JudikaturJustiz2Ob22/14w

2Ob22/14w – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Februar 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr.

Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Dr. Johannes P. Willheim, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei R*****, Tschechische Republik, vertreten durch Dr. Günther J. Horvath und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufhebung eines Schiedsspruchs (Streitinteresse: 408.376.546,89 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. November 2013, GZ 2 R 187/13d 21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der

Revisionsbeantwortung der beklagten Partei wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei ist ein russischer Exporteur von Erdgas und beliefert die in der Tschechischen Republik ansässige beklagte Partei, die das Erdgas importiert und andere Abnehmer beliefert.

Die Streitteile bzw deren Rechtsvorgänger schlossen im Jahr 1998 einen langfristigen (zunächst bis Ende des Jahres 2014 terminisierten, bereits Ende des Jahres 2006 aber bis zum Jahr 2036 verlängerten) Vertrag über die Lieferung von Erdgas, der die Regelung einer jährlichen Mindestabnahmeverpflichtung der beklagten Partei und als integrierenden Bestandteil das Addendum Nr 1 („Abänderung der Liefer- und Annahmeverpflichtungen“) enthält. Artikel 1 dieses Addendums lautet:

Für den Fall, dass [klagende Partei] während der Dauer des Vertrags neue zusätzliche Gaslieferungen in die Tschechische Republik, direkt oder indirekt (über verbundene Unternehmen), an direkte Kunden von [beklagte Partei] oder direkte Kunden von direkten Kunden von [beklagte Partei] bewirkt, ist [beklagte Partei] im Gegenzug durch schriftliche Verständigung von [klagende Partei] berechtigt, die Jahresmenge gemäß Art 2.1.1 des Vertrags für das betreffende Lieferjahr um jene Menge zu reduzieren, die den genannten Verkäufen im betreffenden Lieferjahr entspricht.

Für alle Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis wurde für den Fall, dass Verhandlungen scheitern sollten -die Durchführung eines Schiedsverfahrens entsprechend der Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer (ICC) mit dem Schiedsort Wien vereinbart. Vereinbart wurde weiters, dass Streitfälle nach österreichischem materiellem Recht zu lösen sind.

Die Tschechische Republik ist seit dem Jahr 2004 Mitgliedstaat der Europäischen Union. Zwischen den Parteien ist Streit darüber entstanden, ob die in Art 1 des Addendums Nr 1 vereinbarte „Mengenreduktionsklausel“ gegen Art 101 Abs 1 AEUV verstößt und daher gemäß Art 101 Abs 2 AEUV nichtig ist.

Die beklagte Partei machte in den Jahren 2008, 2009 und 2010 von dem ihr in Art 1 des Addendums Nr 1 eingeräumten Mengenreduzierungsrecht Gebrauch. Das von der klagenden Partei daraufhin eingeleitete Schiedsverfahren hatte aus der Unterschreitung der Mindestabnahme-verpflichtung abgeleitete Zahlungsansprüche in der Gesamthöhe von (umgerechnet) 408.376.546,89 EUR zum Gegenstand.

Mit dem Schiedsspruch vom 4. 10. 2012 wies der Internationale Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer alle Ansprüche der klagenden Partei ab.

Mit der am 9. 1. 2013 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die klagende Partei , den Schiedsspruch vom 4. 10. 2012 aufzuheben. Sie stützte sich auf den Aufhebungsgrund des § 611 Abs 2 Z 8 ZPO und machte geltend, der Schiedsspruch verstoße gegen EU Kartellrecht und damit gegen den österreichischen ordre public. Bei richtiger Anwendung des Art 101 Abs 1 AEUV hätte das Schiedsgericht zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass die Mengenreduktionsklausel als „bezweckte Wettbewerbsbeschränkung“, die auf den relevanten Märkten spürbare Auswirkungen auf den Wettbewerb habe, zu qualifizieren und daher gemäß Art 101 Abs 2 AEUV nichtig sei.

