Spruch
W171 2292305-1/12E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 6.MÄRZ 2025 VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor Morawetz, MBA über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.02.2024, ZI. XXXX in der mündlichen Verhandlung am 06.03.2025, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Syriens, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 21.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 22.10.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine niederschriftliche Erstbefragung statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass in Syrien Krieg herrsche, er zum Militär einberufen worden sei, er aber weder kämpfen, noch andere töten oder eine Waffe tragen wolle.
Am 13.12.2022 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch niederschriftlich einvernommen. Der BF gab an, dass er nach Abschluss seines Studiums keinen weiteren Aufschub des Militärdiensts bei der Syrischen Armee bekommen hätte und deswegen das Land verlassen habe. Er sei friedlich, wolle nicht töten und auch nicht getötet werden. Einen Freikauf lehne er ab, da er ein autoritäres Regime nicht unterstützen wolle.
Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 29.02.2024 den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) ab. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer eines Jahres erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass keine gegen die Person des BF persönlich gerichtete Bedrohungs- oder Verfolgungshandlung in Syrien festgestellt werden konnte. Der BF hätte die Möglichkeit, sich vom Wehrdienst durch Zahlung einer Gebühr freizukaufen.
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheids erhob der BF am 11.04.2024 im Wege seiner Vertretung fristgerecht Beschwerde und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts fand am 06.03.2025 vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher der BF und seine Rechtsvertretung teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde blieb der Beschwerdeverhandlung entschuldigt fern. Der BF wurde zu seiner Identität und Herkunft, zu den aktuellen Lebensumständen in seiner Herkunftsregion, zu seinen Flucht- und Verfolgungsgründen sowie zu seiner Situation im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat befragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der BF führt die im Spruch genannte Identität, er ist Staatangehöriger Syriens, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Arabisch. Der BF ist verheiratet und hat keine Kinder.
Er wurde am XXXX geboren und stammt aus dem Ort XXXX , ca. 40 Km nordöstlich von XXXX .
Seine Eltern, seine Ehefrau und mehrere Geschwister leben in Syrien gemeinsam im Heimatort des BF. Er unterhält auch regelmäßig Kontakt zu seinen Verwandten in Syrien.
Der BF ist gesund und leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen. Er ist unbescholten.
Mit Bescheid vom 29.02.2024 wurde ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Herkunftsort des BFs, das Dorf XXXX , befindet sich unter Kontrolle der HTS bzw der HTS-nahen Übergangsregierung und befand sich bis 08.12.2024 im Herrschaftsgebiet der syrischen Regierung unter Baschar al-Assad.
Das syrische Regime unter Baschar al-Assad wurde am 08.12.2024 gestürzt. Das syrische Regime bzw dessen Sicherheitsbehörden existieren nicht mehr und können weder Verhaftungen, noch Zwangsrekrutierungen durchführen.
Der BF hat keinen Wehrdienst abgeleistet. Er hat aufgrund seines Studiums mehrere Aufschübe vom Militärdienst bekommen. Aus Angst zum Militär eingezogen zu werden, hat er nach Abschluss seines Studiums Syrien illegal verlassen.
Der BF wurde und wird in Syrien individuell weder bedroht noch kam es zu Übergriffen auf ihn.
Der BF war nie politisch tätig, hat keine oppositionelle Gesinnung gegenüber der HTS behauptet und ihm wird eine solche auch nicht von der HTS unterstellt. Der BF wird nicht als Sympathisant des ehemaligen syrischen Regimes gesehen.
Dem BF ist eine Rückkehr in seine Heimatregion möglich.
1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 27.03.2024, Version 11:
Rechtsschutz / Justizwesen
Gebiete außerhalb der Kontrolle des Regimes unter HTS- oder SNA-Dominanz
In Gebieten außerhalb der Kontrolle des syrischen Regimes ist die Lage von Justiz und Verwaltung von Region zu Region und je nach den örtlichen Herrschaftsverhältnissen unterschiedlich (AA 2.2.2024). In von oppositionellen Gruppen kontrollierten Gebieten wurden unterschiedlich konstituierte Gerichte und Haftanstalten aufgebaut, mit starken Unterschieden bei der Organisationsstruktur und bei der Beachtung juristischer Normen. Manche Gruppen folgen dem (syrischen) Strafgesetzbuch, andere folgen dem Entwurf eines Strafgesetzbuches auf Grundlage der Scharia, der von der Arabischen Liga aus dem Jahr 1996 stammt, während wiederum andere eine Mischung aus Gewohnheitsrecht und Scharia anwenden. Erfahrung, Expertise und Qualifikation der Richter in diesen Gebieten sind oft sehr unterschiedlich und häufig sind diese dem Einfluss der dominanten bewaffneten Gruppierungen unterworfen (USDOS 11.3.2020). Auch die Härte des angewandten islamischen Rechts unterscheidet sich, sodass keine allgemeinen Aussagen getroffen werden können (ÖB Damaskus 1.10.2021).
Doch werden insbesondere jene religiösen Gerichte, welche in (vormals) vom Islamischen Staat (IS) und von Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) [Anm.: HTS wird von den Vereinigten Staaten aufgrund ihrer Verbindungen zu Al Qa'ida als ausländische Terrororganisation eingestuft (CRS 8.11.2022)] kontrollierten Gebieten Recht sprechen, als nicht mit internationalen Standards im Einklang stehend charakterisiert (ÖB Damaskus 1.10.2021). Die Gerichte extremistischer Gruppen verhängen in ihren religiösen Gerichten harte Strafen wegen in ihrer Wahrnehmung religiösen Verfehlungen (FH 9.3.2023). Urteile von Scharia-Räten der Opposition resultieren manchmal in öffentlichen Hinrichtungen, ohne dass Angeklagte Berufung einlegen oder Besuch von ihren Familien erhalten können (USDOS 20.3.2023).
