JudikaturJustiz2Ob2292/96i

2Ob2292/96i – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. März 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Reinhard O*****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, die beklagte Partei Univ. Prof. Dipl. Ing. Dr. Günther H*****, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen Zustimmung zur Einverleibung eines Eigentumsrechtes (Streitwert S 301.332.-), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 14. Mai 1996, GZ 5 R 38/96i-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 6. November 1995, GZ 20 Cg 165/95i-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 14.490.- (darin S 2.415.- USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 25.10.1990 verstarb Mag. Renate H*****, die Gattin des Beklagten, ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung, sodaß der Beklagte und die mj. Kinder Susanne und Alexander H***** je zu einem Drittel erbberechtigt waren; diese gaben im genannten Umfang jeweils auch bedingte Erbserklärungen ab. Zum Nachlaß gehörte auch ein Viertelanteil an der Liegenschaft EZ ***** KG G*****, der mit einem Vorkaufsrecht zugunsten des Klägers, Karin W***** und Dr. Andrea O***** belastet war. Im Zuge des Verlasenschaftsverfahrens schlossen der Beklagte und die mj. Kinder Susanne und Alexander H*****, vertreten durch den Widerstreitsachwalter Dr. Horst P*****, am 10. 4. 1991 ein Erbübereinkommen, wonach der Beklagte das gesamte Nachlaßvermögen, das einschließlich des mit S 452.000.- bewerteten Liegenschaftsanteiles einen Reinnachlaß von S 1,033.961,65 umfaßte, mit Ausnahme des gesamten Schmuckes in sein Eigentum übernahm und sich verpflichtete, beiden Kindern je S 337.000.- bar zu zahlen; den Schmuck übernahmen die Kinder je zur Hälfte. Zweck dieser Vereinbarung war, daß Erhaltungspflicht und Verwaltungsaufwand hinsichtlich des Liegenschaftsanteiles ebensowenig wie allenfalls mit der Liegenschaft verbundene Rechtstreitigkeiten die Kinder treffen sollte. Dieses Erbübereinkommen wurde abhandlungs- und pflegschaftsbehördlich genehmigt. Mit Beschluß vom 25.4.1991 wurden die Erbserklärungen des Beklagten und der beiden Kinder angenommen; der Nachlaß wurde mit Einantwortungsurkunde vom 25.4.1991 dem Beklagten und den beiden Kindern zu je einem Drittel eingeantwortet. In der Folge wurde das Eigentumsrecht des Beklagten an der Liegenschaft EZ ***** KG G***** mit einem Anteil von einem Viertel einverleibt, wobei dieser Anteil mit einem Vorkaufsrecht zugunsten des Klägers, Karin W***** und Dr. Andrea O***** belastet ist; die übrigen Liegenschaftseigentümer sind der Kläger und Dr. Andrea O***** zu je 3/8.

Der Kläger begehrt, den Beklagten zu verpflichten, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes an 2/12 Anteilen an der Liegenschaft EZ ***** KG G***** Zug um Zug gegen Zahlung von S 301.332.- zuzustimmen. Er bringt vor, daß der Beklagte aufgrund des mit den anderen Miterben abgeschlossenen Erbübereinkommens deren 2/12 Anteile an der Liegenschaft im Zuge des Abhandlungsverfahrens käuflich erworben habe; es liege ein Kauf bzw. eine "andere Veräußerungsart" iS des § 1078 ABGB vor, die den Vorkaufsfall ausgelöst habe. Es stehe dem Kläger als einem von drei Vorkaufsberechtigten auch allein zu, die der Verteidigung eines gemeinsamen Rechtes dienenden Ansprüche geltend zu machen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Mangels abweichender Vereinbarung verwirkliche hier nur der Kauf den Vorkaufsfall. Nicht einmal ein Erbschaftskauf löse das Vorkaufsrecht aus, umso weniger ein Erbübereinkommen, dem nur Wirkungen im Innenverhältnis der Vertragspartner zukämen. Auch habe der Beklagte erst mit der nachfolgenden Einantwortung Eigentum erworben.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000.- übersteige; die ordentliche Revision sei mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob durch ein Erbübereinkommen der Vorkaufsfall ausgelöst werde, zulässig. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbübereinkommens seien die Miterben des Beklagten noch nicht Eigentümer jener Liegenschaftsanteile gewesen, die in die Verlassenschaft gefallen seien; der Beklagte habe diese Liegenschaftsanteile daher im Erbrechtswege, somit einer "anderen Veräußerungsart" iS des § 1078 ABGB, erworben.

