JudikaturJustiz2Ob114/03h

2Ob114/03h – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Juni 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prof. Dr. Ing. Peter H*****, vertreten durch Dr. Peter Bönsch, Rechtsanwalt in Mondsee, wider die beklagten Parteien 1. Hans Peter V***** und 2. Beatrix V*****, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger und andere Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen EUR 4.755, s. A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 19. Februar 2003, GZ 23 R 19/03p 17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Mondsee vom 26. November 2002, GZ 3 C 319/02m 13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 439,72 (darin enthalten USt von EUR 73,29, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt die Zahlung von EUR 4.755, s. A. mit der Begründung, sowohl er als auch die Beklagten hätten ein Geh- und Fahrtrecht auf zwei August und Theresia N***** je zur Hälfte gehörigen Grundstücken. Die Zufahrtsstraße führe sowohl zum Grundstück der Beklagten als auch zu jenem des Klägers.

1996 habe der Kläger auf seine Kosten die Herstellung bzw Sanierung der Zufahrtsstraße durchführen lassen, wofür er EUR 14.265,16 bezahlt habe. Gemäß § 483 ABGB seien die Herstellungskosten unter sämtlichen Dienstbarkeitsberechtigten aufzuteilen. Die Vollzahlung durch den Kläger sei unter der Maßgabe des § 1042 ABGB erfolgt, er sei daher berechtigt, den von ihm für die Beklagten ausgelegten Betrag, welchen diesen nach dem Gesetz hätten selbst zahlen müssen, zurückzufordern. Den Beklagten sei dadurch, dass er die gesamten Kosten für die Aufschließung der Straße aus eigenem getragen habe, ein Vermögensvorteil entstanden. Es sei nicht entscheidungsrelevant, für welchen Eigentümer der Liegenschaft er den gegenständlichen Aufwand gemacht habe, relevant sei ausschließlich, wer letztlich durch seine Aufwendungen einen bislang nicht ersetzten Vermögensvorteil erhalten habe. Einen Schenkungswillen habe er nicht gehabt. Sein Forderungswille sei auch im Brief vom 7. 10. 1996 (gegenüber dem Rechtsvorgänger der Beklagten) dokumentiert worden.

Die Beklagten wendeten ein, sie hätten die Liegenschaft erst im Jahre 2000 von Dipl. Ing. Hans Dieter S***** erworben. Sie seien in keiner Weise bevorteilt, weil sie den Kaufgegenstand in dem Zustand, in dem sich dieser im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages befunden habe, erworben hätten. Der Kläger habe allenfalls einen Aufwand für den Voreigentümer, jedoch keinesfalls für sie gemacht. § 483 ABGB könne nur so verstanden werden, dass nur derjenige für den Aufwand ersatzpflichtig sei, der zum Zeitpunkt des Aufwandes Dienstbarkeitsberechtigter gewesen sei. Auch der Rückforderungswille nach § 1042 ABGB sei nicht anzunehmen, weil der Kläger den Anspruch erst nach 8 Jahren gerichtlich geltend gemacht habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Unschlüssigkeit ab.

Es vertrat die Ansicht, der Forderungswille des Klägers sei im Jahr 1996 zwar vorhanden gewesen, er habe aber anschließend nichts mehr unternommen, um seinen Anspruch auf Kostenersatz durchzusetzen. Die Nichtäußerung für die Dauer von nahezu 6 Jahren sei objektiv als Mangel des Forderungswillens und Verzicht auf die Forderung zu werten.

Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig.

Zur Rechtsfrage führte das Berufungsgericht aus, es sei aufgrund des Parteivorbringens davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall Dienstbarkeiten zugunsten zweier herrschender Grundstücke bestünden, es sich somit um zwei verschiedene Grunddienstbarkeiten handle, die allerdings besonders gleichartig seien, weil es sich in beiden Fällen um das Recht des Geh- und Fahrweges über dasselbe dienende Grundstück handle. Nach §§ 483, 494 ABGB hätten zur Erhaltung des Weges alle Personen oder Grundbesitzer denen der Gebrauch zustehe, verhältnismäßig beizutragen. Wenn einer von mehreren verhältnismäßig zur Tragung von Erhaltungs- oder Herstellungskosten Verpflichteten solche Kosten vorläufig allein bestritten habe, könne er nach § 1042 ABGB verhältnismäßig Ersatz fordern (NZ 1988, 267; SZ 59/77; Pacher, Der Instandsetzungs- und Erhaltungsbeitrag im Dienstbarkeitsrecht, ÖJZ 1993, 300). Dieser Anspruch nach § 1042 ABGB verjähre in 30 Jahren (RIS Justiz RS0019832).

