JudikaturJustiz11Os124/93

11Os124/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Oktober 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Oktober 1993 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer, Dr. Ebner und Dr. Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wimmer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Casim M* und Milos P* wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 20. November 1992, GZ 30 c Vr 8609/93 676 a, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, des Angeklagten M*, und der Verteidiger Dr. Winterstein und Dr. Scheiber, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten P*, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch unbekämpfte Freisprüche enthält, wurden Casim M* und Milos P* auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, erster Satz, zweiter Fall, StGB "teilweise als Beitragstäter" schuldig erkannt. Unter Berücksichtigung des Beschlusses des Vorsitzenden des Schwurgerichtshofes vom 31. Mai 1993 (XVI, ON 172) über die Angleichung der Urteilsausfertigung an das verkündete Urteil hatten die Schuldsprüche folgenden Wortlaut:

"Casim M* und Milos P* sind schuldig, sie haben mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe Nachgenannten fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen bzw abgenötigt, durch deren Zueignung sich unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1./ Casim M* und Milos P* am 23. Juli 1990 in W* im einverständlichen Zusammenwirken als unmittelbare Täter mit dem abgesondert verfolgten V* und Alexander M* Verfügungsberechtigten des Hotels B* S 64.192,95 Bargeld sowie Valuten im Wert von S 62.640, , indem Casim M* mit einem Personenkraftwagen Milos P*, Milovac V* und Alexander M* zu jenem Hotel brachte, worauf die Genannten in dieses eindrangen, zwei Messer zückten und ein abgesägtes Kleinkalibergewehr gegen den Hotelportier Georg P* richteten, wobei einer von ihnen "Don't cry! I'll kill you!" rief, worauf sie den Genannten fesselten, sich der angeführten Bargeldbeträge bemächtigten und mit dem durch Casim M* gelenkten Personenkraftwagen die Flucht ergriffen;

2./ Casim M* und Milos P* am 6. August 1990 in W* im einverständlichen Zusammenwirken als unmittelbare Täter mit den abgesondert verfolgten Milovan V*, Alexander M* und Borjana M* der Friederike M* fünf Armbänder, drei Herrenketten, eine Kugelkette, ein Medaillon, 12 Monatszeichen, 40 Stück Jui Jui, 30 Stück silberne Ketten, 3 silberne Medaillons und eine Armbanduhr Marke Schaffhausen sowie Golddraht, goldene Sprengringe und Bruchgold im Wert von insgesamt S 104.160, , indem sich Casim M* mit einem startbereiten Personenkraftwagen bereithielt, während Borjana M* das Geschäftslokal der Friederike M* betrat und sie Milos P*, Milovan V* und Alexander M* ein Zeichen gab, worauf die Genannten in die Geschäftsräumlichkeiten eindrangen, Friederike M* eine Pistole an den Kopf ansetzten, jene zu Boden stießen, festhielten, ihr ein Klebeband um den Kopf wickelten und sich der angeführten Wertgegenstände bemächtigten, worauf sie mit dem durch Casim M* gelenkten Personenkraftwagen die Flucht ergriffen;

3./ Casim M* am 8. Mai 1990 in B* im einverständlichen Zusammenwirken als unmittelbarer Täter mit dem abgesondert verfolgten Zdravko T* und einem Unbekannten der Vesna S* einen Diplomatenkoffer sowie S 78.000, , DM 55.800, - und sfr 500, , 29 US Dollar Bargeld sowie eine goldene Halskette, einen goldenen Ehering, einen goldenen Verlobungsring, zwei goldene Damenringe, ein paar Ohrringe und eine Damenarmbanduhr Marke Royce, indem er sich mit einem startbereiten Personenkraftwagen in unmittelbarer Nähe bereithielt, während Zdravko T* und jener Unbekannte in den Hof eines Hauses eindrangen, wo sie Vesna S* niederschlugen und einer von ihnen rief, sie solle nicht sprechen, sonst bringe er ihre Kinder um, worauf sie die Genannte in ihr Wohnhaus zerrten und mit vorgehaltenem Revolver von ihr Bargeld forderten, worauf sie ihnen S 19.000, - und den von ihr getragenen Schmuck übergab und jene sich überdies des angeführten Koffers samt des darin enthaltenen Bargelds bemächtigten, worauf sie mit dem durch Casim M* gelenkten Personenkraftwagen die Flucht ergriffen."

