Spruch
W193 2288174-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Michaela RUSSEGGER über die Beschwerde von XXXX ALIAS XXXX , geb. XXXX 1989, StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.01.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am XXXX .2025:
A)
l. Das Beschwerdeverfahren wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt
und erkennt zu Recht:
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres erteilt.
IV. Alle übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides werden behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Die Erstbefragung fand am selben Tag statt, die Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde bzw. BFA) am XXXX 2023.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkte I. und II.). Es wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Syrien zulässig sei (Spruchpunkte III. bis V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).
3. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde, in der im Wesentlichen vorbrachte, dass ihm im Zusammenhang mit der Verweigerung seines Reservedienstes aus politischen Gründen Verfolgung durch das syrische Regime drohe und eine Rückkehr aufgrund der Lage in Syrien nicht ohne „real risk“ möglich sei.
4. Im Rahmen des Parteiengehörs brachte der Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 23.01.2025 sowie vom 02.06.2025 zusammengefasst vor, dass er seine Beschwerde vollinhaltlich aufrechterhalte; nunmehr fürchte er eine Verfolgung durch die HTS und verwies auf die weiterhin bestehende schlechte Sicherheits- und Versorgungslage.
5. Am XXXX 2025 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch durch, zu der der Beschwerdeführer persönlich und mit seiner Vertreterin erschien. Das BFA verzichtete im Vorhinein auf die Teilnahme an einer Beschwerdeverhandlung.
Im Zuge der Beschwerdeverhandlung erklärte der Beschwerdeführer durch seine Vertreterin ausdrücklich, die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheids zurückzuziehen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX 1989. Er ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und sunnitischer Muslim. Seine Muttersprache ist Arabisch.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer stammt aus dem Ort XXXX (laut „Syria Live Map“: XXXX ), nordöstlich der syrischen Hauptstadt im Gouvernement Damaskus-Umgebung und dem Kontrollgebiet der syrischen Übergangsregierung zuzuordnen. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter im Alter von zehn und vier Jahren sowie einen Sohn, der 2022 im Alter von acht Jahren gestorben ist.
Der Beschwerdeführer besuchte bis 2003 die Grundschule und war vor Beginn des Bürgerkriegs als Bäcker in Damaskus-Stadt erwerbstätig; von 2011 bis zu seiner Ausreise 2022 arbeitete er als Lagerarbeiter bei seinem Schwiegervater, der einen Zementhandel betrieb. Zur Finanzierung der Ausreise lieh sich der Beschwerdeführer Geld von einem weiteren Dorfbewohner, seinem Schwiegervater und einem seiner Brüder. Diesem Bruder überließ er bis zur Rückzahlung das Haus. Für Frau und Kinder sorgte nach der Ausreise der Schwiegervater des Beschwerdeführers.
1.3. Zu den Umständen bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen kann, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Insbesondere stehen ihm seine bisherigen Wohn- und Erwerbsmöglichkeiten nicht mehr zur Verfügung und bietet die ungewisse Versorgungs-, katastrophale Wirtschafts- und volatile Sicherheitslage keinerlei Perspektiven zum Aufbau einer Existenzgrundlage. Es ist nicht zu erwarten, dass der Beschwerdeführer vor diesem Hintergrund in absehbarer Zeit eine neue Arbeit finden oder von seinen in Syrien lebenden Angehörigen ausreichend Unterstützung erhalten könnte, um seine Lebensbedürfnisse befriedigen zu können. Die Lebensverhältnisse seiner Familie haben sich seit dem Sturz der Assad-Regierung deutlich verschlechtert: Seine Schwiegereltern mussten im Februar 2025 den Großteil ihrer Besitztümer verkaufen und leben nun – ebenso wie die Gattin des Beschwerdeführers und seine beiden Kinder – in einem Haus mit zwei Zimmern in Damaskus-Stadt. Das tägliche Haushaltseinkommen liegt unter der Armutsgrenze. Die Eltern des Beschwerdeführers wiederum waren bereits zuvor auf die finanzielle Unterstützung eines seiner Brüder angewiesen, der bis 2024 – ebenso wie sein pensionierter Vater – in der Verwaltung der Regierung Assad beschäftigt war. Sie leben ebenfalls in Damaskus-Stadt in einem beschädigten Haus mit zwei Zimmern. Die Finanzierung der eingeschränkt zur Verfügung stehenden Strom- und Wasserversorgung erfolgt durch humanitäre Leistungen.
1.4. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat
1.4.1. Politische Lage:
Am 8.12.2024 erklärten die Oppositionskräfte in Syrien die 24-jährige Herrschaft von Präsident Bashar al-Assad für beendet. Zuvor waren Kämpfer in die Hauptstadt eingedrungen, nachdem Oppositionsgruppierungen am 27.11.2024 eine Offensive gegen das Regime gestartet und innerhalb weniger Tage die Städte Aleppo, Hama und große Teile des Südens eingenommen hatten. Al-Assad war aus Damaskus geflohen (AJ 8.12.2024). Bashar al-Assad hatte friedliche Proteste gegen sein Regime im Jahr 2011 gewaltsam unterdrückt, was zu einem Bürgerkrieg führte. Mehr als eine halbe Million Menschen wurden getötet, sechs Millionen weitere wurden zu Flüchtlingen (BBC 8.12.2024a). Die Offensive gegen al-Assad wurde von der Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) angeführt (BBC 9.12.2024). Die HTS wurde ursprünglich 2012 unter dem Namen Jabhat an-Nusra (an-Nusra Front) gegründet, änderte ihren Namen aber 2016 nach dem Abbruch der Verbindungen zur al-Qaida in Hay'at Tahrir ash-Sham. Sie festigte ihre Macht in den Provinzen Idlib und Aleppo, wo sie ihre Rivalen, darunter Zellen von al-Qaida und des Islamischen Staates (IS), zerschlug. Sie setzte die sogenannte Syrische Heilsregierung (Syrian Salvation Government - SSG) ein, um das Gebiet nach islamischem Recht zu verwalten (BBC 9.12.2024). Die HTS wurde durch die von der Türkei unterstützte Syrische Nationale Armee (Syrian National Army - SNA), lokale Kämpfer im Süden und andere Gruppierungen unterstützt (Al-Monitor 8.12.2024). Auch andere Rebellengruppierungen erhoben sich (BBC 8.12.2024b), etwa solche im Norden, Kurdenmilizen im Nordosten, sowie Zellen der Terrormiliz IS (Tagesschau 8.12.2024). Im Süden trugen verschiedene bewaffnete Gruppierungen dazu bei, die Regierungstruppen aus dem Gebiet zu vertreiben. Lokale Milizen nahmen den größten Teil der Provinz Dara'a sowie die überwiegend drusische Provinz Suweida ein (Al-Monitor 8.12.2024). Die Abteilung für Militärische Operationen (Department for Military Operations - DMO) dem auch die HTS angehört, kontrollierte mit Stand 11.12.2024 70 % des syrischen Territoriums (Arabiya 11.12.2024) [LIB 05.2025 S. 11f.].
