JudikaturJustiz11Os24/84

11Os24/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. März 1984

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.März 1984 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Wrabetz als Schriftführer in der Strafsache gegen Christian A wegen des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 13.Dezember 1983, GZ 10 Vr 2.228/83-23, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Müller- Strobl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Stöger zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3.Juli 1951 geborene, zuletzt beschäftigungslose Christian A des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs 1 StGB und des Vergehens der versuchten Nötigung nach den § 15, 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 20.Juli 1983 in Klagenfurt dem Norbert B dadurch, daß er ihn an den Schultern erfaßte, ihn aufforderte, sofort 200 S herauszugeben, ihn nach Verweigerung der Herausgabe des Geldes niederschlug und sodann erneut von ihm die Herausgabe von 200 S begehrte, sohin mit Gewalt gegen die Person des Genannten, 200 S Bargeld mit dem Vorsatz abgenötigt zu haben, sich durch die Zueignung des Geldes unrechtmäßig zu bereichern; und den Norbert B (im Anschluß daran) durch die öußerung, er werde im Fall einer Anzeigeerstattung mit anderen 'Haberern' kommen und dann werde es ihm (B) schlecht ergehen, mithin durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Erstattung einer Anzeige wegen des Vorfalles, zu nötigen versucht zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die nicht berechtigt ist. Mit dem Vorwurf, einige (im einzelnen näher bezeichnete) Abweichungen in der Schilderung des Tatgeschehens durch Norbert B seien unberücksichtigt geblieben, wird eine Urteilsnichtigkeit nach der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht dargetan. Diese (anfänglichen) Divergenzen wurden nämlich in der Hauptverhandlung ohnedies erörtert und vom Zeugen B, der seine Angaben insoweit korrigierte (S 92 d.A), unter Hinweis auf sein durch Zeitablauf geschwächtes Erinnerungsvermögen auch aufgeklärt (S 93 d.A). Schon mit Rücksicht darauf brauchte im Urteil auf dieses Verfahrensergebnis nicht besonders eingegangen zu werden. Dies umso mehr, als auch der Beschwerdeführer in seiner Verantwortung Tätlichkeiten gegen Norbert B keineswegs in Abrede stellte und auch eine nur in ihrem Wortlaut vom Anklagevorwurf etwas abweichende Drohung mit dem Ziel, Norbert B von einer Anzeigeerstattung abzuhalten, eingestand, im übrigen lediglich einen im Zeitpunkte der Tätlichkeiten vorgelegenen Raubvorsatz bestritt und glaubhaft zu machen suchte, daß er sich die ihm von B ausgefolgten 200 S 'ausgeborgt' habe und das Geld einige Tage später wieder zurückerstatten wollte (S 91 und 92 d. A). Dieser letztlich bloß ein Handeln mit Bereicherungsvorsatz in Abrede stellenden Verantwortung des Angeklagten versagte aber das Erstgericht in freier Beweiswürdigung den Glauben. Die behauptete Unvollständigkeit der Urteilsbegründung liegt somit nicht vor. Die Rechtsrüge, die auf das Fehlen von Feststellungen über einen im Urteilsfaktum 1 vorgelegenen Bereicherungsvorsatz des Angeklagten gestützt wird, entbehrt der gesetzmäßigen Ausführung. Ist doch die vermißte Feststellung zur subjektiven Tatseite (Bereicherungsvorsatz) im angefochtenen Urteil ausdrücklich enthalten (S 99 d.A). Der Beschwerdeführer vergleicht demnach nicht, wie dies zur prozeßordnungsgemäßen Ausführung des in diesem Zusammenhang von ihm geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes nach der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erforderlich wäre, den im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz. Es versagt aber auch der in weiterer Ausführung des vorzitierten Nichtigkeitsgrundes erhobene Einwand des Beschwerdeführers, die dem Raub nachfolgende (versuchte) Nötigung des Tatopfers sei als straflose Nachtat zu werten, weil sie nur eine Deckungshandlung darstelle, um den von ihm begangenen Raub zu verschleiern. Straflosigkeit der Nachtat verlangt, wie auch der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang einräumt, neben der Identität der von der Vor- und Nachtat betroffenen Person auch jene des verletzten Rechtsgutes, weil nur dann durch die Bestrafung der Vortat (Haupttat) der Unrechtsgehalt der nachfolgenden Deliktshandlung vollständig miterfaßt werden kann (Burgstaller, JBl 1978, S 462; Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB 2 , RN 45 und 51 zu § 28 StGB). So gesehen tritt aber die Konsumtion einer dem Raub unmittelbar nachfolgenden gefährlichen Drohung, die sich gegen die Person des Beraubten richtet, entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung nicht ein, wenn der Täter - wie im vorliegenden Fall - mit dieser Drohung bezweckt, das Tatopfer über die vorangegangene, auf gewaltsame Sachwegnahme bzw. Sachabnötigung, also auf Raub (als Vermögensdelikt) abgestellte Tathandlung hinaus auch noch zu einem weiteren, die persönliche Entscheidungsfreiheit des Opfers in anderer Richtung (vgl. Kienapfel, BT I, RN 777) beeinträchtigenden Verhalten (Abstandnahme von einer Anzeigeerstattung wegen des vorangegangenen Raubes) zu veranlassen. In einem solchen Fall kann bei wertender Betrachtung des durch die beiden Taten verwirklichten Unrechts nicht gesagt werden, daß die Nachtat über die bereits mit der Vortat (Haupttat) verbundene Rechtsgutbeeinträchtigung nicht hinausgeht und schon durch die Bestrafung der Vortat in ihrem Unrechtsgehalt vollständig miterfaßt wird (RZ 1979/63, mit weiteren Hinweisen).