Das Gebiet unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten syrischen Oppositionsgruppen wird von der "Syrischen Interimsregierung" (Syrian Interim Government - SIG) verwaltet. Das Justizsystem ist hauptsächlich mit erfahrenem Personal als Richter, Staatsanwälte und Anwälte besetzt, aber die Justiz gilt als direkt und indirekt unter Einfluss der türkischen Streitkräfte und ihrer lokalen syrischen Verbündeten stehend. Implizit werden Korruption und Schikanen durch diese von der Justiz toleriert. Gleichzeitig wird gegen jegliche Opposition zur SIG oder der türkischen Präsenz strikt vorgegangen. Neben einem zivilen Justizsystem gibt es auch eine Militärjustiz, welche für militärische Strafverfahren und für das Militärpersonal zuständig ist (NMFA 5.2022).
In Idlib übernehmen quasi-staatliche Strukturen der sogenannten „Errettungs-Regierung“ der HTS Verwaltungsaufgaben (AA 2.2.2024) und verfügen auch über eine Justizbehörde. Die Gruppe unterhält auch geheime Gefängnisse. Die HTS unterwirft ihre Gefangenen geheimen Verfahren, den sogenannten "Scharia-Sitzungen". In diesen werden die Entscheidungen von den Scharia- und Sicherheitsbeamten (Geistliche in Führungspositionen der HTS, die befugt sind, Fatwas [Rechtsgutachten] und Urteile zu erlassen) getroffen. Die Gefangenen können keinen Anwalt zu ihrer Verteidigung hinzuziehen und sehen ihre Familien während ihrer Haft nicht (NMFA 6.2021). Die COI (die von der UNO eingesetzte Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic) stellt in ihrem Bericht vom Februar 2022 fest, dass durch HTS und andere bewaffnete Gruppierungen eingesetzte, rechtlich nicht legitimierte Gerichte Urteile bis hin zur Todesstrafe aussprechen. Dies sei als Mord einzustufen und stelle insofern ein Kriegsverbrechen dar (AA 2.2.2024).
Für ganz Syrien gilt, dass nicht gewährleistet ist, dass justizielle und administrative Dienstleistungen allen Bewohnern und Bewohnerinnen in gleichem Umfang und ohne Diskriminierung zugutekommen (AA 2.2.2024). Willkürliche Verhaftungen, summarische Gerichtsverfahren und extralegale Strafen finden durch alle Kriegsparteien statt (FH 9.3.2023).
Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen
Nicht-staatliche bewaffnete Gruppierungen (regierungsfreundlich und regierungsfeindlich)
[…]
Anders als die Regierung und die Syrian Democratic Forces (SDF), erlegen bewaffnete oppositionelle Gruppen wie die SNA (Syrian National Army) und HTS (Hay'at Tahrir ash-Sham) Zivilisten in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auf (NMFA 5.2022; vgl. DIS 12.2022). Quellen des niederländischen Außenministeriums berichten, dass es keine Zwangsrekrutierungen durch die SNA und die HTS gibt (NMFA 8.2023). In den von den beiden Gruppierungen kontrollierten Gebieten in Nordsyrien herrscht kein Mangel an Männern, die bereit sind, sich ihnen anzuschließen. Wirtschaftliche Anreize sind der Hauptgrund, den Einheiten der SNA oder HTS beizutreten. Die islamische Ideologie der HTS ist ein weiterer Anreiz für junge Männer, sich dieser Gruppe anzuschließen. Im Jahr 2022 erwähnt der Danish Immigration Service (DIS) Berichte über Zwangsrekrutierungen der beiden Gruppierungen unter bestimmten Umständen im Verlauf des Konfliktes. Während weder die SNA noch HTS institutionalisierte Rekrutierungsverfahren anwenden, weist die Rekrutierungspraxis der HTS einen höheren Organisationsgrad auf als die SNA (DIS 12.2022). Im Mai 2021 kündigte HTS an, künftig in ldlib Freiwilligenmeldungen anzuerkennen, um scheinbar Vorarbeit für den Aufbau einer "regulären Armee" zu leisten. Der Grund dieses Schrittes dürfte aber eher darin gelegen sein, dass man in weiterer Zukunft mit einer regelrechten "HTS-Wehrpflicht" in ldlib liebäugelte, damit dem "Staatsvolk" von ldlib eine "staatliche" Legitimation der Gruppierung präsentiert werden könnte (BMLV 12.10.2022). Die HTS rekrutiert auch gezielt Kinder, bildet sie religiös und militärisch aus und sendet sie an die Front (SNHR 20.11.2023).
Kurzinformation der Staatendokumentation, Syrien, Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht, vom 10.12.2024
1. Zusammenfassung der Ereignisse
Nach monatelanger Vorbereitung und Training (NYT 1.12.2024) starteten islamistische Regierungsgegner unter der Führung der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) (Standard 1.12.2024) die Operation „Abschreckung der Aggression“ – auf نن Arabisch: ردع العدوا - Rad’a al-‘Adwan (AJ 2.12.2024) und setzten der Regierung von Präsident Bashar al-Assad innerhalb von 11 Tagen ein Ende. Die folgende Karte zeigt die Gebietskontrolle der einzelnen Akteure am 26.11.2024 vor Beginn der Großoffensive:
Am 30.11. nahmen die Oppositionskämpfer Aleppo ein und stießen weiter in Richtung der Stadt Hama vor, welche sie am 5.12. einnahmen. Danach setzten sie ihre Offensive in Richtung der Stadt Homs fort (AJ 8.12.2024). Dort übernahmen sie die Kontrolle in der Nacht vom 7.12. auf 8.12. (BBC 8.12.2024).
