JudikaturJustiz1Ob200/01w

1Ob200/01w – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. März 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Stadtgemeinde D*****, vertreten durch Dr. Josef Fauland-Klausner und Dr. Christoph Klausner, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17 - 19, wegen Feststellung des Nichtbestehens einer Kostenersatzpflicht gemäß § 31 Abs 3 WRG (Streitwert EUR 7.387,84) über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 11. Juni 2001, GZ 7 R 73/01h-23, womit infolge Rekurses der Antragsgegnerin der Beschluss des Bezirksgerichts Deutschlandsberg als Rekursgericht vom 30. März 2001, GZ 1 Nc 1/00a-19 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die dem Obersten Gerichtshof vorgelegten Akten werden dem Bezirksgericht Deutschlandsberg zur gesetzmäßigen Behandlung zurückgestellt.

Text

Begründung:

Eine Bezirkshauptmannschaft verpflichtete mit Bescheid vom 5. März 1990 die Antragstellerin als Eigentümerin des öffentlichen Guts, in dessen Bereich nach einer aufgelassenen Tankstelle Verunreinigungen des Erdreichs durch Mineralöl aufgetreten waren, zum Ersatz der Entsorgungskosten von ATS 101.658,94 sA; diese Kosten seien zum Schutz des Grundwassers vor Verunreinigungen erforderlich gewesen. Mit Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 117 Abs 4 WRG begehrte die Antragstellerin, den Kostenersatz nicht ihr sondern dem Rechtsnachfolger des Betreibers der seinerzeitigen Tankstelle als Verursacher aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin wendete ein, auf Grund der von der Antragstellerin in Auftrag gegebenen Grabungsarbeiten sei diese als Verursacherin im Sinn des § 31 Abs 1 WRG anzusehen. Darüberhinaus stünden die freigelegten Tanks als unselbständiger Bestandteil des betroffenen Grundstücks im Eigentum der Antragstellerin, sodass diese die Leistungspflicht gemäß § 31 Abs 3 WRG treffe.

Das Erstgericht sprach gemäß § 117 Abs 4 WRG aus, dass die Antragstellerin zum Kostenersatz nicht verpflichtet sei. Die Antragstellerin zähle nicht zu den gemäß § 31 Abs 1 WRG Verpflichteten, weil sie einerseits nicht Verursacherin und andererseits als Liegenschaftseigentümerin von dieser Gesetzesstelle nicht betroffen sei. Anderenfalls hätte keine Notwendigkeit bestanden, durch die - hier noch nicht anzuwendende - WRG-Novelle 1990 die Absätze 4 bis 6 in § 31 WRG einzufügen. Die Treibstofftanks seien auch nicht Zubehör der Liegenschaft im Sinn des § 297 ABGB geworden.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei. Ein Sachverhaltsvorbringen, aus dem sich ein Verschulden der Antragstellerin an der unterlassenen Entfernung der Tanks nach Beendigung des Bestandverhältnisses ergeben könne, sei in erster Instanz nicht erstattet worden. Aus der Neufassung des Art 31 WRG ergebe sich, dass der Liegenschaftseigentümer nach Abs 4 der Gesetzesstelle nur mehr subsidiär unter den dort genannten Voraussetzungen zur Haftung herangezogen werden könne. Überdies sei für die vor dem 1. 7. 1990 verwirklichten Sachverhalte die Einschränkung des § 31 Abs 6 WRG zu beachten, sodass - da nicht habe festgestellt werden können, ob und in welcher Höhe Bestandzins entrichtet worden sei - auch aus diesem Grund eine Haftung zu verneinen sei.

Den dagegen erhobenen "außerordentlichen Revisionsrekurs" der Antragsgegnerin legte das Erstgericht direkt dem Obersten Gerichtshof vor.

