JudikaturJustiz1Ob2/01b

1Ob2/01b – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. März 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 27. Mai 1998 verstorbenen KR Adolf J***** infolge der außerordentlichen Revisionsrekurse der Erika B*****, vertreten durch Dr. Helge Doczekal, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. Februar 2000, a) 45 R 905/99t, 906/99i 72, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Döbling vom 5. Jänner 1999, GZ 1 A 116/98s 19 und 20, bestätigt wurden, sowie b) GZ 45 R 56/00v, 57/00s und 908/99h 74, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Döbling vom 23. November 1999, GZ 1 A 116/98s 54, 17. Dezember 1999, GZ 1 A 116//98s 59, und vom 20. Dezember 1999, GZ 1 A 116/98s 60, bestätigt wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beide Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

B e g r ü n d u n g :

Im Abhandlungsverfahren, in dem eine Reihe von letztwilligen Verfügungen des Erblassers, zum Teil mit Zusätzen, aktenkundig sind, sind von den noch in zweiter Instanz angefochtenen Beschlüssen nur mehr drei Gegenstand der beiden "außerordentlichen" Revisionsrekurse der Einschreiterin ON 80 und ON 81, die zum Teil jedenfalls, zum Teil mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG unzulässig sind.

a) Die Vorinstanzen haben mit übereinstimmenden Sachbeschlüssen (ON 19 und ON 72) die Befangenheit des bestellten öffentlichen Notars als Gerichtskommissär verneint und demnach den Antrag der Einschreiterin auf Enthebung des Notars als Gerichtskommissär und Bestellung eines anderen öffentlichen Notars zum Gerichtskommissär abgewiesen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei.

Der "außerordentliche" Revisionsrekurs der Einschreiterin ON 80 ist indes jedenfalls unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 Abs 1 GerichtskommissärsG (GKoärG) sind die §§ 19 bis 25 JN sinngemäß anzuwenden, wenn bei dem zum Gerichtskommissär zu bestellenden oder bereits bestellten Notar ein Grund vorliegt, der einen Richter von der Ausübung des Richteramts in bürgerlichen Rechtssachen ausschlösse oder seine Unbefangenheit in Zweifel stellte; ein bereits erteilter Auftrag ist auch dann zu widerrufen, wenn der bestellte Notar bei der Besorgung der ihm übertragenen Amtshandlungen die hiebei zu beachtenden gesetzlichen Vorschriften verletzt (Abs 2). Nach stRsp regelt § 24 Abs 2 JN die Zulässigkeit von Rechtsmitteln im Ablehnungsverfahren unter diesen Oberbegriff fällt auch die Geltendmachung von Ausschließungsgründen - abschließend (EvBl 1991/36; RZ 1992/47; 1 Ob 2130/96h = NZ 1997, 228 uva). Der in § 24 Abs 2 JN angeordnete Rechtsmittelausschluss gilt auch im Verlassenschaftsverfahren für den als Gerichtskommissär bestellten öffentlichen Notar (SZ 44/172; 1 Ob 2130/96h; 4 Ob 2061/96h). Demnach ist aber mit Ausnahme des hier nicht gegebenen Falls, dass das Rekursgericht eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung gerichteten Rekurses aus formellen Gründen ablehnt, gegen die Rekursentscheidung des zunächst übergeordneten Gerichts kein weiteres Rechtsmittel mehr zulässig (so ausdrücklich 4 Ob 2061/96h zu § 6 Abs 1 GKoärG mwN ua).

Das Rechtsmittel ist demnach zurückzuweisen, ohne dass in merito auf seine Argumentation zur behaupteten Befangenheit des Gerichtskommissärs eingegangen werden könnte.

b) Soweit sich die Einschreiterin gegen die Verteilung der Parteirollen im Erbrechtsstreit (ON 54 und ON 74) wendet, ist ihr außerordentlicher Revisionsrekurs ON 81 mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Im Testament vom 2. Juli 1993 setzte der Erblasser eine näher bezeichnete Frau zur Alleinerbin ein; mit letztwilliger Verfügung vom 12. Juli 1997 wiederholte er diese Erbeinsetzung, vermachte jedoch u.a. der Einschreiterin näher bezeichnete unbewegliche Sachen. Für den Fall, dass die Alleinerbin die Erbschaft nicht antrete, verfügte der Erblasser dort, dass die bedachten Legatare ersatzweise zu gleichen Teilen erben sollten, und erklärte weiters sämtliche früheren letztwilligen Verfügungen für aufgehoben. In einem Nachtrag zum Testament vom 25. Februar 1998 hielt der Erblasser fest:

"Betr. 2 Legate:

Die Frauen:

Gisela ...

... (Einschreiterin)

LEGATE sollen nich t zur Ausführung, resp. durchgeführt oder zum TRAGEN kommen."

Das Erstgericht nahm mit Beschluss vom 28. Juli 1998 die unbedingte Erbserklärung der Alleinerbin zum gesamten Nachlass aufgrund des Testaments vom 12. Jul 1997 zu Gericht an und räumte ihr gemäß § 810 ABG, § 145 AußStrG die vorläufige Besorgung und Verwaltung des Nachlasses ein. Am 26.Mai 1999 gab auch die Einschreiterin, die ihr Erbrecht auf das Testament vom 12. Juli 1997 und eine allfällige Erbunwürdigkeit der Alleinerbin stützte, eine bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlass ab, die mit Beschluss vom 25. Juli 1999 zu Gericht angenommen wurde.

