Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed und den Hofrat Mag. Tolar sowie die Hofrätinnen Dr. in Gröger, Dr. in Sabetzer und Dr. Kronegger als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Hahn, LL.M., über die Revision des K A, vertreten durch Mag. Armin Krall als bestellter Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch MMag. Markus Koisser, Bakk. MSc (WU), Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marokkanergasse 22/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. November 2024, W292 2293708 1/16E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl),
Spruch
I. den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten wendet;
II. zu Recht erkannt:
Im Übrigen wird das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger aus dem Gouvernement Idlib und Angehöriger der arabischen Volksgruppe, beantragte am 20. August 2023 internationalen Schutz und brachte zunächst vor, er habe seinen Herkunftsstaat aufgrund des Krieges und fehlender Arbeitsplätze verlassen. Im weiteren Verfahrensverlauf ergänzte er, ihm drohe bei Rückkehr der Einzug in die syrische Armee und das syrische Regime unterstelle ihm eine oppositionelle Gesinnung.
2 Mit Bescheid vom 16. Mai 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Syrien zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
4 Das BVwG verneinte mit näherer Begründung eine dem Revisionswerber drohende Verfolgung durch das syrische Regime oder andere Gruppierungen aus den von ihm geltend gemachten Gründen. Der Revisionswerber sei von keiner Bürgerkriegspartei zur Teilnahme an Kampfhandlungen oder zur Ableistung eines Militärdienstes aufgefordert worden. Zudem sei er bislang nicht politisch tätig gewesen, habe an keinen Demonstrationen teilgenommen oder sich einer oppositionellen Gruppierung angeschlossen. Er sei daher nicht in das Blickfeld der syrischen Regierung oder anderer Konfliktparteien wegen einer (unterstellten) oppositionellen Haltung geraten. Zur Nichtgewährung subsidiären Schutzes führte das BVwG aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Revisionswerber im Fall der Rückkehr in das Gouvernement Idlib Gefahr laufe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Bei näherer Betrachtung der Berichtslage zu den sicherheitsrelevanten Vorfällen (geringe Anzahl ziviler Todesopfer) drohe dem Revisionswerber bei Rückkehr in seinen Herkunftsort auch kein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit.
5 Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit hinsichtlich der Nichtgewährung von Asyl geltend, dass der Revisionswerber eine regimekritische Haltung vertrete, die er im gegenständlichen Verfahren auch deutlich zum Ausdruck gebracht habe. Zudem würde ihm eine solche aufgrund der Wehrdienstverweigerung vom syrischen Regime zugeschrieben werden. Die vom BVwG verlangte Intensität der politischen Überzeugung sei im Lichte der Judikatur des EuGH verfehlt und verstoße gegen Unionsrecht. Auch die Inanspruchnahme der Möglichkeit des Freikaufs vom Wehrdienst sei dem Revisionswerber nicht zumutbar.
7 Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz bringt die Revision zur Zulässigkeit und in der Sache vor, dass die Beurteilung des BVwG den Länderrichtlinien der EUAA Country Guidance vom April 2024 widerspreche, wonach insbesondere allein die Anwesenheit im Herkunftsgebiet des Revisionswerbers eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK bedeute. Das angefochtene Erkenntnis stehe auch im Widerspruch zur Entscheidung des EuGH vom 10. Juni 2021, C 901/19, CF u.a., wonach eine rein quantitative Betrachtung sicherheitsrelevanter Vorfälle nicht ausreiche.
8 Das BFA hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Die Revision ist teilweise zulässig und begründet.
10 Vorauszuschicken ist, dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des BVwG vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG auf der Grundlage der Sach und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zu prüfen ist. Dementsprechend entziehen sich Änderungen der Sach und Rechtslage, die sich nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ereignet haben, einer Prüfung im gegenständlichen Revisionsverfahren (vgl. VwGH 14.3.2025, Ra 2024/18/0344, mwN).
I. Zur Unzulässigkeit der Revision in Bezug auf die Nichtgewährung des Status des Asylberechtigten:
11 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Die Revision richtet sich zur Frage der Gewährung von Asyl gegen die Beweiswürdigung des BVwG, welches die vom Revisionswerber vorgebrachten Fluchtgründe für nicht glaubhaft erachtete. Dazu ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 29.1.2025, Ra 2024/18/0417, mwN).