In der ersten Woche nach der Flucht al-Assads aus dem Land gelang es Syrien, ein vollständiges Chaos, zivile Gewalt und den Zusammenbruch des Staates abzuwenden (MEI 19.12.2024). [LIB 05.2025 S. 13] Die Macht des Assad-Regimes wurde auf ein Übergangsgremium übertragen, das vom Premierminister der SSG, Mohammed al-Bashir, geleitet wurde (MEI 9.12.2024). Al-Bashir kündigte am ersten Tag seiner Ernennung an, dass die Prioritäten seiner Regierung folgende seien: Gewährleistung von Sicherheit, Bereitstellung von Dienstleistungen und Aufrechterhaltung der staatlichen Institutionen. (AJ 27.1.2025a). Am 29.1.2025 wurde de-facto-Herrscher Ahmed ash-Shara' zum Übergangspräsidenten ernannt (Standard 29.1.2025). [LIB 05.2025 S. 14] Eine diplomatische Quelle eines europäischen Staates berichtet von einer Beurlaubung aller Staatsbeamten: Durch die Beurlaubung aller Staatsbeamter gibt es in Syrien zwar nun (interimistische) Minister, aber kaum Beamte, soll heißen, keine funktionierende Verwaltung. Mit ganz wenigen Ausnahmen stehen die Ministerien leer. Die einzigen Ordnungskräfte sind diejenigen Gruppen, die aus Idlib mitgekommen sind und die sich – personell überlastet – um ein Minimum an Ordnung in den Städten bemühen. Die kommunale Versorgung ist nicht vorhanden bzw. derzeit auf Privatinitiativen reduziert (SYRDiplQ1 5.2.2025). In Damaskus und anderen Orten kam es häufig zu Gewaltausbrüchen, weil Polizei und Armee nicht über genügend Personal verfügen, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Straßen sind oft mit Müll übersät, und anstelle der Polizei leiten Teenager den Verkehr (FT 25.3.2025). [LIB 05.2025 S. 14] Die HTS, die in der neuen Regierung erheblichen Einfluss hat, verfügt einem Bericht des Atlantic Council zufolge nicht über ausreichende technokratische Fachkenntnisse, um eine so komplexe Nation wie Syrien zu verwalten (AC 23.1.2025) [LIB 05.2025 S. 15].
1.4.2. Sicherheitslage:
Aus der Berichtslage geht einhellig hervor, dass es der neuen Regierung noch nicht gelungen ist, die Sicherheitslage im Land nachhaltig zu stabilisieren [LIB 05.2025 S. 44ff.; AA 05.2025 S. 6ff; DIS 06.2025; EUAA Country Focus 07.2025 S. 89 ff.].
Trotz der Bemühungen der neuen syrischen Regierung bleibt die Sicherheitslage fragil, und die Zukunft Syriens ist von zahlreichen Unsicherheiten geprägt (VB Amman 9.2.2025). Die neue syrische Übergangsregierung ist nicht in der Lage, das gesamte syrische Staatsgebiet zu kontrollieren (AlHurra 6.2.2025a). Seit Jahresbeginn 2025 hat sich die Sicherheitslage in Syrien nach dem Sturz von Bashar al-Assad weiterhin als instabil erwiesen. Die neuen Machthaber, dominiert von islamistischen Gruppierungen, bemühen sich um die Etablierung von Ordnung und Sicherheit, stoßen jedoch auf erhebliche Herausforderungen (VB Amman 9.2.2025). Außenminister ash-Shaybani gibt Sicherheitsprobleme in Teilen Syriens zu, bezeichnete sie aber als Einzelvorfälle: Offenbar hat die Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS), die offiziell aufgelöst wurde, Schwierigkeiten, ihre teils sehr radikalen islamistischen Untergruppen in den Griff zu bekommen. [LIB 05.2025 S. 44] Zwischen Verfolgung von Regimestraftätern und Racheakten vor allem gegen die Volksgruppe der Alawiten, aus der die al-Assads stammen, ist nicht immer leicht zu unterscheiden (Standard 23.1.2025). Die Sicherheitskräfte der Übergangsregierung sind bei ihrem Versuch, das Land zu stabilisieren, mit zunehmenden Bedrohungen konfrontiert, darunter gewalttätige Überreste des Regimes, sektiererische Gewalt und Entführungen. [LIB 05.2025 S. 44f.] Die Grenzen der staatlichen Durchsetzung von Kontrolle zeigen sich immer wieder, etwa bei der dramatischen Gewalteskalation in der Küstenregion zwischen dem 6. und 9. März 2025 oder in wiederkehrenden bewaffneten Auseinandersetzungen im libanesisch-syrischen Grenzgebiet und im Gouvernement Dar’aa [AA 05.2025 S. 6]. Viele Beobachter sind sich einig, dass trotz der starken Präsenz interner Faktoren auch der externe regionale Faktor bei den Unruhen in der syrischen Küstenregion eine wichtige Rolle spielte [LIB 05.2025 S. 49].