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagten bekämpfen die sie betreffenden Schuldsprüche mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, wobei Casim M* die Nichtigkeitsgründe der Z 6, 8, 10 a und 11 lit a und Milos P* jene der Z 4, 6 und 10 a des § 345 Abs. 1 StPO geltend machen, überdies die Strafaussprüche mit Berufungen.

Der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden ist vorauszuschicken, daß der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der von den Beschwerdeführern erhobenen Einwände gegen die Fragestellung an die Geschworenen an den dem Urteil zugrundeliegenden Wahrspruch der Geschworenen, so wie er sich aus der bei den Akten befindlichen Aufzeichnung über die den Laienrichtern gestellten Fragen und die darauf erteilten Antworten ergibt, gebunden ist, nicht jedoch an deren wie hier infolge Verstoßes gegen § 342 StPO fehlerhafte Wiedergabe in der Urteilsausfertigung ( Mayerhofer Rieder StPO 3 ENr 10 a zu § 345).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Casim M*:

Aus der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO rügt der Beschwerdeführer M* das Unterbleiben von Eventualfragen in Richtung einer Beitragstäterschaft mit der Begründung, daß er in den (mit einer unwesentlichen Einschränkung bejahten und dem Schuldspruch zugrundeliegenden) Hauptfragen Nr 3, 5 und 6 als unmittelbarer Täter bezeichnet wurde, "obgleich schon aus der Formulierung der Hauptfrage eine Betätigung ... lediglich am Rande der Ausführung der inkriminierten Handlung im Sinne eines Tatbeitrages nach Maßgabe des dritten Falles des § 12 StGB zu beurteilen wäre". Die Rüge ist bereits im Ansatz verfehlt, weil sie die rechtliche Beurteilung des Wahrspruches durch den Schwurgerichtshof bekämpft, während Voraussetzung für die Stellung einer Eventualfrage nach § 314 Abs. 1 StPO aber jedenfalls ein von den Sachverhaltsgrundlagen der Hauptfragen abweichendes Tatsachensubstrat ist, das eine andere rechtliche Beurteilung zur Folge hat ( Mayerhofer Rieder StPO 3 ENr 9 zu § 314).

Dem Angeklagten M* wurde in der Anklageschrift (ON 600) tatsachenmäßig unzweifelhaft keine Ausführungshandlungen der Raubtaten, sondern die Unterstützung der jeweiligen "unmittelbaren Täter" (im Sinne der ersten Variante des § 12 StGB) durch Lenken eines Kraftfahrzeuges angelastet. Seine insoweit rechtlich verfehlte Bezeichnung als "unmittelbarer Täter" vermochte allerdings die auf die Behauptung von Beihilfehandlungen beschränkte inhaltliche Tragweite des schriftlichen Anklagevorwurfes nicht zu verändern und wurde überdies durch Modifizierung der Anklage in der Hauptverhandlung (XVI, 519) im Anklagefaktum I. durch die sachverhaltsmäßige Hervorhebung, daß die unmittelbaren Raubtäter in (noch keine Mitwirkung an der Tatausführung erfassender vgl Leukauf Steininger Komm 3 § 12 RN 22) Anwesenheit des Angeklagten handelten und in den Anklagefakten II. und III. durch Bezeichnung des Angeklagten als Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB) unterstrichen.

Demnach war es verfehlt, den Angeklagten M* in der Hauptfrage 3. (Urteilsfaktum 1.) als "unmittelbaren Täter" zu bezeichnen, jedoch verhinderte dieser Mangel nicht die gesetzmäßige Fragestellung nach der Schuld an der der Anklage zugrundeliegenden strafbaren Handlung (§ 312 Abs. 1 StPO), weil seine Unterstützungstätigkeit als Kraftfahrzeuglenker genau beschrieben und gerade durch die Hervorhebung seiner (bloßen) Anwesenheit anläßlich der Tatverübung klargestellt war, daß die Ausführungshandlungen des Raubes von anderen gesetzt wurden. Die unrichtige Bezeichnung des Beschwerdeführers als "unmittelbarer Täter" enthielt nach Lage des Falles keinerlei Aussage über ein bestimmtes Verhalten des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit diesem Raub.

