JudikaturJustiz12Os86/18s

12Os86/18s – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Oktober 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Oktober 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Holzer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Serdal D***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Halis O***** und Zülfikar C***** sowie über die Berufung des Angeklagten Serdal D***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. April 2018, GZ 44 Hv 8/18v 805, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten Halis O***** und Zülfikar C***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Schuld- und Freisprüche von acht weiteren Angeklagten enthaltenden Urteil wurden Halis O***** und Zülfikar C***** jeweils des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 169 Abs 1, 12 zweiter (Halis O*****; II./) bzw dritter (Zülfikar C*****; X./A./) Fall StGB und des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 12 dritter Fall, 15 Abs 1, 146, 147 Abs 2 StGB (V./2./ und X./B./) schuldig erkannt.

Danach haben in H***** und andernorts

II./ Halis O***** (gemeinsam mit Serdal D*****) von Anfang März bis 13. März 2017 Adam K***** und Abdullah A***** durch die Aufforderung, gegen Bezahlung das im Eigentum der Bianca Q***** stehende, von Serdal D***** gepachtete und bei der W***** AG hinsichtlich Inventar bis zu einer Summe von 100.000 Euro und hinsichtlich Betriebsunterbrechung bis zu einer Summe von 90.000 Euro versicherte (US 16) Geschäftslokal „P*****“ anzuzünden, um eine Versicherungsleistung zu lukrieren, dazu bestimmt, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen, indem die Genannten am 13. März 2017 im hinteren Bereich des Lokals Benzin als Brandbeschleuniger aufbrachten und diesen entzündeten, wodurch es zu einer explosionsartigen Brandausweitung kam, durch welche die Auslagenscheiben des genannten und eines angrenzenden Geschäftslokals aus der Verankerung gerissen wurden, beide Lokale komplett ausbrannten, die umliegenden Gebäude und Fahrzeuge durch die Wucht der Explosion und durch Glasplitter in einer Höhe von insgesamt etwa 250.000 Euro beschädigt wurden (US 20) und wodurch die Genannten (teils schwere) Verletzungen erlitten (US 20) sowie die in den über dem Lokal befindlichen Wohnungen aufhältigen Personen durch Rauchgase gefährdet wurden (vgl US 22, 26 und 40 iVm ON 750 S 11 bis 15);

X./A./ Zülfikar C***** von Anfang März 2017 bis 13. März 2017 dadurch zur Ausführung dieser strafbaren Handlung beigetragen, dass er im Wissen um die geplante Tat Halis O***** und Serdal D***** seinen Bekannten Adam K***** als Brandleger vermittelte;

V./2./ Halis O***** durch die zu II./ und

X./B./ Zülfikar C***** durch die zu X./A./ beschriebene Tat zur Ausführung einer strafbaren Handlung des Serdal D***** beigetragen, der am 13. März 2017 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz (US 16) versuchte, Seit Dz***** als Verfügungsberechtigten der W***** AG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, der oben beschriebene Brand an dem von ihm gepachteten Geschäftslokal sei ohne sein Zutun entstanden, sodass ein Versicherungsfall vorliege, zur Auszahlung einer Versicherungsleistung in Höhe von zumindest 5.000 Euro und nicht mehr als 190.000 Euro, also zu einer Handlung zu verleiten, die die genannte Versicherung in diesem Betrag am Vermögen schädigen sollte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die getrennt ausgeführten, von Halis O***** auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO und von Zülfikar C***** auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten.

Die eine rechtliche Unterstellung der Schuldspruch V./2./ zugrunde liegenden Tat unter § 151 Abs 1 Z 1 StGB fordernde Subsumtionsrüge (Z 10) des Angeklagten Halis O***** übergeht die (der Gesamtheit der Entscheidungsgründe mit [noch] hinreichender Deutlichkeit zu entnehmenden [vgl RIS Justiz RS0117228; Ratz , WK StPO § 281 Rz 19], unter Rückgriff auf den Akteninhalt auszudeutenden [RIS Justiz RS0116759 {T1}]) Konstatierungen zu dem am 13. März 2017 versuchten Versicherungsbetrug des Serdal D***** durch die gegenüber Seit Dz***** (als Verfügungsberechtigtem der W***** AG) hinsichtlich des Brandes in der „P*****“ erfolgte Vortäuschung eines Versicherungsfalls (US 6 und 42 f sowie US 29 iVm ON 771 S 4 f) sowie zu der – von entsprechendem Vorsatz getragenen   – Förderung dieser Tat durch den Beschwerdeführer (US 6, 16, 18 und 29 f; vgl auch Kirchbacher in WK 2 StGB § 146 Rz 128 und 167) und verfehlt damit den gesetzlichen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

