JudikaturJustiz14Os112/23m

14Os112/23m – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Januar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Jänner 2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Sekljic in der Strafsache gegen * B* und weitere Angeklagte wegen Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, § 129 Abs 1 Z 1 und 2, § 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) und § 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten B*, * C* und * P* gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 6. Juli 2023, GZ 17 Hv 34/23k 124, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden * B* und * C* jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, § 129 Abs 1 Z 1 und 2, § 130 Abs 2 (zu ergänzen:) erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) und § 15 StGB (I./1./ bis 7./) sowie * P* des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 12 dritter Fall, 127, 128 Abs 2, § 129 Abs 1 Z 1 und 2 StGB (II./) schuldig erkannt.

[2] Danach haben in S* und andernorts

I./ B* und C* im bewussten und gewollten Zusammenwirken und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren (§ 128 Abs 1 Z 5 StGB) und durch Einbruch (§ 129 Abs 1 Z 1 StGB) begangenen Diebstählen längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, wobei sie bereits zwei solcher Taten begangen hatten, fremde bewegliche Sachen in einem 300.000 Euro übersteigenden Wert, und zwar Bargeld und Fahrräder im Gesamtwert von (zumindest) 417.000 Euro, nachgenannten Gewahrsamsträgern durch Einbruch in Gebäude und teilweise durch Aufbrechen von Behältnissen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen (1./ bis 5./ und 7./) und wegzunehmen versucht (6./), und zwar

1./ nachts zum 9. August 2022 dem Unternehmen K*, indem sie ein Fenster aufbrachen, in die Geschäftsräumlichkeiten einstiegen und 33 Fahrräder sowie aus einer von ihnen aufgebrochenen Kassa Bargeld, sohin Sachen im Gesamtwert von 180.773 Euro wegnahmen;

2./ am 7. September 2022 dem Unternehmen P*, indem sie das Glas einer Eingangstür einschlugen, so in das Geschäft gelangten und Bargeld, drei Mountainbikes und elf hochwertige E-Bikes, sohin Sachen im Gesamtwert von 64.886 Euro wegnahmen;

3./ nachts zum 21. September 2022 dem Unternehmen B*, indem sie ein Fenster aufbrachen, in das Gebäude einstiegen und drei Handkassen mit Bargeld und 13 E-Bikes samt Ersatzteilen, sohin Sachen im Gesamtwert von 140.000 Euro wegnahmen;

4./ nachts zum 30. September 2022 der in L* etablierten Apotheke, indem sie ein Fenster aufbrachen, in das Objekt einstiegen und aus der Handkassa 1.355 Euro Bargeld wegnahmen;

5./ am 4. Oktober 2022 dem Unternehmen Bi*, indem sie die Eingangstüre aufbrachen, sich auf diese Weise Zutritt zum Geschäft verschafften und aus der Handkassa 20 Euro Bargeld wegnahmen;

6./ nachts zum 6. Oktober 2022 der S* AG in L* durch Einschlagen eines Fensters und Einsteigen in das Gebäude, wobei es beim Versuch blieb;

7./ am 7. Oktober 2022 der Bik* GmbH, indem sie eine Glasscheibe einschlugen, in die Geschäftsräumlichkeiten gelangten und daraus sieben E-Bikes im Gesamtwert von 30.393 Euro wegnahmen;

II./ P* zur Ausführung der zu I./1./ bis 3./ und 5./ bezeichneten strafbaren Handlung dadurch beigetragen, dass er die zum Transport der gestohlenen Fahrräder verwendeten Kastenwägen bei einer Leihwagenfirma anmietete, die Verbringung nach sowie die Übernahme des Diebesgutes in Rumänien zusicherte, mit den Kastenwägen zu den Tatorten fuhr und sich während des Beladevorgangs jeweils im Kastenwagen befand.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richten sich die von B* sowie C* auf Z 5 und 10, von P* auf Z 5, 9 lit a und 10 jeweils des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten. Sie verfehlen ihr Ziel.

Zu den (inhaltlich gleichlautenden) Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten B* und C*:

[4] Feststellungen sind nur insoweit mit Mängelrüge bekämpfbar, als sie entscheidende, also für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage maßgebliche Tatsachen betreffen (RIS Justiz RS0117499). Solche sprechen die Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) reklamierenden Rügen mit der Behauptung, das Schöffengericht hätte sich mit der (nur) das Schuldspruchfaktum I./7./ betreffenden Schadensaufstellung des Unternehmens Bik* GmbH (ON 19.33.22) auseinandersetzen müssen, in der „offenbar allen Kunden angeboten(e)“ „Preisnachlässe zwischen 38,62 und 33,52 Prozent“ ausgewiesen seien, weshalb die Schadenssumme zu I./7./ richtig mit 19.553,37 Euro anzusetzen gewesen wäre, aber nicht an. Denn der konkrete Wert der zum Diebstahl I./7./ weggenommenen Sachen ist nicht subsumtionsrelevant, weil durch die verbleibenden Fakten I./1./ bis 6./ die Wertgrenze des § 128 Abs 2 StGB jedenfalls überschritten wird (vgl RIS-Justiz RS0099497 [T16]). Das Beschwerdeargument betrifft daher lediglich eine Strafzumessungstatsache (§ 32 Abs 2 StGB) und erschöpft sich damit in Berufungsvorbringen (RIS-Justiz RS0116586 [T1, T3]).

