JudikaturJustiz12Os52/03

12Os52/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. September 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. September 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Habl, Dr. Philipp und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bauer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz H***** und andere Angeklagte wegen der Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter und vierter Fall, Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 1, Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen des Franz H*****, Herbert S***** und Mario H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 1. Oktober 2002, GZ 33 Hv 125/02h-355, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das neben dem unbekämpft gebliebenen Schuldspruch einer weiteren Angeklagten in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthält - wurden Franz H***** des Verbrechens (richtig: der Verbrechen, vgl 13 Os 10/03) nach § 28 Abs 2 zweiter und vierter Fall, Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, zum Teil als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB (I) 1), II)), des Verbrechens der schweren Nötigung als Beteiligter nach §§ 12 zweiter Fall, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (V) A)), der Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten Nötigung, teilweise als Beteiligter nach §§ 105 Abs 1, 12 zweiter Fall, 15 StGB (V) B), C), F), H), I)), der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (V) D), E), K)), des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 2 StGB (V) G)) und des Vergehens der versuchten falschen Beweisaussage vor Gericht als Beteiligter nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 288 Abs 1 StGB (V) J)), Herbert S***** des Verbrechens (richtig: der Verbrechen) nach § 28 Abs 2 zweiter und vierter Fall, Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 1, Z 3 SMG, zum Teil als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB (I)2) und VIII) und Mario H***** des Vergehens (richtig: der Vergehen, vgl Kodek-Fabrizy SMG § 27 A 3) nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG (IV)) und des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1, Abs 3 [erster Fall] StGB (VII)) schuldig erkannt.

Danach haben sie - soweit im Nichtigkeitsverfahren von Relevanz - in Salzburg und andernorts

I)1) Franz H***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Liane St***** und Herbert S***** gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande den bestehenden Vorschriften zuwider zumindest 2.844 g Heroin, mithin Suchtgift in einer großen Menge an nachstehende Personen in Verkehr gesetzt, wobei er die Tat in Beziehung auf eine zumindest das 25-fache der Grenzmenge ausmachenden Suchtgiftmenge begangen und zu einzelnen Ausführungshandlungen teilweise (nur) aufgefordert hat, und zwar:

A) im Zeitraum von Anfang 1991 bis Mitte 1993 durch Verkauf von

insgesamt 1.100 g Heroin in zahllosen Angriffen an Ursula L*****;

B) ca im Jahr 1991 durch Verkauf von insgesamt 170 g Heroin in

zahllosen Angriffen über ca ein Jahr an Reinhold B***** (vormals G*****);

C) von Anfang 1991 bis Mitte 1993 durch Verkauf von insgesamt 1.500 g

Heroin in zahllosen Angriffen an Michael M*****;

D) im Jahr 1993 [US 38: Anfang 1993] durch Verkauf von zumindest 24 g Heroin in mehreren Angriffen über einen Zeitraum von ca drei Monaten an Ernst S*****;

E) in der Zeit von 1991 bis 1993 durch Verkauf einer unbekannten

Menge Heroin in mehreren Angriffen an Rudolf R*****;

F) Mitte des Jahres 1992 [US 41: ab Anfang 1991] bis Ende 1995 durch Verkauf einer unbekannten Menge Heroin in zahllosen Angriffen an Andrea J*****

G) in den Jahren 1991/92 und Mitte 1994 bis Ende 1996 durch Verkauf

einer unbekannten Menge Heroin in zahllosen Angriffen an Günther Go*****;

H) ca im Jahr 1992 über einen Zeitraum von einem Jahr durch Verkauf

einer unbekannten Menge Heroin in zahlreichen Angriffen an Claudia F***** und

I) im Zeitraum 1991 bis 1993 durch Verkauf von zumindest "ca" 50 g

Heroin in zahlreichen Angriffen an Peter K*****;

