JudikaturJustiz2Ob190/19h

2Ob190/19h – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am ***** 2017, verstorbenen H***** S*****, zuletzt *****, wegen Feststellung des Erbrechts zwischen den Antragstellern 1. M***** A*****, vertreten durch Dr. Heinrich Schmiedt, Rechtsanwalt in Kitzbühel, 2. T***** M*****, 3. C***** F*****, 4. J***** F*****, und 5. E***** L*****, Dritt bis Fünftantragsteller vertreten durch Dr. Walter Hausberger und andere Rechtsanwälte in Wörgl, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Dritt bis Fünftantragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 24. September 2019, GZ 51 R 26/19a 96, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Auslegung einer letztwilligen Verfügung richtet sich nach dem wahren Willen des Erblassers im Zeitpunkt der Verfügung (2 Ob 151/18x; RS0012370 [T3]; RS0012238 [T1, T2, T8]; RS0012342; RS0012598). Sie hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ihr kommt regelmäßig keine erhebliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu (2 Ob 151/18x; vgl RS0043463 [T12]).

Nach den eindeutig der Tatsachenebene zuzuordnenden Ausführungen des Erstgerichts wollte die Erblasserin mit ihrer letztwilligen Verfügung vom 2. 5. 2017, dass die Erstantragstellerin „alles“ erhält, mit Ausnahme der ausdrücklich der erblasserischen Großnichte zugewiesenen Wohnung in Kufstein samt einem Sparbuch. Da der maßgebliche Wille der Erblasserin somit bindend feststeht, kommt es auf die von der Rechtsprechung herausgebildeten Regeln zur Auslegung letztwilliger Verfügungen bei Zweifeln am Willen eines Erblassers und die damit verbundenen Beweislastregeln nicht an (2 Ob 151/18x; RS0012243; RS0012245).

Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, die letztwillige Verfügung beinhalte eine Erbeinsetzung zugunsten der Erstantragstellerin und nicht lediglich die Zuwendung einzelner Vermögensstücke als Vermächtnis, stimmt mit dieser Rechtslage überein.

2. Voraussetzung für die Erbunwürdigkeit nach § 539 ABGB ist das Begehen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist (§ 539 ABGB; vgl 6 Ob 286/07p; vgl RS0012264). Nach den – teilweise disloziert getroffenen – vom Rekursgericht gebilligten Feststellungen des Erstgerichts hat die Erblasserin der Erstantragstellerin die Sparbücher zu Lebzeiten in Schenkungsabsicht übergeben und diese hat die „Schenkung“ angenommen. Aufgrund dessen und wegen einer entsprechenden Auskunft eines Bankinstituts unterblieb die Bekanntgabe dieser Sparbücher anlässlich der Verlassenschaftsabhandlung. Die Beurteilung des Rekursgerichts, aus dem Sachverhalt sei keine strafbare Handlung gegen die Verlassenschaft iSd § 539 zweiter Fall ABGB idF ErbRÄG 2015 abzuleiten, bedarf daher keiner Korrektur. Mit ihrer Argumentation, die Sparbücher seien lediglich zur Verwahrung übergeben worden, gehen die Revisionsrekurswerber nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.