[5] Soweit die Beschwerden unter Hinweis auf die zuvor genannte Schadensaufstellung darüber spekulieren, dass alle Diebstähle „gegen Ende der Saison“ begangen worden seien, es „allgemein bekannt“ sei, dass die Fahrradsaison im Herbst ende und dann Preisnachlässe von mehr als einem Drittel gewährt würden, weshalb man „nicht mehr zwingend vom Überschreiten der Wertgrenze des § 128 Abs 2 StGB“ ausgehen könne, zeigen sie kein Begründungsdefizit iSd Z 5 auf.

[6] Die Subsumtionsrügen (Z 10) kritisieren, das Erstgericht habe zwar zu den einzelnen Diebstahlsfakten jeweils die Schadenshöhe, „aber nie explizit“ festgestellt, dass Waren im Wert von mehr als 300.000 Euro gestohlen wurden. Warum es zusätzlich einer solchen Feststellung bedurft hätte, obwohl aus einer Zusammenrechnung der konstatierten (US 7 bis 11) Schadensbeträge iSd § 29 StGB (vgl dazu RIS-Justiz RS0090834 [T10]; Ratz in WK 2 StGB § 29 Rz 1 und 7; Stricker in WK 2 StGB § 128 Rz 112) das Übersteigen der Wertgrenze des § 128 Abs 2 StGB resultiert, machen die Beschwerden nicht klar (RIS-Justiz RS0116565, RS0099501; vgl im Übrigen zur subjektiven Tatseite bei der Zusammenrechnung von Schadensbeträgen aus mehreren Taten RIS-Justiz RS0132778).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P*:

[7] Undeutlich (Z 5 erster Fall) ist ein Urteil, wenn den Feststellungen unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe nicht unzweifelhaft zu entnehmen ist, welche entscheidenden Tatsachen das Gericht als erwiesen angenommen hat und aus welchen Gründen dies geschehen ist (RIS-Justiz RS0089983 [T3]). Indem die Beschwerde (Z 5 erster Fall) zu II./ iVm I./2./ eine Undeutlichkeit des Urteils behauptet, weil nach den Feststellungen (US 8) einerseits als Einbruchsziel ein Geschäft in A* ausgemacht worden sei, andererseits die Angeklagten sich zu einem Fahrradgeschäft in H* begaben, nimmt sie schon nicht auf eine im gegenständlichen Fall entscheidende Tatsache Bezug (vgl RIS-Justiz RS0098557 [T2, T3]). Im Übrigen ist der Ort H* ohnehin der Marktgemeinde A* zugehörig. Soweit „in eventu auch unter dem Gesichtspunkt der Z 3 Widersprüchlichkeit“ geltend gemacht wird, unterbleibt eine nachvollziehbare Argumentation.

[8] Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) blieb die Verantwortung des Angeklagten P*, er habe nicht gewusst, dass er gestohlene Fahrräder transportieren würde, nicht unerörtert, sondern wurde als „reine Schutzbehauptung“ gewertet (US 11 f). Ebenso hat sich das Schöffengericht mit dem „zurückhaltend(en)“ Aussageverhalten des Angeklagten C* auseinandergesetzt, dieses jedoch als Versuch interpretiert, „durch seine Aussage keinen Anderen zu schaden“ (US 11).

[9] Zu der von der Beschwerde geforderten Auseinandersetzung mit den obigen Angaben der Angeklagten C* und P* „im Detail“ waren die Tatrichter – dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend – mit Blick darauf, dass sie den Angaben keinen erheblichen Beweiswert beigemessen haben, nicht verpflichtet (RIS-Justiz RS0106642).

[10] Soweit die Rüge (Z 5 vierter Fall) eine offenbar unzureichende Begründung der die Einbruchsqualifikation nach § 129 Abs 1 StGB umfassenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite behauptet, nimmt sie nicht die Gesamtheit der Entscheidungsgründe in den Blick (RIS-Justiz RS0119370). Das Erstgericht hat nämlich das Wissen des Angeklagten P*, dass die von ihm transportierte Beute aus Einbruchsdiebstählen stammt, nicht nur – wie von der Beschwerde behauptet – auf die Beobachtungen dieses Angeklagten beim Verladen der Fahrräder in die Kastenwägen (US 6 f), sondern auch auf die allgemeine Lebenserfahrung, die schlüssigen Angaben der beiden anderen Angeklagten und den vom Beschwerdeführer gewonnenen persönlichen Eindruck gestützt. So sei dieser „intelligent genug“, eine (von ihm behauptete) „seitens der anderen Angeklagten angegebene Geschichte, das transportierte Gut würde nicht aus Einbruchsdiebstählen stammen, nicht zu glauben“, und hätte er als eine auf Entrümpelungen spezialisierte Person solche grenzüberschreitenden Fahrten nicht ohne das Wissen durchgeführt, was er transportiert (US 12).

