IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Christine AMANN über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichtes Wien vom 06.04.2023, Zl. Jv 50395-33a/23, betreffend Nachlass von Gerichtsgebühren zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. In einem Pflegschaftsverfahren zu 4 PS 110/ 2015x vor dem Bezirksgericht Salzburg (in der Folge: BG) sind dem Beschwerdeführer Gerichtsgebühren und -kosten iHv insgesamt € 8.115,00 entstanden.
Diese waren von der Kostenbeamtin des BG dem Beschwerdeführer mit Zahlungsaufträgen (Mandatsbescheiden) vom 26.01.2016, Zl. 4 PS 110/ 2015x – VNR 3 (Ziv 005974/16-x), und vom 30.03.2016, Zl. 4 PS 110/2015x – VNR 5 (Ziv 009894/16-x), jeweils samt Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) von € 8,00, vorgeschrieben worden.
Mangels Zahlung war
- zum Zahlungsauftrag zur Zl. Ziv 005974/16-x mit Beschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 12.07.2016 zu 24 E 3561/16b-2 die Fahrnisexekution gegen den Beschwerdeführer zugunsten der Einbringungsstelle wegen € 218,00 bewilligt und die Exekutionskosten mit € 60,50 und
- zum Zahlungsauftrag zur Zl. Ziv 009894/16-x mit Beschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 19.07.2016 zu 24 E 3673/16y-2 die Fahrnis- und Gehaltsexekution gegen den Beschwerdeführer zugunsten der Einbringungsstelle wegen € 7.885,00 bewilligt und die Exekutionskosten mit € 169,50 bestimmt worden.
Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien (im Folgenden auch belangte Behörde genannt) vom 01.12.2016, Zl. Jv 54975-33a/16, war der erstmalige Antrag des Beschwerdeführers auf Nachlass vom 17.08.2016 bezüglich der zu Ziv 005974/16-x und Ziv 009894/16-x vorgeschriebenen Gerichtsgebühren und -kosten im Betrag von insgesamt € 8.115,00 gemäß § 9 Abs. 2 GEG abgewiesen worden. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde war in der Folge mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.01.2020, Zl. W101 2145210-2/3E, als unbegründet abgewiesen (Spruchteil A) und die Revision als nicht zulässig (Spruchteil B) erklärt worden. Begründend war im Wesentlichen ausgeführt worden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage sei, die aushaftenden Gerichtsgebühren und -kosten zu bezahlen.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 26.08.2020, Zl. Jv 52525-33a/20, war dem weiteren Nachlassantrag des Beschwerdeführers vom 07.07.2020 bezüglich der (noch aushaftenden) vorgeschriebenen Gerichtsgebühren und -kosten iHv € 7.102,23 nicht stattgegeben worden, weil er ein regelmäßiges monatliches Einkommen iHv € 1.203,07 mit Sonderzahlungen (Erwerbsunfähigkeitspension) beziehe und durch den Liegenschaftsverkauf im Jahr 2018 einen Verkaufserlös iHv € 490.000,00 erzielt habe. Dieser Bescheid war am 26.01.2021 dem Beschwerdeführer rechtswirksam zugestellt worden.
Mit dem weiteren rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde vom 15.04.2021, Zl. Jv 53847-33a/20, waren die jeweils am 19.10.2020, 27.01.2021, 17.02.2021 und 25.03.2021 gestellten Nachlassanträge des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchteil 1.) und dem Stundungsantrag aufgrund der nicht auszuschließenden Gefährdung der Einbringung bzw. fehlenden Sicherheitsleistung nicht stattgegeben worden (Spruchteil 2.).
Mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 11.10.2021, Zl. Jv 53876-33a/21, war der Nachlassantrag des Beschwerdeführers vom 12.05.2021 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden, da sich sein neuerlicher Antrag im Wesentlichen mit seinen früheren Anträgen gedeckt habe.
Mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 12.01.2023, Zl. Jv 50070-33a/23, wies die belangte Behörde den erneuten Nachlassantrag des Beschwerdeführers vom 02.01.2023 aus den bereits oben angeführten Gründen wegen entschiedener Sache zurück.