Am 6.12. zog der Iran sein Militärpersonal aus Syrien ab (NYT 6.12.2024). Russland forderte am 7.12. seine Staatsbürger auf, das Land zu verlassen (FR 7.12.2024). Am 7.12. begannen lokale Milizen und Rebellengruppierungen im Süden Syriens ebenfalls mit einer Offensive und nahmen Daraa ein (TNA 7.12.2024; Vgl. AJ 8.12.2024), nachdem sie sich mit der Syrischen Arabischen Armee auf deren geordneten Abzug geeinigt hatten (AWN 7.12.2024). Aus den südlichen Provinzen Suweida und Quneitra zogen ebenfalls syrische Soldaten, sowie Polizeichefs und Gouverneure ab (AJ 7.12.2024). Erste Oppositionsgruppierungen stießen am 7.12. Richtung Damaskus vor (AJ 8.12.2024). Am frühen Morgen des 8.12. verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 8.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 9.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 8.12.2024). Das Armeekommando hatte die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 8.12.2024).
Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 9.12.2024).
Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 6.12.2024 die Kontrolle über Deir ez-Zour im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 7.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 7.12.2024).
Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen unter dem Namen Syrian National Army (SNA) im Norden Syriens starteten eine eigene Operation gegen die von den Kurden geführten Syrian Democratic Forces (SDF) im Norden von Aleppo (BBC 8.12.2024). ج فف ج Im Zuge der Operation „Morgenröte der Freiheit“ (auf Arabisch رال ر ح ة يية - Fajr al-Hurriya) nahmen diese Gruppierungen am 9.12.2024 die Stadt Manbij ein (SOHR 9.12.2024). Die Kampfhandlungen zwischen Einheiten der durch die Türkei unterstützten Syrian National Army (SNA) auf der einen Seite und den SDF auf der anderen Seite dauerten danach weiter an. Türkische Drohnen unterstützten dabei die Truppen am Boden durch Luftangriffe (SOHR 9.12.2024b).
Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge sind seit Beginn der Offensive 910 Menschen ums Leben gekommen, darunter 138 Zivilisten (AAA 8.12.2024). Beim Vormarsch auf Homs waren tausende Menschen Richtung Küste nach Westen geflohen (AJ 6.12.2024). Bei der Offensive gegen Manbij wurden hingegen einige Zivilisten in Richtung Osten vertrieben (SOHR 9.12.2024).
In Damaskus herrschte weit verbreitetes Chaos nach der Machtübernahme durch die Opposition. So wurde der Sturz von Assad mit schweren Schüssen gefeiert und Zivilisten stürmten einige staatliche Einrichtungen, wie die Zentralbank am Saba-Bahrat-Platz, das Verteidigungsministerium (Zivilschutz) in Mleiha und die Einwanderungs- und Passbehörde in der Nähe von Zabaltani, außerdem wurden in verschiedenen Straßen zerstörte und brennende Fahrzeuge gefunden (AJ 8.12.2024b). Anführer al-Joulani soll die Anweisung an die Oppositionskämpfer erlassen haben, keine öffentlichen Einrichtungen anzugreifen (8.12.2024c) und erklärte, dass die öffentlichen Einrichtungen bis zur offiziellen Übergabe unter der Aufsicht von Ministerpräsident Mohammed al-Jalali aus der Assad-Regierung bleiben (Rudaw 9.12.2024).
Gefangene wurden aus Gefängnissen befreit, wie aus dem berüchtigten Sedanaya Gefängnis im Norden von Damaskus (AJ 8.12.2024c).
2. Die Akteure
Syrische Arabische Armee (SAA): Die Syrische Arabische Armee kämpfte gemeinsam mit den National Defense Forces, einer regierungsnahen, paramilitärischen Gruppierung. Unterstützt wurde die SAA von der Hisbollah, Iran und Russland (AJ 8.12.2024).
Die Einheiten der syrischen Regierungstruppen zogen sich beim Zusammenstoß mit den Oppositionskräften zurück, während diese weiter vorrückten. Viele Soldaten flohen oder desertierten (NZZ 8.12.2024). In Suweida im Süden Syriens sind die Soldaten der Syrischen Arabischen Armee massenweise desertiert (Standard 7.12.2024). Am 7.12. flohen mehrere Tausend syrische Soldaten über die Grenze in den Irak (Arabiya 7.12.2024; vgl. Guardian 8.12.2024). Präsident al-Assad erhöhte am 4.12. die Gehälter seiner Soldaten, nicht aber dasjenige von Personen, die ihren Pflichtwehrdienst ableisteten (TNA 5.12.2024). Dieser Versuch, die Moral zu erhöhen, blieb erfolglos (Guardian 8.12.2024).
Die Opposition forderte die Soldaten indes zur Desertion auf (TNA 5.12.2024). Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beobachteten, dass Hunderte Soldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie entlassen wurden (SOHR 8.12.2024). Offiziere und Mitarbeiter des Regimes ließen ihre Militär- und Sicherheitsfahrzeuge in der Nähe des Republikanischen Palastes, des Büros des Premierministers und des Volkspalastes unverschlossen stehen, aus Angst von Rebellen am Steuer erwischt zu werden (AJ 8.12.2024b).
Opposition: Obwohl Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) den plötzlichen Vormarsch auf Aleppo gestartet hat und treibende Kraft der Offensive war haben auch andere Rebellengruppierungen sich gegen die Regierung gewandt und sich am Aufstand beteiligt (BBC 8.12.2024c).
• Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS): Die HTS wurde 2011 als Ableger der al-Qaida unter dem Namen Jabhat an-Nusra gegründet (BBC 8.12.2024c). Im Jahr 2017 brach die Gruppierung ihre Verbindung mit der Al-Qaida (CSIS 2018) und formierte sich unter dem Namen Hay’at Tahrir ash-Sham neu, gemeinsam mit anderen Gruppierungen (BBC 8.12.2024c). Sie wird von der UN, den USA, der Europäischen Union (AJ 4.12.2024) und der Türkei als Terrororganisation eingestuft (BBC 8.12.2024c). Der Anführer der HTS, der bisher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Joulani bekannt war, hat begonnen wieder seinen bürgerlichen Namen, Ahmad ash-Shara’a zu verwenden (Nashra 8.12.2024). Er positioniert sich als Anführer im Post-Assad Syrien (BBC 8.12.2024c). Die HTS hat in den letzten Jahren versucht, sich als nationalistische Kraft (BBC 8.12.2024b) und pragmatische Alternative zu al-Assad zu positionieren (BBC 8.12.2024c).