Die – Rechtsfehler mangels Feststellungen sowohl in Ansehung der objektiven als auch der subjektiven Tatseite behauptende – Rechtsrüge (Z 9 lit a) des Angeklagten Zülfikar C***** übergeht die zu Schuldspruch X./A./ (wiederum noch hinreichend deutlich) getroffenen Urteilsannahmen, der Beschwerdeführer habe in Kenntnis von den „Problemen“ des Serdal D***** und des Halis O***** (US 17) mit (ersichtlich gemeint:) dem von Serdal D***** gepachteten Geschäftslokal (US 15 f), also einer fremden Sache (RIS Justiz RS0094950; Murschetz in WK 2 StGB § 169 Rz 2), und von der durch sie ohne Einwilligung des Eigentümers (US 18 f) „beabsichtigten Brandlegung“ den Kontakt zu Adam K***** vermittelt, damit sich dieser ihnen zum Zweck der Brandlegung zur Verfügung stelle (US 17).

Weiters lässt sie die Feststellungen außer Acht, wonach auch diesem Angeklagten klar (also von seinem bedingten Vorsatz umfasst; vgl RIS-Justiz RS0088838) war, dass durch das Anzünden eines Geschäftslokals eine Feuersbrunst entstehen kann, und er wollte (zur darin denknotwendig enthaltenen Wissenskomponente RIS Justiz RS0089034), dass (zum Zweck der weiters beabsichtigten Begehung eines Versicherungsbetrugs) ein ausgedehntes Schadensfeuer – ersichtlich gemeint im Sinne der auf US 20, 22, 34 (iVm ON 475 S 685 und 691 ff) und 40 (sowie US 26 iVm ON 750 S 11 bis 15 zur fallbezogen vorliegenden zumindest abstrakten Gefährdung einer Mehrzahl von Personen [vgl RIS Justiz RS0130775]) konstatierten Kriterien (dazu RIS Justiz RS0094944 [T10]) – entfacht werde (US 18).

Schließlich vernachlässigt die Rüge, dass Zülfikar C***** darüber hinaus Serdal D***** und Halis O***** durch die Vermittlung des unmittelbaren Brandlegers bei dieser – tatsächlich verwirklichten – Tat unterstützen und damit zwingend auch die Ausführung der genannten Tat (durch Adam K***** und weitere Angeklagte) fördern „wollte“ (US 18 f; vgl RIS Justiz RS0089030, RS0089768; Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 100 ff).

Die Forderung nach darüber hinausgehenden Konstatierungen zu einer „aktiven verbalen Teilnahme“ des Beschwerdeführers an dem in US 17 konstatierten Gespräch entbehrt methodengerechter Ableitung aus dem Gesetz (vgl Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 82 bis 84).

Weshalb die (von Vorsatz im oben dargestellten Sinn getragene) Vermittlung einer „als Brandleger zur Verfügung stehenden“ Person (US 17) keine sozialinadäquat gefährliche Handlung wäre und der tatsächliche Eintritt der Feuersbrunst (dazu US 20, 22, 34 und 40) damit nicht im Risikozusammenhang stehen sollte, bleibt unerfindlich.

Zu Schuldspruch X./B./ orientiert sich das Vorbringen nicht an den Feststellungen zur Kenntnis des Beschwerdeführers von dem – zwingend auch die Täuschung der (Verfügungsberechtigten der) Versicherung umfassenden   – auf „Versicherungsbetrug“ (im Sinne der oben anlässlich der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Halis O***** dargestellten Sachverhaltsannahmen) abzielenden Tatplan der Angeklagten D***** und O***** (US 17 f) sowie an den Konstatierungen zu seinem – auch die Willenskomponente des Vorsatzes inkludierenden (RIS Justiz RS0088835 [T4]) – Wissen um die Schädigung der Versicherung in ihrem Vermögen und die damit einhergehende unrechtmäßige Bereicherung des Versicherungsnehmers (US 19).

Damit verfehlt auch das Vorbringen dieses Angeklagten den vom Gesetz geforderten, im Urteilssachverhalt gelegenen Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Verteidigung bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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