Die beklagte Partei wandte ua ein, die Klage ziele auf eine unzulässige Nachprüfung der Richtigkeit des Schiedsspruchs (révision au fond) ab. Für die Prüfung, ob eine Ordre public Widrigkeit vorliege, sei nur das Ergebnis des Schiedsspruchs relevant, das hier nicht zu beanstanden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es vertrat die Ansicht, dass die Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht jedenfalls vertretbar sei. Ein strengerer Prüfungsmaßstab sei zwecks Vermeidung einer révision au fond bei der Nachprüfung eines Schiedsspruchs nicht anzulegen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Es erörterte rechtlich, nur das Ergebnis des Schiedsspruchs sei für die Ordre public Prüfung maßgeblich, nicht aber dessen Begründung. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs beziehe sich die Nichtigkeitsfolge des (vormaligen) Art 81 Abs 2 EG (nunmehr Art 101 Abs 2 AEUV) nicht automatisch auf die gesamte Vereinbarung, sondern ordne die Nichtigkeit nur für diejenigen Teile einer Vereinbarung an, die entweder selbst unmittelbar vom Verbot des Art 81 Abs 1 EG erfasst seien oder sich von den von Art 81 Abs 1 EG erfassten Teilen nicht sinnvoll abtrennen ließen. Bei der Beurteilung der Trennbarkeit komme es nicht auf die Intentionen der Parteien an. Die Trennbarkeit sei eine Tatfrage, die aufgrund objektiver Betrachtungsweise nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen sei. Bei der Beurteilung der Trennbarkeit seien weiters Bedeutung und Funktion der Nichtigkeitssanktion zu beachten. Leitlinie könne daher nicht der Gedanke der Vertragsgerechtigkeit sein, sondern die Wiederherstellung der Handlungsspielräume der gebundenen Parteien. Darin wäre die beklagte Partei aber „massiv beeinträchtigt“, müsste sie ihrem Konkurrenten langfristig weiterhin erhebliche Mindestmengen abnehmen, obwohl deren Ausmaß gerade von der seinerzeitigen Nichtkonkurrenzierung und ihrer Reduzierbarkeit im Konkurrenzfall beeinflusst gewesen sei.

Das Schiedsgericht habe sich wenn auch in anderem Zusammenhang (nämlich zum Verhältnis der Mengenreduktionsklausel zu einer allseits als nichtig erachteten Mengenerhöhungsklausel) mit der Frage der Trennbarkeit befasst. Dabei habe es ausgeführt, dass die Mengenreduktionsklausel von Vertragsbeginn weg mit der relativ hohen Abnahmeverpflichtung verbunden gewesen und für den Fall entworfen worden sei, dass die klagende Partei in den Markt eintreten und Gas an bisher von der beklagten Partei versorgte Kunden verkaufen sollte. Das Schiedsgericht habe die Klausel als „integrale Komponente der Abnahme- und Zahlungsverpflichtung“ sowie als deren „inhärenten Teil“ qualifiziert. Aus diesen Äußerungen sei seine grundsätzliche Rechtsmeinung im Sinne einer Untrennbarkeit der beiden Vereinbarungen über die Mindestabnahmemenge einerseits und deren Reduzierbarkeit im Konkurrenzfall andererseits klar ersichtlich. Gerade diese Untrennbarkeit führe aber unter der Prämisse der Unwirksamkeit der Mengenreduktionsklausel auch zur Unwirksamkeit der vereinbarten Mindestabnahme-verpflichtung, die dem Zahlungsbegehren als Anspruchsgrundlage diene.

Zusammenfassend erweise sich somit das Ergebnis des Schiedsspruchs, nämlich die Abweisung des auf die Verfehlung der Mindestabnahmemenge gestützten Zahlungsbegehrens, unabhängig von der Rechtsbeständigkeit der Mengenreduktionsklausel jedenfalls als mit dem ordre public vereinbar.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei , die eine iSd § 502 Abs 1 ZPO korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts nicht aufzuzeigen vermag:

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 611 Abs 2 Z 8 ZPO kann eine Klage auf gerichtliche Aufhebung eines Schiedsspruchs gestellt werden, wenn der Schiedsspruch Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (ordre public) widerspricht. In der Entscheidung 3 Ob 115/95 SZ 71/26 (= RIS Justiz RS0109633) hat der Oberste Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass die zu den Grundlagen der Regelungen über den gemeinsamen Markt und zu dessen tragenden Grundsätzen gehörenden unionsrechtlichen Bestimmungen der (nunmehr) Art 101 und 102 AEUV Teil des ordre public der Mitgliedstaaten sind. Klarstellende Ausführungen zur Ordre public Qualität des EU Kartellrechts enthält das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 9. 1. 1999, C 126/97, Eco Swiss/Benetton .

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bietet das Aufhebungsverfahren keine Handhabe für die Prüfung der Frage, ob und wie weit das Schiedsgericht die im Schiedsverfahren aufgeworfenen Tatfragen und Rechtsfragen richtig gelöst hat (9 Ob 27/12d; RIS Justiz RS0045124). Selbst die Prüfung, ob eine Ordre public Widrigkeit vorliegt, darf nicht zu einer (Gesamt )Überprüfung des Schiedsspruchs in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht führen (Unzulässigkeit einer révision au fond; 5 Ob 272/07x mwN). Nur dann, wenn es mit dem Ergebnis des Schiedsspruchs zu einer unerträglichen Verletzung tragender Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung kommt, berechtigt dies zur Anfechtung des Schiedsspruchs nach § 611 Abs 2 Z 8 ZPO (vgl 5 Ob 272/07x mwN; auch 2 Ob 238/13h; RIS Justiz RS0117294). Maßgebend ist dabei das Ergebnis des Schiedsspruchs und nicht seine Begründung (2 Ob 158/00z; RIS Justiz RS0110125, RS0110743).