Der "animus obligandi" nach § 1042 ABGB werde nach ständiger Rechtsprechung vermutet und sei die Rückforderung nur ausgeschlossen, wenn die Leistung nachweislich in der Absicht erfolgt sei, keinen Ersatz zu verlangen (9 ObA 178/02w; SZ 61/241 uva). Derartiges sei von den Beklagten aber nicht behauptet worden.

Auch wenn grundsätzlich die Möglichkeit der Annahme eines stillschweigenden Verzichtes nicht auszuschließen sei, könne ohne Einvernahme des Klägers zu seinen Motiven mit dem Zuwarten der Klagseinbringung nicht zweifelsfrei auf einen Anspruchsverlust durch stillschweigenden Verzicht geschlossen werden.

Dennoch sei die Rechtssache aber spruchreif im Sinne einer Klagsabweisung.

Nach ständiger Rechtsprechung ergänze § 1042 ABGB die §§ 1358, 1422 ABGB bei Aufwand für einen anderen, insbesondere bei Bezahlung fremder Schulden, um einen Bereicherungsregress. Die Bereicherung bestehe in der Befreiung von der Verbindlichkeit (9 ObA 178/02w; Rummel in Rummel ABGB3 § 1042 Rz 1). Die Fälligkeit eines Aufwandersatzanspruches nach § 1042 ABGB setzte nicht nur voraus, dass ein Aufwand für einen anderen getätigt worden, sondern auch, dass eine fremde Obliegenheit erfüllt worden sei. Der Umfang des Anspruches richte sich ganz nach der fremden Schuld. Die Frage nach dem Bestehen und Umfang dieser Pflicht sei eine Vorfrage des Ersatzanspruches nach § 1042 ABGB (5 Ob 213/00k).

Mit der Wendung, dass der Ersatz des Aufwands gefordert werden dürfe, "den der andere selbst hätte machen müssen", sei auch der Umfang des Verwendungsanspruches nach § 1042 ABGB umschrieben. Diese Begrenzung laufe wie jene des § 1041 ABGB darauf hinaus, dass derjenige Vermögenswert ersetzt verlangt werden könne, der zum Nutzen des anderen verwendet worden sei. Der Nutzen des anderen sei dabei mit demjenigen Betrag begrenzt, den er selbst hätte aufwenden müssen. Nur soweit also die Pflicht des anderen dem Grunde und der Höhe nach reiche, könne Ersatz gefordert werden (Stanzl in Klang2 IV/1, 927).

Entscheidend könne also nur sein, ob der Kläger im Zeitpunkt seines Aufwandes im Jahre 1996 die Beklagten von einer sie (nach § 483 ABGB) damals treffenden Obliegenheit befreit habe, und sie den Klagsbetrag deshalb ersetzen müssten, weil sie ihn der Höhe nach selbst aufwenden hätten müssen.

Nach § 483 ABGB sei jedoch nur der Servitutberechtigte verpflichtet, den Aufwand zur Erhaltung und Herstellung der Sache zu tragen (vgl SZ 72/161). Auch § 494 ABGB wiederhole nur die im § 483 ABGB für alle Servituten aufgestellten Regel für Wegedienstbarkeiten, wonach alle Personen oder Grundbesitzer, denen der Gebrauch zustehe, verhältnismäßig beizutragen hätten (SZ 59/77). Der Inhalt der §§ 483, 494 und 1042 ABGB spreche somit eindeutig dafür, dass jeweils nur eine schuldrechtliche Verpflichtung des jeweiligen Servitutsberechtigten angesprochen sei und der Herstellungs- und Erhaltungsaufwand keine dem herrschenden Grundstück anhaftende dingliche Last darstelle. Dies führe dazu, dass die Beklagten nicht passiv legitimiert seien, weil der Kläger im Jahre 1996 nur den Voreigentümer von einer ihn treffenden Verbindlichkeit befreit habe.

Für dieses Ergebnis spreche auch ein Vergleich mit § 483 ABGB vergleichbaren Fällen in jüngeren Gesetzen, wie dies insbesondere auf § 19 WEG zutreffe (vgl Pacher, ÖJZ 1993, 303). Auch nach dieser Bestimmung hafte der neue (Wohnungs )Eigentümer nicht für schuldig gebliebene Verbindlichkeiten - aufgrund von Errichtungskosten - seines Rechtsvorgängers (5 Ob 275/01d mwN).