Die Kräfte, die Syriens neuem Machthaber zur Verfügung stehen, sind unzureichend. Die 30.000 Mann starke HTS ist nun über das ganze Land verteilt (Economist 5.3.2025). In Damaskus ist in den wichtigsten Bereichen nur Militärpersonal der HTS zu sehen, das ein Gefühl der Sicherheit vermittelt und versucht, den Verkehr zu regeln – allerdings mit begrenztem Erfolg. Dies ist nicht nur eine Folge der begrenzten Kapazitäten der HTS, die nun an ihre Grenzen stoßen, da sie ein ganzes Land und nicht nur einen Teil einer Provinz verwalten müssen. Es ist auch ein Symptom für den abrupten Zusammenbruch der traditionellen Sicherheitsstrukturen. [LIB 05.2025 S. 93]
In den Gouvernements Syriens kam es weiterhin zu einer Zunahme von Entführungen. Die Civil Peace Group dokumentierte seit dem Sturz des Regimes 64 Entführungsfälle – 19 Opfer wurden später hingerichtet aufgefunden, nur drei führten zu Lösegeldforderungen. Auch Vorfälle sektiererischer Gewalt, die sich hauptsächlich gegen schiitische und alawitische Gemeinschaften richten, sind weit verbreitet (Etana 22.2.2025). Die Kriminalität ist dramatisch gestiegen, nicht zuletzt auch aufgrund der Freilassung nicht nur politischer Gefangener aus den Gefängnissen (SYRDiplQ1 5.2.2025). Kriminelle Banden und Einzelpersonen suchen weiterhin nach Sicherheits- und Autoritätslücken, die sie in dieser neuen Ära ausnutzen können. Die schwereren Verbrechen ereignen sich in der Regel auf dem Land, wo die Sicherheitspräsenz geringer ist und sich eine höhere Konzentration von Ex-Shabiha [Shabiha sind die irregulären, bewaffneten pro-Assad-Gruppierungen Anm.] befindet (MEI 21.1.2025). [LIB 05.2025 S. 45]
Eine Quantifizierung des Konfliktgeschehens ist nach wie vor schwierig, u. a. weil sich die verschiedenen Konfliktebenen nicht klar von gewöhnlicher Kriminalität unterscheiden lassen. Insgesamt geht die NRO ACLED (Armed Conflict and Event Data Project) von 3.898 Konflikttoten zwischen dem 1. Januar und dem 31. März 2025 aus. [vgl. AA 05.2025 S. 7]
Die Bedrohung durch Blindgänger hat sich seit dem Sturz des Assad-Regimes am 8.12.2024 noch verschärft, weil in Homs, aber auch in Damaskus, viele Waffen, darunter auch Sprengwaffen, zurückgelassen wurden (UN News 14.1.2025). Es ist ein starker Anstieg von Vorfällen mit Blindgängern und explosiven Kampfmittelrückständen zu verzeichnen, wobei fast täglich über zivile Opfer berichtet wird (UNOCHA 12.2.2025). [LIB 05.2025 S. 51] NROs sprechen von einem Anstieg von 400 % in den ersten beiden Monaten des Jahres 2025 bei Todes- und Verletzungsfällen in Zusammenhang mit Kampfmittelunfällen. Besonders betroffen sind in der Landwirtschaft tätige Personen. Auch zurückkehrende Flüchtlinge und Binnenvertriebene sind betroffen. [AA 05.2025 S. 7]
Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Grandi, sieht den Schlüssel, um die Voraussetzungen für ausreichende Lebensbedingungen und eine stabile Sicherheitslage zu schaffen, in der Elektrizität. Ohne diese gäbe es nicht nur extreme Unsicherheit. Die Lebensbedingungen, wie Kochen, Heizen, Transport usw. sind an Strom gekoppelt. Auch der Betrieb von Krankenhäusern und Schulen bedingt eine funktionierende Energieversorgung. Dauere der Zustand an, in dem nachts ganze Gegenden in völliger Dunkelheit lägen, sei ein "collapse of law and order" praktisch unvermeidlich. Die radikalen militanten Gruppierungen würden nur darauf warten, das Vakuum zu füllen (ÖB Amman 6.2.2025). [LIB 05.2025 S. 50]
Gouvernement Damaskus-Land [EUAA Country Focus 07.2025 S. 170 ff]:
a) Schätzungen der administrativen Gliederung und der Bevölkerung
Das Gouvernement Rural Damascus (oder Rif Dimasq) ist in neun Verwaltungsbezirke unterteilt, nämlich Al-Qutayfah, Al-Nabk, Al-Tall, Al-Zabdani, Darayya, Duma, Qatana, Rural Damascus und Yabroud, die weiter in insgesamt 36 Unterbezirke unterteilt sind. Die Hauptstadt ist Damaskus, ein eigenständiges Gouvernement. Im März 2025 schätzte die IOM die Bevölkerung des Gouvernements auf 5 120 422 Personen, darunter Einwohner, Binnenvertriebene und Rückkehrer aus dem Ausland, und die WHO schätzte sie auf 3 395 491 Personen.
b) Territoriale Kontrolle und wichtigste bewaffnete Akteure
Ende Mai 2025 wurde der nördliche und nordwestliche Teil des Gouvernements Rural Damascus, das an das Gouvernement Homs im Norden, das Gouvernement Dar’a im Süden und den Libanon im Westen grenzt, von der ISW und der CTP als unter der Kontrolle der Übergangsverwaltung stehend kartiert. Es gab jedoch mehrere Taschen um Damaskus Stadt, wo Pro-Assad-Überreste eine Präsenz aufrechterhielten, einschließlich in der Nähe der Städte Harasta und Al-Misraba sowie Najha und in der Nähe der Damaskus-Universität. Die südlichen und östlichen Teile des Gouvernements, das im Süden an das Gouvernement Sweida grenzt, sowie das Gouvernement Homs und Jordanien im Osten wurden als „Lost Regime Territory“ kartiert.
Zu den nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen im Gouvernement, deren Aktivitäten oder Präsenz während des Bezugszeitraums gemeldet wurden, gehören drusische Milizen wie die Bewegung "Männer der Würde", auch in den Städten Jaramana und Sahnaya. Andere im Bezugszeitraum anwesende oder aktive nichtstaatliche bewaffnete Gruppen waren Reste der libanesischen Hisbollah und des syrischen Volkswiderstands, einer bewaffneten Gruppe, die sich der Übergangsregierung widersetzte. ISW und CTP erwähnten Ende April auch Aktivitäten einer „Ideologisch dem Islamischen Staat nahestehenden Salafijihadi-Gruppe [...], die der Übergangsregierung feindlich gesinnt ist“ in Sahnaya.
Darüber hinaus wurde über Luftaktivitäten der israelischen Streitkräfte im Bezugszeitraum berichtet, unter anderem in der Stadt Sahnaya.
- Sicherheitstrends
Anfang März 2025 kam es in der Stadt Jaramana zu Zusammenstößen zwischen Mitgliedern der Jaramana Shield Brigade, einer lokalen Drusenmiliz, und Sicherheitskräften, bei denen mindestens ein Offizier getötet wurde. Die Kämpfe endeten, nachdem eine Einigung zwischen der Regierung und den Vertretern der Jaramana-Gemeinschaft erzielt worden war. Am folgenden Tag kam es jedoch zu neuen Zusammenstößen in Ashrafiah Sahnaya, einer Stadt südwestlich von Damaskus mit einer drusischen Mehrheit. Mehr als 100 Menschen, darunter Zivilisten und Milizmitglieder, wurden Berichten zufolge bei diesen Zusammenstößen getötet. Eine Vereinbarung wurde schließlich zwischen der Übergangsregierung und der Gemeinschaft und religiösen Führern ausgehandelt, um die Situation zu deeskalieren, obwohl die Umsetzung laut einer Analyse des Harmoon Center for Contemporary Studies angeblich schwierig war.
Dieselbe Quelle wies auf eine Zunahme von Sicherheitsvorfällen wie Entführungen und bewaffneten Angriffen in und um das Gouvernement Damaskus im April 2025 hin und enthüllte damit bestehende Sicherheitsherausforderungen, insbesondere in den Außenbezirken des Gouvernements. Berichten zufolge reagierten die Sicherheitskräfte mit der Einrichtung von Checkpoints, Razzien und anderen gezielten Interventionen.