Der Gruppierung werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (BBC 8.12.2024c). Einem Terrorismusexperten zufolge gibt es bereits erste Videos von Personen aus dem HTS-Umfeld, die ein Kalifat aufbauen wollen (WiWo 9.12.2024).
• National Liberation Front (NFL): Eine Reihe kleinerer Kampfgruppen, aus denen sich die NFL zusammensetzt, nahmen an der Operation „Abschreckung der Aggression“ teil, darunter die Jaish al-Nasr, das Sham Corps und die Freie Idlib-Armee. Die 2018 in Idlib gegründete NFL umfasst mehrere nordsyrische Fraktionen, von denen einige auch unter das Dach der Freien Syrischen Armee fallen (AJ 2.12.2024b).
Ahrar al-Sham Movement: Die Ahrar al-Sham-Bewegung ist hauptsächlich in Aleppo und Idlib aktiv und wurde 2011 gegründet. Sie definiert sich selbst als „umfassende reformistische islamische Bewegung, die in die Islamische Front eingebunden und integriert ist“ (AJ 2.12.2024b).
• Jaish al-Izza: Jaish al-Izza: Übersetzt: „Die Armee des Stolzes“ ist Teil der Freien Syrischen Armee und konzentriert sich auf den Norden des Gouvernements Hama und einige Teile von Lattakia. Im Jahr 2019 erhielt die Gruppierung Unterstützung aus dem Westen, darunter auch Hochleistungswaffen (AJ 2.12.2024b).
• Nur Eddin Zinki-Bewegung (Zinki): Diese Gruppierung entstand 2014 in Aleppo, versuchte 2017, sich mit der HTS zusammenzuschließen, was jedoch nicht funktionierte. Die beiden Gruppierungen kämpften 2018 gegeneinander, und „Zinki“ wurde Anfang 2019 von ihren Machtpositionen in der Provinz Aleppo vertrieben. Ein Jahr später verhandelte „Zinki“ mit der HTS, und ihre Kämpfer kehrten an die Front zurück, und seitdem ist die Gruppe unter den oppositionellen Kämpfern präsent (AJ 2.12.2024b).
• Milizen in Südsyrien: Gruppierungen aus südlichen Städten und Ortschaften, die sich in den letzten Jahren zurückhielten, aber nie ganz aufgaben und einst unter dem Banner der Freien Syrien Armeekämpften, beteiligten sich am Aufstand (BBC 8.12.2024c). In Suweida nahmen Milizen der syrischen Minderheit der Drusen Militärstützpunkte ein (Standard 7.12.2024).
• Syrian Democratic Forces (SDF): Die SDF ist eine gemischte Truppe aus arabischen und kurdischen Milizen sowie Stammesgruppen. Die kurdische Volksschutzeinheit YPG ist die stärkste Miliz des Bündnisses und bildet die militärische Führung der SDF (WiWo 9.12.2024). Sie werden von den USA unterstützt (AJ 8.12.2024). Im kurdisch kontrollierten Norden liegen die größten Ölreserven des Landes (WiWo 9.12.2024).
• Syrian National Army (SNA): Diese werden von der Türkei unterstützt (BBC 8.12.2024c) und operieren im Norden Syriens im Grenzgebiet zur Türkei (AJ 8.12.2024). Der SNA werden mögliche Kriegsverbrechen, wie Geiselnahmen, Folter und Vergewaltigung vorgeworfen. Plünderungen und die Aneignung von Privatgrundstücken, insbesondere in den kurdischen Gebieten, sind ebenfalls dokumentiert (WiWo 9.12.2024).
3. Aktuelle Lageentwicklung
Sicherheitslage:
Israel hat Gebäude der Syrischen Sicherheitsbehörden und ein Forschungszentrum in Damaskus aus der Luft angegriffen, sowie militärische Einrichtungen in Südsyrien, und den Militärflughafen in Mezzeh. Israelische Streitkräfte marschierten außerdem in al-Quneitra ein (Almodon 8.12.2024) und besetzten weitere Gebiete abseits der Golan-Höhen, sowie den Berg Hermon (NYT 8.12.2024). Die israelische Militärpräsenz sei laut israelischem Außenminister nur temporär, um die Sicherheit Israels in der Umbruchphase sicherzustellen (AJ 8.12.2024d). Am 9.12.2024 wurden weitere Luftangriffe auf syrische Ziele durchgeführt (SOHR 9.12.2024c). Einer Menschenrechtsorganisation zufolge fliegt Israel seine schwersten Angriffe in Syrien. Sie fokussieren auf Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Luftabwehr (NTV 9.12.2024). Quellen aus Sicherheitskreisen berichten indes, dass Israelisches Militär bis 25km an Damaskus in Südsyrien einmarschiert wäre (AJ 10.12.2024).
Das US-Central Command gab an, dass die US-Streitkräfte Luftangriffe gegen den Islamischen Staat in Zentralsyrien geflogen sind (REU 9.12.2024). Präsident Biden kündigte an, weitere Angriffe gegen den Islamischen Staat vorzunehmen, der das Machtvakuum ausnützen könnte, um seine Fähigkeiten wiederherzustellen (BBC 7.12.2024).
Russland versucht, obwohl es bis zum Schluss al-Assad unterstützte, mit der neuen Führung Syriens in Dialog zu treten. Anstatt wie bisher als Terroristen bezeichnen russische Medien die Opposition mittlerweile als „bewaffnete Opposition“ (BBC 8.12.2024d).
Sozio-Ökonomische Lage:
Die Opposition versprach, den Minderheiten keinen Schaden zuzufügen und sie nicht zu diskriminieren, egal ob es sich um Christen, Drusen, Schiiten oder Alawiten handle. Gerade letztere besetzten unter der Führung Al-Assad’s oft hohe Positionen im Militär und den Geheimdiensten (TNA 5.12.2024).