13 Das BVwG legte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffen konnte dar, dass es dem Revisionswerber nicht gelungen sei, eine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen. Der Revision, die nur vereinzelten Aspekten der umfassenden Beweiswürdigung entgegentritt, gelingt es nicht, eine Unvertretbarkeit dieser beweiswürdigenden Erwägungen des BVwG darzutun.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Übrigen bereits wiederholt erkannt, unter welchen Voraussetzungen die Verweigerung des Militärdienstes eine Asylgewährung rechtfertigt. Er hat sich dabei auch mit der speziellen Situation in Syrien auseinandergesetzt (vgl. dazu etwa VwGH 4.7.2023, Ra 2023/18/0108; 28.2.2024, Ra 2023/20/0619, jeweils mwN). Die Revision zeigt nicht auf, dass das BVwG fallbezogen von diesen rechtlichen Leitlinien abgewichen wäre, oder, dass sie einer Ergänzung oder Änderung bedürften.
15 Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf die in der Revision aufgeworfenen Fragen zum Freikauf vom Wehrdienst einzugehen (vgl. VwGH 24.2.2025, Ra 2024/18/0305, mwN).
16 Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch nicht veranlasst, der Anregung des Revisionswerbers zu folgen, den Rechtsstreit dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen, weil mit der vorhandenen Rechtsprechung des EuGH das Auslangen gefunden werden kann und die Revision nicht einmal näher darlegt, welche konkrete unklare Rechtsfrage zur Auslegung des Unionsrechts gestellt werden sollte.
17 Die Revision war daher im oben beschriebenen Umfang wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG zurückzuweisen.
II. Zur Zulässigkeit und Begründetheit der Revision in Bezug auf die Nichtgewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die darauf aufbauenden weiteren Spruchpunkte:
18 Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat aber eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
19 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. zum Ganzen grundlegend VwGH 21.2.2017, Ra 2016/18/0137, mwN). Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen vorliegen, handelt es sich somit um eine Prüfung, die aufgrund der Umstände des konkreten Einzelfalls stattzufinden hat (vgl. etwa VwGH 23.6.2020, Ra 2020/20/0143, mwN, insbesondere mit Hinweis auf EuGH 19.3.2020, C 406/18, PG, Rn. 29, wonach jede Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus auf einer individuellen Prüfung, deren Ziel es ist, festzustellen, ob unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Antragstellers die Voraussetzungen für die Zuerkennung vorliegen, beruhen muss). Der Tatbestand einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in § 8 Abs. 1 Asyl 2005 orientiert sich an Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) und umfasst eine Schadensgefahr allgemeiner Art, die sich als „willkürlich“ erweist, also sich auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken kann (vgl. erneut VwGH 21.2.2017, Ra 2016/18/0137, mwN).
20 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist von den Asylbehörden zu erwarten, dass sie insoweit, als es um Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern geht, von den zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten Gebrauch machen und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einbeziehen. Das gilt auch für von einem Verwaltungsgericht geführte Asylverfahren. Folglich hat das BVwG seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen. Bei instabilen und sich rasch ändernden Verhältnissen im Herkunftsstaat können auch zeitlich nicht lange zurückliegende Berichte ihre Aktualität bereits verloren haben.
21 Den Länderrichtlinien der EUAA (Country Guidance) ist wie jenen des UNHCR bei der Prüfung der Anträge besondere Beachtung zu schenken („Indizwirkung“). Diese Indizwirkung bedeutet zwar nicht, dass die Asylbehörden bzw. das BVwG in Bindung an entsprechende Empfehlungen in den Richtlinien internationalen Schutz gewähren müssten. Allerdings haben die Asylbehörden (und dementsprechend auch das BVwG) sich mit den Stellungnahmen, Positionen und Empfehlungen in den Richtlinien auseinanderzusetzen und, wenn sie diesen nicht folgen, begründet darzulegen, warum und gestützt auf welche gegenständlichen Berichte sie zu einer anderen Einschätzung der Lage im Herkunftsstaat gekommen sind (vgl. zu allem VwGH 25.6.2024, Ra 2024/18/0151, mwN und Hinweis auf Art. 11 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2021/2303; vgl. auch VwGH 29.8.2023, Ra 2022/18/0193).
22 Im gegenständlichen Fall lehnte das BVwG die Gewährung von subsidiärem Schutz mit der Begründung ab, der Revisionswerber habe lediglich auf die „unsichere Lage“ in seiner Herkunftsregion hingewiesen und nicht dargelegt, weshalb explizit seine Person in einem die restliche Bevölkerung übersteigenden Maß gefährdet wäre. Das BVwG verkenne nicht die einschlägigen Länderrichtlinien der EUAA Country Guidance: Syria, April 2024. Eine Einzelfallprüfung erfordere jedoch eine Differenzierung hinsichtlich kleinerer geographischer Regionen, wie etwa Distrikte. Die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle im Gouvernement Idlib und die „Konzentration“ dieser Vorfälle auf die Distrikte Ariha und al Ma´ra entlang der Kontaktlinie zwischen der syrischen Regierung und der Hay’at Tahrir ash Sham (HTS) ließen nicht den Schluss zu, dass jede im Gouvernement anwesende Person dem realen Risiko unterliege, einem Gewaltakt ausgesetzt zu sein. Da sich weder der Geburtsort noch der letzte Aufenthaltsort des Revisionswerbers in einem der genannten Distrikte befänden, bestehe für ihn keine maßgebliche Gefährdung. Auch hinsichtlich der Versorgungslage gerate der Revisionswerber im Fall einer Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Situation.