Israelische Streitkräfte starteten im Berichtszeitraum Luftangriffe auf Ziele im ländlichen Damaskus, einschließlich der Sicherheitskräfte in Sahnaya am 30. April 2025, und behaupteten, Angriffe auf die drusische Gemeinschaft zu verhindern.
Im Mai 2025 kündigten Regierungsbeamte die Festnahme mehrerer ISIL-Verdächtiger an, die in West-Ghouta operieren, sowie die Beschlagnahme von Waffen, einschließlich Munition, Sprengstoff und Luftverteidigungssystemen.
Laut einem syrischen Journalisten, der im Mai von der DIS interviewt wurde, bestehen weiterhin Racheakte gegen Personen, die der Verbindungen zur ehemaligen Regierung verdächtigt werden, insbesondere in al-Tal. Diese Vorfälle werden Berichten zufolge von ehemaligen Oppositionskämpfern durchgeführt, die zuvor vom Assad-Regime nach Nordsyrien umgesiedelt wurden und seitdem zurückgekehrt sind. Während des Bezugszeitraums berichtete SNHR über Zwischenfälle mit zivilen Opfern, darunter die Tötung von zwei Männern und die Verletzung eines Drittels durch unbekannte Bewaffnete, die auf ihr Auto schossen, und die Entführung eines Arztes auf dem Heimweg von der Arbeit. Darüber hinaus berichteten Quellen über die Entdeckung von Leichen von Zivilisten, die von unbekannten Tätern getötet wurden. Ein Brand- und Bombenanschlag auf eine Kirche in der Stadt Boudan im April 2025 durch unbekannte Täter verursachte nur begrenzten materiellen Schaden. Niemand wurde bei dem Angriff verletzt.
- Sicherheitsvorfälle
Zwischen dem 9. Dezember 2024 und dem 31. Mai 2025 verzeichnete ACLED 173 Sicherheitsvorfälle im Gouvernement Rural Damascus. Für den Zeitraum vom 1. März 2025 bis zum 31. Mai 2025 verzeichnete ACLED 82 Sicherheitsvorfälle (definiert als Schlachten, Explosionen/Ferngewalt, Gewalt gegen Zivilisten) im Gouvernement Rural Damascus. Von diesen wurden 38 als Vorfälle von Gewalt gegen Zivilisten, 28 als Explosionen / Ferngewalt und 16 als Schlachten codiert.
Während des Bezugszeitraums wurden Sicherheitsvorfälle von ACLED in acht Bezirken des Gouvernements registriert, wobei die höchste Zahl im Bezirk Rural Damascus (32 Vorfälle) dokumentiert wurde, gefolgt von Duma (16 Vorfälle). Die wenigsten Vorfälle wurden in den Bezirken Al-Nabk und Al-Qutayfah verzeichnet (jeweils ein Vorfall). Den ACLED-Daten zufolge waren nicht identifizierte bewaffnete Gruppen der Hauptakteur, der im Bezugszeitraum an rund 50 % aller registrierten Sicherheitsvorfälle (die entweder als „Actor1“ oder „Actor2“ codiert waren) beteiligt war, insbesondere an Vorfällen, die als Gewalt gegen Zivilisten codiert waren. Viele dieser Vorfälle beinhalteten die Explosion von Kriegsresten, die vom Konflikt zurückgelassen und von unbekannten Tätern gepflanzt wurden. Die Streitkräfte der Übergangsregierung waren an rund 23 % aller Sicherheitsvorfälle beteiligt, von denen die meisten als Explosionen / Ferngewalt mit Luftangriffen israelischer Streitkräfte auf militärische Übergangspositionen der Regierung codiert waren. Die Polizeikräfte der Übergangsregierung waren an rund 18 % der Sicherheitsvorfälle im Gouvernement Rural Damaskus beteiligt, insbesondere an Vorfällen, die als Schlachten codiert waren. Die israelischen Streitkräfte waren an rund 17 % aller Sicherheitsvorfälle beteiligt, die alle als Explosionen / Ferngewalt mit Luft- oder Drohnenangriffen codiert waren.
- Zivile Opfer
Im März 2025 verzeichnete die SNHR 11 zivile Todesfälle im Gouvernement Rural Damaskus, im April 2025 verzeichnete sie einen zivilen Todesfall und im Mai 2025 wurden 12 zivile Todesfälle im Gouvernement verzeichnet. In Bezug auf die gewalttätigen Ereignisse im ländlichen Damaskus (einschließlich Jaramana, Ashrafiah Sahnaya und Sahnaya) und in den Gouvernements Sweida im Zeitraum vom 29. April bis 4. Mai 2025 stellte die SNHR in ihrem Bericht für Mai 2025 fest, dass der Tod von mindestens 111 Personen, darunter Zivilisten, Sicherheitskräfte und lokale bewaffnete Kämpfer, verzeichnet worden war. Nur die zivilen Opfer wurden im monatlichen Bericht berücksichtigt, während die Ermittlungen der Gruppe zu den verbleibenden Tötungen im Gange waren und ein separater Bericht über die Ereignisse erstellt wurde. Im Zeitraum von März bis Mai 2025 verzeichnete die UCDP 48 zivile Todesopfer im Gouvernement Rural Damascus.
- Konfliktbedingte Infrastrukturschäden und explosive Kriegsreste
Ärzte ohne Grenzen beschrieb die großflächige Zerstörung in Daraya, einem Vorort von Damaskus, wobei Teile der Stadt „abgeflachte“, ihr Krankenhaus „schwer beschädigt“ und nur ein funktionierendes Gesundheitszentrum in der Stadt, das seine Dienstleistungen aufgrund der Unterstützung von Ärzte ohne Grenzen erweitern konnte. Die MAG wies darauf hin, dass einige Viertel in den Vororten von Damaskus wie Harasta, Irbin und Jouba zu Trümmern reduziert und mit ziemlicher Sicherheit stark mit nicht explodierten Kampfmitteln kontaminiert waren und daher bewohnbar blieben.
Die GPC wies auf Stromknappheit im ländlichen Damaskus hin, und Enab Baladi zitierte einen Bewohner der Stadt Misraba, der sagte, dass Strom nur für 2 bis 3 Stunden pro Tag verfügbar sei, wobei einige Gebiete aufgrund alter und abgenutzter Kabel mit Stromausfällen von 2 bis 3 Tagen konfrontiert seien. Dieselbe Quelle zitierte einen Beamten, der auf die kriegsbedingte Zerstörung von Trinkwassernetzen im gesamten Gouvernement und die Herausforderungen bei der Instandhaltung und Reparatur dieser Netze mit etwa 1 500 von 4 000 außer Betrieb genommenen Wasserpumpen hinwies. Die Bewohner sahen sich mit unregelmäßigen Wasservorräten konfrontiert und waren darauf angewiesen, Wasser von Wasserfahrzeugen oder in Geschäften zu kaufen. Ein Rückkehrer in Harasta Stadt ähnlich erwähnt zerstörte Häuser, Mangel an Wasser und Strom sowie überfüllte Schulen als Herausforderungen.
