Ehegatten der Beklagten beim Zustandekommen des Vertragsverhältnisses sei grob sittenwidrig und damit rechtswidrig. Die gesamte Vertragsbeziehung sei iSd § 879 Abs 1 ABGB nichtig und unwirksam, sodass es eines Eingehens auf die Voraussetzungen nach §§ 25c, 25d KSchG nicht bedürfe. Dies gelte auch insoweit, als Geldmittel der klagenden Partei auch der Beklagten zu Gute gekommen seien. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass auf dem Konto „Einkünfte der Beklagten" von 93.915,59 EUR gutgebucht worden seien, sodass jene Geldmittel, die allenfalls auch der Beklagten zu Gute gekommen seien, schon längst wieder rückgeführt worden seien.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil die Frage der Sittenwidrigkeit der Vereinbarung von den Umständen des Einzelfalls abhänge.

Mit ihrer Revision beantragt die klagende Partei die Abänderung dahin, dass die Beklagte zur Bezahlung von 143.823,94 EUR sA verurteilt werde, hilfsweise die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils. Hilfsweise werden ferner Aufhebungsanträge gestellt.

Die Beklagte beantragt mit der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der außerordentlichen Revision als unzulässig, hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist zulässig und teilweise berechtigt.

I. Zur Anwendbarkeit des § 25c KSchG:

1. Unter Interzession ist das Eingehen einer Verbindlichkeit im fremden Interesse bzw im nicht ausschließlich eigenen Interesse zu verstehen. Der Begriff ist durch den wirtschaftlichen Zweck gekennzeichnet. Stets muss es sich um eine bestehende, materiell fremde Schuld handeln ( Mader/W. Faber in Schwimann ³, §§ 1342 1346 ABGB Rz 3; Kathrein in KBB², § 25c KSchG Rz 3). Nach § 25c KSchG ist ein Verbraucher Interzedent, wenn er einer Verbindlichkeit als Mitschuldner, Bürge oder Garant beitritt. Nach den Gesetzesmaterialien (ErlRV, 311 BlgNR 20. GP, 25) sollen die Fälle von § 25c KSchG nicht erfasst sein, in denen mehrere Personen im gemeinsamen Interesse eine Verbindlichkeit als „echte Mitschuldner" eingehen. Der Anwendungsbereich des § 25c KSchG soll sich auf solche Mitschuldner beschränken, die einer materiell fremden Verbindlichkeit (Übernahme einer Haftung für Rechnung eines anderen und im fremden Interesse) beitreten. Personen, die gemeinsam und im gemeinsamen Interesse eine Verbindlichkeit als echte Mitschuldner eingehen, sind nicht erfasst. In wessen Interesse die Übernahme einer Verbindlichkeit liegt, ist aus der Sicht des Schuldners zu beurteilen. Kommt die Kreditaufnahme auch dem Mithaftenden zu Gute, liegt keine fremde Verbindlichkeit iSd § 25c KSchG vor (RIS Justiz RS0119014). Nach einigen im Schrifttum kritisierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs schließt schon ein bloßes Eigeninteresse das Vorliegen einer Interzession aus. Die Interzedenteneigenschaft infolge Eigeninteresses wurde in Fällen verneint, in denen die Kreditmittel etwa zur Anschaffung von Möbeln für die Ehewohnung, für Geschenke an gemeinsame Kinder, die auch vom Willen der haftpflichtigen Beklagten getragen wurden (7 Ob 65/04s = ÖBA 2005, 51), oder zur Finanzierung des Hauses dienten, welches die Haftende gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten bewohnen wollte (7 Ob 89/04w). Diese Entscheidungen wurden von P. Bydlinski (in seiner Entscheidungsanmerkung ÖBA 2005, 52) als „extrem gläubigerfreundlich" ua mit dem Argument kritisiert, dass beim richterlichen Mäßigungsrecht des § 25d KSchG nach dessen Abs 2 Z 3 der Nutzen des Interzedenten aus der Leistung des Gläubigers zu berücksichtigen sei, sodass dieses Eigeninteresse nicht der grundsätzlichen Qualifikation als Interzession schaden könne (ebenso Kathrein aaO). Ungeachtet dieser Kritik hat der 5. Senat die Rechtsprechung des 7. Senats aber fortgesetzt (5 Ob 33/05x = ÖBA 2005, 910 [P. Bydlinski 209]). Eine „schuldnerfreundliche" Lösung wurde hingegen mit der Entscheidung 10 Ob 34/06g = ÖBA 2007, 157 erzielt. Dort hatte eine Frau einen Privatkredit in der erkennbaren Absicht aufgenommen, keine materiell eigene Schuld eingehen, sondern einen Kredit zu Gunsten des Unternehmens ihres Ehegatten aufzunehmen zu wollen. Der Oberste Gerichtshof führte aus, das Eingehen einer „eigenen" Verbindlichkeit falle nicht unter den Wortlaut des § 25c KSchG, dass aber dann, wenn jemand sich erkennbar nur als Interzedent zur Verfügung stellen wolle, sich schon aus den Grundsätzen der Erklärungs- und Vertragsauslegung ergeben könne, dass nur eine Interzession zu Stande komme. Auch wenn im zu beurteilenden Sonderfall der Schuldner (der Ehegatte, dem beigetreten werden könnte) nicht (formell) existiere, könne § 25c KSchG analog angewendet werden, wenn der Bank die Interzessionsabsicht bekannt gewesen sei.