I)2) Herbert S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Liane St***** und Franz H***** gewerbsmäßig den bestehenden Vorschriften zuwider zumindest ca 200 g Heroin [bei Addition der ziffernmäßig festgestellten Quanten richtig: 204 g], mithin ein Suchtgift, in einer großen Menge an nachstehende Personen in Verkehr gesetzt, wobei er die Taten nach dem 7. Juni 1994 als Mitglied einer Bande begangen hat und schon einmal wegen einer im § 28 Abs 2 SMG (§ 12 Abs 1 SGG alt) bezeichneten strafbaren Handlung verurteilt worden ist, und zwar

A) von Jänner bis Mai 1993 durch Verkauf von zumindest "ca" 10 g

Heroin in mehreren Angriffen an Ursula L*****;

B) ca im Jahr 1991 durch Verkauf von insgesamt 170 g Heroin in

zahlreichen Angriffen an Reinhold B***** (vormals G*****);

C) in den Jahren 1992/93 durch Verkauf einer unbekannten Menge Heroin

an Michael M***** in zahlreichen Angriffen;

D) im Jahr 1993 [US 38: Anfang 1993] durch Verkauf von zumindest 24 g Heroin in mehreren Angriffen über einen Zeitraum von ca drei Monaten an Ernst Sti*****;

E) im Zeitraum 1991 bis 1993 durch Verkauf einer unbekannten Menge

Heroin in mehreren Angriffen an Rudolf R*****;

F) Mitte 1992 [US 41: ab Anfang 1991] bis Ende 1995 durch Verkauf einer unbekannten Menge Heroin in zahlreichen Angriffen an Andrea J*****;

G) "ca" in den Jahren 1991/92 und von Mitte 1994 bis Ende 1996 eine

unbekannte Menge Heroin in zahllosen Angriffen an Günther Go***** und

H) "ca" im Jahr 1992 über einen Zeitraum von einem Jahr durch Verkauf

einer unbekannten Menge Heroin an Claudia F*****;

II) Franz H***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Liane St***** gewerbsmäßig den bestehenden Vorschriften zuwider 10 kg Heroin und 5 kg Kokain im Zeitraum von Anfang 1992 bis Ende Oktober 1993 [US 24: bis Juni 1993] von Holland nach Österreich eingeführt sowie insgesamt 19.413 g Heroin und 8.700 g Kokain, mithin Suchtgifte in einer großen Menge, durch Verkauf an nachstehende Personen in Verkehr gesetzt, wobei er die Taten in Beziehung auf eine zumindest das 25-fache der Grenzmenge ausmachende Suchtgiftmenge begangen hat, und zwar

A) von Anfang Juli 1993 bis Anfang Februar 2001 durch Verkauf von

zumindest 6.750 g Heroin in zahlreichen Angriffen an Ursula L***** (zum geringen Teil in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit der Drittangeklagten Natascha S*****, siehe Punkt III);

B) in den Jahren 1991 [US 33: ab Ende 1991] bis Mitte 1994 durch Verkauf von zumindest ca 750 g Heroin und 300 g Kokain in zahllosen Angriffen an Reinhold B***** (vormals G*****);

C) über einen Zeitraum von September 1993 bis Mitte 1997 durch

Verkauf von ca 4,4 kg Heroin und ca 4,4 kg Kokain in zahllosen Angriffen an Michael M*****;

D) in den Jahren 1993/94 [US 39: ab Mitte 1993] durch Verkauf von ca 78 g Heroin in mehreren Angriffen über einen Zeitraum von ca 39 Wochen an Ernst Sti*****;

E) im Jahr 1994 durch Verkauf von zumindest 5 g Heroin in mehreren

Angriffen an Gerda O*****;

F) im Zeitraum von September 1993 bis 6. Juni 1994 durch Verkauf von

ca 180 g Heroin und im Zeitraum von Dezember 1995 bis Ende Februar 1996 durch Verkauf von ca 10 g Heroin jeweils an Rudolf R*****;

G) im Zeitraum von ca Februar bis Juli 1993, Dezember 1993 und Frühjahr 1994 durch Verkauf von ca 240 g Heroin in zahllosen Angriffen an Albert L*****;

H) im Zeitraum Anfang 1992 bis Ende Oktober 1993 durch Verkauf von ca 7 kg Heroin und ca 4 kg Kokain in zahllosen Angriffen an unbekannt gebliebene Suchtgiftabnehmer;

...