Die Revision des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ist eine Sache mit einem Vorkaufsrecht iS des § 1072 ABGB belastet, bildet nur der Abschluß eines Kaufvertrages den Vorkaufsfall; die Ausdehnung des Vorkaufsrechts auf "andere Veräußerungsarten" iS des § 1078 ABGB bedarf hingegen stets einer besonderen Vereinbarung (Aicher in Rummel, ABGB**2 Rz 1 zu § 1078). Mangels Vorliegens einer solchen Vereinbarung sind die Vorinstanzen daher zutreffend davon ausgegangen, daß der Erfolg des Klagebegehrens davon abhängt, ob der Liegenschaftserwerb eines Miterben nach einem im Verlassenschaftsverfahren geschlossenen Erbteilungsüber- einkommen einem Kaufvertrag gleichzuhalten ist oder zu den "anderen Veräußerungsarten" des § 1078 ABGB zählt. Nach Lehre und Rechtsprechung fallen unter diese Bestimmung alle Geschäfte, die das endgültige Ausscheiden einer Sache aus dem Vermögen des einen und ihre Übertragung auf einen anderen bezwecken oder bewirken (Aicher aaO Rz 8 zu § 1078; Faistenberger, Das Vorkaufsrecht 109), und zwar auch Vertragstypen, bei denen sich aus dem Vertragsinhalt ergibt, daß die typischen Vertragszwecke aus der Sicht des Verpflichteten im besonderen Maße an der Person des Partners oder an der von ihm zu erbringenden individuellen Gegenleistung orientiert sind, wie Tausch, Schenkung oder Sacheinlage in eine Gesellschaft (Aicher aaO Rz 2 zu § 1078 mwN; F. Bydlinski in Klang IV/22, 873 f; Faistenberger aaO 110; SZ 28/54; EvBl 1991/23; GesRZ 1995, 271). "Andere Veräußerungsarten" sind somit solche, denen typischerweise immaterielle, an die Person des Erwerbers gebundene Motive zugrundeliegen oder die typischerweise auf eine nicht substituierbare Gegenleistung gerichtet sind (Bydlinski aaO 873). Der Vorkaufsverpflichtete erhielte in den Vorkaufsfällen des § 1078 durch die Veräußerung an den Vorkaufsberechtigten nicht das, was er durch das beabsichtigte Geschäft erhalten sollte (SZ 28/54). Gerade solches ist auch beim Erwerb auf Grund eines Erbteilungsübereinkommens der Fall.

Mit dem Tod eines Erblassers, der mehrere Erben hinterläßt, entsteht zwischen diesen zunächst bis zur Einantwortung eine sich auf das Erbrecht beziehende schlichte Rechtsgemeinschaft gemäß den §§ 825ff ABGB. Nach der Einantwortung werden die Erben, solange keine Erbteilung stattfindet, Miteigentümer der körperlichen Nachlaßsachen nach dem Verhältnis ihrer Erbteile. Die Gemeinschaft wird durch Erbteilung aufgehoben, die von jedem Miterben vor oder nach der Einantwortung verlangt werden kann, aber erst mit dieser dinglich wirksam wird; sie erfolgt entweder durch Erbteilungsübereinkommen, für welches Vertragsfreiheit herrscht, oder mangels Einigung durch Erbteilungsklage (SZ 63/30; HS 24.391 mwN). Gegenstand der vor Einantwortung vereinbarten Erbteilung ist das gesamte in diesem Zeitpunkt vorhandene Aktivvermögen des ruhenden Nachlasses (NZ 1992, 70), wobei sämtliche Miterben im Erbteilungsübereinkommen ihre Rechtsbeziehungen nach ihren Gutdünken regeln können (EvBl 1994/155).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt wird deutlich, daß der Abschluß eines Erbteilungsübereinkommens weder formal noch inhaltlich einem Kaufvertrag gleichgehalten werden kann:

Handelt es sich beim Kauf als synallagmatischem Vertrag um einen zweipersonalen Veräußerungsvorgang, bei dem eine einzelne Sache einem anderen um eine bestimmte Summe Geldes überlassen wird (§ 1053 ABGB), geht es beim Erbteilungsübereinkommen um die Aufhebung der Rechtsgemeinschaft mehrerer (hier: dreier) Miterben in Ansehung des gesamten Aktivvermögens des Nachlasses, wobei schon auf Grund der Mehrseitigkeit dieses Auseinandersetzungsvertrages keine synallagmatische Verknüpfung der Forderungen der einzelnen Beteiligten aus der Vereinbarung besteht.

Der Beklagte hat daher - entgegen der vom Revisionswerber weiterhin vertretenen Ansicht - nicht einzelne Teile des Nachlasses (hier: Liegenschaftsanteile) von seinen Kindern gegen Geld gekauft, sondern zusammen mit diesen in einer die gesamten Nachlaßaktiven umfassenden Auseinandersetzung die Bedingungen der Aufhebung ihrer mit dem Erbfall entstandenen Erbengemeinschaft festgelegt. Dazu kommt noch, daß bei einer derartigen Vereinbarung für die Beteiligten weder die Personen der Vertragspartner Nebensache, noch deren Leistungen typischerweise substituierbar sind (man denke etwa an Fälle der reinen Realteilung oder der Verteilung der Nachlaßgegenstände unter die einzelnen Miterben, verbunden mit der Pflicht zur Zahlung einer nur die Wertdifferenz umfassenden Ausgleichszahlung). Damit liegt aber ein Geschäft vor, bei dem die durch das Vorkaufsrecht Verpflichteten - hier: die mj. Miterben des Beklagten - vom Vorkaufsberechtigten nicht das erhalten könnten, was sie durch das beabsichtigte Geschäft erhalten sollten (nämlich die Auflösung der Rechtsgemeinschaft infolge Regelung der Rechtszuständigkeit im Hinblick auf die Nachlaßaktiven); die unterschiedliche Interessenlage verbietet die Gleichsetzung dieses Vertragstyps mit einem Kaufvertrag.

Die Vorinstanzen sind deshalb zutreffend davon ausgegangen, daß Abschluß und Verbücherung des Erbteilungsübereinkommens keinen Vorkaufsfall bedeuten. Der Revision konnte damit schon zu diesem Grund kein Erfolg beschieden sein, ohne daß noch zu untersuchen gewesen wäre, ob dem Kläger, der hinsichtlich des Vorkaufsrechtes in Rechtsgemeinschaft steht, der geltend gemachte Anspruch auch allein zusteht (bejahend für den Fall einer Löschungsklage: JBl 1991, 518).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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