Aufgrund dieser widersprechenden Erbserklärungen wies das Erstgericht der Einschreiterin im Erbrechtsstreit die Klägerrolle zu und trug ihr auf, binnen 12 Wochen die Klageeinbringung nachzuweisen, anderenfalls das Verlassenschaftsverfahren ohne Berücksichtigung ihrer Ansprüche fortgesetzt werden würde. Die Einschreiterin berufe sich auf das außerordentliche Erbrecht eines Legatars, jedoch bestehe ein "schriftlicher Widerruf" ihrer "Einsetzung" als Legatarin; die Echtheit des Testaments sei nicht bedenklich, sodass der Einschreiterin aufgrund der schwächeren Position gegenüber der explizit als Alleinerbin Eingesetzten die Klägerrolle zuzuweisen sei. Das Strafverfahren gegen die Alleinerbin wegen Verdachts des Betrugs sei nach Einholung eines graphologischen Gutachtens nach § 90 Abs 1 StPO eingestellt worden.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei.

Gegen diesen Beschluss bringt die Einschreiterin in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs ON 81 keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 14 Abs 1 AußStrG zur Darstellung.

Die Erbrechtsklage ist eine auf die Feststellung des schwächeren Erbrechtstitel des Beklagten gerichtete negative Feststellungsklage (6 Ob 193/98w = SZ 71/152 ua, zuletzt 1 Ob 45/99w; RIS Justiz RS0007966; Welser in Rummel3, §§ 799, 800 ABGB Rz 24 mwN). Das Verfahren bei einander widersprechenden Erbserklärungen ist in den §§ 125 ff AußStrG zwingend geregelt. Das Abhandlungsgericht hat alle zu demselben Nachlass formell einwandfreien Erbserklärungen anzunehmen (SZ 32/23 = JBl 1959, 636) und dabei nur die äußere Form einer letztwilligen Verfügung zu prüfen, aber nicht auf inhaltliche Fragen einzugehen (7 Ob 60/99w ua). Keinesfalls wird mit einer Entscheidung über die Parteirollenverteilung dem Prozessverfahren, in dem der Streit der Erbansprecher endgültig zu klären ist, bei der Auslegung zu berücksichtigenden Tatsachengrundlage oder der rechtlichen Beurteilung vorgegriffen (6 Ob 251/98z = EvBl 1999/131 ua; RIS Justiz RS0007994). Die Feststellung der der Entsagung der Erben gleichkommenden (Welser in Rummel3, § 726 ABGB Rz 3 mwN) Erbunwürdigkeit - die Einschreiterin behauptet, die Alleinerbin sei der Steuerhinterziehung, der falsch beeidigten Beweisaussage, der Untreue und des schweren Betrugs verdächtig, - ist nicht Aufgabe des Abhandlungsrichters. Die Klage hat grundsätzlich jener zu führen, der sich auf den schwächeren Titel beruft und daher, um sein Erbrecht geltend machen zu können, den stärkeren Erbrechtstitel seines Gegners vorerst entkräften müsste (1 Ob 208/98i). Dass aber der Erbrechtstitel der Einschreiterin (subsidiäres Erbrecht als Legatarin nach § 726 zweiter Satz ABGB und schriftlicher Widerruf des Legats) schwächer ist als die letztwillige Einsetzung der Alleinerbin, wird im Rechtsmittel gar nicht in Zweifel gezogen.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist demnach mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).

c) Mit ihrem Rekurs ON 57 gegen die Verteilung der Parteirollen im Erbrechtsstreit verband die Einschreiterin den Antrag, ihrem Rechtsmittel an die zweite Instanz aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Das Erstgericht wies diesen Antrag ab (ON 60); es komme gemäß § 12 Abs 2 AußStrG zu keinem Vollzug, wenn ein Rekurs eingebracht sei, weshalb die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht von Nöten sei.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige zwar 260.000 S, der ordentliche Revisionsrekurs sei indes nicht zulässig. Die vom Erstgericht zur Klageeinbringung festgesetzte Frist beginne ohnehin erst mit Rechtskraft des Festsetzungsbeschlusses zu laufen.

Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Einschreiterin ON 81 ist jedenfalls unzulässig.

Gegen die Entscheidung, mit der die Abweisung eines Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt wird, ist mangels Beschwer im Zeitpunkt der zweitinstanzlichen Rechtsmittelentscheidung kein Rechtsmittel mehr zulässig, weil zu diesem Zeitpunkt bereits die zweitinstanzliche Sachentscheidung - bis zu deren Vorliegen die Hemmung beantragt werde - vorliegt. Umso weniger kann die schon in zweiter Instanz fehlende Beschwer noch in dritter Instanz fortbestehen.

Der Vollständigkeit halber ist aber noch festzuhalten: Die Frist für die Erhebung der Klage nach § 125 AußStrG ist so festzusetzen, dass sie erst mit Rechtskraft des Beschlusses über die Zuteilung der Parteirollen zu laufen beginnt (SZ 32/23, SZ 51/85 ua). Die richterliche Frist wird, wie die zweite Instanz zutreffend erkannte, nicht eher in Gang gesetzt, als rechtskräftig darüber entschieden wurde, welche Partei die Klägerrolle zu übernehmen hat (stRsp, SZ 65/1 = EvBl 1992/186; 5 Ob 221/98f = NZ 1999, 212 = EFSlg 88.718; zuletzt 8 Ob 269/99p; RIS Justiz RS0007999).

Demnach ist spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtssätze
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