Für alle Wehrpflichtigen, die in der Syrischen Arabischen Armee gedient haben, wurde von den führenden Oppositionskräften eine Generalamnestie erlassen. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie wurden untersagt (Presse 9.12.2024). Ausgenommen von der Amnestie sind jene Soldaten, die sich freiwillig für den Dienst in der Armee gemeldet haben (Spiegel 9.12.2024).
Die syrischen Banken sollen ihre Arbeit am 10.12.2024 wiederaufnehmen, die Bediensteten wurden aufgefordert, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren (Arabiya 9.12.2024).
Die HTS, die weiterhin auf der Terrorliste der UN steht, ist seit 2016 von Sanktionen des UN-Sicherheitsrates betroffen. Diplomaten zufolge war die Streichung der HTS von der Sanktionenliste kein Thema bei der jüngsten Ratssitzung (REU 10.12.2024).
Bevor der Wiederaufbau zerstörter Städte, Infrastruktur und Öl- und Landwirtschaftssektoren beginnen kann, muss mehr Klarheit über die neue Regierung Syriens geschaffen werden (DW 10.12.2024).
UNHCR POSITION ON RETURNS TO THE SYRIAN ARAB REPUBLIC, 16.12.2024
Dezember 2024
1. Diese Position ersetzt die UNHCR-Leitlinien vom März 2021 International Protection Considerations with Regard to people fleeing the Syrian Arab Republic, Update VI.1
Angesichts der unbeständigen Situation wird dieser Leitfaden frühzeitig und bei Bedarf auf der Grundlage der sich schnell entwickelnden Umstände aktualisiert.
Freiwillige Rückkehr
2. Syrien befindet sich an einem Scheideweg - zwischen Frieden und Krieg, Stabilität und Gesetzlosigkeit, Wiederaufbau oder weiterem Ruin. Für Syrien bietet sich jetzt eine bemerkenswerte Gelegenheit, sich auf den Frieden zuzubewegen und mit der Rückkehr seiner Bevölkerung zu beginnen. Das UNHCR betont seit vielen Jahren die Notwendigkeit, die Anstrengungen zu verdoppeln, um günstige Bedingungen für die Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen zu schaffen, und die aktuelle Situation eröffnet in dieser Hinsicht neue Möglichkeiten, die von allen genutzt werden müssen. Dazu gehören die Beseitigung bzw. Beseitigung neuer sicherheitspolitischer, rechtlicher und verwaltungstechnischer Hindernisse seitens der syrischen De-facto-Behörden, die Bereitstellung umfangreicher humanitärer Hilfe und frühzeitiger Wiederaufbauhilfe durch die Geberstaaten für die Rückkehrer, die sie aufnehmenden Gemeinden und die Gebiete, in die sie tatsächlich oder potenziell zurückkehren wollen, sowie die Ermächtigung des UNHCR und seiner Partner, die Rückkehr an den Grenzübergängen und an den Orten, an die die Menschen zurückkehren wollen, zu überwachen.
3. Jeder hat das Recht, in sein Herkunftsland zurückzukehren. UNHCR ist bereit, syrische Flüchtlinge zu unterstützen, die sich freiwillig für eine Rückkehr entscheiden, nachdem sie über die Lage an ihrem Herkunftsort oder in einem alternativen Gebiet ihrer Wahl umfassend informiert wurden. In Anbetracht der zahlreichen Herausforderungen, denen sich die syrische Bevölkerung gegenübersieht, darunter eine humanitäre Krise großen Ausmaßes, ein anhaltend hohes Maß an Binnenvertreibung und weit verbreitete Zerstörung und Beschädigung von Häusern und wichtiger Infrastruktur, fördert UNHCR jedoch vorerst keine freiwillige Rückkehr nach Syrien in großem Maßstab.
Moratorium zwangsweiser Rückführungen
4. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist Syrien nach wie vor von Angriffen und Gewalt in Teilen des Landes, groß angelegten Binnenvertreibungen, der Verseuchung vieler Teile des Landes mit explosiven Überresten des Krieges, einer zerstörten Wirtschaft und einer humanitären Krise großen Ausmaßes betroffen, wobei über 16 Millionen Menschen bereits vor den jüngsten Entwicklungen humanitäre Hilfe benötigten. Darüber hinaus hat Syrien, wie bereits erwähnt, massive Zerstörungen und Schäden an Häusern, wichtiger Infrastruktur und landwirtschaftlichen Flächen erlitten. Die Eigentumsrechte wurden stark beeinträchtigt, und in den letzten zehn Jahren wurden weit verbreitete Verstöße gegen Wohnungs-, Land- und Eigentumsrechte verzeichnet, was zu komplexen Eigentumsstreitigkeiten führte, deren Beilegung einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Vor diesem Hintergrund appelliert der UNHCR weiterhin an die Staaten, syrische Staatsangehörige und Personen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, einschließlich Palästinenser, die sich früher in Syrien aufhielten, nicht gewaltsam in irgendeinen Teil Syriens zurückzuführen.
Aussetzung der Erteilung negativer Bescheide an syrische Antragsteller auf internationalen Schutz
5. UNHCR fordert weiterhin alle Staaten auf, Zivilpersonen, die aus Syrien fliehen, Zugang zu ihrem Hoheitsgebiet zu gewähren, das Recht auf Asyl zu garantieren und die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung zu jeder Zeit sicherzustellen.
6. Auch wenn die Gefahr der Verfolgung durch die frühere Regierung nicht mehr besteht, können andere Gefahren fortbestehen oder sich verschärfen. In Anbetracht der sich rasch verändernden Dynamik und Lage in Syrien ist UNHCR derzeit nicht in der Lage, Asylentscheidern detaillierte Hinweise zum internationalen Schutzbedarf von Syrern zu geben. UNHCR wird die Situation weiterhin genau beobachten, um detailliertere Hinweise zu geben, sobald es die Umstände erlauben. Angesichts der derzeit unsicheren Lage in Syrien fordert UNHCR die Asylstaaten auf, die Ausstellung negativer Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz von syrischen Staatsangehörigen oder Staatenlosen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, auszusetzen. Die Aussetzung der Ausstellung negativer Bescheide sollte so lange aufrechterhalten werden, bis sich die Lage in Syrien stabilisiert hat und verlässliche Informationen über die Sicherheits- und Menschenrechtssituation zur Verfügung stehen, um die Notwendigkeit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an einzelne Antragsteller umfassend beurteilen zu können.
