JudikaturJustiz10ObS2207/96y

10ObS2207/96y – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. August 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Theodor Zeh (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mario Medjimorec (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. Herbert M*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr. Kurt Zangerl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Bundesrechenamt, 1033 Wien, Hintere Zollamtstraße 4, vertreten durch die Finanzprokuratur Wien, wegen Pflegegeldes, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. April 1996, GZ 25 Rs 44/96y-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 17. Jänner 1996, GZ 47 Cgs 175/95d-10, zum Teil bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 4.12.1946 geborene Kläger wurde mit Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung mit Wirksamkeit vom 1.10.1993 in den Ruhestand versetzt. Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8.4.1994 wurde ihm nach dem Tiroler PflegegeldG vom 1.7. bis 30.9.1993 ein Pflegegeld der Stufe 2 zuerkannt; unter einem erging die Mitteilung, daß ihm insgesamt für die genannte Zeit ein Pflegegeld der Stufe 5 (monatlich 11.000 S) zuerkannt wurde. Am 1.10.1993 (Anfall des Ruhegenusses) wurde dem Kläger auf Grund einer Mitteilung des Bundesrechenamtes vom 18.2.1994 ein Pflegegeld der Stufe 5 zuerkannt.

Mit Bescheid des Bundesrechenamtes vom 2.6.1995 wurde dem Kläger gemäß den §§ 3 Abs 1, 9 Abs 2 und 3 BPGG der Anspruch auf Auszahlung des Pflegegeldes ab 1.1.1995 entzogen, weil er keinen gewöhnlichen Inhaltsaufenthalt mehr aufweise. Der Kläger hatte nämlich mit Schreiben vom 16.11.1994 mitgeteilt, daß er sich vom 29.11.1994 bis mindestens 16.3.1995 möglicherweise auch noch einen Monat länger, auf den Philippinen aufhalten werde. Mit Schreiben vom 7.7.1995 teilte der Kläger mit, daß er am Vortag von den Philippinen zurückgekommen sei. Die von ihm geplante Adoption sei aber noch nicht abgeschlossen, sodaß er auch in der zweiten Augusthälfte wieder auf die Philippinen zurückfliegen müsse. Die Dauer dieses Aufenthaltes werde sicher länger als zwei Monate betragen und sei abhängig von der "Arbeitsgeschwindigkeit" der philippinischen Behörden und vom Einreisevisum für das zu adoptierende Kind. Mit Schreiben vom 28.7.1995 ersuchte der Kläger um Zusendung eines Antragsformulars für das Pflegegeld und teilte mit, daß er ab 8.8.1995 nochmals für zwei Monate auf die Philippinen fliegen müsse. Der Kläger ist mit einer philippinischen Frau verheiratet und hat sich gemeinsam mit seiner Ehegattin entschlossen, ein philippinisches Kind zu adoptieren. Aus diesem Grund trat das Ehepaar die dargestellten Auslandsaufenthalte an, um während dieser Zeit mit den zuständigen Behörden die Adoption in die Wege zu leiten und durchzusetzen. Der Kläger hatte den inländischen Wohnsitz nie aufgegeben.

Ab 1.11.1995 wurde ihm nunmehr wiederum das Pflegegeld der Stufe 5 mit Bescheid vom 30.1.1996 zuerkannt.

Die vorliegende Klage richtet sich gegen den Entziehungsbescheid vom 2.6.1995 mit dem Begehren festzustellen, daß ihm Pflegegeld in der Höhe von S 11.000 ab 1.1.1995 zustehe. Er habe nie die Absicht gehabt, den dauernden Wohnsitz oder Mittelpunkt seiner Lebensinteressen auf die Philippinen zu verlegen. Er habe auch den inländischen Wohnsitz nie aufgegeben und stets aufrecht erhalten. Er sei auf die Hilfe und Pflege durch seine Gattin angewiesen und diese sei ihm auch während des Auslandsaufenthaltes zuteil geworden. Das Pflegegeld sei daher zu Unrecht entzogen worden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Voraussetzung für den Anspruch auf Pflegegeld sei, daß die betroffene Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habe. Dieser werde ausschließlich durch die tatsächliche körperliche Anwesenheit im Inland bestimmt und nur durch eine vorübergehende Abwesenheit nicht aufgegeben. Ein Auslandsaufenthalt, der zwei Monate oder bei einem pflegebedingten Auslandsaufenthalt ausnahmsweise vier Monate im Kalenderjahr überschreite, sei nicht mehr bloß vorübergehend. Der Kläger habe sich vom 29.11.1994 bis 6.7.1995 und ab 8.8.1995 neuerlich im Ausland aufgehalten, sodaß ihm das Pflegegeld gemäß § 9 Abs 2 und 3 BPGG mit Beginn des Wegfalles der Anspruchsvoraussetzungen (1.1.1995) zu entziehen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, "die beklagte Partei sei schuldig, den Bescheid vom 2.6.1995 in vollem Umfang aufzuheben und festzustellen, daß dem Kläger das zugesprochene Pflegegeld von S 11.000 auch ab dem 1.1.1995 zusteht", ab. Für den Zeitraum des Auslandaufenthaltes seien die Voraussetzungen für die Entziehung des Pflegegeldes gegeben gewesen. Auch der Umstand, daß der Kläger zwecks Adoption eines Kindes auf die Philippinen gefahren sei, könne an dieser Beurteilung nichts ändern.