Die hier gewählte Lösung erscheine auch deshalb sachgerecht, weil auch im aktuellen Zeitpunkt davon auszugehen sei, dass Bereicherter nach wie vor der Voreigentümer der Liegenschaft der Beklagten sei. Wenngleich es sich hier um die Beurteilung eines Anspruches nach § 1042 ABGB handle, könnten die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu § 1041 ABGB bei Veräußerung der Sache dennoch herangezogen werden, weil der Unterschied zwischen beiden Ansprüchen nur darin liege, dass im Fall des § 1041 ABGB dem Bereicherten ein weiterer Vermögenswert zufließe, wogegen dem Bereicherten im Fall des § 1042 ABGB die Erfüllung einer Verbindlichkeit abgenommen werde (RIS Justiz RS0019884). Nach ständiger Rechtsprechung bleibe ganz allgemein der Anspruch auf Ersatz des Wertes nach § 1041 ABGB bestehen, wenn der zunächst eingetretene Nutzen später wegfalle (3 Ob 133/01g; SZ 54/131). Im Bereicherungsrecht sei somit der spätere Wegfall des Nutzens grundsätzlich unerheblich (5 Ob 55/02z; SZ 58/105; Koziol/Welser II12, 279), sodass nach der einmal eingetretenen Bereicherung unerheblich sei, dass der Bereicherte eine Sache veräußert oder verschenkt habe (WBl 1991, 70; SZ 54/131; RIS Justiz RS0019910). Ersatzpflichtig, weil noch bereichert, sei demnach unbeschadet der Veräußerung der Liegenschaft an die Beklagten noch ihr Voreigentümer. Sei aber der Veräußerer Bereicherungsschuldner wegen Aufwendungen des Klägers, so hafte er nicht nur auch nach der Veräußerung, sondern folge daraus auch, dass die Beklagten als Erwerber der Liegenschaft grundsätzlich keinen Aufwandersatz schuldeten (Apathy, Der Verwendungsanspruch, 76 mwN [in FN 343]). Zusammengefasst bedeute dies, dass die Beklagten keine Verpflichtung treffe, zu den vom Kläger im Jahre 1996 aufgewendeten Wiederherstellungskosten, die gegenüber dem Voreigentümer bereits fällig gestellt worden seien, anteilig beizutragen, weil sie zum Zeitpunkt des Aufwandes und der Fälligstellung nicht Eigentümer des herrschenden Grundstückes gewesen seien und daher vom Kläger auch nicht von einer Verpflichtung befreit worden seien. Passiv legitimiert sei nur Dipl. Ing. Hans Dieter S*****.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil zu der hier über den Einzelfall hinausgehenden Frage, ob Erhaltungs- oder Herstellungskosten für einen Servitutsweg, die vorerst einer von mehreren verhältnismäßig zur Tragung Verpflichteten allein bestritten habe, eine dingliche Belastung des anderen herrschenden Grundstückes darstellten und nach § 1042 ABGB verhältnismäßig im Sinne des § 483 ABGB immer vom jeweiligen Servitutsberechtigten eingefordert werden könnten, oder ob dieser Anspruch nur gegen den Servitutsberechtigten gerichtet werden könne, der im Zeitpunkt des Aufwandes Eigentümer der anderen herrschenden Liegenschaft gewesen sei, keine Rechtsprechung vorgefunden worden sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht (in eventu an das Erstgericht) zurückzuverweisen.

Die Beklagten haben Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, der Revision der klagenden Partei nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann auf die ausführliche und zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes verwiesen werden. Dieser vermag der Kläger keine zwingenden Argumente entgegenzuhalten. Er meint in seinem Rechtsmittel lediglich, dass die Gewährung eines Geh- und Fahrtrechtes ohnehin schon eine gewisse, wenn auch vom Servitutsgeber gestattete Begrenzung und Einschränkung des Eigentumsrechtes des Servitutsgebers darstelle; umsomehr müsse der Aufwand für die Errichtung und Erhaltung eines Dienstbarkeitsweges auf Seiten des Dienstbarkeitsnehmers eng mit dem eingeräumten dinglichen Recht des Gehens und Fahrens verbunden sein, womit jedoch eine nur obligatorische Verpflichtung des Servitutsberechtigten zum Ersatz von Errichtungs- und Erhaltungskosten nicht in Betracht komme. Es bleibe die Tatsache bestehen, dass die Beklagten ohne Kostenaufwand in den Genuss einer ausgebauten Zufahrtsstraße gekommen seien, womit ihnen gegenüber jedenfalls von einer Bereicherung auszugehen sei; diese könne nur demgegenüber, der die Kosten für die Errichtung der Straße aufgewendet habe, nämlich gegenüber dem Kläger bestehen. Mit diesem Argumenten wird aber eine Unrichtigkeit der ausführlichen Begründung des Berufungsgerichtes nicht dargelegt, weshalb dem Rechtsmittel des Klägers keine Folge zu geben ist.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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