[11] Indem die Beschwerde (teilweise disloziert im Rahmen der Subsumtionsrüge) Aspekte dieser Beweiswürdigung für „nicht nachvollziehbar“ und „keineswegs zwingend“ erachtet und „genauere(n) Feststellungen“ vermisst, „was genau der Drittangeklagte beobachtet haben soll“, spricht sie keinen Begründungsmangel iSd Z 5 an (vgl RIS Justiz RS0099455).

[12] Dass vom Vorsatz des Angeklagten P* auch das Überschreiten der Wertgrenze des § 128 Abs 2 StGB umfasst war, haben die Tatrichter ebenfalls aus den zuvor genannten Gegebenheiten, weiters aus dem Ladevolumen der Kastenwägen und dem Umstand geschlossen, dass der Genannte beim Verbringen und bei der Übergabe der Fahrräder an den Käufer in Rumänien anwesend war (US 6 f, 12 und 16). Indem der Beschwerdeführer behauptet, es würden Erläuterungen fehlen, warum er von einem 300.000 Euro übersteigenden Wert der verladenen Fahrräder ausgehen hätte sollen, und er habe beim Verladen der Räder in der Nacht nicht beobachten können, ob es sich um hochpreisige Elektrofahrräder handelt, zeigt er keine Nichtigkeit aus Z 5 vierter Fall auf. Offenbar unzureichend ist eine Begründung nämlich nur, wenn sie den Kriterien der Logik oder Empirie widerspricht (RIS-Justiz RS0118317), während im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) gezogene Wahrscheinlichkeitsschlüsse – sofern sie (wie hier) logisch und damit vertretbar sind – einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen sind (RIS-Justiz RS0098471 [T4]).

[13] Die von der Rüge (Z 5 vierter Fall) vermisste (generelle) Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite befindet sich auf US 12 und – wie vom Beschwerdeführer ohnehin erkannt – auf US 6 f und 16.

[14] Der Vorwurf (Z 5 vierter Fall), das Urteil enthalte keine Begründung für „den Ausspruch des Gerichts hinsichtlich der erbeuteten Geldbeträge bzw. Handkassen mit Bargeld“, bezieht sich – mit Blick auf die Feststellungen zu einem die Wegnahme von Fahrrädern in einem 300.000 Euro übersteigenden Gesamtwert durch Einbruch in Gebäude umfassenden Beitrag und zu einem darauf bezogenen Vorsatz – nicht auf entscheidende, also für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage maßgebliche Tatsachen (RIS-Justiz RS0117499). Gleiches gilt für die Behauptung, die Beobachtung der Verladung von Fahrrädern habe den Beschwerdeführer keineswegs in Kenntnis gesetzt, dass auch Kassen aufgebrochen wurden.

[15] Die von der Rüge (Z 10) vermissten Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten auf Beteiligung an der Wegnahme von durch Einbruch erlangten Fahrrädern befinden sich – von der Beschwerde prozessordnungswidrig übergangen (RIS Justiz RS0099810) – auf US 6 f und 16, wonach dem Angeklagten bewusst war, dass er Beute aus Einbruchsdiebstählen transportierte und es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, „einen entscheidenden Beitrag für die Einbruchsdiebstähle zu leisten“ (vgl auch US 12 [arg „… Verbringung der dem Drittangeklagten bekannten Diebesbeute ...“]).

[16] Der weiteren Subsumtionsrüge (Z 10, teils nominell Z 9 lit a) voranzustellen ist, dass die erfolglos bekämpften und teilweise ungerügt gebliebenen Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite in Betreff der Beteiligung des Beschwerdeführers an der Wegnahme von Fahrrädern in einem 300.000 Euro übersteigenden Gesamtwert durch Einbruch in Gebäude die Subsumtion der Taten dem Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 12 dritter Fall, 127, 128 Abs 2, § 129 Abs 1 Z 1 StGB nach dem Vorgesagten tragen. Da die in § 129 Abs 1 Z 1 bis 4 StGB genannten Begehungsformen untereinander austauschbare Alternativen dieser (unselbständigen) Deliktsqualifikation darstellen, würde die unrichtige Annahme einer weiteren alternativen Begehungsform die Subsumtion der Tat nicht berühren (RIS Justiz RS0119965 [T1]). Soweit die Beschwerde daher Feststellungen in objektiver und subjektiver Hinsicht zu einem Beitrag des Angeklagten P* zur (zusätzlichen) Wegnahme von Bargeld, teilweise durch Aufbruch einer Kasse, und von Handkassen mit Bargeld vermisst, verfehlt sie von vornherein ihr Ziel.

[17] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

[18] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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