Der syrische Zivilschutz erklärte Berichten zufolge, dass ländliches Damaskus zu den Gebieten gehöre, in denen die meisten Vorfälle mit Kriegsrückständen aufgetreten seien. Der GPC stellte fest, dass die meisten Unfälle mit UXOs seit Dezember 2024 im Agrarsektor stattfanden, insbesondere in Gebieten, in denen Minenräumexperten „begrenzten Zugang“ hatten, wie zum Beispiel ländliches Damaskus. Ein 13-jähriger Junge wurde Berichten zufolge bei einer Landminenexplosion verletzt, als er im Mai 2025 Schafe in einem Gebiet östlich von Al-Dumayr hütete.
- Konfliktbedingte Vertreibung und Rückkehr
Schätzungen des UNHCR zufolge lebten am 12. Juni 2025 im Gouvernement 977 532 Binnenvertriebene und 109 779 Personen, die seit dem 27. November 2024 aus Binnenvertreibungen in Gebiete des Gouvernements zurückgekehrt waren. Nach Angaben des UNOCHA wurden zwischen dem 30. April und dem 6. Mai 2025 15 000 Personen aus dem Gouvernement Rural Damaskus aufgrund der gewaltsamen Zwischenfälle in Gebieten mit einer drusischen Mehrheit vertrieben.
Nach Schätzungen des UNHCR lebten bis zum 15. Mai 2025 insgesamt 100 705 Rückkehrer, die seit Anfang 2024 aus dem Ausland zurückgekehrt waren, im Gouvernement, wobei die überwiegende Mehrheit (34 625) in den Bezirk Al-Nabk zurückkehrte, gefolgt von Duma (12 850). Seit dem 8. Dezember 2024 waren 60 135 Personen aus dem Ausland in das Gouvernement Rural Damascus zurückgekehrt.
1.4.3. Humanitäre Lage:
Konfliktbedingt wird in Syrien weiterhin auch unverändert hoher humanitärer Bedarf verzeichnet. [AA 05.2025 S. 8]
Die beiden wichtigsten Säulen der syrischen Wirtschaft – Öl und Landwirtschaft – wurden durch den Krieg stark in Mitleidenschaft gezogen. [LIB 05.2025 S. 258] Trotz eines deutlichen Rückgangs der Militäroperationen hat Syrien seit 2020 eine drastische Verschlechterung der Wirtschaftslage, einen Anstieg der Arbeitslosenquote, einen Rückgang der öffentlichen Dienstleistungen, einen Anstieg der Lebenshaltungskosten und Preise sowie eine Verschärfung der Armut, Entbehrung und Ernährungsunsicherheit erlebt. Diese Verschlechterung wurde vorangetrieben durch die Konfliktparteien, die in ihren jeweiligen Kontrollgebieten materielle und personelle Ressourcen durch Monopole, Inbesitznahme, Korruption, Schmuggel, Drogenhandel, Plünderungen, ungerechte Ausbeutung natürlicher Ressourcen usw. zugunsten der Konflikteliten umleiteten (SCPR 6.2024). Seit 2022 litten die Gebiete unter der Kontrolle des Regimes unter einer Wirtschaftskrise, die in der Geschichte Syriens beispiellos war. Die Auswirkungen reichten von einer galoppierenden Inflation, der Abwertung des syrischen Pfunds und einer gravierenden Verknappung von Brennstoffen und Strom bis hin zu einer zunehmenden Ernährungsunsicherheit und weitverbreiteter Armut. [LIB 05.2025 S. 259] Im Jahr 2023 zu einer Hyperinflation der Preise [vgl. LIB 05.2025 S. 261]. Seit Beginn der politischen Übergangsphase hat die schon zuvor extrem schwache Wirtschaftsleistung weiter abgenommen. [AA 05.2025 S. 10] Die syrische Wirtschaft wird als sich beschleunigend zusammenbrechend, mit sich verschlechternden öffentlichen Dienstleistungen, steigender Arbeitslosigkeit und Haushalten, die ohne Kaufkraft zu kämpfen haben, beschrieben. [LIB 05.2025 S. 262] Die Inflationsrate in Syrien ist im Jahr 2024 auf 57 % gesunken, verglichen mit der Rate von 117,3 % im Jahr 2023, wie es in einem Bericht der syrischen Zentralbank steht. Angesichts der aktuellen Lage in Syrien, wo die Preise für Grundnahrungsmittel steigen, wird die derzeitige Art der Inflation als extremer Fall von Stagflation angesehen, die zu den schlimmsten wirtschaftlichen Bedingungen gehört, die ein Land erreichen kann (Enab 13.2.2025). Während sich die Preise weitgehend stabilisiert haben, belasten die geringere Kaufkraft sowie die Herausforderungen bei Bankgeschäften und der Liquidität weiterhin die Lebensbedingungen. Darüber hinaus wird in allen Gouvernements weiterhin über Brennstoff-, Strom- und Wasserknappheit berichtet (UNOCHA 7.1.2025). [LIB 05.2025 S. 263].
Nach Angaben der Vereinten Nationen leben 90 % der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, ein fast ebenso hoher Anteil der Bevölkerung ist von Ernährungsunsicherheit betroffen. [AA 05.2025 S. 9] Neun von zehn Syrer leben in Armut und jeder Vierte ist arbeitslos (Arabiya 22.2.2025). Fast die Hälfte der Bevölkerung lebte 2024 unterhalb der Armutsgrenze von 2,15 US-Dollar pro Tag (UNESCWA 26.1.2025). Seit Jahren sind syrische Familien auf humanitäre Hilfe und Überweisungen von Familienmitgliedern im Ausland angewiesen, um zu überleben (AP 24.1.2025). Fast 13 Millionen Menschen sind nach wie vor von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen, während das Welternährungsprogramm (WFP) in den letzten zwei Jahren gezwungen war, die Nahrungsmittelhilfe um 80 % zu kürzen (UNSC 8.1.2025). Seit dem Sturz des früheren Regimes hat sich der Brotpreis vervielfacht. Die Brotkrise in Syrien hat sich nach dem Ausbruch der Revolution und der Verschlechterung der Lebens-, Wirtschafts- und Sicherheitsbedingungen verschärft, insbesondere durch die Zunahme der Stromausfälle. [LIB 05.2025 S. 263] Syrien leidet unter einem Stromdefizit von bis zu 80 % seines tatsächlichen Bedarfs (Sharq Bu 2.3.2025). [LIB 05.2025 S. 264]
In ganz Syrien belasten der Mangel an öffentlichen Dienstleistungen und die anhaltenden wirtschaftlichen Herausforderungen weiterhin die Gemeinden und die humanitäre Hilfe. [LIB 05.2025 S. 263] In allen Regionen sind die Zerstörung der Infrastruktur, einschließlich der Wohnverhältnisse, sowie der fehlende oder eingeschränkte Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen (Gesundheitsversorgung, Bildung, Strom, fließendes Wasser, soziale Dienste) eine allgegenwärtige Herausforderung. Gemeinden, die von Belagerungen oder schweren Kämpfen betroffen waren, wie Ost-Ghouta in der Nähe von Damaskus oder Teile von Aleppo, verfügen kaum über Dienstleistungen, sodass die Zivilbevölkerung dort einem höheren Risiko für Gesundheitsprobleme, Ausbeutung, negative Bewältigungsmechanismen und weitere Vertreibung ausgesetzt ist (GPC 3.4.2025). Selbst in den mittlerweile stabilen Regionen des Landes funktionieren öffentliche Versorgungsleistungen und Dienste – Strom, Wasser, Telekommunikation, Bildung – kaum noch (Bourse Bazaar 1.4.2025) [LIB 05.2025 S. 244]
Sollten sich VN-Schätzungen zu 1,5 Mio. rückkehrenden Flüchtlingen für das Jahr 2025 materialisieren, könnten humanitäre Bedarfe weiter steigen. Gleichzeitig mussten in ganz Syrien humanitäre Akteure ihre Aktivitäten aufgrund der begrenzten Mittellage einschränken. [vgl. AA 05.2025 S. 9]
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des Bundesverwaltungsgerichts.