Soweit die Klage über ein Pflegegeld der Stufe 2 ab 1.1.1995 hinausgeht, wurde das erstgerichtliche Urteil samt dem sich darauf beziehenden Verfahren vom Berufungsgericht als nichtig aufgehoben; in diesem Umfang wurde die Klage (rechtskräftig) wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen.

Im übrigen gab das Berufungsgericht der Berufung des Klägers keine Folge. Eine Voraussetzung für die Gewährung von Pflegegeld falle insbesondere dann weg (§ 9 Abs 2 BPGG), wenn die bisher berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland habe, wenn ihr keine Grundleistung mehr gebühre oder wenn ihr Pflegebedarf infolge einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse durchschnittlich nicht mehr als fünfzig Stunden im Monat betrage. Der Tatbestand des gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland sei also eine Anspruchsvoraussetzung für das Pflegegeld und werde nur nach der körperlichen Anwesenheit des Betreffenden und anders als beim Wohnsitz nicht durch ein Willenselement bestimmt. Der Oberste Gerichtshof habe ausgesprochen, daß - soweit das ASVG den Begriff des Wohnsitzes verwende - dieser im Sinne des § 66 Abs 1 JN auszulegen sei (SSV-NF 6/86). Selbst ein jahrelanger Auslandsaufenthalt lasse damit nicht zwingend auf die Aufgabe des Wohnsitzes schließen, wenn etwa der Auslandsaufenthalt unmittelbar durch eine berufliche Tätigkeit bedingt gewesen sei. Die zu § 66 Abs 2 JN entwickelten Kriterien seien auch auf die Bestimmung des § 3 Abs 1 BPGG zu übertragen. Der Aufenthalt einer Person im Sinne dieser Gesetzesstelle bestimme sich also ausschließlich nach den tatsächlichen Umständen. Er werde nur durch die körperliche Anwesenheit, nicht durch ein Willenselement bestimmt. Ob ein gewöhnlicher Aufenthalt vorliege, hänge in erster Linie von seiner Dauer und Beständigkeit ab. Es müsse aber nicht ein ständiger Aufenthalt sein; es genüge, daß objektiv überprübare Umstände persönlicher oder beruflicher Art darauf hindeuteten, daß eine Person nicht bloß vorübergehend, sondern längere Zeit an diesem Ort bleiben werde. Gerade diese objektiv überprüfbaren Umstände, nämlich das sich über mehrere Monate hinziehende Adoptionsverfahren, begründeten für den Kläger einen neuen Aufenthaltsort im Ausland, ohne daß deshalb sein inländischer Wohnsitz verlorengegangen wäre. Ein Auslandsaufenthalt von sechs Monaten sei nicht mehr kurzfristig. Die Forderung eines Inlandsaufenthaltes sei auch vor dem Hintergrund des § 20 BPGG zu sehen. Darnach sei anstelle des Pflegegeldes eine Sachleistung zu gewähren, wenn der durch das Pflegegeld angestrebte Zweck nicht erreicht werden könne. Dies habe der jeweilige Entscheidungsträger nach Maßgabe der Informations- und Kontrollbestimmungen des § 29 BPGG zu entscheiden. Eine solche Kontrolle könne aber sinnvollerweise nur dann stattfinden, wenn sich die pflegebedürftige Person in einem solchen Umfang im Inland aufhalte, daß überhaupt eine zielführende Kontrolle möglich sei. Der Kläger sei auch in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht eingeschränkt.

Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß dem Kläger das Pflegegeld zumindest der Stufe 2 vom 1.1. bis 31.10.1995 zuerkannt werde.

Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

An der Passivlegitimation des beklagten Bundesrechenamtes bestehen keine Zweifel. Anders als im Verwaltungsverfahren steht der jeweilige Entscheidungsträger dem (vermutlich) Anspruchsberechtigten im Sozialrechtsverfahren nach dem ASGG nicht mehr in hoheitlicher Funktion, sondern als gleichberechtigte Partei gegenüber (vgl Fink,

Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen, 414 ff). § 66 Abs 1 ASGG stellt klar, daß sich jene Bestimmungen dieses Gesetzes, die sich auf Versicherungsträger beziehen, auch auf alle Entscheidungsträger anzuwenden sind. Für Pflegegelder, die als Annex zu dienstrechtlichen Ruhe- oder Versorgungsgenüssen gebühren, ist nach § 22 Abs 1 Z 3 BPGG in erster Linie das Bundesrechenamt zuständig. Damit wird diesem Entscheidungsträger gleichsam die Parteifähigkeit für das gerichtliche Pflegegeld-Verfahren zuerkannt (ebenso Pfeil, BPGG 245).

Der Kläger verweist in seinem Rechtsmittel darauf, daß er ausschließlich deshalb auf die Philippinen geflogen sei, um dort im Zuge eines Adoptionsverfahrens Kinder zu adoptieren, was ihm letztlich auch gelungen sei. Was er nicht habe voraussehen können und außerhalb seines Einflußbereiches stehe, sei die Dauer des Adoptionsverfahrens, die sich derart lange hingezogen habe. Er wäre körperlich und finanziell nicht in der Lage gewesen, nach jedem Behördentermin mit einem Flugzeug nach Österreich zurückzukehren, nur um sein Pflegegeld im Inland zu sichern. In Wahrheit habe es keine dauerhaften Beziehungen zwischen dem Kläger und seinem Aufenthaltsort auf den Philippinen gegeben. Vielmehr sei sein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland aufrecht geblieben, sodaß ihm auch für die Zeit von Jänner bis einschließlich Oktober 1995 das Pflegegeld der Stufe 2 jedenfalls zustehe.

Diesen Ausführungen ist nicht beizupflichten. Gemäß § 3 Abs 1 BPGG besteht Anspruch auf Pflegegeld nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für dort näher bezeichnete Personen, sofern sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Der Begriff "gewöhnlicher Aufenthalt im Inland" wird weder im BPGG definiert, noch enthalten die Materialien entsprechende Hinweise. Im Hinblick auf die besondere Bedeutung, die der Zuständigkeitsnorm des § 66 JN sonst in der österreichischen Rechtsordnung zukommt, wird der gewöhnliche Aufenthalt in § 3 Abs 1 BPGG im Sinne der Definition des § 66 Abs 2 zu verstehen sein (Gruber/Pallinger, BPGG Rz 8 zu § 3; Pfeil, Neuregelung der Pflegevorsorge in Österreich, 165; derselbe, BPGG 45). Danach wird der allgemeine Gerichtsstand einer Person auch durch ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet: Der Aufenthalt einer Person bestimmt sich ausschließlich nach tatsächlichen Umständen; er hängt weder von der Erlaubtheit noch von der Freiwilligkeit des Aufenhalts ab. Bei der Beurteilung, ob ein Aufenthalt als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen ist, sind seine Dauer und seine Beständigkeit sowie andere Umstände persönlicher oder beruflicher Art zu berücksichtigen, die dauerhafte Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen (§ 66 Abs 2 JN). Daran hat auch die nunmehrige verfassungsgesetzliche Definition des Begriffes "Hauptwohnsitz" in Art 6 Abs 3 B-VG durch Z 1 der B-VG-Nov BGBl 1994/504, welcher mit Wirkung 1.1.1996 in allen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften den Begriff des "ordentlichen Wohnsitzes" ersetzt, nichts geändert (Pfeil BPGG 45). Ob der Ausschluß des Exportes von Pflegegeld im Lichte des EU-Rechtes problematisch ist, braucht hier nicht erörtert zu werden.

