JudikaturJustiz2Ob148/18f

2Ob148/18f – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. September 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** W*****, vertreten durch Summer Schertler Kaufmann Droop Lerch Rechtsanwälte GmbH in Bregenz, gegen die beklagte Partei D***** AG, *****, vertreten durch Dr. Herwig Mayrhofer, Rechtsanwalt in Dornbirn, und die auf Seiten der beklagten Partei beigetretene Nebenintervenientin Stadt *****, vertreten durch Mag. Nadja Luger, Rechtsanwältin in Dornbirn, wegen 5.351 EUR sA und Feststellung (Streitwert 1.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 16. April 2018, GZ 1 R 79/18b 25, mit welchem das Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom 17. Jänner 2018, GZ 18 C 459/17i 17, infolge Berufung beider Parteien teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 551,88 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 91,98 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin verletzte sich am 21. Jänner 2017 gegen 14 Uhr bei einem Sturz auf einem schneebedeckten Gehsteig. Der Gehsteig verläuft im Ortsgebiet auf einem Grundstück der Beklagten entlang einem ihr gehörenden Gebäude. Im Revisionsverfahren ist in erster Linie strittig, ob die Beklagte ihre Räum- und Streuverpflichtung nach § 93 Abs 1 StVO wirksam der – als Nebenintervenientin einschreitenden – Stadtgemeinde übertragen hatte.

Die Beklagte hatte der Nebenintervenientin im Jahr 1994 die „Dienstbarkeit des Gehsteigs“ eingeräumt, wobei im Vertrag festgehalten war, dass „die Neugestaltung (Belags- und Pflästererarbeiten) sowie die bauliche Erhaltung des Dienstbarkeitsweges ebenso wie die Rückversetzung der bestehenden Mauer“ von der Nebenintervenientin auf ihre Kosten wahrgenommen würde. Vor dem Sturz der Klägerin führten Mitarbeiter der Nebenintervenientin „seit Jahren“ – aus Sicht der Nebenintervenientin zur Sauberhaltung der Innenstadt, nicht aufgrund übernommener Pflichten – den Winterdienst durch, indem sie auf den Gehsteigen Split streuten. Ob sie auch Schnee räumten, konnte das Erstgericht nicht feststellen. Im Spätherbst teilte die Nebenintervenientin „seit Jahren“ auf ihrer Website und im Gemeindeblatt unter Hinweis auf die die Eigentümer treffende Verpflichtung nach § 93 StVO Folgendes mit:

„Die fallweise Gehsteigräumung durch den Winterdienst der Stadt [...] erfolgt nur zur Unterstützung der Anrainer, befreit die Grundstückseigentümer aber nicht von ihren Anrainerpflichten.“

Beim Unfall der Klägerin war der Gehsteig nahezu zur Gänze mit einer Schnee- und Eisschicht bedeckt; gestreuter Split war nur teilweise, hauptsächlich in unteren Schichten, vorhanden. Am Tag des Unfalls und in den Tagen zuvor war es bei Temperaturen von maximal - 3° C tagsüber und bis - 12° C nachts sehr kalt; leicht geschneit hatte es zuletzt vier Tage zuvor. Mit Nebel oder Hochnebel und der Gefahr von Reifglätte war zu rechnen. Die Beklagte selbst hatte weder am Unfalltag noch in den Tagen davor gestreut oder geräumt. Die Klägerin trug beim Unfall Winterschuhe. Ob sie ständig auf den Boden schaute, konnte das Erstgericht nicht feststellen.

Die Klägerin begehrt, soweit noch relevant, den Ersatz ihres mit 5.351 EUR bezifferten, im Revisionsverfahren der Höhe nach nicht mehr strittigen Schadens. Die Beklagte hafte als „Wegehalterin“ für das Unterbleiben eines ausreichenden Winterdienstes. Sie habe die diesbezügliche Verpflichtung weder ausdrücklich noch konkludent auf die Nebenintervenientin übertragen; einer konkludenten Übertragung seien jedenfalls gegenteilige Hinweise auf der Website der Nebenintervenientin entgegengestanden. Sie selbst treffe kein Mitverschulden.

Die Beklagte wendet ein, dass der Winterdienst unter die nach dem Dienstbarkeitsvertrag von der Nebenintervenientin übernommene Erhaltung des Gehsteigs falle. Damit sei auch die Verpflichtung nach § 93 Abs 1 StVO auf die Nebenintervenientin übertragen worden. Jedenfalls sei es durch die langjährige Durchführung des Winterdienstes insofern zu einer konkludenten Vereinbarung gekommen. Gegenteilige Mitteilungen auf der Website der Nebenintervenientin habe es erst ab 2008 gegeben. Die Verpflichtung zur Vornahme des Winterdienstes ergebe sich auch aus § 483 ABGB. Zudem sei der Gehsteig ohnehin ausreichend gestreut gewesen; die Klägerin treffe ein Mitverschulden, weil sie nicht vor die Füße geschaut habe und eine Gefährdung durch Wahl einer anderen Gehlinie vermeiden hätte können.