2.1. Zur Person und den Lebensumständen des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen gleichbleibenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, dem BFA, in der Beschwerde sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergibt sich aus den eingeholten Strafregisterauszügen (vgl. OZ. 2).
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft sowie zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit und seinem Familienstand stützen auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem BFA und in der Beschwerde sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie die Kenntnis und Verwendung der Sprache Arabisch. Dass der Beschwerdeführer aus XXXX stammt, ergibt sich aus seinen Angaben vor dem BFA in Zusammenschau mit seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung. Auch wenn der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung zunächst angab, er sei in XXXX (Gouvernement Damaskus-Umgebung) geboren und habe in Damaskus-Stadt gelebt (vgl. OZ. 12, S. 7f.), stellte sich bei näherer Befragung heraus, dass seine (Schwieger-)Familie erst nach dem Sturz des Regimes im Februar 2025 nach Damaskus übersiedelt ist (vgl. OZ. 12, S. 9: „Wir kommen eigentlich aus XXXX . Nach Sturz des Regimes und dieser Entführung waren wir gezwungen, nach Damaskus zu gehen, nach XXXX .“) und er selbst bis 2010 in Damaskus, danach aber von 2011 bis zu seiner Ausreise bei seinem Schwiegervater und somit in XXXX gearbeitet hat (OZ. 12, S. 11). Dies deckt sich einerseits mit seinen dahingehenden Angaben vor dem BFA, wonach er in XXXX bei seinem Schwiegervater gearbeitet und bis zu seiner Ausreise im Familienhaus gelebt habe (vgl. AS. 75), und steht andererseits im Einklang damit, dass der Beschwerdeführer einem seiner Brüder bei seiner Ausreise sein Haus im Heimatdorf überließ (vgl. AS. 11f.). In einer Gesamtbetrachtung war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer aus XXXX im Gouvernement Damaskus-Land stammt.
Die Feststellungen zu Schulbesuch und seiner Erwerbstätigkeit in Syrien beruhen ebenfalls auf den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, die den Feststellungen bedenkenlos zugrunde gelegt werden konnten. Auch gab der Beschwerdeführer sowohl vor dem BFA als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft an, dass seine Frau und seine Kinder nach seiner Ausreise bei seinen Schwiegereltern blieben (AS. 75, OZ. 12, S. 9, 10). In der mündlichen Verhandlung konnte der Beschwerdeführer auch nachvollziehbar erklären, dass er sich zur Finanzierung der Ausreise größere Geldbeträge lieh, darunter von einem seiner Brüder, dem er im Gegenzug das Haus überließ (vgl. OZ. 12, S. 11f.: „Außerdem habe ich damals meinem Bruder versprochen, dass er das Haus im Heimatland bekommt, wenn meine Frau auszieht. Dafür hat er mir 2.300 Euro gegeben. Er war damals in Hama. Er hat seine Arbeit verloren und ist ins Heimatdorf zurückgekehrt und ist eingezogen. Jetzt ist es sein Haus. – R: Dann müssen Sie das Geld ja nicht zurückbezahlen, wenn der Bruder als Gegenleistung das Haus bekommen hat? BF: Er möchte das Geld zurückbekommen. Meine Ehefrau hat jetzt keinen anderen Wohnort zum Wohnen. Er wohnt zwar jetzt in dem Haus, möchte aber trotzdem das Geld zurückbekommen. Er hat versprochen auszuziehen, sobald er das Geld zurückbekommt.“)
2.2. Zu den Umständen bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Wie der Beschwerdeführer in der in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und widerspruchsfrei darlegte, könnte er im Falle seiner Rückkehr nicht auf seine ihm vor der Ausreise zur Verfügung stehenden Ressourcen zurückgreifen: Seine bisherige Wohnung steht ihm nicht mehr zur Verfügung bzw. hängt von der Rückzahlung eines Geldbetrags ab, den er sich erst erwirtschaften müsste. Auch ist die vor seiner Ausreise ausgeübte Erwerbstätigkeit im Zementlager seines Schwiegervaters nicht mehr vorhanden, da dieser sein Unternehmen mittlerweile verloren hat (OZ. 12, S. 9: „Es gibt kein Vermögen und keine Fabrik mehr. Mein Schwiegervater wurde nämlich entführt, und es wurde alles verkauft, um das Lösegeld für ihn bezahlen zu können.“). Die vom Beschwerdeführer diesbezüglich auch im Zuge der weiteren Befragung nachvollziehbar geschilderten Umstände sind nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Berichtslage, wonach derartige Vorfälle seit dem Umsturz stark angestiegen sind, als glaubhaft einzustufen. Dass der Beschwerdeführer nicht genau wusste, welcher Gruppierung die unter dem Deckmantel der Sicherheitsbehörden auftretenden Entführer zuzurechnen waren, tut der Glaubhaftigkeit keinen Abbruch, schließlich geht aus der Berichtslage hervor, dass es in Syrien zu einem Zusammenbruch der Sicherheitsstrukturen kam und gerade auf dem Land verschiedenste Gruppierungen aktiv sind, die diese Sicherheitslücken ausnutzen. Auch der Umzug der Familie nach Damaskus-Stadt fügt sich in dieses Bild ein.