Die Beschwerdebehauptung, der Angeklagte M* sei auch in der Hauptfrage 5 (Urteilsfaktum 2.) als unmittelbarer Täter bezeichnet worden, trifft nicht zu. Der Text der Hauptfrage 6 (Urteilsfaktum 3.) enthält zwar eine solche Benennung, sie hat jedoch auch hier nicht den Charakter einer Verhaltensbeschreibung. Es kommt vielmehr im fraglichen Inhalt eindeutig zum Ausdruck, daß der durch Bejahung feststellbare Sachverhalt auf einen Tatbeitrag des Angeklagten durch Lenken eines Personenkraftwagens beschränkt war.

Da somit die Hauptfragen ohnehin auf die Leistung von Tatbeiträgen gerichtet waren, verblieb für die vom Beschwerdeführer geforderte Eventualfragestellung in Richtung Beitragstäterschaft kein Raum (EvBl 1992/154 = RZ 1992/78). Daß der Schwurgerichtshof auf Grund des durch Bejahung dieser Hauptfragen zustande gekommenen Wahrspruchs bei dessen rechtlicher Beurteilung als schwerer Raub nach §§ 142 Abs. 1, 143, erster Satz, zweiter Fall, StGB, ohne nach Tätern zu differenzieren, durch die Worte "teilweise als Beitragstäter" die Beteiligungsform des Angeklagten M* in allen drei Raubfällen nicht mit faktenspezifischer Klarheit ausdrückte, bedeutet weder das Fehlen einer Subsumtion unter eine Strafbestimmung, noch die Anwendung eines unrichtigen Strafgesetzes, weshalb dadurch kein Nichtigkeitsgrund verwirklicht wurde.

Soweit der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf die Hauptfrage 5 (Urteilsfaktum 2.) zum Ausdruck bringt, das Beweisverfahren habe keinen Hinweis auf seine Tatbeteiligung erbracht und es wäre auch eine Fragestellung "im Sinne des § 164 StGB" vorzunehmen gewesen, unterläßt er die erforderliche Substantiierung, durch welche in der Hauptverhandlung vorgebrachten konkreten Tatsachen (§ 314 Abs. 1 StPO) die nunmehr urgierte weitere Fragestellung indiziert gewesen sein soll. Der Einwand stellt daher keine gesetzmäßige Ausführung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes dar und entzieht sich damit einer inhaltlichen Erwiderung ( Mayerhofer Rieder StPO 3 ENr 8 a zu § 345 Z 6).

Die in der Instruktionsrüge (Z 8) vom Beschwerdeführer vermißte Belehrung der Geschworenen darüber, daß ein am bewaffneten Raub Beteiligter die Qualifikation nach § 143, erster Satz, zweiter Fall, StGB nur bei einem die Waffenbenützung einschließenden Vorsatz zu verantworten hat, wurde ohnehin erteilt. Die Rechtsbelehrung brachte zum Ausdruck, daß jeder Beteiligte (§ 12 StGB) als Täter anzusehen ist (S 4 f der Rechtsbelehrung), die qualifikationsbegründende Verwendung der Waffe (beim Raub) vom Tätervorsatz umfaßt sein muß (S 8) und dies auch bei Tatverübung "als Mittäter im Sinne von § 12 StGB" (S 8) gilt. Da der Begriff "Mittäter" den dazu erteilten Erläuterungen (S 4) zufolge aber unter überflüssiger und unzweckmäßiger Abweichung von dem in Lehre und Rechtsprechung sonst gebräuchlichen Verständnis (vgl Leukauf Steininger Komm 3 § 12 RN 20 f) als Bestimmungs und Beitragstäterschaft erläutert wurde, war die Rechtsbelehrung fallbezogen dem Beschwerdestandpunkt zuwider im Ergebnis nicht zur Beirrung der Geschwornen geeignet.

Mit der Argumentation (Z 10 a), daß der Angeklagte in Ansehung des Urteilsfaktums 1. vom Zeugen P* nicht mit Sicherheit als Täter identifiziert worden sei und überhaupt in Ansehung aller drei Fakten keine Beweisergebnisse für seine Täterschaft vorhanden seien, werden im Lichte der gesamten Verfahrensergebnisse keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Verdikt der Geschworenen festgestellten Tatsachen erweckt.

