JudikaturJustiz10Os37/87

10Os37/87 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. März 1987

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.März 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schopper als Schriftführer in der Strafsache gegen Manfred Z*** wegen Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB über die "volle Berufung" des Angeklagten "wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe" gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 8.Jänner 1987, GZ 35 Vr 996/86-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Das Rechtsmittel wird zur Gänze zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthaltenden - Urteil wurde der Angeklagte Manfred Z*** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Darnach hat er am 12.April 1985 in München ein ihm anvertrautes Gut in einem 100.000 S übersteigenden Wert, nämlich einen von Peter S*** erhaltenen und an Thomas N*** abzuliefernden

Betrag von 16.000 DM sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Dieses Urteil (eines Schöffengerichtes) bekämpft der Angeklagte mit einer nur gegen Urteile eines Einzelrichters (des Bezirksgerichtes oder des Gerichtshofes erster Instanz) vorgesehenen sogenannten "vollen" Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe, die schon in formeller Hinsicht in allen Punkten verfehlt ist. Soweit darin Nichtigkeitsgründe, nämlich jene der Z 2, 5 und 9 (gemeint wohl: lit a) des § 281 Abs. 1 StPO geltend gemacht werden, ist das Rechtsmittel zwar als Nichtigkeitsbeschwerde zu behandeln, als solche jedoch zur Gänze nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Rechtliche Beurteilung

Zur Verfahrensrüge (Z 2) ist der Angeklagte nicht legitimiert, denn gegen die in der Hauptverhandlung vom 23.Oktober 1986 erfolgte Verlesung (S 105 c) einer Kopie des Protokolls über die Vernehmung des Zeugen Peter S*** im Rechtshilfeweg durch das Amtsgericht München (S 109 ff) hat sich zwar der Staatsanwalt, nicht aber - was Voraussetzung seiner Beschwerdeberechtigung wäre - der Beschwerdeführer selbst verwahrt (vgl dazu Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , ENr 11 zu § 281 Abs. 1 Z 2).

Im übrigen ist dieser Einwand auch in sachlicher Hinsicht unbegründet, denn die Verletzung der Vorschrift des § 162 Abs. 2 StPO über die Teilnahme der Prozeßparteien an der Vernehmung von Zeugen im Vorverfahren (bzw sonst außerhalb der Hauptverhandlung) ist nicht mit Nichtigkeit bedroht (SSt 49/29), ein Protokoll über eine solcherart mangelhaft gebliebene Vernehmung daher gar kein nichtiger Vorerhebungs- oder Voruntersuchungsakt im Sinn des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes. Zudem übersieht der Beschwerdeführer, daß das fragliche (Original )Protokoll im letzten Verhandlungstermin (am 8.Jänner 1987) der ab dem 27.November 1986 gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung neuerlich - mit allseitiger Zustimmung ("gemäß § 252 Abs. 1 Z 4 StPO") - verlesen worden ist (S 153), und daß allfällige Nichtigkeiten, die sich im Zusammenhang mit der ursprünglich durchgeführten Hauptverhandlung ergeben haben könnten, durch die Erneuerung der Hauptverhandlung jedenfalls obsolet geworden sind (Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , ENr 8 zu § 276 a StPO). Auch mit der Behauptung, zwischen der Feststellung des Erstgerichtes, daß die Zeugin Erika W*** dem Angeklagten eine (von diesem als "präsenter Deckungsfonds" reklamierte) konkrete und bindende Kreditzusage über den Betrag von 55.000 DM niemals gemacht hat (US 11), und der eine solche Kreditpromesse bestätigenden Aussage der Zeugin (S 141) bestehe ein Widerspruch, wird ein (wohl im Sinne einer Unvollständigkeit gemeinter) Begründungsmangel (Z 5) nicht prozeßordnungsgemäß dargetan; denn der Beschwerdeführer übergeht dabei, daß das Schöffengericht die Aussage der Zeugin Erika W*** ausdrücklich als unglaubwürdige Schutzbehauptung (gemeint: im Interesse des Angeklagten) abgelehnt hat (US 13).

Schließlich geht der Beschwerdeführer auch in Ausführung seiner weiteren Mängelrüge (Z 5) nicht - wie dies für eine gesetzmäßige Darstellung dieses Nichtigkeitsgrundes Voraussetzung wäre - vom tatsächlichen Inhalt der Entscheidungsgründe in ihrer Gesamtheit aus, wenn er behauptet, das Schöffengericht habe in Ansehung des ihm in der Anklageschrift zur Last gelegten Betruges den Bereicherungsvorsatz verneint, im Widerspruch dazu in Ansehung der ihm schuldspruchmäßig zum Vorwurf gemachten Veruntreuung aber bejaht. Der Angeklagte mißachtet dabei nämlich die insoweit entscheidenden Ausführungen über den zeitlichen Ablauf der gegenständlichen Wechseltransaktionen zwischen ihm, Thomas N*** und Peter S***, wonach zwar nicht nachgewiesen werden konnte, daß er bereits bei der Vereinbarung des Wechselgeschäftes (am 10.April 1985) von vorneherein mit Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz gehandelt hat (US 7/8), wohl aber daß ein Bereicherungsvorsatz bei Zueignung des Betrages von 16.000 DM am 12.April 1986 (richtig: 1985) gegeben war (US 10).

Zur Rechtsrüge ("Z 9") hinwieder werden Tatumstände, die diesen Nichtigkeitsgrund bilden sollen, weder ausdrücklich noch durch deutliche Hinweisung angeführt (§ 285 a Z 2 StPO).

Die Berufung "wegen Schuld" ist überhaupt unzulässig, weil ein solches Rechtsmittel im Verfahren gegen Urteile von Kollegialgerichten nicht vorgesehen ist (§ 283 Abs. 1 StPO) und die bezüglichen Ausführungen auch kein Vorbringen enthalten, das zumindest der Sache nach als Geltendmachung eines der in § 281 Abs. 1 StPO aufgezählten Nichtigkeitsgründe anzusehen wäre. Auf den Teil der "vollen" Berufung schließlich, der gegen den Ausspruch über die Strafe gerichtet ist, war keine Rücksicht zu nehmen, weil der Berufungswerber weder bei der Anmeldung der Berufung noch in ihrer Ausführung die Punkte des Erkenntnisses, durch die er sich beschwert findet, deutlich und bestimmt bezeichnet (§ 294 Abs. 4 StPO), hiezu insbesondere auch keinen konkreten Berufungsantrag gestellt hat.

Das Rechtsmittel des Angeklagten war somit schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als zum Teil nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß §§ 285 d Abs. 1 Z 1, 285 a Z 2 StPO, zum Teil als unzulässig gemäß § 283 Abs. 1 StPO, zum Teil mangels Bezeichnung der Berufungspunkte gemäß § 294 Abs. 4 StPO sofort - kostenpflichtig (§ 390 a StPO) - zur Gänze zurückzuweisen.

Rechtssätze
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