2. Mit Schreiben vom 02.02.2023 beantragte der Beschwerdeführer erneut den Nachlass der nunmehr aushaftenden restlichen Gerichtsgebühren iHv € 2.783,14 und begründete dies im Wesentlichen folgendermaßen:
Bereits mehrmals habe er detailliert dargestellt, wie sein Leben vorsätzlich und gezielt zerstört worden sei. Die jahrelange Unterstellung von Straftaten durch eine soziopathische Tätergemeinschaft sowie die damit verbunden willkürliche Behandlung durch Gerichte und Behörden habe ihn so schwer traumatisiert, dass er erwerbsunfähig geworden sei. Die belangte Behörde habe zuvor argumentiert, dass ein Nachlass der ihm vorgeschriebenen Gerichtsgebühren nicht möglich sei, weil er seine Eigentumswohnung verkauft habe. Was die Wohnung betreffe, sei er gezwungen gewesen, diese – auch mit großem finanziellen Schaden – zu verkaufen. Er habe nun alles verloren und sein Leben sei ruiniert. Seit 10 Jahren lebe er vereinsamt und eine Teilnahme am sozialen Leben sei ihm nicht mehr möglich, weil er jahrelang in einem Pflegschaftsverfahren gekämpft habe, damit seine Tochter bei ihm aufwachsen könne und nicht in einer Familie von Soziopathen. Wie bereits mehrfach dargestellt, habe seine Ex-Lebensgefährtin mit falschen Angaben Verfahrenshilfe erschlichen. Nur dadurch hätten sämtliche Kosten zur Gänze auf ihn abgewälzt werden können. Ein System zum Schaden des Opfers derart missbrauchen zu können, sei weder fair noch Absicht des Gesetzgebers. Daher bitte er noch einmal um gänzlichen Nachlass des Restbetrages.
3. Mit Bescheid vom 06.04.2023 (zugestellt am 14.04.2023), Zl. Jv 50395-33a/23, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Nachlass der ihm aufgrund der Zahlungsaufträge zu den Zlen. Ziv 005974/16-x und Ziv 009894/16-x vorgeschriebenen Gerichtsgebühren iHv € 60,50 und den restlichen Gerichtskosten (Sachverständigengebühren) iHv € 2.722,64, zusammen iHv insgesamt € 2.783,14, gemäß § 9 Abs. 2 GEG zurück.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus: Gemäß § 9 Abs. 2 GEG könnten Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG seien Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren würden, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 finde, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. „Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liege vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert habe und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit den früheren decke. Der Beschwerdeführer habe in seinem neuerlichen Nachlassantrag vom 02.02.2023 keine Veränderungen in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gegenüber dem Bescheid der belangten Behörde vom 12.01.2023, Zl. Jv 50070-33a/23, angeführt. Das Begehren decke sich im Wesentlichen mit dem Antrag, der diesem Vorbescheid zugrunde gelegen habe und deshalb sei der neuerliche Antrag auf Nachlass vom 02.02.2023 zurückzuweisen gewesen.
4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 17.04.2023 fristgerecht eine Beschwerde.
Begründend führte er darin im Wesentlichen Folgendes aus: Die Abwälzung gegenständlicher Kosten auf ihn sei nur deswegen möglich gewesen, weil sich seine Ex-Lebensgefährtin mit falschen Angaben Verfahrenshilfe erschlichen habe. Da sie nun nirgendwo Kosten zu tragen gehabt habe, habe sie diese Möglichkeit missbraucht und jahrelang ständig neue falsche Anschuldigungen gegen ihn erhoben. Die ihm dadurch entstandenen horrenden Kostenfolgen sowie die damit verbundenen strafrechtlichen Verfolgungen habe er in anderen Eingaben bereits dargestellt. Biete ein System derartige Missbrauchsmöglichkeiten, das sämtliche Kosten auf das Opfer abgewälzt werden könnten, liege ein pathologisches System vor. Daher sei dem Beschwerdeführer unverständlich, warum die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht schon aus diesen Gründen abändere und ihm den Restbetrag zur Gänze erlasse. Es sei offensichtlich, dass schwere Verfahrensmängel vorliegen würden.
Betreffend die Forderung iHv € 60,50 liege ein Versehen vor. Dieser Betrag sei nämlich zur Gänze erlassen worden, weil er auf ein Versehen der Justiz beruhe. Diesbezüglich verweise er auf seine zahlreichen früheren Eingaben, beispielsweise jene vom 12.05.2021. Laut seinem Kontoauszug sei der im Exekutionsverfahren zur Zl. 24 E 3561/16b geforderte Betrag iHv € 218,00 am 29.07.2016 beglichen worden, weswegen die Exekutionskosten iHv € 60,50 zu Unrecht vorgeschrieben worden seien.
5. Mit Schreiben vom 05.05.2023 sowie 31.05.2023 ersuchte der Beschwerdeführer zum wiederholten Mal ihm die restlichen Gebühren iHv € 2.783,14 nachzulassen und behauptete, dass der geschuldete Betrag iHv € 60,50 (ein Teil von den ihm vorgeschriebenen restlichen Gebühren iHv € 2.783,14) zu Unrecht von ihm gefordert werde.