3. Das von diesen Grundsätzen ausgehende Berufungsgericht ließ zwar ungeprüft, ob die Mengenreduktionsklausel wie dies von der klagenden Partei behauptet wird, vom Schiedsgericht jedoch verneint wurde - gegen EU Kartellrecht verstößt. Es gelangte jedoch zu der Auffassung, dass selbst unter der hypothetischen Annahme eines solchen Verstoßes das Ergebnis des Schiedsspruchs nicht ordre public widrig wäre. Das Berufungsgericht begründete dies mit der Untrennbarkeit der beanstandeten Klausel und der vertraglich vereinbarten jährlichen Mindestabnahmeverpflichtung der beklagten Partei, die bei Nichtigkeit der einen auch zur Nichtigkeit der anderen Vertragsbestimmung, damit aber auch zum Verlust der Anspruchsgrundlage der klagenden Partei führen würde.

4. Die klagende Partei wirft dem Berufungsgericht die Verkennung der Tragweite der unionsrechtlichen Nichtigkeit nach Art 101 Abs 2 AEUV vor und verweist auf Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs:

4.1 Danach lässt sich diese Bestimmung nur von ihrer unionsrechtlichen Zielsetzung her auslegen und ist auf diesen Rahmen zu beschränken. Ohne weiteres nichtig sind nur diejenigen Teile einer Vereinbarung, die unter das Verbot des Art 101 Abs 1 AEUV fallen. Die gesamte Vereinbarung ist es nur dann, wenn sich diese Teile nicht von den anderen Teilen der Vereinbarung (sinnvoll) trennen lassen. Demnach erstreckt sich die Nichtigkeit gemäß Art 101 Abs 2 AEUV auf alle mit Art 101 Abs 1 AEUV unvereinbaren vertraglichen Bestimmungen (vgl EuGH 30. 6. 1966, Rs 56/65 Société Technique Minière [LTM]/Maschinenbau Ulm [MBU] ; EuGH 13. 7. 1966, Rs 56 und 58/64 Grundig/Consten ; EuGH 25. 11. 1971, Rs 22/71 Béguelin/Aktiengesellschaft G. L. Import Export ua ).

4.2 Der Oberste Gerichtshof folgt in ständiger Rechtsprechung dieser unionsrechtlichen Judikatur (RIS Justiz RS0114029). Dabei werden auch Klauseln, welche die Wettbewerbsbeschränkung zwar nicht selbst bezwecken oder bewirken, aber wesentlich zu ihrem Zustandekommen oder ihrer Durchsetzung beitragen, als mit den verbotenen Vereinbarungen in einer Einheit stehend beurteilt (7 Ob 211/99a mwN). Bei der Beurteilung der Trennbarkeit kommt es nicht auf die Intentionen der Parteien an, sie ist vielmehr nach der Funktion der Nichtigkeitssanktion zu beurteilen. Leitlinie ist nicht der Gedanke der Vertragsgerechtigkeit, sondern die Wiederherstellung der wettbewerblichen Handlungsspielräume der gebundenen Parteien (3 Ob 296/99x mwN; 6 Ob 322/00x; 4 Ob 119/09t).

5. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage macht die klagende Partei geltend, das Berufungsgericht habe den Funktionszusammenhang zwischen der zulässigen Vereinbarung einer Mindestabnahme im Zusammenhang mit einer Mindestentgeltzahlungsverpflichtung („Take or-pay Verpflichtung“) und der ihrer Ansicht nach wettbewerbsbeschränkenden Mengenreduktionsklausel nicht geprüft. Nur wenn Erstere die im Vertrag angelegte Funktion gehabt hätte, die Wirkung der Letzteren zu fördern, zu verstärken oder zu deren Durchsetzung beizutragen, läge Untrennbarkeit vor. Tatsächlich diene die unzulässige Klausel aber nur dazu, das wirtschaftliche Risiko der beklagten Partei aus einer allfälligen Konkurrenzierung durch die klagende Partei zu mildern. Die Milderung kommerzieller Risiken seien durch die Verbotsnorm nicht geschützt.