IV) Mario H***** von 1997 bis Mai 2001 den bestehenden Vorschriften zuwider unbekannt gebliebene Mengen an Cannabisharz, Speed, Kokain, LSD und Ecstasy-Tabletten, mithin Suchtgifte, erworben und zum Großteil bis zum Eigenkonsum besessen, sowie von Sommer 1999 bis Mitte 2000 vier Ecstasy-Tabletten, 1 g Speed, 3 LSD-Trips sowie geringe Mengen Kokain dem Andreas A***** unentgeltlich überlassen;

...

VII) Mario H***** im Mai 2001 die Herkunft von Vermögensbestandteilen, die aus dem Verbrechen eines anderen herrührten, nämlich einen Bargeldbetrag von insgesamt 58.138,21 EUR (800.000,-- ATS) aus dem Erlös von Suchtgiftgeschäften des Franz H***** und der Liane St***** durch die Vorgabe, dass er diesen Geldbetrag von seinen Großeltern bzw von seinem leiblichen Vater Willibald K***** erhalten habe, verschleiert, wobei die Tathandlung hinsichtlich eines den Betrag von 40.000,-- EUR übersteigenden Vermögensbestandteiles begangen wurde;

VIII) Herbert S***** dadurch, dass er in der Zeit von Anfang 1992 bis Ende Oktober 1993 in Amsterdam Liane S***** [gemeint: St*****] und Franz H***** mit holländischen Suchtgiftdealern zusammenbrachte und bei der Abwicklung der Suchtgiftgeschäfte dadurch mitwirkte, dass er das Drogengeld umwechselte, das Suchtgift portionierte und verpackte sowie beim Verstecken des Suchtgiftes im Fahrzeug behilflich war, zur Ausführung der zu Punkt II) angeführten strafbaren Handlung, nämlich der Einfuhr von Suchtgift durch Liane St***** und Franz H***** beigetragen.

Neben der Verhängung von Freiheitsstrafen über alle Angeklagten verurteilte das Schöffengericht Franz H***** gemäß § 20 Abs 1 Z 1 StGB zur Zahlung eines Geldbetrages in Höhe der zumindest eingetretenen unrechtmäßigen Bereicherung von 436.000,-- EUR.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil von den genannten Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 StPO, von Franz H***** und Mario H***** darüber hinaus aus Z 2, 3, 5a und 11, bei Herbert S***** überdies aus Z 9 [lit] a leg cit erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden versagen zur Gänze.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Franz H*****:

Dieser Angeklagte beantragt zwar die Aufhebung oder Abänderung des gesamten Urteiles, lässt jedoch zur Faktengruppe V) jegliches konkretes Vorbringen vermissen, sodass in diesem Umfang auf seine Nichtigkeitsbeschwerde mangels einzelner deutlicher und bestimmter Bezeichnung der Anfechtungspunkte keine Rücksicht zu nehmen war (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO; vgl E. Steininger Nichtigkeitsgründe3 AllgBest Rz 36).

Soweit sich das Rechtsmittel erkennbar gegen die Schuldsprüche nach dem Suchtmittelgesetz (I)1) und II)) richtet, ist ihm zu erwidern:

Aus Z 2 - der Sache nach, weil nicht die Verlesung von nach dem Gesetze nichtigen Vorerhebungs- oder Voruntersuchungsakten in der Hauptverhandlung, sondern bloß eine in dieser stattgefundene Verletzung einer mit Nichtigkeitsdrohung versehenen Vorschrift behauptet wird, Z 3 - kritisiert der Beschwerdeführer zu Unrecht die mangelnde Belehrung der Zeugen L*****, J*****, Si***** (zu diesem im Übrigen auch unter Anrufung von Z 4, vgl S 385/XII), D*****, O***** und Sti***** über ihr Entschlagungsrecht nach § 152 Abs 1 Z 1 StPO:

Die genannte Norm billigt dieses Recht allerdings keineswegs allen Zeugen zu, deren Aussage die Möglichkeit eigener strafgerichtlicher Verfolgung begründen könnte, sondern verlangt ausdrücklich eine (konkrete) Gefahr, vor der solche Zeugen geschützt werden sollen; die Bewertung obliegt dem vernehmenden Richter (13 Os 109/00 = EvBl 2001/26; Ratz in JBl 2000, 291 [301]). Im vorliegenden Fall war der Vorsitzende anlässlich der Vernehmung der Zeugen im Jahr 2002 aufgrund der bisherigen Verfahrensergebnisse (vgl vor allem die sicherheitsbehördliche Anzeige ON 203 und die staatsanwaltschaftlichen Einstellungserklärungen S 1ww verso) schon allein im Hinblick auf die von diesen allenfalls begangenen strafbaren Handlungen (§ 16 Abs 1, allenfalls Abs 2 Z 2 SGG) und der mutmaßlichen Tatzeiträume 1994 und 1995 zufolge bereits eingetretener Verfolgungsverjährung nicht verhalten, sie im Sinne der Beschwerdeausführungen zu belehren. Abgesehen davon erhielt die Zeugin J***** während ihrer Vernehmung ohnehin eine entsprechende Belehrung - S 313/XII; bei den Zeugen O***** und Sti***** (und im Ergebnis auch Si*****) wurde nach entsprechender Prüfung der Entschlagungsprämissen prozessordnungskonform das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 152 Abs 1 Z 1 StPO nicht anerkannt - S 261, 268, (386)/XII; der Zeuge D***** war in Übereinstimmung mit seinem Geständnis wegen "Heroinhandels" bereits rechtskräftig abgeurteilt (S 443/XII), weshalb ihm - in Ermangelung fassbarer Anhaltspunkte für eine Selbstbelastung - schon unter diesem Aspekt kein Entschlagungsrecht zustand. Eine allfällige Verletzung von § 153 Abs 1 StPO steht hingegen nicht unter Nichtigkeitssanktion. Mit der Verlesung der Angaben der genannten Zeugen im Vorverfahren war der Rechtsmittelwerber im Übrigen einverstanden (S 121/XIII), sodass mangels Verwahrung dagegen die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 2 schon formell ausscheidet. Mit Blick auf Z 3 sei in diesem Zusammenhang ergänzend angemerkt, dass die Zeugen L***** (ON 144), J***** (ON 197), D***** (ON 215), O***** (ON 135) und Sti***** (ON 136) vor dem Untersuchungsrichter nach Belehrung gemäß § 152 Abs 1 Z 1 StPO auf ihr diesbezügliches Entschlagungsrecht ausdrücklich verzichteten und sich die Gefahr ihrer Selbstbelastung durch ihre Aussagen zur Sache - bei Wiederholung dieses Deponates ohne Aggravierung in der Hauptverhandlung - bereits verwirklicht hatte, sodass die Möglichkeit weiterer Belastung ausschied (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 226; 13 Os 109, 110/00 = EvBl 2001/26 = JBl 2001, 738). Der Zeuge M***** schließlich erhielt - wie die Beschwerde letztlich zugestehen muss - sehr wohl eine Belehrung im Sinne des § 152 Abs 1 Z 1 StPO (ON 154, S 181, 182/III). Seine nach einigem Zögern letztlich abgegebene Erklärung "Ich will aussagen mit Einschränkungen bis zu 100 g Heroin" dokumentiert - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - eindeutig einen ausdrücklichen Verzicht auf das dem Zeugen zustehende Recht der Verweigerung der Aussage (Foregger/Fabrizy StPO8 § 152 Rz 26), zu der er - wie das wörtlich aufgenommene Protokoll darüber erweist - in keiner Weise gedrängt wurde.

