Rückverweise
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Ukraine, gesetzlich vertreten durch den Vater XXXX , dieser vertreten durch XXXX wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, betreffend den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Art. 8 EMRK, zu Recht:
A)
Die Säumnisbeschwerde wird gemäß §§ 8 Abs. 1 und 28 Abs. 1 VwGVG zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Beschwerdeführer (BF) ist minderjährig und ukrainischer, sowie nigerianischer Staatsangehöriger.
I. Verfahrensgang:
1. Der BF wurde am XXXX als Kind einer ukrainischen Mutter und eines nigerianischen Vaters im Bundesgebiet geboren.
2. Am 08.11.2023 stellte der BF durch seinen gesetzlichen Vertreter einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK.
3. Die Kindesmutter wurde für 11.06.2024 zur niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA geladen, zu welcher sie nicht erschienen ist.
4. Am 23.05.2025 erhob der BF durch seinen gesetzlichen Vertreter die gegenständliche Säumnisbeschwerde.
5. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 26.05.2023 (gemeint 26.05.2025) wurden näher gestellte Fragen dem BF bzw. seinem Vertreter zur Beantwortung übermittelt.
6. Mit E-Mail vom 17.06.2025 teilte die Beschwerdeseite mit, dass sich die Kindesmutter seit Ende 2024 nicht mehr in Österreich, sondern der Slowakei aufhalte. Ein gemeinsamer Haushalt mit dem BF bestehe nicht mehr. Ihr dortiger Aufenthaltsstatus sei allerdings unbekannt. Das Kind lebe im gemeinsamen Haushalt mit seinem obsorgeberechtigten Vater. Ein Aufenthalt nach § 62 AsylG sei nicht angestrebt worden, weil die Kindesmutter die Voraussetzungen damals nicht erfüllt habe. Das Kind verfüge auch über die nigerianische Staatsbürgerschaft, abgeleitet von seinem Vater. Es sei jedoch kein Reisepass ausgestellt worden, da es einen ukrainischen Reisepass gebe. Es werde daher darum geben dem Antrag stattzugeben.
7. Mit Aktenvermerk betreffend die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 14.07.2025 wurde festgehalten, dass dem BF gemäß § 55 Abs. 1 AsylG eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ erteilt werde.
8. Der BF bzw. sein gesetzlicher Vertreter wurden zur Ausfolgung der Aufenthaltskarte am 01.09.2025 vor das Bundesamt geladen. An ebendiesem Tag wurde dem BF die Aufenthaltskarte ausgehändigt.
9. Die Beschwerdevorlage vom 14.08.2025 wurde mitsamt dem Verwaltungsakt am 18.08.2025 vorgelegt. Ergänzend wurde darin ausgeführt, dass der Antrag bereits am 14.07.2025 positiv entschieden und die Aufenthaltskarte mittlerweile bestellt worden sei. Der Form halber werde der Akt vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF stellte am 08.11.2023 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Art. 8 EMRK.
Mit Aktenvermerk vom 14.07.2025 wurde die Erteilung des Aufenthaltstitels nach § 55 Abs. 1 AsylG („Aufenthaltsberechtigung plus“) festgehalten.
Der BF bzw. sein gesetzlicher Vertreter wurde für 01.09.2025 zur Ausfolgung seines Aufenthaltstitels vor das BFA geladen und wurde dieser dem BF an ebendiesem Tag ausgehändigt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und den vorliegenden Verfahrensakten des Bundesverwaltungsgerichts.
2.2. Die Feststellungen zu Identität, Alter und Nationalität beruhen auf dem Akteninhalt und der vorgelegten Reisepasskopie (AS 29).
2.3. Die Feststellungen zur Stattgabe und der Ausfolgung der Aufenthaltskarte fußen auf dem im Akt einliegenden Aktenvermerk und der Übernahmebestätigung.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Unzulässigkeit der Säumnisbeschwerde:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2014 (in Folge: B-VG), erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.
Die beschwerdeführende Partei hat mit Schriftsatz vom 23.05.2025 eine Säumnisbeschwerde aufgrund seines Antrages auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach Art. 8 EMRK vom 08.11.2023 erhoben, über diese Beschwerde wird durch das Bundesverwaltungsgericht entschieden.
3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.4. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005, FPG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.5. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.6. Gemäß § 73 Abs. 1, 1. Satz AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlagen den Bescheid zu erlassen.
Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
„Die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde setzt die Säumnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde voraus, deren Entscheidungspflicht geltend gemacht wird, und somit die Verpflichtung dieser Behörde, über den bei ihr eingebrachten Antrag mittels Bescheid zu entscheiden. Fehlt es an der Säumnis der Behörde, so ist die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen.“ (VwGH vom 31.01.2024, Ko 2023/03/0004, VwGH vom 09.06.2020, Ra 2020/10/0016).
„Mit Blick auf die Revisionsausführungen sei im Übrigen klarstellend darauf verwiesen, dass nach Erledigung eines Antrages - und sei es auch durch seine Zurückweisung - keine Säumnis der Verwaltungsbehörde mehr besteht, sodass die Erhebung einer Säumnisbeschwerde nach bescheidmäßiger Erledigung des Antrags nicht zulässig ist. Dabei ist nach der hg. Rechtsprechung für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde die Sachlage im Zeitpunkt ihres Einlangens maßgeblich (vgl. zu den Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde nach § 8 VwGVG den hg. Beschluss vom 15. März 2017, Ra 2017/04/0024).“ (VwGH vom 27.06.2017, Ro 2017/12/0012).
„[…] eine Säumnis der Behörde liegt dann nicht mehr vor, wenn die Behörde ihre Entscheidung vor Einlangen der Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgericht erlassen hat. Dafür reicht es aus, wenn die Entscheidung (zumindest) einer Partei des Verfahrens rechtswirksam zugestellt worden ist. In einem solchen Fall erweist sich die Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG als unzulässig.“ (VwGH vom 15.03.2017, Ra 2017/04/0024).
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gilt ein Bescheid dann erlassen, wenn er verkündet oder formgerecht zugestellt wurde (vgl. VwGH vom 09.06.2017, Ra 2017/02/0060; 26.06.2001, 2000/04/0190; 26.04.1993, 91/10/0252).
3.7. Für den gegenständlichen Fall ergibt sich daraus:
Der BF stellte am 08.11.2023 einen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach Art. 8 EMRK. Es wird nicht verkannt, dass die belangte Behörde erst über 1 ½ Jahre später die Stattgabe mit Aktenvermerk vom 14.07.2025 festgehalten und mit Ausfolgung der Aufenthaltskarte am 01.09.2025 dem Antrag entsprochen hat.
Aus den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1803 der Beilagen XXIV. GP – Regierungsvorlage Vorblatt und Erläuterungen) ergibt sich, dass im Falle eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach dem 7. Hauptstück des AsylG die positive bescheidmäßige Erledigung durch Ausfolgung des entsprechenden Aufenthaltstitels erfolgt. Dem BF wurde der Aufenthaltstitel am 01.09.2025 ausgefolgt, weshalb der Antrag bescheidmäßig positiv erledigt wurde.
Der Antrag des BF erfuhr somit letztlich eine antragsgemäße Erledigung und kam die belangte Behörde ihrer Entscheidungspflicht letzten Endes nach. Es fehlt damit in casu an der durch die Säumnis der belangten Behörde verursachte Beschwer, da zwischenzeitig der gegenständliche Antrag inhaltlich erledigt worden ist, weshalb die Säumnisbeschwerde spruchgemäß zurückzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn eine Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.