2. Der vorliegende, hier zu beurteilende Sachverhalt ist ebenfalls ein „Sonderfall", bei dem die Beklagte Hauptschuldnerin aufgrund eines Kredit- und Girovertrags wurde, der Ehemann der Verbindlichkeit als Bürge beitrat, und die Gesamtkonstruktion nur deshalb gewählt wurde, weil der Mann von der Bank als kreditunwürdig eingestuft worden war.

3. Ohne Widerspruch sowohl zur referierten Rechtsprechung als auch zur daran geäußerten Kritik ist § 25c KSchG auf die nach den getroffenen Feststellungen tatsächlich nur im Interesse des Mannes (zur Abdeckung der Debetsalden auf seinen Konten) verwendeten Kreditmittel im Ausmaß von zusammen 55.485,10 EUR anwendbar:

Diese Schulden wurden entsprechend dem im Kreditvertrag (Beil /.F1) über 400.000 ATS angeführten Verwendungszweck „Kontoabdeckung" für die klagende Bank klar erkennbar (und von ihr ganz offensichtlich beabsichtigt) zur Bedienung von Krediten des Mannes verwendet. Die gewählte Vertragskonstruktion hatte ihren Grund ausschließlich im Umstand der mangelnden Bonität des Mannes. Die Bank durfte aufgrund des geringen Einkommens der Beklagten ohne direkte Kontaktaufnahme redlicherweise höchstens von einem Interzessionswillen der Beklagten, nicht aber von einem Verpflichtungswillen als Hauptschuldner zur Begleichung der fremden Schulden ausgehen. Nicht ganz zu Unrecht, aber von den Feststellungen nicht zur Gänze gedeckt, ging das Berufungsgericht von einer Umgehungsabsicht der Bank und des Ehemanns aus und bejahte wegen der besonderen Verhältnisse bei der Vertragsanbahnung sogar die Sittenwidrigkeit iSd § 879 ABGB (darauf wird noch einzugehen sein). Es rechtfertigen die besonderen Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Vertragsauslegung, dass die Parteien in Ansehung der abzudeckenden Schulden des Mannes von einer bloßen Interzession der Beklagten ausgehen wollten, im Übrigen aber von einer Kreditgewährung an die Beklagte zur Verwendung der Kreditmittel zu beliebigen Zwecken, wobei eine Begrenzung des Kreditrahmens nicht vereinbart wurde.