Offenbar mit Bezug auf § 252 Abs 1 Z 2a StPO (iVm § 162a Abs 1 StPO) rügt der Angeklagte aus Z 3 allgemein eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes. Die Beurteilung der faktischen Voraussetzungen der Anwendung des § 162a StPO obliegt dem vernehmenden Untersuchungsrichter; eine allfällige Verletzung dieser Norm allein ist nicht mit Nichtigkeit bedroht. Der Vollständigkeit halber bleibt festzuhalten, dass die Voraussetzungen nach Abs 1 leg cit bei den hier in Betracht kommenden Zeugen L***** und M***** jedenfalls vorlagen, war doch deren (selbst von der Beschwerde in anderem Zusammenhang betonter) massiv beeinträchtigter körperlicher Zustand nach jahrzehntelangem Heroinmissbrauch (ON 81, 90) Grund genug für die Besorgnis, dass deren Vernehmung in der Hauptverhandlung aus tatsächlichen Gründen nicht möglich sein werde. Ferner brachten beide zum Ausdruck, nur einmal (im Vorverfahren) vernommen werden zu wollen (ON 81, 154; auch S 459/XII). Dem die Verwertbarkeit dieser Ergebnisse der Voruntersuchung in der Hauptverhandlung negierenden, nominell auf Z 3 und 4 gestützten Ausführungen der Verteidigung ist prinzipiell zu entgegnen:

In Ausformung des durch Art 6 EMRK - der allerdings den taxativen Katalog der Nichtigkeitsgründe nicht erweitert (Mayerhofer StPO4 § 281 E 1 - 3; ders NG4 EMRK Art 6 E 15a, Art 13 E 4) - garantierten fairen (Straf )Verfahrens berechtigt Abs 3 lit d leg cit den Angeklagten unter anderem, Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung der Entlastungszeugen unter den selben Bedingungen wie die der Belastungszeugen zu erwirken. Als besondere Ausprägung des Grundsatzes der Waffengleichheit soll dadurch gesichert werden, dass in der Regel alle Beweismittel in Gegenwart des Angeklagten vor Gericht im öffentlichen Prozess vorzubringen und Gegenstand kontradiktorischer Verwandlung sind. Allerdings reicht es nicht hin, das nicht eingeräumte Recht zur Befragung bestimmter Zeugen (allgemein) zu beklagen. Vielmehr muss ein Angeklagter im Sinne der zu § 281 Abs 1 Z 4 StPO entwickelten Judikatur (vgl Ratz aaO Rz 327) sein Begehren mit Blick auf eine Förderung der Wahrheitsfindung konkretisieren. Ein derartiges Zielvorbringen fehlt den Ausführungen der Verteidigung und kann somit selbst im Lichte einer grundrechtsorientierten Prüfung eine Verletzung von Verlesungsbeschränkungen nach § 252 Abs 1 StPO nicht erblickt werden. Sogar die von angelsächsischen Vorstellungen eines akkusatorischen Parteienprozesses geprägte Judikatur der Straßburger Instanzen lässt Einschränkungen von Art 6 Abs 3 lit d EMRK zu, wenn eine direkte Vernehmung in der Hauptverhandlung nach den Umständen des jeweiligen Falles aus vom Gericht nicht zu vertretenden Gründen unmöglich war, die konkrete Aussage nicht als ausschließlicher Beweis für die Täterschaft Verwendung findet und der Angeklagte hinreichende und wirksame Gelegenheit hatte, bei der Anhörung des Belastungszeugen Fragen zu stellen und die Richtigkeit der Aussage in geeigneter Weise zu bestreiten (Frowein/Peukert EMRK-Kommentar2 Rz 200; Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention Rz 548; Meyer-Ladewig EMRK-Handkommentar Rz 93 - alle zu Art 6; Urteil des EGMR vom 25. Juli 2001 im Fall Perna gegen Italien, Beschwerde Nr 48898/99, Rz 26, 28-30). Dem Einwand des Erfordernisses neuer - vom Nichtigkeitswerber allerdings in keiner Weise substantiierter - Fragen im Verfahrensstadium nach den kontradiktorischen Vernehmungen (der Zeugen L***** und M*****) ist entgegenzuhalten, dass § 252 Abs 1 Z 2a StPO die Verlesung von Protokollen gestattet, wenn Zeugen (wie hier) die Aussage berechtigt verweigern (§ 152 StPO) und die Parteien Gelegenheit hatten, sich an einer gerichtlichen Vernehmung zu beteiligen (§ 162a StPO). Lege non distinguente ist es dabei gleichgültig, in welchem Verfahrensstadium und bei welcher Verdachtslage die kontradiktorische Vernehmung stattfand (14 Os 100/98 = EvBl 1999/45). Die aus der im Verfahren inzwischen naturgemäß eingetretenen Verbreiterung der Ermittlungsergebnisse folgende, mit einer faktischen Einschränkung der Möglichkeiten zur Fragestellung verbundenen thematischen Defizite der kontradiktorischen Vernehmung vermögen hier die Begründungstauglichkeit der verlesenen Protokolle unter dem Gesichtspunkt der Anfechtung nach § 281 Abs 1 Z 5, Z 5a StPO nicht zu schmälern, da (im Einklang mit der oben zitierten Judikatur der Straßburger Instanzen) die Aussagen der Zeugen L***** und M***** zwar wichtige, keineswegs aber die ausschließlichen Grundlagen für den Schuldspruch waren und dieser von den Tatrichtern darüber hinaus auf eine Vielzahl anderer Verfahrensergebnisse gestützt werden konnte (US 68 ff; vgl 13 Os 108/00 sowie 15 Os 84, 85/00 = EvBl 2001/15). Die Nichtverwertbarkeit der Ergebnisse der beiden kontradiktorischen Zeugenvernehmungen für andere (daran aufgrund der Verfahrensentwicklung nicht beteiligte) Angeklagte schließlich beschwert den dies monierenden (davon nicht betroffenen) Franz H***** - auch unter dem Aspekt eines scheinbaren Widerspruches der festgestellten Mengen des tatverfangenen Suchtgiftes (Z 5) - nicht. Der Verfahrensrüge (Z 4) - die auf eine umfassende Erschütterung der Glaubwürdigkeit der Zeugen Li***** und M***** abzielt - zuwider wurden weder durch die erstgerichtliche Ablehnung der Einholung eines neuropsychiatrischen Gutachtens hinsichtlich Ursula L***** noch der zeugenschaftlichen Befragung von Michael M***** und der (seine kontradiktorische Vernehmung leitenden Untersuchungsrichterin) Mag. R***** (S 115, 117/XIII) Gesetze oder Grundsätze des Verfahrens hintangesetzt oder unrichtig angewendet, deren Beobachtung durch grundrechtliche Vorschriften, insbesondere durch Art 6 EMRK oder sonst durch das Wesen eines die Verteidigung sichernden, fairen Verfahrens geboten waren. Dem Antrag zu M***** fehlte es prozessordnungswidrig an jeglicher Begründung und der Anführung von Umständen zu seiner nunmehrigen Aussagebereitschaft (S 221/XII; Foregger/Fabrizy aaO § 246 Rz 1). Soweit sich der Beschwerdeführer unter (im Rechtsmittel nachgetragener) Behauptung eines "Beweisverwertungsverbotes nach § 150 StPO" gegen die Verwertung der kontradiktorischen Vernehmung dieses Zeugen (ON 154) wendet, verkennt er, dass es der österreichischen Strafprozessordnung widerspricht, ein vorgekommenes Beweismittel der Beweiswürdigung zu entziehen (Ratz aaO Rz 363). Die beiden anderen genannten Beweisanträge zielen - abgesehen davon, dass die Beurteilung der Aussagetüchtigkeit eines Zeugen gemäß § 258 StPO ausschließlich den Tatrichtern zukommt (jüngst 12 Os 13/03 mwN zur stRsp) - der Sache nach unzulässig auf reine Erkundungen ab: die ins Treffen geführte Beeinträchtigung der Gedächtnisleistungen der über 20 Jahre Heroin konsumierenden, in psychiatrischer Behandlung stehenden Ursula L***** (S 208, 209/XII) hat - abgesehen von der (hier) nicht vorliegenden Zustimmung der Zeugin zur beantragten Untersuchung - ebenso wie die Befragung der Untersuchungsrichterin über die aus Protokoll (ON 154) und Videoaufzeichnung ohnedies ersichtlichen Vernehmungsumstände bloß das Ziel der Abklärung, ob von diesen Beweisen allenfalls weitere verfahrenrelevante Aufschlüsse zu erwarten sind, zumal nicht fundiert dargetan wurde, dass objektive Momente für die Annahme vorlägen, Li***** leide unter nach Bedeutung und Gewicht dem Grad der in § 11 StGB erfassten Geistesstörungen nahekommenden Wahrnehmungs-, Gedächtnis- und Wiedergabeschwächen (Ratz aaO Rz 330, 331; Mayerhofer StPO4 § 150 E 44, 45, 52; § 281 Z 4 E 88, 90c, 90k und EGr 19; auch SSt 49/55).