Die verbleibende Rechtsrüge (Z 11 lit a) enthält keine prozeßordnungsgemäße Ausführung des bezeichneten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes, welche den Nachweis erfordert hätte, daß der im Wahrspruch der Geschwornen festgestellte objektive und subjektive Sachverhalt rechtsirrig als gerichtlich strafbare Handlung beurteilt worden sei (SSt 42/34). Demgegenüber wird mit den Einwänden, wonach der Wahrspruch infolge unrichtiger Gesetzesanwendung gar keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite enthalte und bei Berücksichtigung der Verfahrensergebnisse das Fehlen der subjektiven Tatseite anzunehmen wäre, der Umfang des auch den inneren Tatbestand umfassenden Verdikts der Geschworenen nicht zur Kenntnis genommen. Damit leitet der Beschwerdeführer den behaupteten Rechtsirrtum nicht aus dem Wahrspruch selbst ab, sondern übt bloß auf unzulässige Art Kritik an der Beweiswürdigung der Geschworenen, weshalb insoweit keine gesetzmäßige Anfechtung vorliegt. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten M* war daher zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Milos P*:

Die einleitende Anfechtung (Z 4) bezeichnet als verletzte Vorschriften, deren Beobachtung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt, bloß die "§§ 152 f" StPO und bringt hiezu vor, daß die Zeugin Borjana M* ohne Vorhalt dieser Bestimmungen vernommen worden sei und ihre Aussage Einfluß auf die Beantwortung der Hauptfrage 2 (betreffend das Urteilsfaktum 1.) haben mußte, weil diese Zeugin in der Anklageschrift als Mittäterin beim Urteilsfaktum 2. genannt worden sei. Dazu ergibt sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll (XVI 485 ff), daß diese Zeugin als geschiedene Gattin des Angeklagten M* bezeichnet und ohne Verzicht auf ihr Entschlagungsrecht vernommen wurde, weshalb ihre Aussage tatsächlich gemäß § 152 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 StPO (in der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung geltenden Fassung) nichtig ist (das zusätzliche andeutungsweise Vorbringen, betreffend eine Verletzung des § 153 StPO, kann auf sich beruhen, weil diese Verfahrensnorm keine Nichtigkeitssanktion enthält).

Die aufgezeigte Nichtigkeit der Zeugenaussage kann aber zum Vorteil des Beschwerdeführers P* nicht geltend gemacht werden, weil unzweifelhaft erkennbar ist, daß der Gesetzesverstoß nicht zu seinem Nachteil wirkte (§ 345 Abs. 3 StPO). Die Befragung der Zeugin erstreckte sich im wesentlichen auf ihre Wahrnehmungen über den Aufenthaltsort des Angeklagten Casim M* am 8. Mai 1990 und bezog sich somit sachlich auf eine Tat (Urteilsfaktum 3.), die dem Beschwerdeführer P* gar nicht zur Last liegt. Eine Bezugnahme auf den Angeklagten P* ist der Zeugenaussage weder ausdrücklich noch konkludent zu entnehmen. Weshalb der Umstand, daß die Zeugin in der Anklageschrift als Beteiligte am Urteilsfaktum 2. (Hauptfragen 4 und 5 des Frageschemas) bezeichnet wurde, "einen Einfluß" ihrer Aussage auf die Beantwortung der Hauptfrage 2 (betreffend die Täterschaft des Angeklagten P* im Urteilsfaktum 1., welches in der Zeugenaussage nicht berührt wurde) bewirkt haben soll, ist nicht einzusehen. Der eine derartige Auswirkung zum Nachteil des Angeklagten bloß behauptenden, aber nicht einmal andeutungsweise begründenden Beschwerde ist zu entgegnen, daß für eine solche Annahme keine logische Grundlage vorhanden ist.