4. Die klagende Bank hat die Beklagte unter Verletzung ihrer in § 25c KSchG normierten Warnpflicht nicht über die Unfähigkeit des Mannes zur Erfüllung der Kreditrückzahlungsverpflichtung aufgeklärt. Zur Erfüllung dieser Warnpflicht hätte es eines direkten Kontakts oder aber einer Aufklärung der Beklagten durch ihren Ehemann bedurft, dessen sich die klagende Partei bei der Anbahnung der Geschäftsverbindung bediente. Die Warnpflicht der Gläubigerin bestand unabhängig vom Wissensstand der Beklagten über die finanziellen Verhältnisse ihres Mannes (RIS Justiz RS0113880). Die klagende Partei war hier selbst um die Einschaltung der Beklagten als Kreditnehmerin bemüht, was schon belegt, dass sie die Einbringlichkeit der Kreditrückzahlung durch den Mann als nicht gesichert ansah (RIS Justiz RS0113882). Schon deshalb hätte sie die Beklagte aufklären und warnen müssen.

5. In Ansehung der bezahlten Schulden des Mannes ist ausgehend von den getroffenen Tatsachenfeststellungen die Revision nicht berechtigt. Gegen die vom Erstgericht gemäß § 273 ZPO vorgenommene Einschätzung des auf diese Schulden entfallenden Anteils an Zinsen, Spesen und Kosten (20 %) bestehen keine Bedenken. Die Revision führt zu diesem Thema auch nichts aus. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die Haftung der Beklagten für die Teilbeträge von 55.485,10 EUR und 22.628,67 EUR aus dem Grund des § 25c KSchG zu verneinen ist.

6. Dies gilt auch für die Hälfte der Rückzahlung von 38.430,39 EUR auf den Abstattungskredit beider Ehegatten; Kto Nr. *****

a) Zu diesem Thema ist auf den Zurückweisungsbeschluss 7 Ob 89/04w und die dazu geäußerte Kritik P. Bydlinskis zurückzukommen. Dort hatten Lebensgefährten als Mitschuldner einen Kredit aufgenommen, der für das Haus des Mannes verwendet wurde. Der 7. Senat billigte die Ansicht des Berufungsgerichts, dass kein Interzessionsfall vorliege, weil unter den Begriff des Beitritts zu einer fremden Verbindlichkeit nicht „echte Mitschuldner" fielen, die im gemeinsamen Interesse eine Verbindlichkeit eingehen. Die Kreditgewährung sei auch im Interesse der Frau erfolgt, die in dem Haus mit ihrem Lebensgefährten, den sie heiraten habe wollen, zu leben beabsichtigte. Die Richtigkeit dieser Rechtsansicht ist zu hinterfragen:

Das Schrifttum äußerte - wie schon ausgeführt - Kritik daran, dass schon das bloße wirtschaftliche Interesse des Interzedenten ausreiche, § 25c KSchG nicht anzuwenden, weil sonst der Hinweis in dem das richterliche Mäßigungsrecht regelnden § 25d KSchG auf den „Nutzen des Interzedenten aus der Leistung des Gläubigers" unverständlich wäre. Auf dieses auch nach Ansicht des erkennenden Senats logische Argument ist der Oberste Gerichtshof trotz Kenntnis der Kritik (vgl die Zitierung P. Bydlinskis in 5 Ob 33/05x) bislang nicht eingegangen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem in der Entscheidung 7 Ob 89/04w dadurch, dass hier mit der Kreditaufnahme eine schon bestehende Schuld beider Ehegatten abgedeckt wurde, während dort die Kreditmittel offenbar für Investitionen in das Haus aufgenommen wurden, also eine fremde Verbindlichkeit noch nicht vorlag. Davon könnte natürlich auch im hier zu beurteilenden Fall ausgegangen werden, wenn man nur auf die Begründung der Verbindlichkeiten mit der kombinierten Kreditaufnahme über 400.000 ATS und der Eröffnung eines Girokontos mit Überziehungsmöglichkeit abstellte und den vereinbarten Verwendungszweck „Kontoabdeckung" außer Betracht ließe. Damit wäre aber der vom Gesetzgeber angestrebte Schutzzweck des § 25c KSchG schwer in Einklang zu bringen, weil es für die eine Verbindlichkeit eingehende einkommensschwache Ehegattin keinen Unterschied macht, ob die Übernahme der Verpflichtung in der im Gesetz angeführten typischen Form eines Schuldbeitritts als Mitschuldner, Bürge oder Garant oder aber in einer diesen Formen wirtschaftlich gleichwertigen Form geschieht. Der Begriff der Interzession wird - wie schon ausgeführt - durch den wirtschaftlichen Zweck gekennzeichnet. Entscheidend kann nur sein, dass eine fremde Schuld zusätzlich besichert wird, was mit der hier zu beurteilenden Vertragskonstruktion zweifellos geschah. Dass es nicht nur auf die drei im Gesetz angeführten Besicherungsformen ankommen kann, wurde in der schon zitierten Entscheidung 10 Ob 34/06g zutreffend ausgesprochen, in der sogar nur die den Kredit allein aufnehmende Schuldnerin als Vertragspartnerin des Gläubigers existierte und kein anderer Hauptschuldner oder Mitschuldner, dem beigetreten hätte werden können.