Der als gesonderter Anfechtungspunkt formulierten Rechtsmittelpassage "14. 08. 2001; S 213" mangelt es an deutlicher und bestimmter Bezeichnung irgendeines Nichtigkeitsgrundes (§ 285a Z 2 StPO). Das sachlich noch nicht behandelte Vorbringen der Mängelrüge (Z 5) spricht mit der Betonung divergierender Verfahrensergebnisse zur Frage, an welchem See der Zeuge Go***** Suchtgift vom Beschwerdeführer bezogen habe (S 520/XII), keinen für die Lösung der Schuld- und Straffrage entscheidenden Umstand an.

Seine Tatsachenrüge (Z 5a) leitet der Rechtsmittelwerber damit ein, er sei "in vollem Bewusstsein, dass es der Nichtigkeitsbeschwerde im schöffengerichtlichen Verfahren nicht möglich ist, die Beweiswürdigung direkt zu bekämpfen". Genau dies unternimmt er allerdings in der Folge - zum Teil unter Wiederholung der Ausführungen zu den Zeugen Li***** und M***** - durch Herausgreifen und eigenständiges Bewerten aus dem Zusammenhang gelöster Beweisdetails nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen Schuld, ohne damit allerdings erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldspruch tragenden Tatsachenfeststellungen zu erwecken. Dass eine finanzbehördliche Überprüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Zusammenhang mit Erwerb und Sanierung einer Liegenschaft (Einfamilienhaus im Neumarkt a. W.) "zu keinem strafbaren Verhalten" gelangte (S 83/XIV), kann schon wegen der völlig unterschiedlichen Erhebungsziele auf sich beruhen und lässt überdies die Tatsache unberührt, dass beim Nichtigkeitswerber am 31. Mai 2001 Schmuck, Sparbücher und Bargeld im Wert von über 108.000,- EUR sichergestellt werden konnten (US 49). Der Rechtsmittelargumentation zuwider bietet der angerufene Nichtigkeitsgrund nicht die Möglichkeit, (angebliche) "gravierende Fehler, die gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des fairen Prozesses verstoßen, zu beheben".