Der erkennende Senat hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Die Kosten der Ersatzvornahme gemäß § 31 Abs 3 WRG zählen zu den in § 117 Abs 1 WRG genannten Leistungen (Raschauer WRG § 117 Rz 2), gegen deren Bestimmung durch die Wasserrechtsbehörde gemäß § 117 Abs 4 WRG das Gericht angerufen werden kann und zwar auch mit der Begründung, eine Ersatzpflicht bestehe dem Grunde nach nicht (Raschauer WRG § 117, Rz 9; Aichlreiter, Zur Wasserrechtsgesetznovelle 1988 I, AnwBl 1989, 595). Nach ständiger Rechtsprechung sind für das Neufestsetzungsverfahren nach § 117 Abs 4 und 6 WRG die Bestimmungen des Verfahrens außer Streitsachen "sinngemäß" anzuwenden (SZ 67/6; SZ 68/41; SZ 69/224; SZ 70/159; 1 Ob 3/00y ua), sodass für das Revisionsrekursverfahren die §§ 13 ff AußStrG maßgebend sind (1 Ob 268/98p; 1 Ob 212/00h; zuletzt 1 Ob 321/01i). Dagegen sprechen auch nicht die von der Antragsgegnerin ins Treffen geführten Anordnungen des Art XLI Z 4 der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989 (BGBl 343/1989) und des Art XXXII Z 6 der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 (BGBl 140/1997, wonach die §§ 13 bis 16 AußStrG in der jeweiligen Fassung dieser Novellen für Verfahren außer Streitsachen, die nicht im Außerstreitgesetz geregelt sind, nur dann gelten, wenn in diesen Gesetzen das Außerstreitgesetz für anwendbar erklärt wird und diese Gesetze keine von diesem abweichende oder dieses ergänzende Regeln für die Anrufung des Obersten Gerichtshofs enthalten. Gelten für solche Verfahren dazu abweichende oder ergänzende Regeln, so sind, soweit durch dieses Bundesgesetz geänderte Gesetze hilfsweise heranzuziehen sind, diese in der bisherigen Fassung anzuwenden. Die gemäß § 117 Abs 6 WRG sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes, nach dessen § 30 eine Entscheidung mit Rekurs angefochten werden kann (Abs 2), die Rekursfrist 14 Tage beträgt (Abs 3) und eine Ausfertigung des Rekurses dem Gegner des Beschwerdeführers zuzustellen ist, dem es gestattet ist, seine Äußerung binnen 14 Tagen zu überreichen (Abs 4), enthalten keine derartigen Ergänzungen oder Abweichungen, weil diese Regelungen lediglich Anwendungsfälle des § 521a ZPO darstellen (Petrasch, Der Weg zum Obersten Gerichtshof nach der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989, ÖJZ 1989, 743; 1 Ob 321/01i).

Der Streitwert im vorliegenden Verfahren richtet sich nach den Kosten der Ersatzvornahme durch den von der Behörde beauftragten Dritten in Höhe von ATS 101.658,94 = EUR 7.387,84, deren Ersatz von der Verwaltungsbehörde dem Antragsteller aufgetragen wurde. Daher könnte der Antrag im Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nur als solcher nach § 14a AußStrG beurteilt werden, wenngleich er an den Obersten Gerichtshof und nicht an das Rekursgericht gerichtet ist. Übersteigt der Entscheidungsgegenstand nicht insgesamt EUR 20.000,-- und hat das Rekursgericht - wie hier - gemäß § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei, so kann eine Partei gemäß § 14 Abs 1 und 2 AußStrG einem beim Erstgericht binnen 14 Tagen nach Zustellung der Rekursentscheidung einzubringenden Antrag - verbunden mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses - an das Gericht zweiter Instanz stellen, dass es seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses abändere und den ordentlichen Revisionsrekurs doch für zulässig erkläre. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage war der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht vor dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, sind doch Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz im Streitwertbereich nach § 14a Abs 1 AußStrG, gegen die zufolge eines Ausspruchs gemäß § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, gemäß § 16 Abs 2 Z 2 AußStrG sofort dem Rekursgericht, nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel - wie im Anlassfall - als "außerordentlicher Revisionsrekurs" bezeichnet und ebenso wie der Abänderungsantrag unmittelbar an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist, weil dieser Mangel verbesserungsfähig ist (1 Ob 346/98h; 2 Ob 361/98x uva). Dabei bleibt ein allfälliges Verbesserungserfordernis der Beurteilung durch die Vorinstanzen vorbehalten.

Der Oberste Gerichtshof ist daher derzeit zur Entscheidung funktionell unzuständig.

Rechtssätze
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