7. UNHCR ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Beendigung des Flüchtlingsstatus für Personen mit internationalem Schutzstatus, die aus Syrien stammen, derzeit nicht erfüllt sind.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Identität des BF steht aufgrund seiner glaubwürdigen Angaben fest. Die Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und Religionszugehörigkeit des BF ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben, wie auch die Feststellungen zu den Familienangehörigen und zum Herkunftsort.
Die Asylantragstellung und der Reiseweg des BF ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Der Zeitpunkt der Ausreise aus Syrien ergibt sich aus seinen Angaben vor der Behörde.
Die Feststellungen zur Stellung des verfahrensgegenständlichen Antrags sowie zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten stützen sich überdies auf die Niederschrift der Erstbefragung, auf den verfahrensgegenständlichen Bescheid sowie auf die Eintragungen im Fremdenregister. Ferner gründet sich die Feststellung zur Unbescholtenheit auf den amtswegig eingeholten Auszug aus dem Strafregister.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BFs gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen im Verfahren vor der belangten Behörde. Das Bestehen einer Erkrankung wurde bis dato nicht behauptet.
Die Feststellungen zum Aufenthaltsort seiner genannten Familienmitglieder, die sich nach wie vor in Syrien aufhalten, basieren auf seinen Angaben im Laufe des Verfahrens. Auch die Feststellungen über den Kontakt zu seiner Familie fußen auf seinen Angaben in den mündlichen Einvernahmen.
2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
2.2.1. Dass sich der Herkunftsort des BF, XXXX , ca. 40 Km nordöstlich von XXXX befindlich ist, ergibt sich aus den konkreten Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht. Der Ort steht unter der Kontrolle der HTS-Übergangsregierung. Dies ergibt sich aus der Einsichtnahme in die Syria Live Map (https://syria.liveuamap.com/) zum Entscheidungszeitpunkt unter Berücksichtigung der gerichtsbekannten grundlegendenden Länderinformationen und den damit übereinstimmenden Angaben des BF in der Verhandlung am 06.03.2025.
Dass das syrische Regime gestürzt wurde und insofern nicht mehr existiert bzw handlungsfähig ist, ergibt sich aus dem notorischen Gerichtswissen im Zusammenhang mit den nun eingebrachten Länderinformationen, wonach die HTS im Rahmen der Operation „Abschreckung der Aggression“ der Regierung von Präsident Bashar al-Assad innerhalb von 11 Tagen ein Ende setzte und am 08.12.2024 die Hauptstadt unter ihre Kontrolle brachten. Die Zerschlagung der Sicherheitsbehörden des Regimes ergibt sich aus den Angaben in den Länderberichten, wonach die Regierungstruppen ihre Stellungen aufgaben, das Armeekommando die Soldaten außer Dienst stellte, staatliche Einrichtungen von Zivilisten gestürmt wurden, Gefangene aus Gefängnissen befreit wurden bzw Regimesoldaten massenweise desertierten (vgl ua die Kurzinformation der Staatendokumentation, Syrien vom 10.12.2024).
2.2.2. Dass der BF seine Wehrpflicht noch nicht abgeleistet hat ergibt sich aus seinen diesbezüglichen Angaben, wonach er nach Abschluss seines Studiums mit einer Einberufung seiner Person zum syrischen Militär rechnete und daher sein Land verließ.
2.2.3. Die Feststellung, dass der BF in Syrien grundsätzlich individuell weder bedroht gewesen noch es zu Übergriffen auf ihn gekommen ist, gründet in seinen diesbezüglichen Angaben vor der belangten Behörde. So gab er als Fluchtgrund lediglich den Krieg an bzw. dass er niemanden töten und nicht getötet werden möchte. Eine speziell gegen ihn gerichtete Bedrohung gab es zu keinem Zeitpunkt.
2.2.4. Dass der BF nie politisch tätig war, ergibt sich aus seiner Aussage vor der Behörde. Die Einstellung gegenüber der HTS ergibt sich daraus, dass es im Leben des BF keine persönlichen Erlebnisse gab, die Anhaltspunkt für das Entstehen einer oppositionellen Gesinnung gegenüber der HTS sein könnten und wurden diese auch nicht behauptet. Die Feststellung, dass der BF nicht als Sympathisant des ehemaligen syrischen Regimes gesehen wird, ergibt sich aus seiner oben zitierten Aussage, nie politisch aktiv gewesen zu sein, der Angabe, nie persönlich vom syrischen Staat verfolgt worden zu sein, sowie der Flucht des BF und wurde dies weiters von ihm auch nicht behauptet. Der BF hat somit keine Handlung gesetzt, die als regimenahe zu interpretieren ist. Auch aus den Länderberichten ergibt sich nichts Gegenteiliges: So sprach die HTS eine Generalamnestie für alle Wehrpflichtigen, die in der Syrischen Arabischen Armee gedient haben aus, garantierte diesen Sicherheit und untersagte jegliche Übergriffe gegen diese (vgl Kurzinformation der Staatendokumentation, Syrien vom 10.12.2024, S 9 f). Wenn nun bereits gegenüber aktiv dienenden Wehrpflichtigen eine Amnestie ausgesprochen wurde, so kann erst recht nichts Anderes für Personen (wie den BF) gelten, die den Wehrdienst nicht einmal abgeleistet haben und „nur“ wehrpflichtig waren und deshalb sogar das Land verlassen haben. Da auch sonst keine Anhaltspunkte hervorkamen, die den BF oder seine Familie ins Blickfeld der HTS gerückt hätten, war festzustellen, dass ihm keine oppositionelle Gesinnung von dieser unterstellt wird.