b) Im vorliegenden Fall kann auch nicht die Ansicht vertreten werden, es läge keine fremde Schuld des Mannes vor, weil für die Rückzahlung des Abstattungskredits auch die Frau als Mitschuldnerin haftete, sodass die Rückzahlung (hier das Eingehen von neuen Verbindlichkeiten zur Zurückzahlung) nur die Bezahlung eigener Schulden bedeutete. Gewiss wurde mit einer Zahlung der Frau ihre eigene Schuld getilgt, gleichzeitig aber auch die (gemeinsame) Schuld des Mannes, sodass auch die Tilgung einer materiell fremden Schuld erfolgte (vgl den von P. Bydlinski [aaO 53] referierten Fall der Kreditaufnahme eines Hälfteeigentümers zur Haussanierung, bei dem im Regelfall zumindest für das Hälfteeigentum des Kreditnehmers eine materiell fremde Schuld des Mithaftenden vorliege). Mangels entsprechenden Parteivorbringens ist beim mitschuldnerischen Abstattungskredit für das Innenverhältnis der Parteien, also für den Regressfall nach § 896 ABGB, von einer Belastung nach Kopfteilen, also je zur Hälfte, auszugehen.

c) Daraus folgt, dass von der Haftungsfreiheit der Beklagten zusätzlich zu den im P I. 5. angeführten Beträgen auch noch die Hälfte des zurückgezahlten Abstattungskredits (ds 19.215,20 EUR) samt anteiliger Zinsen, Spesen und Kosten erfasst ist. Dies führt zu folgender Neuberechnung im Sinn der zu billigenden Berechnungsmethode des Erstgerichts:

Konto Nr. ***** (162.724,15 ATS) 11.825,62 EUR

Abstattungskredit, Konto Nr. ***** 42.040,68 EUR

Abstattungskredit, Konto Nr. ***** 1.591,80 EUR

Hälfte des Abstattungskredits,

Konto Nr. ***** 19.215,20 EUR

zusammen 74.673,30 EUR

Gegenüber der erstinstanzlichen Berechnung beträgt der Anteil der Interzession am gesamten um Zinsen und Kosten bereinigten Schuldenstand von 284.491,89 EUR 26,25 %. Bei diesem Prozentsatz beträgt der ebenfalls von der Haftungsfreiheit erfasste Anteil an Zinsen, Spesen und Kosten 29.700,13 EUR. Die Haftungsfreiheit der Beklagten aus dem Grund des § 25c KSchG ist daher im Umfang von 104.373,43 EUR gegeben.

