JudikaturJustiz11Os190/78

11Os190/78 – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. März 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter, sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schifter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Michael A wegen des Vergehens der falschen Beurkundung im Amt nach dem § 311 StGB über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 27. September 1978, GZ. 7 Vr 2307/78-7, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Walter Schlick, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Strafsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1. August 1939 geborene Vizeleutnant des Österreichischen Bundesheers Michael A von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe Anfang März 1978 in Graz als Beamter in öffentlichen Urkunden, deren Ausstellung in den Bereich seines Amtes fiel, Tatsachen dadurch fälschlich beurkundet, daß er als Wirtschaftsunteroffizier der NT-Kompanie des Versorgungsregiments 2 auf den Sammelausweisen für verlorenes (beschädigtes) Wirtschaftsgerät und Einzahlungsbestätigungen falsche Verlustträger anführte und deren Unterschriften nachmachte, wobei er mit dem Vorsatz handelte, daß diese Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis der ordnungsgemäßen Abrechnung der entsprechenden Ersatzbeträge gebraucht werden, und habe hiedurch das Vergehen der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach dem § 311 StGB begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Nach Ansicht des Schöffengerichts handelte es sich bei den Sammelausweisen, die als Nachweis für in Verlust geratene oder beschädigte Wirtschaftsgüter dienen, nicht um öffentliche Urkunden, weil sie nicht von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse in einer bestimmt vorgeschriebenen Form nach einem im Gesetz vorgeschriebenen Verfahren ausgestellt worden seien. Den Freispruch bekämpft die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Des Vergehens der falschen Beurkundung im Amt nach dem § 311 StGB macht sich ein Beamter schuldig, der in einer öffentlichen Urkunde, deren Ausstellung in den Bereich seines Amtes fällt, ein Recht, ein Rechtsverhältnis oder eine Tatsache fälschlich beurkundet, wenn er mit dem Vorsatz handelt, daß die Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis des Rechtes, des Rechtsverhältnisses oder der Tatsache gebraucht werde.

Täter kann nur ein Beamter sein, der bestellt ist, im Namen des Bundes .... als dessen Organ mit einem anderen Rechtshandlungen vorzunehmen, oder sonst mit Aufgaben der Bundes- ...verwaltung betraut ist (§ 74 Z 4 StGB).

Unter Urkunde ist eine Schrift zu verstehen, die errichtet worden ist, um ein Recht oder ein Rechtsverhältnis zu begründen, abzuändern oder aufzuheben oder eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen (§ 74 Z 7 StGB).

Öffentliche Urkunden sind solche, welche .... von einer öffentlichen

Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse .... in der

vorgeschriebenen Form errichtet sind (§ 292 Abs. 1 ZPO).

Die Heeresverwaltung zählt zur Hoheitsverwaltung des Bundes (Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 1191). Der als Wirtschaftsunteroffizier des Österreichischen Bundesheers mit Aufgaben der Heeresverwaltung betraute Angeklagte ist daher Beamter im Sinne des § 74 Z 4 StGB Ob ihm in dieser Funktion selbständige Entscheidungs- und Befehlsgewalt zukommt, kann dahingestellt bleiben. Denn Beamte im Sinne des Strafgesetzbuches sind auch solche, die nicht mit der Vornahme von Rechtshandlungen, sondern nur mit tatsächlichen Verrichtungen wie etwa dem Vorbereiten oder Vorerledigen von Verfügungen betraut sind (Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 388; ÖJZ-LSK 1977/173). Die dem Angeklagten in seiner Funktion als Wirtschaftsunteroffizier der NT-Kompanie des Versorgungsregiments 2 obliegende Erstellung von Sammelausweisen für verlorenes (beschädigtes) Wirtschaftsgerät und bezüglicher Einzahlungsbestätigungen betreffend Ersatzleistungen erfolgt zu dem Zweck, Tatsachen zu beweisen, die für die Abrechnung der von den Verlustträgern bzw. Beschädigern von Heeresgut kassierten Ersatzbeträge von rechtlicher Bedeutung sind. Die in Rede stehenden Sammelausweise und Einzahlungsbestätigungen sind daher Urkunden im Sinne des § 74 Z 7 StGB, und, da ihre Ausstellung von einem - hiemit betrauten - Beamten einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse mit (sachbezogenen) vorgeschriebenem Inhalt vorgenommen wird, als öffentliche Urkunden im Sinne der § 292, 293 Abs. 1 ZPO (§ 311 StGB) zu beurteilen, ohne daß es, zumal es sich um behördeninterne Unterlagen handelt, hiezu des Bestehens bestimmter Formvorschriften noch der Einhaltung besonderer Förmlichkeit bedarf (EvBl. 1978/60).

Der Schutzzweck des Vergehens nach dem § 311 StGB bezieht sich - gleich jenen der Vergehen nach den § 223, 224 StGB - u. a. auf die Richtigkeit des Inhalts einer im Rechtsverkehr zu gebrauchenden öffentlichen Urkunde (vgl. EvBl. 1977/105).

Da auch ein zum Beweis rechtlich erheblicher Tatsachen dienender behördeninterner Gebrauch solcher Urkunden 'im Rechtsverkehr' erfolgt (EvBl. 1977/185, 1978/60), ist durch die vom Erstgericht festgestellte Handlungsweise des Angeklagten der Tatbestand des Vergehens der falschen Beurkundung im Amt nach dem § 311 StGB in objektiver Hinsicht gegeben.

Da das Erstgericht aber das Vorliegen des Tatbildes nach dem § 311 StGB verneinte, unterließ es Feststellungen über die subjektive Tatseite. Das Urteil mußte daher zwecks Feststellung, ob der Angeklagte mit - zumindest bedingtem -

Vorsatz in Bezug auf den Gebrauch der Sammelausweise im Rechtsverkehr handelte, aufgehoben werden. Eine solche Feststellung ist umso eher nötig, als zum Zeitpunkt der tatbildmäßigen Handlungsweise des Angeklagten die Schadensbeträge von den Verlustträgern bereits eingehoben waren.

Im zweiten Rechtsgang wird aber auch, wenn sich der Angeklagte, wie im NB-Verfahren, auf einen Rechtsirrtum berufen sollte, die Frage dieses Schuldausschließungsgrundes zu erörtern sein. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtssätze
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