Spruch
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag.a Marlene JUNGWIRT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Jordanien, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , den Beschluss:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF) stammt aus Jordanien und reiste zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern spätestens am 29.03.2023 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet ein. Die Mutter des BF stellte für den BF am 08.04.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 3 Ziffer 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 3 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Jordanien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.) Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Jordanien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI).
2. Der Bescheid wurde der Mutter des BF am 11.07.2024 persönlich zugestellt.
3. Gegen diesen Bescheid wurde von der gewillkürten Vertretung des BF Beschwerde erhoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Mutter des BF stellte für den BF am 08.04.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Mutter des BF am 11.07.2024 persönlich zugestellt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen waren auf Grundlage des von der belangten Behörde vorgelegten Akts, vor allem dem Zustellschein, sowie des Akts des Bundesverwaltungsgerichts zu treffen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß § 21 AVG und § 1 Zustellgesetz (ZustG) sind Zustellungen nach dem ZustG vorzunehmen.
Gemäß § 2 ZustG sind soweit die für das Verfahren geltenden Vorschriften nicht eine andere Form der Zustellung vorsehen, die Schriftstücke durch Organe der Post, durch Organe der Behörden oder, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Raschheit gelegen ist, durch Organe der Gemeinden zuzustellen.
Gemäß § 5 Absatz 1 ZustG ist, soll das Schriftstück durch Organe der Post zugestellt werden, es der Post als Sendung mit abtrennbarem Rückschein zu übergeben. Auf der Sendung und dem Rückschein sind der Empfänger, die Abgabestelle und die Behörde, in deren Namen zugestellt werden soll, sowie für die Zustellung sonst notwendige Vermerke anzugeben. Bei Verwendung von Fensterbriefumschlägen dürfen die notwendigen Angaben auch auf dem Inhalt der Sendung angebracht werden, wenn sie durch das Fenster des Briefumschlages sichtbar sind. Gemäß § 5 Absatz 2 ZustG gilt der Abs. 1 sinngemäß auch für Schriftstücke, die durch Organe der Behörde oder der Gemeinde zugestellt werden sollen, sofern die für die Zustellung erforderlichen Angaben dem Zusteller nicht auf andere Weise bekanntgegeben werden.
Nach § 9 AVG sind Fragen der persönlichen Rechts- und Handlungsfähigkeit von am Verwaltungsverfahren Beteiligten nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist.
Gemäß dem zum Zeitpunkt der beabsichtigten Zustellung des Bescheides geltenden § 10 Absatz 1 BFA-VG ist für den Eintritt der Handlungsfähigkeit in Verfahren vor dem Bundesamt, vor den Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG und in einem Verfahren gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 vor dem Bundesverwaltungsgericht ist ungeachtet der Staatsangehörigkeit des Fremden österreichisches Recht maßgeblich.
Die Geschäftsfähigkeit eines Menschen bestimmt sich demnach primär nach seinem Alter. Mit der Volljährigkeit (=Vollendung des 18. Lebensjahres) erreicht der geistig gesunde österreichische Staatsbürger die volle Geschäftsfähigkeit und ist daher jedenfalls auch prozessfähig. Hingegen stehen Minderjährige, also Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 21 Abs. 2 ABGB), unter dem besonderen Schutz der Gesetze (§ 21 Abs. 1 ABGB) und können daher an sich ohne ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung des gesetzlichen Vertreters rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten. Sie sind also grundsätzlich geschäftsunfähig und damit auch prozessunfähig (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2016/19/0351 bis 0353, mwN).
Unterlaufen bei der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Schriftstück dem von der Behörde angegebenen Empfänger tatsächlich zugekommen ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt als „Empfänger“ im Sinn dieser Bestimmung die Person, die in der Zustellverfügung als Empfänger angegeben worden ist („formeller Empfängerbegriff“) (vgl. etwa VwGH 13.6.2022, Ra 2021/01/0042 bis 0045, Rn. 25, mwN).
Die fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung kann demnach nicht heilen (vgl. VwGH 25.2.2019, Ra 2017/19/0361, mwN).
Bezeichnet also die Behörde fälschlich nicht die handlungs- und prozessfähige Person, sondern den gesetzlichen Vertreter als Empfänger eines Schriftstücks (Dokuments), so liegt ein Mangel des Zustellvorgangs vor, der nicht geheilt werden kann.
Zum Zeitpunkt der Bescheidzustellung (mithin am 11.07.2024) war der Beschwerdeführer 18 Jahre alt und somit war diesem der Bescheid zuzustellen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat seine Zustellverfügung (iSd § 5 ZustG) in der Form getroffen, dass es die Mutter als gesetzliche Vertretung als Empfänger nannte. Aus der oa. Darstellung ergibt sich, dass der Bescheid dem Beschwerdeführer persönlich zuzustellen gewesen wäre.
Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX ist daher nicht rechtswirksam erlassen worden.
Das Beschwerderecht gegen einen Bescheid des Bundesamtes setzt gemäß § 7 VwGVG die rechtswirksame Erlassung bzw. Zustellung des Bescheides voraus. Da eine solche nicht vorliegt, war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
Absehen von der Verhandlung:
Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z1 und Abs 4 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.