Schließlich kann auch den Ausführungen des Beschwerdeführers zu dem von ihm geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO nicht beigepflichtet werden, mit denen er im Schuldspruchfaktum 1 eine Tatbeurteilung als 'minder schweren Raub' im Sinn des § 142 Abs 2 StGB anstrebt. Denn eine Privilegierung nach dieser Gesetzesstelle setzt u.a. voraus, daß der Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt verübt wurde. Davon kann aber angesichts der im Ersturteil festgestellten brutalen Vorgangsweise des Angeklagten, der dem Norbert B einen derart kräftigen Faustschlag in das Gesicht versetzte, daß dieser rücklings zu Boden stürzte und (erheblich) verletzt liegenblieb, keine Rede sein (vgl. Kienapfel, Besonderer Teil II, RN 109 und 111 zu § 142 StGB und die dort zitierte Judikatur; 12 Os 129/81). Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

über den Angeklagten wurde nach dem § 142 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verhängt.

Das Erstgericht nahm bei der Strafbemessung als erschwerend die sonstigen (nämlich die zur Begründung einer Strafschärfung nach dem § 39 StGB nicht tauglichen) einschlägigen Vorstrafen sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen; als mildernd hingegen das teilweise Geständnis und den Umstand an, daß die Nötigung beim Versuch blieb.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Verfahrensergebnisse, welche die Anwendung des § 34 Z 10 StGB

rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.

Der Milderungsgrund der Berauschung (§ 35 StGB) kann dem Angeklagten schon deshalb nicht zugute gehalten werden, weil ihm - wie sich aus der Vorstrafenbelastung ergibt bekannt war, daß er im Rauschzustand zur Delinquenz neigt.

Auch bei Berücksichtigung des geringen Wertes der Raubbeute erscheint das in erster Instanz gefundene Strafmaß nicht überhöht, zumal der rasche Rückfall zusätzlich als erschwerend zu werten ist. Daß nicht nur die 'sonstigen', sondern alle einschlägigen Vorstrafen als Erschwerungsgrund heranzuziehen gewesen wären (RZ 1983/10 u.a.), sei nur am Rand erwähnt.

Somit konnte auch der Berufung kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Rechtssätze
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