Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak und die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revisionen 1. des T K (protokolliert zu Ra 2025/04/0201) und 2. des Dipl. Ing. (FH) D K (protokolliert zu Ra 2025/04/0202), beide vertreten durch die e/n/w/c Natlacen Walderdorff Cancola Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich jeweils vom 28. Juli 2025, 1. Zl. LVwG S 1568/001 2024 und 2. Zl. LVwG S 1567/0012024, betreffend Übertretungen der GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt St. Pölten), den Beschluss gefasst:
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
1Jeweils mit Straferkenntnis vom 20. Juni 2024 legte die belangte Behörde den beiden Revisionswerbern zur Last, sie hätten es als handelsrechtliche Geschäftsführer der XY GmbH, die Inhaberin des Gewerbes Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik, Standort der Gewerbeberechtigung an näher genannter Adresse in St. Pölten, in der Zeit vom 13. September 2023 bis zumindest 9. April 2024 gewesen sei und während dieses Zeitraums das angeführte Gewerbe ausgeübt habe, zu verantworten, dass „durch diese Gesellschaft“ nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers „mit 13.09.2023 bis zum 09.04.2024“ der Gewerbebehörde kein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer angezeigt worden sei. Die Revisionswerber hätten dadurch eine Verwaltungsübertretung nach „§ 39 Abs. 1 iVm 367 Z 1 GewO 1994“ begangen, weshalb über die Revisionswerber eine Geldstrafe in der Höhe von jeweils € 150,(Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 23 Stunden) verhängt und ihnen ein Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs. 2 VStG in der Höhe von jeweils € 15, vorgeschrieben werde.
2 Die dagegen von den beiden Revisionswerbern erhobenen Beschwerden wies das Verwaltungsgericht mit den angefochtenen Erkenntnissen jeweils mit der Maßgabe der Änderung des Spruchs der Straferkenntnisse dahingehend ab, die Revisionswerber hätten es als handelsrechtliche Geschäftsführer der XY GmbH zu verantworten, dass „durch diese Gesellschaft nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers ... per 13.09.2023 und Ablauf der Frist zur Neubestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers per 13.03.2024 der Gewerbebehörde, ... bis zum 09.04.2024 kein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer angezeigt“ worden sei (jeweils Spruchpunkt 1.), verpflichtete die beiden Revisionswerber zu einem Kostenbeitrag des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von je € 30, (jeweils Spruchpunkt 2.) und sprach jeweils aus, dass die Revision nicht zulässig sei (jeweils Spruchpunkt 3.).
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht jeweils zusammengefasst aus, der Erstund der Zweitrevisionswerber seien gemeinsam mit zwei weiteren näher genannten Personen handelsrechtliche Geschäftsführer der XY GmbH. Der bisherige gewerberechtliche Geschäftsführer der XY GmbH sei mit 13. September 2023 aus dem Unternehmen der XY GmbH ausgeschieden. Gemäß § 9 Abs. 2 GewO 1994 dürfe das Gewerbe längstens für sechs Monate bis zur Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers weiter ausgeübt werden. Wesentliche Rechtsfolge der Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer sei die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auf die bestellte Person. Werde binnen der gesetzlich festgelegten Frist des § 9 Abs. 2 GewO 1994 ein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt, habe dieser vor dem Hintergrund des § 39 Abs. 2 GewO 1994 der Erteilung der Anordnungsbefugnis und seiner Bestellung „nachweislich“ zuzustimmen. Der Zustimmungsnachweis könne der Behörde gegenüber in jeder Form erbracht werden, wie etwa durch Vorlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages oder durch mündliche oder schriftliche Erklärung des Geschäftsführers. Einer Anzeige bzw. einem Ansuchen um Bewilligung (§ 95 GewO 1994) sei daher ein entsprechender Vertrag oder eine schriftliche Erklärung anzuschließen.