Die Nebenintervenientin bestritt – entgegen dem Vorbringen der Hauptpartei – die Übernahme der Verpflichtung nach § 93 StVO. Jedenfalls treffe die Klägerin ein Mitverschulden.

Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren zu drei Vierteln statt und wies das Mehrbegehren ab. Die Pflicht nach § 93 Abs 1 StVO treffe die Beklagte. Im Dienstbarkeitsvertrag sei nur die bauliche Erhaltung auf die Nebenintervenientin übertragen worden; aus der tatsächlichen Durchführung des Winterdienstes lasse sich angesichts der Hinweise auf der Website und im Gemeindeblatt keine konkludente Vereinbarung ableiten. Der Winterdienst sei wegen der unterbliebenen Schneeräumung und der mangelhaften Streuung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, was auch der Beklagten habe auffallen müssen. Die Klägerin treffe ein Mitverschulden von einem Viertel, weil sie den Gehsteig im Auge behalten und gegebenenfalls auf die eisfreie Straße hätte ausweichen müssen.

Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht verpflichtete die Beklagte zum Ersatz des gesamten Schadens und ließ die Revision zu.

Zwar könne die Verpflichtung nach § 93 StVO rechtsgeschäftlich auf einen anderen übertragen werden, das sei hier aber weder ausdrücklich noch schlüssig erfolgt. Im Dienstbarkeitsvertrag habe sich die Nebenintervenientin nur zur baulichen Erhaltung verpflichtet, eine konkludente Vereinbarung könne schon deshalb nicht vorliegen, weil das Erstgericht unbekämpft eine Negativfeststellung zur Frage getroffen habe, ob die Nebenintervenientin die Gehsteige auch von Schnee geräumt habe. Weiters habe die Nebenintervenientin auf ihrer Website und in den Gemeindenachrichten auf das Weiterbestehen der Anrainerverpflichtung hingewiesen. Dass diese Veröffentlichungen erst ab 2008 erfolgt seien, habe die Beklagte nicht behauptet. Die Beklagte habe keinerlei Maßnahmen iSv § 93 StVO gesetzt (Schneeräumung, bessere Streuung) und hafte daher für den durch die Vereisung verursachten Sturz der Klägerin. Ein Mitverschulden liege nicht vor, weil die Negativfeststellung des Erstgerichts zur ständigen Beobachtung des Gehwegs der insofern beweispflichtigen Beklagten zur Last falle. Zudem habe keine Ausweichmöglichkeit bestanden; die Fahrbahn habe die Klägerin nach § 76 StVO nicht benutzen dürfen.

Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob mit der Vereinbarung einer Dienstbarkeit auch die nach § 93 StVO bestehende Verpflichtung des Liegenschaftseigentümers auf den Dienstbarkeitsberechtigten übergehe.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig , sie ist aber nicht berechtigt .

1. Die Verpflichtung des Liegenschaftseigentümers, dafür zu sorgen, dass die entlang der Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als 3 m vorhandenen Gehsteige von 6 bis 22 Uhr von Schnee und Verunreinigungen gesäubert und bei Schnee und Glatteis gestreut sind, besteht auch dann, wenn der Liegenschaftseigentümer zugleich Eigentümer jener Grundfläche ist, auf der sich der Gehsteig befindet (2 Ob 156/05p ZVR 2008/5 [insofern zust Ch. Huber ]; RIS Justiz RS0121974). Denn maßgebend für die Anrainereigenschaft ist nicht das Eigentum an der dem öffentlichen Verkehr dienenden Fläche (Gehsteig oder Ein-Meter-Streifen), sondern nur das Eigentum an der angrenzenden Liegenschaft (2 Ob 217/08p; RIS-Justiz RS0075596). Es besteht daher kein Zweifel, dass die Beklagte grundsätzlich zur Räumung und Streuung verpflichtet war. Fraglich kann daher nur sein, ob im konkreten Fall eine ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung (unten 2.) oder das dispositive Recht (unten 3.) zu einer Überbindung dieser Verpflichtung auf die Nebenintervenientin führte.