2.2.5. Zur Feststellung der Möglichkeit der Rückkehr nach Syrien: Es kamen keine Anhaltspunkte hervor, weshalb dem BF eine Rückkehr nicht möglich sein sollte.
Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Länderberichte. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bieten, besteht im vorliegenden Fall für das BVwG kein Anlass, an der Richtigkeit der herangezogenen Länderinformationen zu zweifeln. Die den Feststellungen zugrundeliegenden Länderberichte sind in Bezug auf die Sicherheitslage in Syrien aktuell.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:
3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (in Folge: AsylG 2005), ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen“.
Die rechtskräftige Gewährung von subsidiärem Schutz steht mangels einer diesbezüglichen relevanten Änderung der Rechts- oder Tatsachenlage der Prüfung einer innerstaatlichen Fluchtalternative entgegen (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/18/0054).
Für die Gewährung von Asyl ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass dem Fremden in seinem Herkunftsstaat – mangels eines rechtlich nicht möglichen Verweises auf eine innerstaatliche Fluchtalternative – im Herkunftsgebiet Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199), wobei es reicht, dass die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).
Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 12.3.2020, Ra 2019/01/0472).
Die Gefahr der Verfolgung kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden, sondern auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeine Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung, jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten (etwa VwGH vom 23.02.2017, Ra 2016/20/0089).
In der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird ausgeführt, dass drohende Bestrafung wegen der Weigerung der Teilnahme an einem von der Völkergemeinschaft verurteilten Kriegseinsatz dann zur Asylgewährung führen könne, wenn dem jeweiligen Asylwerber eine feindliche politische Gesinnung unterstellt werde (siehe etwa VwGH 21.12.2000, 2000/01/0072). Die Gewährung von Asyl ist dann gerechtfertigt, wenn eine Verknüpfung zwischen den Verfolgungshandlungen und einem Konventionsgrund gegeben ist (vgl. VwGH 04.07.2023, Ra 2023/18/0108). Der Verwaltungsgerichtshof vertritt darüber hinaus die Auffassung, dass unter dem Gesichtspunkt des Zwangs zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen – etwa gegen die Zivilbevölkerung – auch eine bloße Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung darstellen kann (VwGH 25.03.2003, 2001/01/0009). Dies ist auch in Art. 9 Abs. 2 lit. e der Richtlinie 2011/95/EU ausdrücklich festgehalten. Daher wäre eine (drohende) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 der genannten Richtlinie fallen, eine (drohende) asylrelevante Verfolgung.
Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Erlassung der Entscheidung vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der "Asylentscheidung" immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl zuletzt VwGH 29.06.2023, Ra 2022/01/0285, mwN; sowie jüngst unter Hinweis auf diese Entscheidung VfGH 27.2.2023, E 3307/2022).
3.2. Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt 2.2.4. (unter Heranziehung der entsprechenden Länderberichte) dargestellt, ist es dem BF nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihm im Falle der Rückkehr in seinen Heimatstaat Eingriffe in seine körperliche Integrität, eine Verfolgung, Gewalt, oder Lebensgefahr drohen. Er hat keine konkrete und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursachen in einem der in der GFK genannten Gründe hat, glaubhaft machen können. Aus den Feststellungen kann daher keine aufgrund der Konventionsgründe erfolgte individuelle Verfolgung des BF abgeleitet werden.
Aufgrund des erst kürzlich erfolgten Umsturzes und der zum Teil noch ungeklärten Verhältnisse in Syrien, ist die Annahme des Fortbestehens des Bürgerkrieges durchaus vertretbar. Der im Heimatland des BF herrschende Bürgerkrieg begründet allerdings für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl zuletzt VwGH 17.11.2017, Ra 2017/20/0404). Es bedarf einer zusätzlichen Gefährdung des Asylwerbers, aus asylrelevanten Gründen, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht. Solche kamen nicht hervor.
3.3. Verfolgung durch das von Bashar al-Assad angeführte Regime:
Der BF brachte vor, er sei durch das syrische Regime aufgrund seiner politisch motivierten Verweigerung des Wehrdienstes asylrelevant verfolgt. Dem kann nicht gefolgt werden.
Wie festgestellt, wurde das syrische Assad-Regime gestürzt. Da die bisherigen Macht-/Behördenstrukturen damit nicht mehr existieren, sind diese auch nicht mehr in der Lage, Personen zu verhaften oder zu rekrutieren. Der vom BF vorgebrachte Verfolger existiert nicht mehr, womit auch der vom BF diesbezüglich vorgebrachten Verfolgung die Aktualität fehlt. Die vom BF in Bezug auf die syrische Assad-Regierung vorgebrachten Fluchtgründe sind daher unbegründet (siehe dazu auch UNHCR, Position on Returns to the Syrian Arab Republic, Rz 6).
3.4. Verfolgung durch die HTS:
Nach der Rechtsprechung müssen, damit der Status des Asylberechtigten zuerkannt werden kann, die Verfolgungshandlungen aus asylrechtlich relevanten Gesichtspunkten drohen. Dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen stehen muss, ergibt sich schon aus der Definition des Flüchtlingsbegriffs in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wonach als Flüchtling im Sinn dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, "aus Gründen" der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen (vgl VwGH 12.12.2024, Ra 2024/19/0239, RS 2). Die Voraussetzung eines Kausalzusammenhangs besteht ¬ wenn auch in einem anderen Maße ¬ auch im Rahmen der Status-RL (siehe VwGH 14.10.2024, Ra 2024/20/0491, RS 4).
Wie festgestellt war die BF nie politisch tätig und hat auch keine kritische politische Einstellung gegenüber der HTS. Es ist damit nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass sich der BF an Protesten gegen die HTS beteiligt bzw seine (nicht vorhandene) oppositionelle Gesinnung öffentlich kundtut. Die vom BF geschilderten Probleme mit der HTS bezüglich Andersdenkende und Minderheiten betreffen ihn daher gar nicht (der BF ist sunnitischer Araber). Es ist daher auch nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass der BF deshalb in Situationen gerät, in denen er etwaige Verfolgungshandlungen zu vergegenwärtigen hätte.