Das Vorbringen der Revisionswerber, das Schreiben der XY GmbH vom 14. Februar 2024 an die Gewerbebehörde über die Bestellung des Zweitrevisionswerbers zum gewerberechtlichen Geschäftsführer sei am Postweg in Verstoß geraten, sei rechtlich ohne Belang, weil diesem Schreiben keine nachweisliche Erklärung des Zweitrevisionswerbers, der Erteilung der Anordnungsbefugnis und seiner Bestellung zuzustimmen, angehängt gewesen sei und daher dieses Schreiben nicht den Vorgaben des § 39 GewO 1994 entsprochen habe.
Selbst unter der Annahme, dass es zu einer postalischen Zustellung dieses von N.N. als Bevollmächtigtem der XY GmbH verfassten und gezeichneten Schreibens bei der belangten Behörde gekommen sei, habe der Zweitrevisionswerber gegenüber der Behörde weder schriftlich noch telefonisch die nachweisliche Zustimmung zur Erteilung der Anordnungsbefugnis und seiner Bestellung erstattet.
Sei die Anforderung des § 39 Abs. 2 GewO 1994 nicht erfüllt, liege eine Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers iSd § 39 Abs. 1 GewO 1994 nicht vor.
Das Vorbringen der Revisionswerber, die Rücksprache mit der belangten Behörde habe ergeben, dass für das gegenständliche Gewerbe am gegenständlichen Standort kein gewerberechtlicher Geschäftsführer notwendig sei und daher mit 18. Juni 2024 das Gewerbe mit näher genannter GISA Zahl am gegenständlichen Standort zurückgelegt worden sei, ändere nichts daran, dass im zur Last gelegten Tatzeitraum das Gewerbe zur näher genannten GISA Zahl ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer ausgeübt worden sei. Die Revisionswerber treffe daran ein Verschulden.
Der Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z 1 GewO 1994 könne erst nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers und Ablauf der Frist zur Neubestellung, vorliegend ab 14. März 2024, verwirklicht werden. Der Spruch des Straferkenntnisses sei daher durch Einschränkung des Tatzeitraums auf nunmehr 14. März 2024 bis 9. April 2024 zu ändern gewesen.
4 Dagegen richten sich die beiden vorliegenden außerordentlichen Revisionen. Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Revisionen aufgrund ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8Die Ausübung eines Gewerbes durch eine juristische Person, wie vorliegend die XY GmbH, setzt gemäß § 9 Abs. 1 GewO 1994 die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers voraus. Gemäß § 39 Abs. 4 erster Satz GewO 1994 hat der Gewerbeinhaber die Bestellung und das Ausscheiden des Geschäftsführers der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen. Der Anzeige sind gemäß § 345 Abs. 3 zweiter Satz GewO 1994 die zum Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung als gewerberechtlicher Geschäftsführer nach § 39 Abs. 2 GewO 1994 erforderlichen Belege anzuschließen. Dies umfasst unter anderem Belege über die nachweisliche Zustimmung der zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellten Person zur Erteilung der Anordnungsbefugnis und seiner Bestellung (§ 39 Abs. 2 zweiter Satz GewO 1994). Scheidet der Geschäftsführer aus, so darf das Gewerbe gemäß § 9 Abs. 2 erster Satz GewO 1994 bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden. Gemäß § 367 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer trotz der gemäß § 9 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers ein Gewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs. 4 über die Bestellung eines dem § 39 Abs. 2 GewO 1994 entsprechenden Geschäftsführers erstattet zu haben.
9Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die revisionswerbende Partei in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 16.1.2025, Ra 2023/04/0269, Rn. 9, mwN).
10Die Aufhebung eines Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nach § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG setzt voraus, dass das Verwaltungsgericht bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschriften zu einem anderen Erkenntnis oder Beschluss hätte kommen können. Daher reicht es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel konkret darzulegen. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. VwGH 8.3.2021, Ra 2020/14/0341, Rn. 26, mwN).
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG liegt als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 7.4.2025, Ro 2024/04/0030, Rn. 15, mwN).