2. Eine rechtsgeschäftliche Übertragung der Räum- und Streupflicht iSv § 93 Abs 5 StVO lag nicht vor.

2.1. Der Eigentümer der anrainenden Liegenschaft kann seine nach § 93 Abs 1 StVO bestehende Verpflichtung nach § 93 Abs 5 StVO durch Vereinbarung einem Dritten übertragen. In diesem Fall haftet der Dritte deliktisch für eine allfällige Vernachlässigung der ihm übertragenen Anrainerpflichten (RIS-Justiz RS0023328).

2.2. Im konkreten Fall liegt jedenfalls keine ausdrückliche Übertragung vor: Der Dienstbarkeitsvertrag enthält lediglich die Verpflichtung der Beklagten, den Gehsteig herzustellen und baulich zu erhalten. Eine Übernahme der nach § 93 StVO gegenüber der Allgemeinheit bestehenden Räum- und Streuverpflichtung lässt sich daraus auch bei weitester Auslegung nicht ableiten. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts zu verweisen, wonach offenkundig rechtskundigen oder zumindest rechtlich beratenen Personen – den Organen eines Kreditinstituts und einer Stadtgemeinde   – nicht unterstellt werden kann, mit der Formulierung „bauliche Erhaltung“ auch die Übernahme der ihnen zweifellos bekannten Räum- und Streuverpflichtung gemeint zu haben. Zu dieser Frage enthält der Vertrag schlicht keine Regelung.

2.3. Die Räum- und Streupflicht kann zwar auch konkludent übernommen werden (2 Ob 46/11w mwN). Das trifft hier aber ebenfalls nicht zu.

(a) Richtig ist, dass eine konkludente Übernahme in einigen Entscheidungen schon dann angenommen wurde, wenn eine Gemeinde regelmäßig den Winterdienst auf Gehsteigen vornahm (vgl etwa 2 Ob 179/71; 8 Ob 581/85; 2 Ob 156/05p; tendenziell anders bei der Räumung einer Straße einschließlich des in § 93 Abs 1 StVO ebenfalls genannten Ein-Meter-Streifens, RIS-Justiz RS0127603). Schon in 1 Ob 126/10a hat der Oberste Gerichtshof allerdings aufgezeigt, dass in diesen Entscheidungen „Vertretungsfragen nicht immer genauer erörtert wurden“. Denn konkludentes Handeln kann bei einer Gemeinde aufgrund § 867 ABGB nur dann angenommen werden, wenn ein vertretungsbefugtes Organ ein entsprechendes Verhalten gesetzt hat (6 Ob 129/10d; 3 Ob 57/15a; 5 Ob 34/15h). Ein solches Vorbringen hat die Beklagte hier nicht erstattet.

(b) Auf diese Frage kommt es aber letztlich nicht an. Denn eine schlüssige Übernahme käme jedenfalls nur dann in Betracht, wenn die Gemeinde tatsächlich über längere Zeit alle Pflichten nach § 93 Abs 1 StVO erfüllt hätte. Denn nur dann hätte die Beklagte darauf vertrauen dürfen, dass sie sich um den vor ihrem Gebäude verlaufenden Gehsteig nicht mehr kümmern müsste. Ein solches Verhalten der Gemeinde hätte die Beklagte, die sich auf die rechtsgeschäftliche Übertragung der Räum- und Streuverpflichtung stützt, zu beweisen gehabt. Das Erstgericht konnte allerdings gerade nicht feststellen, dass die Nebenintervenientin auf den Gehsteigen auch für die Schneeräumung gesorgt hätte; erwiesen ist lediglich ein (noch dazu zeitlich nicht weiter konkretisiertes) Streuen. Damit hätte die Nebenintervenientin die Verpflichtung nach § 93 Abs 1 StVO schon nach deren Wortlaut nicht erfüllt („von Schnee […] gesäubert“). Auf dieser Grundlage kann von vornherein keine schlüssige Übernahme der Räum- und Streuverpflichtung angenommen werden. Wenn die Revision in diesem Zusammenhang ausführt, dass fehlende Schneeräumung im konkreten Fall nicht ursächlich für den Sturz gewesen sei, geht sie nicht nur nicht vom festgestellten Sachverhalt aus (schneebedeckter und vereister Gehsteig vier Tage nach dem letzten Schneefall), sondern verkennt den Kern des Arguments: Wenn nicht feststeht, dass die Nebenintervenientin über lange Zeit tatsächlich alle auf § 93 Abs 1 StVO beruhenden Verpflichtungen erfüllte hatte, ist die Annahme eines schützenswerten Vertrauens der Beklagten und damit einer konkludenten Vereinbarung jedenfalls ausgeschlossen.