Der Anspruch auf Pflegegeld hängt daher zunächst nur von der tatsächlichen physischen Anwesenheit im Bundesgebiet ab. Auf rechtliche Aspekte, insbesondere die Erlaubtheit des Aufenthaltes (insbesondere nach fremdenpolizeilichen Vorschriften), kommt es daher ebensowenig an wie auf die allfällige Motivation für den Aufenthalt in Österreich. Der faktische Aufenthalt allein genügt freilich nicht. Die örtliche Nahebeziehung des Pflegegeldwerbers muß vielmehr eine höhere Intensität erreichen. Für die Qualifizierung des Aufenthaltes als "gewöhnlich" sind seine Dauer und Beständigkeit sowie andere Umstände persönlicher oder beruflicher Art zu berücksichtigen, die dauerhafte Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen. Auf ein besonderes voluntatives Element ("Verbleibeabsicht") kommt es - im Gegensatz zum ordentlichen Wohnsitz bzw nunmehr zum Hauptwohnsitz - nicht an (Gruber/Pallinger aaO, Pfeil aaO).

Nur vorübergehende bzw kurzfristige Auslandsaufenthalte werden daher den Anspruch auf Pflegegeld nicht beeinträchtigen. Das ergibt sich bereits aus dem üblichen Wortsinn von "gewöhnlich" und den in § 66 Abs 2 JN enthaltenen allgemeinen Kriterien. Es stellt sich allerdings die Frage, bis zu welcher Dauer eines Auslandsaufenthaltes noch von einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt gesprochen werden kann, der nicht zur Entziehung des Pflegegeldes nach § 9 Abs 2 BPGG führt. Das BPGG enthält mehrere Bestimmungen, wonach erst nach Ablauf eines Zeitraumes von vier Wochen eine Änderung der anspruchsrelevanten Umstände Berücksichtigung findet. So muß der Pflegegeldbezieher Veränderungen in den Anspruchsvoraussetzungen binnen vier Wochen anzeigen (§ 10). Kommt der Pflegegeldbezieher seiner Verpflichtung rechtzeitig nach, wird eine Rückersatzpflicht nach § 11 nicht vorliegen. Auch tritt das Ruhen des Anspruches auf Pflegegeld bei einem Krankenhausaufenthalt gleichfalls erst nach Ablauf von vier Wochen ein (§ 12 in der Fassung vor dem Art 21 StrukturanpassungsG 1996, BGBl 201). Abwesenheiten bis zu vier Wochen sind daher - ohne Rücksicht auf ihre Gründe - jedenfalls als unschädlich anzusehen (ebenso Gruber/Pallinger Rz 9, Pfeil aaO 46).

Nach § 89 Abs 1 Z 3 ASVG ruhen die Leistungsansprüche in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung hinsichtlich der Geldleistungen, solange sich der Anspruchsberechtigte im Ausland aufhält. Nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle tritt das Ruhen von Renten (Pensions)Ansprüchen aus der Unfall- und aus der Pensionsversicherung nach Abs 1 nicht ein, wenn .......... der Auslandsaufenthalt in einem Kalenderjahr nicht zwei Monate überschreitet. Wegen des engen Zusammenhanges zwischen Pflegegeld und Grundleistung im Sinne des § 3 BPGG gehen die Kommentatoren grundsätzlich davon aus, daß bei einem Auslandsaufenthalt, der im Kalenderjahr zwei Monate überschreitet, kein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland mehr gegeben ist (vgl Pfeil Pflegevorsorge 166 f; derselbe DRdA 1993, 187 ff; und BPGG 47; Gruber/Pallinger aaO Rz 10; Kuras ZAS 1993, 163 ff). Nach Pfeil (aaO) sollten auch längere Auslandsaufenthalte im Einzelfall ohne Auswirkungen auf den Pflegegeldanspruch bleiben können. Eine allzu schematische Handhabung der Zweimonatsgrenze wäre weder mit der relativen Offenheit des Begriffes "gewöhnlicher Aufenthalt im Inland" noch mit den Zielsetzungen des BPGG vereinbar, für pflegebedürftige Personen die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen (§ 1). Verwiesen wird in diesem Zusammenhang etwa auf einen Pflegebedürftigen, der üblicherweise vom Ehegatten betreut wird, sich aber - weil dieser selbst erkrankt - bis zu dessen Wiederherstellung in die Betreuung seiner im Ausland lebenden Tochter begeben muß. In diesem Beispiel würde die Verlegung des Aufenthaltes ins Ausland nur zur Sicherung der notwendigen Betreuung und Hilfe erfolgen; dies sei aber gerade primärer Zweck des Pflegegeldes (Pfeil, Pflegevorsorge 167). Der Ausnahmecharakter des Aufenthaltes im Ausland muß dabei jedoch stets gewahrt bleiben; bei längeren Auslandsaufenthalten würde eine noch so optimale Betreuung nichts nützen, weil der betreffende Entscheidungsträger keine Möglichkeit hätte, diese auch im Ausland im Sinne des § 29 BPGG zu kontrollieren. Seine oberste Begrenzung wird ein Auslandsaufenthalt jedenfalls dann finden müssen, wenn er eine Dauer erreicht hat, die geeignet ist, einen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland zu begründen (Gruber/Pallinger Rz 10 mwN). Pfeil (BPGG 46) verweist überdies darauf, daß Überschreitungen der Zweimonatsgrenze nach Bestimmungen wie § 89 Abs 1 Z 3 ASVG freilich nur in Betracht kommen, solange auch die jeweilige Grundleistung weiter gewährt wird, was ein entsprechendes zwischenstaatliches Übereinkommen bzw die Zustimmung des Versicherungsträgers im Einzelfall voraussetzt. Das im vorliegenden Fall maßgebliche Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen im Bereich der sozialen Sicherheit vom 1.12.1980, BGBl 1982/116, sieht für Ansprüche auf Pflegegeld oder ähnliche Leistungen keine Regelungen vor. Die Erteilung einer Härten vermeidenden Ausnahmegenehmigung ist im BPGG dagegen selbst dann nicht möglich, wenn der betreffende Aufenthalt im Ausland durch die Pflege bedingt ist bzw der Verbesserung des Zustands der pflegebedürftigen Person dient.