23 Zutreffend zeigt die Revision auf, dass das vom BVwG betreffend die Sicherheitslage erzielte Ergebnis, der Revisionswerber könne ohne maßgebliche Gefährdung in seine Herkunftsregion zurückkehren, in einem unaufgeklärten Widerspruch zu den vom BVwG auch genannten einschlägigen Länderrichtlinien der EUAA Country Guidance: Syria, April 2024 steht. Nach diesen erreiche die willkürliche Gewalt im Gouvernement Idlib wobei nicht auf einzelne Distrikte abgestellt wird ein so hohes Niveau, dass es Grund zur Annahme gebe, dass Zivilistinnen und Zivilisten, die in das Gouvernement zurückkehren, allein aufgrund ihrer Anwesenheit tatsächlich Gefahr laufen würden, einer ernsthaften Gefahr im Sinne von Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie ausgesetzt zu sein.
24 Die der einschlägigen EUAA Country Guidance entgegentretende Begründung des BVwG, wonach eine Differenzierung zwischen den einzelnen Distrikten im Gouvernement Idlib vorzunehmen sei und die Zahlen der zivilen Todesopfer aussagekräftiger als die Zahlen der sicherheitsrelevanten Vorfälle seien, greift zu kurz. Auch wenn das BVwG argumentiert, ein Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle sei auf Auseinandersetzungen an der Kontaktlinie zwischen der Gruppierung HTS und bewaffneten Milizen einerseits sowie der syrischen Regierung andererseits zurückzuführen, vermag dies die für das gesamte Gouvernement Idlib getroffene Einschätzung der EUAA nicht zu entkräften. So unterlässt das BVwG etwa eine Auseinandersetzung mit den in der Country Guidance beschriebenen weiteren Gefahren für Zivilpersonen, die sich aus der Verminung des Gouvernements ergeben; Idlib sei danach eines der Gouvernements mit dem höchsten Prozentsatz an weitverbreitetem explosiven Kriegsmaterial; ebenso mit der im EUAA Dokument genannten Zahl von 1569 „explosions/remote violence“ von August 2022 bis Juli 2023.
25 Der Bezugnahme des Revisionswerbers auf die UNHCR Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, begegnet das BVwG im angefochtenen Erkenntnis zudem lediglich mit dem Argument der seit dem Jahr 2021 veränderten Sicherheitslage und der vom Revisionswerber nur allgemein vorgebrachten Gefährdungslage in seiner Herkunftsregion, ohne dies näher zu erläutern.
26 Das BVwG stützt seine Begründung schließlich auch maßgeblich darauf, dass der Revisionswerber keine seine persönliche Sicherheit betreffenden Vorfälle oder Gründe, die auf eine extreme Gefährdungslage seiner Person in seiner Herkunftsregion hinwiesen, dargelegt habe. Wie der EuGH jedoch bereits klargestellt hat, setzt die Feststellung einer „ernsthaften individuellen Bedrohung“ im Sinn von Art. 15 lit. c Statusrichtlinie nicht voraus, dass die den subsidiären Schutz beantragende Person beweist, dass sie aufgrund von ihrer persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH 10.6.2021, CF u.a., C 901/19, Rn. 27). Auch der (systematischen) Anwendung eines einzigen quantitativen Kriteriums, wie etwa eine Mindestanzahl ziviler Opfer, stellt sich der Gerichtshof entgegen (Rn. 35). Obwohl das BVwG in seiner rechtlichen Beurteilung aus der einschlägigen EuGH Judikatur zitiert, zog es als maßgebliches Kriterium für die Nichtgewährung von subsidiärem Schutz vorrangig die Zahl der zivilen Todesopfer heran.
27 Die aufgezeigten Begründungsmängel lassen es insgesamt nicht zu, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 für den Revisionswerber abschließend zu beurteilen und wie es das BVwG tat zu verneinen.
28 Ausgehend davon erweisen sich die Begründungsmängel des angefochtenen Erkenntnisses als wesentlich, weshalb das angefochtene Erkenntnis in Bezug auf die Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (und die darauf aufbauenden Spruchpunkte) gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
29 Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 26. Juni 2025