Der unpolitische BF (Gegenteiliges wurde im Verfahren nie behauptet), der von der HTS nicht als regimenahe wahrgenommen wird, erfüllt daher bezüglich der HTS weder die von UNHCR aufgezählten Risikoprofile (Aktivist, Journalist, Protestierender, tatsächlicher/vermeintlicher Gegner der HTS; vgl UNHCR 2021, S 148 ff), noch jene der EUAA (vgl EUAA Kapitel 4.7.1. Funktionäre der syrischen Regierung, Mitglieder der SAA und bewaffneter Gruppen der Regierung; 4.7.2 Zivilisten, die als Unterstützer der Regierung wahrgenommen werden).
Als Rückkehrer wird der BF, dem diese Rückkehr auch möglich ist, ebenfalls nicht asylrelevant verfolgt. Den Länderberichten ist u.a. zu entnehmen, dass Soldaten, die sich freiwillig für den Dienst in der Armee gemeldet haben, keine Amnestie gewährt wird (siehe die Kurzinformation der Staatendokumentation, S 9 f). Dies lässt darauf schließen, dass Personen, die als regimenahe gelten (vgl dazu auch das Risikoprofil der EUAA, 4.7.2. Zivilisten, die als Unterstützer der Regierung angesehen werden, S 63 ff), bzw derart in Erscheinung getreten sind (zB im Rahmen einer freiwilligen Meldung zum Militärdienst), verfolgt werden können. Da der BF allerdings nicht einmal die Wehrpflicht absolviert hat und auch sonst keine Anhaltspunkte hervorkamen, dass die HTS ihn als regimenahe wahrnehmen sollte, ist eine diesbezügliche asylrelevante Verfolgung ebenso nicht maßgeblich wahrscheinlich.
Aus den Länderberichten ergibt sich, dass bewaffnete oppositionelle Gruppen wie ua die HTS (Hay'at Tahrir ash-Sham) Zivilisten in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auferlegen und es dort keine Zwangsrekrutierungen gibt. Durch wirtschaftliche Anreize sowie die islamische Ideologie hat die HTS ausreichend junge Männer, die sich dieser anschließen. Es wird zwar nicht verkannt, dass die Rekrutierungspraxis der HTS eine „höheren Organisationsgrad“ aufweist und in der Vergangenheit zum Teil bereits Vorarbeiten einer „regulären Armee“ ersichtlich waren, allerdings setzte die HTS bislang auf Freiwilligenmeldungen (vgl LIB, Kapitel nicht-staatliche bewaffnete Gruppierungen (regierungsfreundlich und regierungsfeindlich)). Dass sich die Lage zwischenzeitig geändert hätte, hat der BF nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Zu bedenken ist, dass die HTS auch ohne Wehrpflicht/Zwangsrekrutierung über ausreichend Kräfte für die Machtübernahme in weiten Teilen Syriens verfügt(e). Mangels der tatsächlichen Durchführung von Zwangsrekrutierungen durch die HTS, scheidet eine diesbezügliche asylrelevante Verfolgung ebenfalls aus.
Eine Zwangsrekrutierung durch die SDF (kurdische Milizen) oder FSA/SNA (türkische Milizen) ist auszuschließen, da sich der Herkunftsort des BF in der Kontrolle der HTS befindet. Er kann diesen Ort erreichen, ohne Gebiete zu durchqueren, die im Einflussbereich der SDF oder der FSA/SNA stehen.
Die Durchsicht der aktuellen Länderberichte zur Heimatregion des BF erlaubt es nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen. Die nach dem Machtwechsel noch instabile Lage, eine etwaige prekäre Versorgungslage, oder sonstige Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine asylrelevante Verfolgung im Sinne der GFK dar.
3.5. Zur Entscheidungsreife des Sachverhalts:
Aus diesem Grund steht auch die Position des UNHCR (UNHCR-Position on Returns to the Syrian Arab Republic, Dezember 2024) der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen:
Die von UNHCR thematisierten Fragen der freiwilligen Rückkehr („Voluntary Returns“) sowie des Moratoriums zwangsweiser Rückführungen („Moratorium on Forced Returns“) sind mit Blick auf den Gegenstand dieser Entscheidung nicht relevant. Des Weiteren plädiert UNHCR dafür, dass vorerst keine negativen Entscheidungen über Asylanträge von syrischen Staatsangehörigen, erlassen werden. Zutreffend weist UNHCR zunächst darauf hin, dass das Risiko einer Verfolgung durch die einstige Regierung, also das Assad-Regime, geendet habe. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit den – in zahlreichen Medien veröffentlichten – Informationen, auf die sich die gegenständliche Entscheidung stützt. Im Falle des Entstehens neuer Asylgründe infolge der Lageänderung in Syrien ab Ende November/Anfang Dezember 2024 wäre eine entsprechende Glaubhaftmachung am – rechtskundig vertretenen und über seine Mitwirkungspflicht belehrten – BF gelegen. Sollten sich (im Gegensatz zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt) neue Asylgründe infolge des Machtwechsels konkretisieren, steht dem BF auch in Zukunft die Möglichkeit offen, einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Zum hier relevanten Entscheidungszeitpunkt ist jedenfalls von keiner asylrelevanten Verfolgung auszugehen. Im Übrigen ist beachtlich, dass auch UNHCR keine konkreten neuen Verfolgungsrisiken ins Treffen führt, sondern sich bloß allgemein auf die in Syrien vorherrschende Unsicherheit und Instabilität bezieht. Vor diesem Hintergrund sei abschließend noch einmal daran erinnert, dass der BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten innehat.
3.6. Die belangte Behörde hat daher den Antrag des BF auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zu Recht abgewiesen, weshalb die dagegen gerichtete Beschwerde gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des BVwG nicht gegeben.