Zu berücksichtigen ist schließlich noch, daß eine pflegebedürftige Person auch mehrere Aufenthaltsorte haben kann, die unter Umständen die Qualifikation "gewöhnlich" erfüllen. In diesem Zusammenhang verweist Pfeil (BPGG 47) auf die Situation eines Pflegebedürftigen, der etwa jeden Winter mehrere Monate "Langzeiturlaub" in wärmeren Gegenden macht: Da es keinen Hinweis gebe, daß der Gesetzgeber bereits das Vorliegen irgendeines gewöhnlichen Inlandsaufenthaltes innerhalb einer bestimmten Periode (zB eines Kalenderjahres) für ausreichend erachtet, könne die Wendung "solange sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben" nur im Sinne von "wenn und solange" verstanden werden. Mit dem Verlassen des Bundesgebietes zu einem solchen Langzeiturlaub falle somit die Anspruchsvoraussetzung nach § 3 Abs 1 weg; das Pflegegeld sei daher mit Wirksamkeit ab dem folgenden Monat zu entziehen.

Ohne daß zu all diesen Problemen abschließend Stellung genommen werden muß, vertritt der Senat die Auffassung, daß ein Auslandsaufenthalt, der die Hälfte des Jahres übersteigt, auf jeden Fall zum Wegfall der Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld führt. Wer sich mehr als die Hälfte des Jahres im Ausland aufhält, kann in dieser Zeit nicht mehr einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland beanspruchen. Der Auslandsaufenthalt überwiegt in einem solchen Fall eindeutig. Nach den Feststellungen und dem Inhalt der Anstaltsakten hat sich der Kläger vom 29.11.1994 bis 6.7.1995 und vom 8.8. bis 23.11.1995 im Ausland aufgehalten. Im Jahr 1995 hielt er sich nur etwas mehr als zwei Monate in Österreich auf. Bei diesem Sachverhalt kann von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Inland selbst bei weiter Auslegung dieses Begriffes keine Rede mehr sein. Daß sich der Kläger deshalb im Ausland aufhielt, weil sich das Adoptionsverfahren bei den dortigen Behörden in die Länge zog, ändert nichts an der Tatsache, daß er nahezu zehn Monate lang keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. Zugestanden sei, daß er in dieser Zeit möglicherweise seinen Wohnsitz oder auch Hauptwohnsitz im Inland hatte, doch ist dieser als Anspruchsvoraussetzung für das Pflegegeld irrelevant.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch an den unterlegenen Kläger aus Billigkeit wurden nicht dargetan und sind nach der Aktenlage auch nicht ersichtlich. Zur sozialen Lage des Klägers sei darauf verwiesen, daß sein Ruhegenuß bei Zuerkennung am 1.10.1993 S 32.461 brutto betrug und daß ihm vom 1.11.1995 an ohnedies wieder ein Pflegegeld der Stufe 5 von monatlich S 11.591 zuerkannt wurde.

Rechtssätze
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