6. Entgegen der Behauptung der klagenden Partei folgte das Berufungsgericht bei der Überprüfung des Schiedsspruchs der oben wiedergegebenen nationalen und europarechtlichen Judikatur, insbesondere der Entscheidung 3 Ob 296/99x, die sich ihrerseits auf die im Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 30. 6. 1966, Rs 56/65 Société Technique Minière (LTM)/Maschinenbau Ulm (MBU) vertretenen Grundsätze stützte. Seine Beurteilung, die Vereinbarung einer Mindestabnahmeverpflichtung stehe mit der Mengenreduktionsklausel in einem untrennbaren Zusammenhang, lässt auch unter den in der Revision aufgezeigten Gesichtspunkten keine Abweichung von dieser Rechtsprechung erkennen: Beide Vertragsbestimmungen bedingen einander, nur aus ihrem Kontext ist der Umfang der Abnahmeverpflichtung der beklagten Partei ableitbar. Insoweit tragen sie bei objektiver Betrachtung wechselseitig zu ihrem Zustandekommen wie zu ihrer Durchsetzung bei. Es begründet daher keine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, wenn es diese beiden Bestimmungen im Lichte der zitierten Rechtsprechung als untrennbare funktionelle Einheit qualifizierte, wie sich den Verweisungen auf die entsprechenden Begründungselemente des Schiedsspruchs unzweifelhaft entnehmen lässt (vgl auch 10 Ob 10/12m, wo ausgesprochen wurde, dass der Entfall einer Alleinbezugspflicht aus kartellrechtlichen Gründen in der Regel auch zur Unwirksamkeit der damit in einem synallagmatischen Zusammenhang stehenden Gegenleistung führt).

7. Die klagende Partei steht auf dem Standpunkt, das die Mengenreduktionsklausel beinhaltende Addendum begründe nach seinem Gesamtinhalt einen absoluten Gebietsschutz für die beklagte Partei. Derartige Vereinbarungen, die auf die Abschottung nationaler Märkte abzielen, zählen zu den Kernbeschränkungen, die Art 101 AEUV auch dann unterliegen, wenn schädliche Marktwirkungen nicht nachweisbar sind (16 Ok 10/09 mwN). Käme der Mengenreduktionsklausel diese ihr von der klagenden Partei zugedachte wettbewerbsbeschränkende Wirkung zu, würde sich die Teilnichtigkeit des Vertrags (Art 101 Abs 2 AEUV) auch auf die mit ihr in untrennbarem Zusammenhang stehende Mindestabnahmeverpflichtung erstrecken. Da damit die Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Zahlungsanspruch wegfiele, bedurfte es auch keiner Prüfung des rechtlichen Schicksals des Restvertrags.

8. Da das Berufungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung und daher auf jedenfalls vertretbare Weise zu der Auffassung gelangte, dass eine Ordre public Widrigkeit des Schiedsspruchs schon wegen der Untrennbarkeit von Abnahmeverpflichtung und Mengenreduktionsklausel zu verneinen ist, fehlt es den in der Revision umfangreich behandelten Fragen, ob der Schiedsspruch gegen EU Kartellrecht verstößt und welcher Prüfungsmaßstab bei einer potentiellen Verletzung von EU Kartellrecht durch einen Schiedsspruch zur Anwendung gelangt, an der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels erforderlichen Präjudizialität (RIS Justiz RS0088931). Die in diesem Zusammenhang angeregte Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens ist daher schon deshalb nicht aufzugreifen.

9. Aber auch soweit die Anregung der klagenden Partei Fragen im Zusammenhang mit der „Ausdehnung der Nichtigkeitssanktion“ des Art 101 Abs 2 AEUV auf eine zulässige Vertragsbestimmung berührt (Revision S 141 f, Fragen 4 und 5), sieht sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlasst, an den Europäischen Gerichtshof heranzutreten. Die klagende Partei geht nämlich von der unzutreffenden Prämisse aus, dass die Nichtigkeit der (hypothetisch) kartellrechtswidrigen Bestimmung (bloß) „das kommerzielle Risiko einer Vertragspartei aus der anderen Vertragsbestimmung erhöht“. Ist aber im Sinne der obigen Ausführungen in vertretbarer Weise von einem einheitlichen Regelungsgegenstand beider Vertragsbestimmungen auszugehen, ist diese Unterstellung verfehlt. Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, inwieweit die klagende Partei durch die Rechtsansicht des Berufungsgerichts an der Durchsetzung ihrer Rechte nach EU Kartellrecht gehindert sein sollte (Frage 5), ist es doch gerade der unstrittige Zweck des Art 101 Abs 2 AEUV, nicht nur gegen das Kartellverbot verstoßende, sondern auch mit diesen untrennbar verbundene Vertragsbestimmungen mit absoluter Nichtigkeit zu sanktionieren.

10. Da es der Lösung einer erheblichen, für die Entscheidung auch präjudiziellen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht bedarf, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Der beklagten Partei steht ein Kostenersatz für die ohne Freistellung durch den Obersten Gerichtshof eingebrachte Revisionsbeantwortung nicht zu (§ 508a Abs 2 Satz 2 ZPO).

Rechtssätze
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