Soweit der Angeklagte P* unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 345 Abs. 1 StPO - ohne konkretisierende Bezugnahme auf eine bestimmte gesetzliche Nichtigkeitssanktion noch weitere Beschwerdepunkte vorbringt, sind die Einwände nicht zielführend: Dem Hinweis auf die Verneinung der Hauptfrage 1. durch die Geschworenen und die daraus resultierende fehlende Deckung des (vermeintlichen) korrespondierenden Schuldspruchs wurde durch die Angleichung der Urteilsausfertigung an das verkündete Urteil (welches diesbezüglich ohnehin auf Freispruch lautete) der Boden entzogen. Mit dem weiteren Hinweis darauf, daß die Geschworenen anläßlich der Bejahung der Hauptfrage 2 (Urteilsfaktum 1.) eine die Verwendung von Messern bei der Tat verneinende Einschränkung beigefügt haben (§ 330 Abs. 2 StPO), der ergangene Schuldspruch jedoch dieser Sachverhaltsreduktion nicht Rechnung trägt, wird mangels diesbezüglicher prozessualer Vorschriften keine formelle Nichtigkeit dargetan. Aus Diskrepanzen zwischen Wahrspruch und Urteilsspruch sind nämlich nur materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe ableitbar (SSt 57/5). Ein solcher rechtlicher Mangel liegt aber gegebenenfalls nicht vor, weil für die Annahme, daß dieser Raub unter Verwendung einer Waffe verübt wurde, allein schon die von den Geschwornen bejahte Benützung eines abgesägten Kleinkalibergewehrs ausreicht, ohne daß es bei der Subsumtion noch erheblich wäre, ob die Täter zusätzlich zwei Messer verwendeten.

Entgegen der die Fragestellung betreffenden Rüge des Angeklagten P* (Z 6) mußte in den Hauptfragen 2 und 4 nicht gesondert aufgeschlüsselt werden, welche jeweiligen Tathandlungen von welchem Mittäter gesetzt worden sein sollen. Gemäß § 312 Abs. 1 StPO ist die an die Geschworenen zu stellende Hauptfrage darauf zu richten, ob der Angeklagte schuldig ist, die der Anklage zugrunde liegende strafbare Handlung begangen zu haben, wobei alle gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung in die Frage aufzunehmen und die besonderen Umstände der Tat nach Ort, Zeit, Gegenstand etc soweit beizufügen sind, als es zur deutlichen Bezeichnung der Tat oder für die Entscheidung über die Entschädigungsansprüche notwendig ist. Die vorgeworfene Tat ist bei der Fragestellung nicht nur zwecks Vermeidung einer Doppelverurteilung zu individualisieren, sondern darüber hinaus durch Aufnahme jener konkreten Tatsachen zu umschreiben, welche die Tatbestandsmerkmale und Qualifikationsmerkmale im Einzelfall verwirklichen. Eine weitergehende Spezialisierung des Tatherganges, also eine erschöpfende Beschreibung des gesamten Geschehens in allen Einzelheiten einschließlich der rechtlich bedeutungslosen Modalitäten ist hingegen nicht erforderlich (SSt 55/82). Für eine Mittäterschaft des Angeklagten ist es zwar rechtlich erheblich, ob er wenn auch nur in Form eines vorsätzlichen arbeitsteiligen Zusammenwirkens mit einem oder mehreren anderen in einer der Verhaltensbeschreibung des Tatbildes entsprechenden Weise agiert hat, jedoch ist die Beurteilung darüber hinaus nicht davon abhängig, daß seine Verhaltensweise in jedem Detail erfaßt oder überhaupt das gesamte Tatgeschehen durch Zuordnung jedes einzelnen Handlungselements an einen bestimmten Mitwirkenden aufgegliedert wird. Somit wurde dem gesetzlichen Zweck der Fragestellung unter dem vom Beschwerdeführer hervorgehobenen Aspekt der Beurteilung seiner Tatbeteiligung dadurch Genüge getan, daß die Hauptfragen 2 und 4 ein unmittelbares aktives Handeln des Angeklagten P* bei der Bedrohung sowie Überwältigung der Raubopfer und bei der Sachwegnahme zum Ausdruck brachten. Der Beschwerdemeinung zuwider war den Geschwornen in keiner Weise die Möglichkeit genommen, sich mit dem Umfang der Tatbeteiligung des Angeklagten P* auseinanderzusetzen. Der Text der Hauptfragen schränkte nämlich die Möglichkeiten der Laienrichter überhaupt nicht ein, sich über das dem Angeklagten angelastete Verhalten im bejahenden, im teilweise bejahenden oder im verneinenden Sinn zu äußern.

Der ins Treffen geführte Mangel der Fragestellung war demnach nicht gegeben. Mit dem in diesem Zusammenhang geäußerten Beschwerdevorwurf, daß die Geschwornen aufgrund mangelhafter Überlegungen entschieden haben müssen, wird weder der angerufene noch ein anderer Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht.