Die gegenwärtig schwierigen Lebensumstände seiner Familie konnte der Beschwerdeführer detailliert beschreiben; auch sie stellen sich als mit der Berichtslage übereinstimmend dar: Seit dem Umzug leben die Schwiegereltern des Beschwerdeführers, seine Frau und seine Kinder in einem Haus mit zwei Zimmern im Stadtteil XXXX . Sein Schwiegervater kann mithilfe seines Autos einen täglichen Lohn von weniger als 25.000 syrischen Lira (umgerechnet etwa 1,63 Euro) erwirtschaften. Die Schwiegermutter trägt durch Näharbeiten zum Familieneinkommen bei. Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass das Einkommen unter der internationalen Armutsgrenze von 3,00 Dollar pro Person pro Tag (https://www.worldbank.org/en/news/factsheet/2025/06/05/june-2025-update-to-global-poverty-lines) liegt. Auch seine Eltern könnten den Beschwerdeführer nicht unterstützen: Diese leben ebenfalls in Damaskus in einem beschädigten Haus mit zwei Zimmern. Der Vater des Beschwerdeführers arbeitete beim „Versorgungsministerium“ und ist bereits seit mehr als zehn Jahren in Pension, die er zwar weiterhin bezieht, allerdings beträgt sie nur 350.000 syrische Lira (umgerechnet etwa 22,83 Euro) monatlich und wird nicht regelmäßig ausbezahlt. Die Finanzierung der nur eingeschränkt zur Verfügung stehenden Strom- und Wasserversorgung erfolgt durch Hilfsleistungen (vgl. OZ. 12, S. 10: „Die Regierung von Qatar nämlich das Wasser und den Strom für die nächsten zwei Jahre.“) Zudem leidet der Vater des Beschwerdeführers an Bluthochdruck und die Mutter an Diabetes und Krebs. Bereits vor dem Umsturz waren die Eltern des Beschwerdeführers daher zur Finanzierung der Behandlung bzw. der Medikamente auf die Unterstützung eines ihrer Söhne angewiesen, der – bis 2024 – im Finanzministerium der Regierung Assad tätig war. Der Umstand, dass der Vater des Beschwerdeführers pensionierter Beamter ist und auch einer seiner Brüder bis zum Umsturz für die Regierung Assad tätig war, stellt darüber hinaus ein zusätzliches individuelles Gefährdungsmoment dar und schränkt auch allfällige Unterstützungsmöglichkeiten weiter ein. Gerade im Bezirk Al-Tal, in dem das Heimatdorf des Beschwerdeführers liegt, kommt es laut Länderberichten nach wie vor zu Racheakten gegen Personen, die der Verbindung zur ehemaligen Regierung Assad verdächtigt werden. Der Beschwerdeführer ist somit auch mit Blick auf die allgemein volatile Sicherheitslage individuell betroffen.
Zieht man die derzeitig nach wie vor katastrophale wirtschaftliche Situation und insbesondere die hohe Arbeitslosigkeit bei der aktuell instabilen Sicherheits- und Versorgungslage in Syrien in Betracht, kann daher selbst unter Berücksichtigung der möglichen Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe und dem Umstand, dass seine Angehörigen dem Beschwerdeführer wohl temporär Unterkunft bieten könnten, nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer sich nach lediglich anfänglichen Schwierigkeiten in seinem Heimatdorf oder andernorts gefahrlos niederlassen, eine Arbeit aufnehmen und eine Existenz ohne unbillige Härte aufbauen könnte.
2.3. Zu den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat
Vom Bundesverwaltungsgericht wurden folgende Quellen ins Verfahren eingebracht (vgl. OZ. 3, OZ. 7 sowie OZ. 12):
UNHCR-Regional-Flash-Update zu Syrien von Jänner 2025
UNHCR-Response-Factsheet von Dezember 2024
Regional-Refugee-Community Feedback zu den Entwicklungen in Syrien von Dezember 2024
Syrien, Arabische Republik - Informationssammlung zu Entwicklungen rund um den Sturz von Präsident Assad - ecoi.net
https://www.unhcr.org/at/news/medienmitteilungen/unhcr-mahnt-zu-zurueckhaltung-bei-rueckfuehrungsbestrebungen-von-syrischen
https://www.unhcr.org/at/news/aktuelle-meldungen/statement-zur-aussetzung-von-asylantraegen-von-syrerinnen-und-syrern
https://www.unhcr.org/at/news/aktuelle-meldungen/stellungnahme-des-un-fluechtlingshochkommissars-zur-situation-syrien
Iran Update, December 30, 2024 | Institute for the Study of War
Syria's minorities seek security as country charts new future (https://www.bbc.com/news/articles/cx2yqnewxrpo)
https://www.aljazeera.com/news/2024/12/21/syrias-new-rulers-appoint-hts-figures-as-foreign-defence-ministers
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Autor): „Anfragebeantwortung zu Syrien: Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen (z.B. Yekîneyên Parastina Gel, YPG); Zwangsrekrutierungen [a-12592]“, Dokument #2123131 - ecoi.net
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Autor): Anfragebeantwortung zu Syrien: Änderungen des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht in der Demokratischen Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES) aufgrund der Kämpfe zwischen den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) und der Syrischen Nationalarmee (SNA); Änderung der Strafen; Durchsetzung des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht im kurdisch kontrollierten Teil von Deir-ez Zor, auch gegenüber Arabern; Intensivierung von Rekrutierungsbemühungen; Mobilisierung von Selbstverteidigungs-Einheiten und Heranziehen von Wehrpflichtigen zu Kampfeinsätzen; Aktueller Meinungsstand zur Verweigerung der Selbstverteidigungspflicht durch Araber [a-12555-2], vom 24.12.2024
Syria: Kurdish-led SDF agrees to integrate with government forces (https://www.bbc.com/news/articles/cedlx0511w7o)
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/syrien-kurden-alawiten-100.html
https://www.zdfheute.de/politik/ausland/pkk-tuerkei-kurden-waffenruhe-oecalan-100.html
Syriens Führung einigt sich mit Kurden im Nordosten (https://orf.at/stories/3387265/)
EUAA: Country Focus Syria, Mach 2025
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Syrien, Version 11, Stand: 27.03.2024
EUAA: Country Guidance Syria, April 2024
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Syrien, Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen (z.B. Yekîneyên Parastina Gel, YPG); Zwangsrekrutierungen [a-12592-v2], 21.03.2025;
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien, Version 12 vom 08.05.2025
Syria situation: Crisis Regional Flash Update #45 | 19.09.2025
UNHCR, Position on Returns to the Syrian Arab Republic, Dezember 2024
Auswärtiges Amt (AA), Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, 30.05.2025
Danish Immigration Service (DIS), Syria Security situation, Juni 2025
EUAA: Country Focus Syria, Juli 2025
EUAA: Interim Country Guidance Syria, Juni 2025
sowie das laufend aktualisierte Kartenmaterial unter: https://syria.liveuamap.com/ und https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html.
Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der herangezogenen Länderinformationen zu zweifeln und wurden diese auch vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt. Die Berichte sind in Bezug auf die Sicherheits- und Versorgungslage in Syrien aktuell. Die den Feststellungen im Einzelnen zugrundeliegenden Quellen werden unter Punkt 1.4. jeweils abgekürzt zitiert.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Die gegenständliche Beschwerde ist zulässig und rechtzeitig. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung der nach der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts zuständigen Einzelrichterin.
3.1. Zu Spruchpunkt I. – Einstellung des Verfahrens in Bezug auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
Aufgrund der ausdrücklichen Zurückziehung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt l. des angefochtenen Bescheides (Abweisung des Antrags auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten) in der mündlichen Verhandlung ist der Bescheid diesbezüglich in Rechtskraft erwachsen und die Pflicht des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung weggefallen (vgl. VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).
Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG war das Verfahren hinsichtlich Spruchpunkt I. daher mit Beschluss einzustellen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. – Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten
Gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. jüngst VwGH 26.06.2023, Ra 2024/18/0733) setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. zum Ganzen grundlegend VwGH 21.2.2017, Ra 2016/18/0137, mwN). Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen vorliegen, handelt es sich somit um eine Prüfung, die aufgrund der Umstände des konkreten Einzelfalls stattzufinden hat (vgl. etwa VwGH 23.6.2020, Ra 2020/20/0143, mwN, insbesondere mit Hinweis auf EuGH 19.3.2020, C-406/18, PG, Rn. 29, wonach jede Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus auf einer individuellen Prüfung, deren Ziel es ist, festzustellen, ob unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Antragstellers die Voraussetzungen für die Zuerkennung vorliegen, beruhen muss).
Den Richtlinien des UNHCR ist bei der Prüfung der Anträge besondere Beachtung zu schenken ("Indizwirkung"). Diese Indizwirkung bedeutet zwar nicht, dass die Asylbehörden bzw. das BVwG in Bindung an entsprechende Empfehlungen in den Richtlinien internationalen Schutz gewähren müssten. Allerdings haben die Asylbehörden (und dementsprechend auch das BVwG) sich mit den Stellungnahmen, Positionen und Empfehlungen in den Richtlinien des UNHCR auseinanderzusetzen und, wenn sie diesen nicht folgen, begründet darzulegen, warum und gestützt auf welche gegenständlichen Berichte sie zu einer anderen Einschätzung der Lage im Herkunftsstaat gekommen sind. Gleiches gilt für die einschlägigen Länderrichtlinien der EUAA (vgl. etwa VwGH 19.3.2024, Ra 2022/18/0326, mwN). In seiner jüngeren Rechtsprechung hat der VwGH zu dieser Berücksichtigungspflicht auch auf die mittlerweile in Kraft getretene Verordnung (EU) 2021/2303 hingewiesen, deren Art. 11 Abs. 3 vorsieht, dass bei der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz einschlägige Länderrichtlinien der EUAA von den Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sind (vgl. VwGH 29.8.2023, Ra 2022/18/0193; 6.6.2024, Ra 2024/18/0199).
Das UNHCR hat seine Position seit der „Position on Returns“ vom Dezember 2024, in der es aufgrund der volatilen und sich rasch verändernden Lage von einer zwangsweisen Rückkehr abriet, nach wie vor keine aktualisierten, umfassenden Richtlinien veröffentlicht. Auch seitens der EUAA wurden im Juni 2025 nur vorläufige Länderrichtlinien („Interim Country Guidance“) publiziert, die – bezogen auf ganz Syrien – festhalten, dass eine Einschätzung zum Niveau willkürlicher Gewalt als nicht durchführbar erachtet werde (vgl. S. 58ff.). Im Land herrsche ein allgemeiner Mangel an Schutz und eine innerstaatliche Fluchtalternative sei in Damaskus-Stadt nur in exzeptionellen Umständen denkbar. Auch werde darauf hingewiesen, dass das UNHCR der Auffassung ist, dass die Voraussetzungen für die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft für Personen, die internationalen Schutz genießen und aus Syrien stammen, derzeit nicht erfüllt sind (vgl. EUAA Interim Country Guidance S. 14).
Anhand der den Feststellungen zugrunde gelegten, aktuellen und einhelligen Länderfeststellungen, darunter insbesondere auch der aktuellste „Country Focus“ der EUAA vom Juli 2025, kommt das Bundesverwaltungsgericht daher in Zusammenschau mit den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers im konkreten Einzelfall wie beweiswürdigend dargelegt zum Schluss, dass eine Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung seiner in Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte mit sich bringen würde.
Aufgrund der allgemein unsicheren Sicherheitslage, der derzeit schlechten und ungewissen weiteren Versorgungslage in ganz Syrien und der noch nicht absehbaren weiteren Entwicklung des gesamten Landes ist dem Beschwerdeführer, der in Syrien über keinerlei Ressourcen bzw. Möglichkeiten zur Erwirtschaftung seines Lebensbedarf verfügt und auch von seinen dort aufhältigen Angehörigen nicht (ausreichend) unterstützt werden könnte, eine Rückkehr dorthin nicht möglich, weder in seine Herkunftsregion noch in andere Landesteile, insbesondere auch nicht nach Damaskus. Der Beschwerdeführer kann daher auch nicht auf die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Fall seiner Rückkehr nach Syrien verwiesen werden.
Im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Syrien liegen somit stichhaltige Gründe für ein reales Risiko der Verletzung seiner durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte bzw. einer ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konfliktes im Sinne des § 8 Abs. 1 Asyl 2005 vor.
Ausschlussgründe nach § 8 Abs. 3a in Verbindung mit § 9 Abs. 2 AsylG liegen nicht vor, weil sie einerseits nicht hervorgekommen sind (§ 9 Abs. 2 Z 1 und 2 AsylG) und der Beschwerdeführer andererseits unbescholten ist (Z 3 leg. cit.).
Daher ist der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattzugeben und dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zuzuerkennen.
3.3. Zu Spruchpunkt III. – Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung
Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom BFA für jeweils zwei weitere Jahre verlängert.
Im gegenständlichen Fall ist dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zuzuerkennen (siehe Spruchpunkt II.).
Daher ist dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres zu erteilen.
3.4. Zu Spruchpunkt IV. – Behebung der übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides
Da im gegenständlichen Fall dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, liegen die Voraussetzungen für die Anordnung der Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG einschließlich Fristsetzung für die freiwillige Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet gemäß § 55 Abs. 1 FPG bzw. Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 FPG jeweils nicht mehr vor. Eine amtswegige Prüfung gemäß § 57 Abs. 1 iVm § 58 Abs. 1 AsylG ist nicht durchzuführen.
Die übrigen Spruchpunkte angefochtenen Bescheides sind daher zu beheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.