7. Keine Haftungsfreiheit besteht hingegen in Ansehung der Abdeckung des Wohnbauförderungsdarlehens einer Hypothekenbank (11.169,81 EUR):

Das Erstgericht konnte dazu nicht feststellen, ob Schuldner des Wohnbauförderungsdarlehens die Beklagte, ihr Ehegatte oder beide waren. An diese Negativfeststellung ist der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, gebunden. Der Interzedent muss nicht nur behaupten und nachweisen, dass der Gläubiger die schlechte Wirtschaftslage des Hauptschuldners kannte oder kennen musste (RIS Justiz RS0120350) und dass er seiner Warnpflicht nicht nachkam, er muss - geradezu selbstverständlich - auch behaupten, dass überhaupt ein Interzessionsfall, also ein Beitritt zu einer fremden Schuld, vorlag und dies auch nachweisen. Die Beklagte, die sich auf die Haftungsfreiheit nach § 25c KSchG beruft, hat die für sie günstigen Tatbestandsvoraussetzungen nachzuweisen. Dies ist ihr im Fall der Rückzahlung des Wohnbauförderungsdarlehens nicht gelungen, weil die Möglichkeit offen bleibt, dass dieses Darlehen nur eine eigene Schuld der Beklagten war, die im Wege der strittigen Vertragsgestaltung durch Umschuldung beglichen wurde.

II. Für den übrigen Umfang des eingeklagten Debetsaldos des Girokontos der Beklagten ist § 25c KSchG unanwendbar und die vom Berufungsgericht bejahte Nichtigkeit der Vertragsbeziehung iSd § 879 Abs 1 ABGB zu verneinen:

1. Es wurde schon dargelegt, dass die Bejahung einer Interzession in Ansehung der nicht für Schulden des Mannes verwendeten Kreditmittel schon an der Begriffsdefinition scheitert, die eine schon bestehende fremde Schuld eines Hauptschuldners oder Mitschuldners voraussetzt. Selbst wenn man bei der Vertragsauslegung den Mann als Mitschuldner behandelte (arg: Einzelzeichnungsberechtigung; Bankomatkarte), setzte eine Interzession jedenfalls auch den Willen der Verwendung der Kreditmittel im fremden Interesse und die tatsächliche Verwendung in diesem Sinne voraus (7 Ob 65/04s). Nach der schon zitierten RV sind die Fälle, in denen mehrere Personen gemeinsam und im gemeinsamen Interesse eine Verbindlichkeit eingehen, als „echte" Mitschuldner von § 25c KSchG nicht erfasst.

2. Zu prüfen ist eine Vertragskonstruktion, mit der der Beklagten ein Girokonto mit Überziehungsmöglichkeit eingeräumt und kein Verwendungszweck vereinbart wurde:

Die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts kann sich nicht nur aus seinem Inhalt, sondern auch aus dem Gesamtcharakter der Vereinbarung im Sinne einer zusammenfassenden Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck ergeben, weshalb es insbesondere auch auf alle Umstände ankommt, unter denen das Rechtsgeschäft geschlossen wurde (RIS Justiz RS0022884).

Die Anwendung des § 879 ABGB erfordert eine auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bezogene Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände, die der Gläubigerbank auch bekannt sein mussten, oder diese doch hätte erkennen müssen (6 Ob 200/99a = ÖBA 2000, 619 [ Graf ]).

Bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob sich eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen ergibt (3 Ob 600/82), das dem Rechtsgefühl der Gemeinschaft oder den natürlichen Rechtsgrundsätzen widerspricht (zu allem auch Bollenberger in KBB², § 879 ABGB Rz 5 mwN).

3. Das Berufungsgericht führt für seinen Standpunkt im Wesentlichen nur die Umstände bei der Anbahnung des Vertragsverhältnisses ins Treffen und unterstellt der klagenden Bank neben der unstrittig unterbliebenen Aufklärung und Warnung über die finanziellen Verhältnisse des Ehegatten, dass der Geschäftsleiter der Bank damit habe rechnen müssen, der Ehegatte werde die Beklagte über seine schlechten finanziellen Verhältnisse nicht aufklären und das von ihr zu übernehmende Risiko verharmlosen und dass auch nach dem Willen der klagenden Bank nur der Ehegatte über das Girokonto verfügen sollte. Ein erhebliches Risiko für die Beklagte erblickte das Berufungsgericht insbesondere in der Möglichkeit der Kontoüberziehung durch den Ehegatten. Die klagende Partei habe das Vertrauen der Beklagten in ihren Ehemann sowie ihre Unerfahrenheit ausgenützt.