12 Vorliegend machen die Revisionswerber im jeweiligen Zulässigkeitsvorbringen ein Abweichen von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur „Beweiswürdigung unter Berücksichtigung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes“ geltend, ohne jedoch fallbezogen eine nach den dargelegten Grundsätzen unvertretbare Beweiswürdigung aufzuzeigen.
13Daran vermag auch der Hinweis auf den Grundsatz „in dubio pro reo“ nichts zu ändern. Vielmehr gilt dieser Grundsatz nur für jene Fälle, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte. Wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung somit Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen. Gelangt jedoch das Verwaltungsgericht im Zuge der freien und nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung zu der Überzeugung, dass die Verwaltungsübertretung vom Revisionswerber begangen wurde, liegt keine Verletzung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ vor (vgl. zu alldem VwGH 27.5.2025, Ra 2025/02/0077, Rn. 12 und 13, mwN).
14 Soweit im Zulässigkeitsvorbringen zu einer unvertretbaren Beweiswürdigung pauschal das Fehlen jeglicher Ermittlungstätigkeit zum Vorliegen näher dargestellter Sachverhaltselemente moniert wird, machen die Revisionswerber einen Verfahrensmangel geltend, ohne jedoch darzulegen, welche fallbezogen wesentlichen Ermittlungsschritte das Verwaltungsgericht konkret unterlassen hat und zu welchen anderen fallbezogen wesentlichen Sachverhaltsfeststellungen das Verwaltungsgericht aufgrund der Aufnahme der unterlassenen Ermittlungen hätte kommen müssen.
15 Die Zulässigkeit ihrer Revisionen begründen die Revisionswerber überdies mit einem Abweichen „von der Rsp aufgrund eines sekundären Feststellungsmangels“, ohne jedoch auf konkrete Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Bezug zu nehmen. Damit wird bereits deshalb keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 BVG aufgezeigt (vgl. zur unzureichenden Behauptung eines Abweichens von Rechtsprechung ohne Bezugnahme auf konkrete Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 4.2.2021, Ra 2020/04/0169, Rn. 9, mwN).
16 Unabhängig davon setzt ein sekundärer Feststellungsmangel das Fehlen von entscheidungswesentlichen Sachverhaltsfeststellungen aufgrund einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichts voraus. Ein solcher Feststellungsmangel wird jedoch von den Revisionswerbern nicht aufgezeigt, soweit sie in diesem Zusammenhang jeweils wiederum pauschal das Fehlen „jeglicher Ermittlungstätigkeiten“ sowie die Vornahme der „Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise“ monieren.
17Zum wiederholten Vorwurf der Aktenwidrigkeit in den Zulässigkeitsvorbringen ist darauf hinzuweisen, dass eine solche nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vorliegt, wenn der Akteninhalt unrichtig wiedergegeben wurde bzw. wenn sich das Verwaltungsgericht bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hat (vgl. etwa VwGH 13.1.2025, Ra 2021/04/0193, Rn. 25, mwN). Eine solche Aktenwidrigkeit zeigen die Revisionswerber jedoch fallbezogen nicht auf.
18Schließlich machen die Revisionswerber ein Abweichen von näher dargelegter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „zum Nichtvorliegen eines schuldhaften Verhaltens bei Verlustigwerdens einer Postsendung iSd § 5 VStG 1991“ geltend. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht die Verwirklichung des Tatbestands des § 367 Z 1 GewO 1994 nicht (bloß) auf das Nichteinlangen des Schreibens der XY GmbH vom 14. Februar 2024 über die Bestellung des Zweitrevisionswerbers stützte. Vielmehr wies das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass unabhängig vom Einlangen des Schreibens bei der Gewerbebehörde dieses mangels nachweislicher Zustimmung des Zweitrevisionswerbers zur Erteilung der Anordnungsbefugnis und seiner Bestellung nicht den Erfordernissen einer Anzeige gemäß § 39 Abs. 4 iVm § 345 Abs. 3 zweiter Satz GewO 1994 entsprochen hat.
19 In den beiden Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.
Wien, am 17. Oktober 2025
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