Auch die abschließende Tatsachenrüge (Z 10 a) muß erfolglos bleiben, weil sie nach Prüfung der Verantwortungen des Beschwerdeführers und des Angeklagten M* sowie des Einwands gegen die Verläßlichkeit der Angaben des Zeugen P* nicht geeignet ist, erhebliche Bedenken gegen die Annahme der Unrichtigkeit der von den Angeklagten in der Hauptverhandlung gegebenen Darstellungen sowie gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch festgestellten Tatsachen zu erwecken. Im übrigen irrt der Beschwerdeführer, wenn er meint, der Zeuge P* habe ihn als möglichen Täter identifiziert. Die diesbezügliche Protokollierung (XVI, 444 ff) enthält zwar dazu die Bezeichnung "Zweitangeklagter", doch ergibt sich aus den schriftlichen Unterlagen über das Verhandlungsgeschehen, daß der Zeuge damit den Angeklagten M* bezeichnete (XVI, 453, 455, 457; Meldung des Justizwachebeamten S* vom 17. November 1992, erliegend als Beilage A zwischen Seiten XVI, 483 und 485; 492).

Auch der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P* war somit ein Erfolg zu versagen.

Das Geschworenengericht verhängte gemäß § 143 (zu ergänzen: erster Strafsatz) StGB über Casim M* gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf ein Urteil, mit dem er wegen Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2, Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt wurde, eine Zusatzfreiheitsstrafe von zwölf Jahren, über Milos P* unter Bedachtnahme auf ein Urteil, mit dem über diesen Angeklagten wegen der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB und nach § 16 Abs. 1 SuchtgiftG eine zur Gänze bedingt nachgesehene fünfmonatige Freiheitsstrafe verhängt wurde, eine Zusatzfreiheitsstrafe von acht Jahren. Dabei wertete es

bei Casim M* die Tatsache, daß er zum Teil nur als Beitragstäter handelte, als mildernd, als erschwerend hingegen seine zum Teil einschlägigen Vorstrafen, die Tatwiederholung und die besondere Brutalität der Vorgangsweise;

bei Milos P* die Unbescholtenheit als mildernd und die mehrfache Tatwiederholung als erschwerend.

Die Angeklagten streben mit ihren Berufungen jeweils eine Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafen an.

Auch wenn das Erstgericht die Strafzumessungsgründe zum Teil unrichtig erfaßte, erweisen sich die verhängten Sanktionen nicht als überhöht.

Wenngleich der Angeklagte Casim M* in allen Schuldspruchsfakten als Beitragstäter handelte und kein Anlaß besteht, ihm in dieser Eigenschaft besondere Brutalität vorzuwerfen, ist die über ihn verhängte Freiheitsstrafe unter Berücksichtigung seines in jeder Richtung einschlägig und erheblich getrübten Vorlebens (III, 183), der von ihm auch als Beitragstäter zu verantwortenden erheblichen Verletzung eines Raubopfers, des Zusammentreffens zweier Verbrechen (§§ 31, 40 StGB) und der bei der gegebenen Sachlage überdurchschnittlichen Ausprägung seiner kriminellen Energie, auch unter dem in diesem Kriminalitätsbereich besonders aktuellen präventiven Aspekt tat und täterbezogen angemessen.

Dem Angeklagten Milos P* ist zwar das ursprünglich abgelegte Geständnis zusätzlich als mildernd zugute zu halten, hingegen fällt ihm der (bloß) zweifache räuberische Angriff, darüberhinaus aber auch die erhebliche Verletzung eines Raubopfers und (infolge Anwendung der §§ 31, 40 StGB) das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen als erschwerend zur Last. Die massive unmittelbare Raubbeteiligung des Berufungswerbers läßt auf der Grundlage der erwähnten Strafzumessungsgründe eine weitere Annäherung an die Untergrenze der gesetzlichen Strafdrohung von fünf bis fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe nicht zu.

Die verhängten Freiheitsstrafen sind nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes somit durchaus tätergerechte und schuldangemessene auch im Verhältnis zueinander ausgewogene Sanktionen, die sich nicht als korrekturbedürftig erweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Rechtssätze
15