4. Dieser Begründung ist Folgendes entgegenzuhalten:

a) Dass die Kreditgeberin die Beklagte im Bewusstsein, diese werde durch ihren Ehegatten nicht aufgeklärt, unter Ausnützung ihrer Unerfahrenheit überrumpeln habe wollen, wurde so nicht festgestellt und stellt eine bloße Vermutung des Berufungsgerichts dar. Gegen eine Überrumpelungsabsicht spricht aber schon der Erfahrungssatz, dass sich eine Person, die einen Vertrag unterschreiben soll, im Allgemeinen über den Vertragsinhalt wohl informiert, fällt ihr doch grundsätzlich die eigene Unkenntnis zur Last, wenn sie ohne Durchlesen die Urkunden fertigt. Der Inhalt der Urkunden wird dann wirksamer Vertragsinhalt (RIS Justiz RS0017267) und kann nur angefochten werden, wenn die Voraussetzungen für eine Irrtumsanfechtung vorliegen (RIS Justiz RS0014753).

b) Ein verwerflicher Beweggrund (Motiv) oder ein verwerflicher Vertragszweck liegt nicht vor:

Die Heranziehung einer einkommensschwachen Ehegattin im Wege einer Umschuldung zur Abdeckung von Verbindlichkeiten des Mannes könnte zwar durchaus als sittenwidrig angesehen werden, für diesen Teilbereich der Gesamtkonstruktion steht der Frau aber ohnehin der Schutz des § 25c KSchG zur Verfügung. Die Einräumung einer Mitzeichnungsberechtigung auf dem Girokonto für den Mann ist noch nicht per se sittenwidrig, sondern ein im Geschäftsleben üblicher Vorgang unter Eheleuten. Zu Recht verweist die Revisionswerberin auf den Umstand, dass die Einräumung von Kredit über das Girokonto auch Konsumzwecken dienen konnte und sollte, wie dies in erheblichem Maße auch tatsächlich geschah, also zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards beider Eheleute bis zur der vom Ehegatten erhofften Verbesserung seiner finanziellen Verhältnisse. Es wurde nicht festgestellt, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine solche Verbesserung völlig unrealistisch, also nicht zu erwarten gewesen wäre.

c) Auch die Inhaltskontrolle ergibt kein sittenwidriges Element:

Die Eröffnung eines Girokontos mit freier Überziehungsmöglichkeit und freier Verwendbarkeit der Kreditmittel ist nicht schon deshalb sittenwidrig, weil kein Überziehungsrahmen vereinbart wurde. Es fällt in die Sphäre der Beklagten, ob und wie sie über den eingeräumten Kredit verfügt. Die Verwendung von Kreditmitteln für eigene Bedürfnisse begründet noch kein Missverhältnis zwischen den beiderseitigen Interessen. Das überschaubare Risiko der Rückzahlungsverpflichtung im Ausmaß der Kreditausnützung hat eine eigenberechtigte Kreditnehmerin grundsätzlich selbst zu beurteilen, andernfalls der Bank geradezu Pflichten eines Sachwalters aufgedrängt würden. Die fehlende Aufklärung der Beklagten durch die Bank ist bei der Beurteilung nach § 25c KSchG und bei einer hier nicht zu prüfenden Irrtumsanfechtung maßgeblich, bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit aber nur in der Hinsicht, ob Leichtsinn oder Unerfahrenheit der Beklagten vorlag und dies von der klagenden Partei ausgenützt wurde. Ein solcher Sachverhalt wurde aber nicht festgestellt. Im Rahmen der Sittenwidrigkeitskontrolle ist grundsätzlich davon auszugehen, dass es dem Bankkunden obliegt, seine eigene Leistungsfähigkeit zur Zurückzahlung einzuschätzen, wenn er sein Girokonto überzieht. Es fiel gleichfalls in die Sphäre der Beklagten, wenn sie ihrem Ehemann, so wie in den Jahrzehnten zuvor, auch beim vorliegenden Geschäftsfall vertraute.