Unter nomineller Abstützung auf Z 11 vermisst der Nichtigkeitswerber - im Hinblick auf den klaren Urteilsspruch US 13 unverständlich - "eine entsprechende Verurteilung zur aus US 119 ersichtlichen Verurteilung zum Geldersatz". Eine zufolge Gleichstellung der Abschöpfung der Bereicherung mit dem Ausspruch über die Strafe (§ 443 Abs 3 1. Halbsatz StPO) unter dem Gesichtspunkt der Z 11 zu überprüfende (11 Os 61/00) unrichtige Lösung einer Rechtsfrage wird damit nicht dargetan. Darüber hinaus ist ein Abschöpfungserkenntnis gemäß 443 Abs 3 2. Halbsatz StPO mit Berufung zu bekämpfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Herbert S*****:

Auch die Verfahrensrüge (Z 4) dieses Rechtsmittelwerbers ist nicht berechtigt, da ihm durch das Vorspielen der Videoaufzeichnungen über die Vernehmungen der Zeugen L***** und M***** - wogegen er sich ausgesprochen hatte - unzweifelhaft deshalb kein Nachteil erwuchs (§ 281 Abs 3 StPO), weil die Tatrichter die Angaben dieser Zeugen für den Schuldspruch des Herbert S***** explizit nicht heranzogen, sondern bloß dessen Geständnis dazu verwerteten (US 103 f; vgl 14 Os 77/99 = EvBl 2000/65), weshalb auch die verschiedenen vom Angeklagten Franz H***** und dem Beschwerdeführer zu vertretenden Suchtgiftmengen (Faktengruppe I)2)A)) keinen Begründungsmangel (Z 5) des angefochtenen Urteils bewirken. Die im Hinblick auf die bekämpfte Zulassung der Abspielung der Videobänder über die Vernehmung der eingangs bezeichneten Zeugen behauptete "negative Einflussnahme" durch deren (äußeres) Erscheinungsbild ist eine auf eigenständigen Beweiserwägungen beruhende urteilsfremde Hypothese. Dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5) zuwider wurde der Widerruf der ursprünglichen (Liane St***** und sich selbst belastenden) Aussagen des Angeklagten S***** im Urteil sehr wohl erörtert (US 68 ff). Die weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang sind als Bekämpfung tatrichterlicher Beweiswürdigung nach Art einer Berufung wegen Schuld hier unzulässig.

Soweit die Mängel-, aber auch die Rechtsrüge (Z 5, Z 9 lit a - der Sache nach nur Z 9 lit a) das Fehlen von Feststellungen zu Suchtgiftverkäufen des Angeklagten an Ursula L***** und Michael M***** vorbringt, übergeht sie die - mängelfrei begründeten - entsprechenden Passagen US 54; 25, 26 zu den die Fakten I) 2) A) und

C) betreffenden Feststellungen der objektiven und subjektiven

Tatbestandsmerkmale.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Mario H*****:

Insoweit die Beschwerde sich mit dem Hinweis auf die (im selben Schriftsatz enthaltenen) Rechtsmittelausführungen des Franz H***** begnügt, verfehlt sie die prozessordnungsgemäße deutliche und bestimmte Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen (§ 285a Z 2 StPO; SSt 48/86 [348]; Foregger/Fabrizy aaO § 285a Rz 3; Mayerhofer aaO § 285 E 42).

Da die Tatrichter eine Verwertung der "kontradiktorischen Vernehmungen" (der Ursula L***** und des Michael M*****) mangels Beteiligungsmöglichkeit dieses Beschwerdeführers daran ausdrücklich ausklammerten (US 103 f, 113), fehlt es der Beschwerdeargumentation, wonach seine Verurteilung von der seines Vaters Franz H***** abhänge, welche wiederum mit den Aussagen Li***** und M***** begründet wurde, an erwiderungsfähigem argumentativen Substrat. Mangels faktenmäßiger Differenzierung im Rechtsmittel ist dies nämlich zum Urteilsfaktum IV unverständlich und zum Urteilsfaktum VII unter Zugrundelegung der Vielzahl der sonstigen, zur Überführung des leugnenden Angeklagten herangezogenen Beweisergebnisse nicht nachvollziehbar. Die zum Teil nicht gesetzmäßig ausgeführten (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO iVm § 285a Z 2 StPO), teils offenbar unbegründeten (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO) Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen, woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die unter einem erhobenen Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Rechtssätze
10