(c) Auf dieser Grundlage kommt es auf die Erklärungen der Nebenintervenientin auf ihrer Website und im Gemeindeblatt nicht an (vgl zur Bedeutung solcher Erklärungen 2 Ob 194/11k). Die tatsächlich aktenwidrige Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht behauptet, dass es solche Erklärungen erst ab 2008 gegeben habe (vgl jedoch AS 43), ist daher unerheblich.

3. Aus dem dispositiven Recht (§ 483 ABGB) lässt sich ein Übergang der Räum- und Streupflicht ebenfalls nicht ableiten.

3.1. Richtig ist, dass unter die Erhaltung iSv § 483 ABGB grundsätzlich auch die Schneeräumung fällt. Die diesbezügliche Verpflichtung des Dienstbarkeitsberechtigten folgt allerdings schon aus § 482 ABGB, wonach Dienstbarkeiten in der Regel nur zu einem Unterlassen, nicht aber zu einem Tun verpflichten. Der Dienstbarkeitsberechtigte kann daher mangels anderer Vereinbarung nicht verlangen, dass der Verpflichtete nicht nur die Nutzung duldet, sondern auch noch positive Handlungen setzt, um diese zu ermöglichen.

3.2. Diese Regelung hätte im vorliegenden Fall Bedeutung, wenn die Räum- und Streupflicht – anders als nach § 93 Abs 1 StVO – den Eigentümer der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Grundfläche (hier des Gehsteigs) träfe. Denn dann könnte sich der Eigentümer auf den Standpunkt stellen, dass er zwar durch Einräumen der Dienstbarkeit an die Gemeinde eine öffentliche Nutzung ermöglicht habe, alle Erhaltungspflichten aber den Dienstbarkeitsberechtigten träfen. Sieht man vom Fall einer gemeinsamen Nutzung (§ 483 Satz 2 ABGB) ab, wird diese Rechtsfolge regelmäßig für die Pflichten des Wegehalters iSv § 1319a ABGB gelten, weil der Dienstbarkeitsberechtigte nach § 483 Satz 1 ABGB die Kosten für die Errichtung und Erhaltung des Weges trägt und auch befugt ist, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen (zu diesem für § 1319a ABGB maßgebenden Kriterium 6 Ob 694/78; RIS-Justiz RS0030011).

3.3. Die – neben den Pflichten des Wegehalters bestehende (RIS Justiz RS0030023, RS0030083) – Räum- und Streupflicht nach § 93 Abs 1 StVO knüpft demgegenüber nicht am Eigentum oder an der Verfügungsbefugnis am Gehsteig oder am Ein-Meter-Streifen an, sondern ausschließlich am Eigentum an der anrainenden Liegenschaft (oben 1.). Im vorliegenden Fall wäre die Beklagte daher zweifellos zum Räumen und Streuen verpflichtet gewesen, wenn sie die Grundfläche, auf der sich der Gehsteig befindet, der Nebenintervenientin geschenkt oder aus anderen Gründen ins Eigentum übertragen hätte. Dass sie ihr statt dessen – durch Einräumung einer Dienstbarkeit – nur die Nutzung ermöglicht hatte, kann sie haftungsrechtlich schon aufgrund eines Größenschlusses nicht besser stellen. Anders gewendet: Nach § 93 Abs 1 StVO ist unerheblich, woraus sich die Möglichkeit der öffentlichen Nutzung der betroffenen Grundfläche ergibt und wer nach allgemeinen Grundsätzen des Sachen- oder Schadenersatzrechts zu deren Erhaltung verpflichtet wäre; die Räum- und Streupflicht trifft aufgrund ausdrücklicher Regelung den Eigentümer der angrenzenden Liegenschaft. Nur eine ausdrückliche oder schlüssige Vereinbarung iSv § 93 Abs 5 StVO könnte daher zu einer Haftungsfreistellung führen. Eine solche liegt hier aber nicht vor.

4. Soweit sich die Beklagte auch in der Revision auf ein Überspannen der Räum- und Streuverpflichtung und auf ein Mitverschulden der Klägerin beruft, ist sie auf die zutreffende Beurteilung des Berufungsgerichts – insbesondere auf die Feststellungen zum Zustand des Gehsteigs und auf ihre Beweislast in Bezug auf ein Mitverschulden – zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

5. Aus diesen Gründen muss die Revision der Beklagten scheitern. Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:

Aus der Erhaltungspflicht des Dienstbarkeitsberechtigten (§ 483 ABGB) folgt nicht, dass ihn auch die Verpflichtung nach § 93 Abs 1 StVO trifft, wenn die betroffene Gehfläche (Gehsteig oder Ein-Meter-Streifen) dem Eigentümer der anrainenden Liegenschaft gehört und die öffentliche Nutzung erst durch das Einräumen der Dienstbarkeit ermöglicht wurde.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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