d) Die Sittenwidrigkeit der strittigen Vertragskonstruktion könnte allenfalls dann bejaht werden, wenn die damit beabsichtigte und herbeigeführte Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards in voraussehbarer Weise zu einer existenziellen Gefährdung der Kreditnehmerin hätte führen müssen. Dies steht aber keineswegs fest. Zutreffend verweist die Revisionswerberin darauf, dass die Beklagte nicht nur über eine Pension von 800 EUR monatlich, sondern auch über Liegenschaftsvermögen verfügte. Wenn die Beklagte dies in ihrer Revisionsbeantwortung negiert und auf die Fremdfinanzierung ihres Wohnungseigentums (gemeint wohl die Wertlosigkeit wegen Überbelastung) sowie auf fehlende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verweist, ist ihr die unzulässige Neuerung ihres Vorbringens entgegenzuhalten. Im maßgeblichen Verfahren erster Instanz hat sie ihren Einwand der Sittenwidrigkeit nur mit der Haftungsübernahme für Geschäftsverbindlichkeiten des Mannes begründet. Bei einem derart kursorischen Vorbringen muss der Einwand der Sittenwidrigkeit sogar schon an der Verletzung der prozessualen Behauptungslast scheitern.

Aus den dargelegten Gründen ist das strittige Vertragsverhältnis entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht iSd § 879 Abs 1 ABGB nichtig.

III. Im Revisionsverfahren unstrittig geblieben ist die Höhe des Debetsaldos von 204.427,92 EUR, dessen Fälligkeit per 22. September 2005 sowie die Höhe der vertraglichen Verzugszinsen. Ein abschließend erledigter Streitpunkt ist ferner die vom Berufungsgericht verneinte Rücktrittsmöglichkeit der Beklagten gemäß § 3 KSchG. Aus den dargelegten Gründen besteht Haftungsfreiheit der Beklagten nach § 25c KSchG im Ausmaß von 104.373,43 EUR. Auch wenn daher der Rückzahlungsanspruch der klagenden Partei im Umfang von 100.054,49 EUR berechtigt ist, kann dem Klagebegehren in diesem Umfang nicht stattgegeben werden, weil nur ein Teilbetrag von 145.000 EUR unter dem Vorbehalt einer späteren Klageausdehnung eingeklagt wurde. In einem solchen Fall ist der eingeklagte Teilbetrag als Gesamtanspruch zu behandeln und um den für berechtigt erkannten Haftungsfreibetrag zu kürzen (vgl zur Kürzung eines eingeklagten Teilschadens um die Mitverschuldensquote: RIS Justiz RS0027184; zuletzt 2 Ob 232/06s). Daraus folgt, dass dem Klagebegehren nur im Umfang von 40.626,57 EUR sA stattzugeben ist.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43 und 50 Abs 1 ZPO:

Die klagende Partei obsiegte im Verfahren erster Instanz und im Revisionsverfahren nur mit 28 % ihres Begehrens, die Beklagte hingegen mit 72 %. Die Beklagte hat daher Anspruch auf Ersatz von 44 % ihrer Vertretungskosten, muss aber der klagenden Partei 28 % der Pauschalgebühr erster Instanz ersetzen. Im Revisionsverfahren wurde keine Pauschalgebühr verzeichnet. Für die Kosten im Berufungsverfahren ist die Kostenberechnung jeweils auf der Basis des Berufungsinteresses durchzuführen. Dies führt dazu, dass die klagende Partei der Beklagten 36 % der Kosten ihrer Berufung (126.314,15 EUR Bemessungsgrundlage) sowie die Kosten der Berufungsbeantwortung auf der Basis des Berufungsinteresses von 17.509,79 EUR zu ersetzen hat.

Rechtssätze
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