6. Mit Schreiben vom 12.09.2023 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
7. Mit Schriftsatz vom 02.10.2023 wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Angaben im Schreiben vom 31.05.2023.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Fest steht, dass der Beschwerdeführer zuletzt am 02.01.2023 einen Antrag auf Nachlass für die ihm im Verfahren vor dem BG zu 4 PS 110/ 2015x entstandenen zu diesem Zeitpunkt restlichen Gerichtsgebühren iHv € 3.293,38 gestellt und diesen mit seinem schlechten Einkommens- bzw. Vermögenssituation begründet hat.
Die belangte Behörde hat diesen Antrag mit rechtskräftigem Bescheid vom 12.01.2023, Zl. Jv 50070-33a/23, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Zuvor hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 26.08.2020, Zl. Jv 52525-33a/20, den Nachlassantrag des Beschwerdeführers vom 07.07.2020 bezüglich der vorgeschriebenen zu diesem Zeitpunkt restlichen Gerichtsgebühren iHv € 7.102,23 unter Verweis auf die – einen Nachlass nicht rechtfertigenden – Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers abgewiesen. Mit der rechtswirksamen Zustellung dieses Bescheides am 26.01.2021 ist das Verfahren über den Nachlassantrag vom 07.07.2020 in Rechtskraft erwachsen.
Im Verfahren über den nunmehr gegenständlichen achten Nachlassantrag vom 02.02.2023 hat der Beschwerdeführer sein Vorbringen, er könne den Betrag aufgrund seiner Einkommens- bzw. Vermögensverhältnisse nicht zahlen, wiederholt und keine Ergänzungen vorgebracht. Der in Rede stehende Betrag hat sich mittlerweile auf € 2.783,14 reduziert.
Maßgebend ist, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers seit dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren über den Nachlassantrag vom 07.07.2020 nicht geändert haben und das vom Beschwerdeführer geltend gemachte Vorbringen sohin keinen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt darzustellen vermag.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich insbesondere aus dem – unstrittigen – Akteninhalt sowie insbesondere aus dem rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde vom 26.08.2020, Zl. Jv 52525-33a/20.
Dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers seit dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren über den Nachlassantrag vom 07.07.2020 nicht geändert haben, ergibt sich vor allem daraus, dass der Beschwerdeführer in seinem neuerlichen Nachlassantrag vom 02.02.2023 keine Veränderungen in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen anführt.
Daraus ergibt sich, dass das im gegenständlichen Nachlassantrag des Beschwerdeführers geltend gemachte Vorbringen keinen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt darzustellen vermag.
Die zuständige Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes gelangt daher – ebenso wie die belangte Behörde – zu dem Ergebnis, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Nachlassantrag vom 02.02.2023 im Hinblick auf das abgeschlossene Verfahren zur Zl. Jv 52525-33a keinen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt darstellt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.).
3.2. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.3. Zu A)
3.3.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung (hier: Beschwerde) nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, dann, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Wenn die Sache der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung ist, darf es demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Behörde zu Recht erfolgt ist oder nicht. Das Verwaltungsgericht hat dementsprechend – bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache – entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) die Beschwerde abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die Behörde in Bindung an die Auffassung des Verwaltungsgerichtes den Folgeantrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf.
„Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 25.10.2018, Zl. Ra 2018/07/0353).
Ob die Behörde ein Anbringen mit Bescheid gemäß § 68 Abs.1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen hat, hängt nicht von seinem Wortlaut ab, sondern von seinem Zweck. Auch wenn das Begehren nicht ausdrücklich dahingehend lautet, dass eine bereits entschiedene Sache wieder aufgerollt werden soll, es aber im Ergebnis darauf hinausläuft, sind die Voraussetzungen für die Zurückweisung wegen res iudicata gemäß § 68 Abs. 1 AVG erfüllt (vgl. VwGH 21.06.2007, Zl. 2006/10/0093; VwGH 12.10.2010, Zl. 2009/05/0317). Auf eine solche neuerliche Aufrollung zielen also nicht nur Anbringen ab, mit denen expressis verbis die Abänderung eines Bescheides begehrt wird, sondern auch solche, die eine erneute sachliche Behandlung einer bereits entschiedenen Sache bezwecken (vgl. VwGH 03.11.2004, Zl. 2004/17/0215), ohne dass im Wortlaut des Begehrens ausdrücklich die nochmalige Aufrollung der Sache angesprochen wird (vgl. VwGH 22.11.2004, Zl. 2001/10/0035; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/06/0038; VwGH 21.06.2007, 2006/10/0093).
Die objektive (sachliche) Grenze der Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", d.h. durch die Identität der Verwaltungssache, über die mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten, bestimmt. Die durch den Bescheid "entschiedene Sache" wird konstituiert durch die Relation bestimmter Fakten (die den Sachverhalt bilden) zu bestimmten Rechtsnormen (die den Tatbestand umschreiben). Die Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteienbegehrens im Vorbescheid als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und wenn sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266; VwGH 25.04.2022, Zl. 2000/07/0235; VwGH 04.05.2022, Zl. Ra 2022/01/0006).
Bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache ist auch vom Verwaltungsgericht von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat, und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Erst nach Erlassung der rechtskräftigen Erstentscheidung hervorkommende Umstände, die eine Unrichtigkeit dieser Entscheidung dartun, stellen keine Änderung des Sachverhalts dar, sondern können lediglich einen Grund zur Wiederaufnahme eines Verfahrens darstellen. Dieser tragende Grundsatz soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern; die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die entschiedene Sache, also durch die Identität der Rechtssache, über die bereits mit einer formell rechtskräftigen Entscheidung abgesprochen wurde, mit der nunmehr vorliegenden (etwa der in einem neuen Antrag intendierten) bestimmt (vgl. VwGH 04.05.2022, Ra 2022/01/0006; VwGH 23.09.2020, Ra 2020/14/0175; VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006; VwGH 14.12.2018, Ra 2018/01/0334).
Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind; in der Berufung (hier: Beschwerde) gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. VwGH 02.08.2018, Ra 2018/19/0294; VwGH 18.10.2018, Zl. Ra 2018/19/0146). Allgemein bekannte Tatsachen sind jedoch auch von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. VwGH 07.06.2000, Zl. 99/01/0321; VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400). Aus dem Neuerungsverbot im Berufungsverfahren (hier: Beschwerdeverfahren) folgt, dass die Beschwerdeinstanz den bekämpften Bescheid in sachverhaltsmäßiger Hinsicht bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zu kontrollieren hat.
Hat die belangte Behörde in ihrem Bescheid über den eigentlichen Gegenstand des Verfahrens (hier: Nachlassantrag vom 02.02.2023) gar nicht abgesprochen, sondern lediglich eine verfahrensrechtliche Entscheidung (hier: Zurückweisung gemäß § 68 Abs. 1 AVG) getroffen, dann ist es dem Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz verwehrt, erstmals den eigentlichen Verfahrensgegenstand einer meritorischen Erledigung zuzuführen.
3.3.2. Unter Zugrundelegung der dargelegten Maßstäbe wird deutlich, dass dem gegenständlichen neuen Nachlassantrag vom 02.02.2023 die "entschiedene Sache" des Nachlassantrages vom 07.07.2020 entgegensteht, und zwar aus folgenden Gründen:
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Nachlass vom 02.02.2023 vorgebracht, sein Leben sei zerstört worden, die Pfändung stelle eine starke psychische Belastung dar und die gegenständlichen Kosten seien auf ihn abgewälzt worden, jedoch keine weiteren Ausführungen bzw. Änderungen hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Situation geltend gemacht.
Wie oben festgestellt und in der Beweiswürdigung ausgeführt, ergibt sich für den gegenständlichen Fall, dass sich das – die Nachlassgründe betreffende – Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem gegenständlichen Nachlassantrag gegenüber dem Nachlassantrag vom 07.07.2020 nicht entscheidungsrelevant geändert hat, zumal sich der Beschwerdeführer nach wie vor sowohl in seinem Antrag als auch in seiner Beschwerde auf keine Änderungen hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Situation vorbringt. Somit liegt nach den oben dargelegten Maßstäben keine maßgebliche Sachverhaltsänderung vor.
Der Beschwerdeführer verfolgt offenbar bei der Stellung des gegenständlichen (achten) Nachlassantrages vom 02.02.2023 lediglich das Verfahrensziel, eine Änderung des rechtskräftig abgeschlossenen Nachlassverfahrens herbeiführen zu wollen. Damit verkennt der Beschwerdeführer offensichtlich, dass durch die Rechtskraft eines abgeschlossenen Verfahrens dessen Überprüfung oder Wiederholung jedenfalls unzulässig und ausgeschlossen ist.
Wie oben bereits festgestellt, ist das Nachlassverfahren mit der rechtswirksamen Zustellung des Bescheides vom 26.08.2020, Zl. Jv 52525-33a/20, am 26.01.2021 in Rechtskraft erwachsen.
Da nach den Feststellungen und den dargelegten beweiswürdigenden Erwägungen weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar weder im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann.
Aus alle dem folgt, dass die belangte Behörde den gegenständlichen Nachlassantrag vom 02.02.2023 zu Recht wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat und daher die Beschwerde gegen den o.a. Bescheid abzuweisen war.
3.3.3. Da dem angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG nicht anhaftet, war die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 AVG abzuweisen.
3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG entfallen (vgl. dazu auch VwGH 16.02.2023, Ra 2022/16/0099, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist). Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt.
3.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe oben unter 3.3.1. zit. Judikatur), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Rückverweise