Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des B in A, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 27/II, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 24. März 2025, LVwG 2025/31/0339 6, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (Verwaltungsgericht) vom 24. März 2025 wurden im Beschwerdeverfahren mit Spruchpunkt A. über den Revisionswerber wegen der Übertretung des § 99 Abs. 1b iVm § 5 Abs. 1 StVO eine Geld und eine Ersatzfreiheitstrafe verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vorgeschrieben. Mit Spruchpunkt B. wurde dem Revisionswerber der Führerschein für einen bestimmten Zeitraum entzogen und ein Verkehrscoaching angeordnet. Zu beiden Spruchpunkten sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist.
2 Zu Spruchpunkt A. traf das Verwaltungsgericht u.a. Feststellungen zum Lenken des KFZ, zum Alkoholgehalt der Atemluft des Revisionswerbers, zur Eichung und zur zuletzt am 12. Juni 2024 erfolgten Überprüfung des Alkomaten und zur Trinkverantwortung des Revisionswerbers. In der Folge erläuterte das Verwaltungsgericht ausführlich seine Beweiswürdigung, insbesondere weshalb aufgrund welcher Aussagen vom Lenken des KFZ durch den Revisionswerber auszugehen sei. Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht u.a. hinsichtlich der behaupteten Messwertdifferenz aus, dass bei einer Atemalkoholkonzentration von über 0,5 mg/l die Messergebnisse um nicht mehr als 10 % auseinanderliegen dürften. Die zu beurteilenden Messergebnisse differierten um 0,02 mg/l und somit weniger als 4 %. Es sei in der Folge der niedrigere Wert herangezogen worden. Diese Werte stünden mit der nunmehrigen Trinkverantwortung des Revisionswerbers (drei große Bier und ein Schnaps) im Einklang. Weiters beschäftigte sich das Verwaltungsgericht mit dem Verschulden des Revisionswerbers und begründete seine Strafbemessung.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Zur Zulässigkeit dieser Revision hinsichtlich der Übertretung der StVO:
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 12.10.2022, Ra 2022/02/0181, mwN).
8Dem Erfordernis einer gesonderten Zulässigkeitsbegründung wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. etwa VwGH 12.10.2022, Ra 2022/02/0181, mwN).
9 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, der Revisionswerber sei aufgrund des nunmehr angefochtenen Erkenntnisses insoweit beschwert, als hierdurch der Führerscheinentzug rechtskräftig geworden sei und er rechtskräftig eine Geldstrafe in der Höhe von insgesamt € 960,zu bezahlen habe. Es liege im Hinblick auf die Grundsätze des fairen Verfahrens nach Art. 6 EMRK eine Mangelhaftigkeit des abgeführten Ermittlungsverfahrens vor, welche geeignet gewesen sei, den Revisionswerber zu benachteiligen: Aus der Anzeige ergäben sich evidente Diskrepanzen im Hinblick auf die durchgeführten Messungen vom Vorfallstag; nicht nachvollziehbar sei somit, dass der Alkovortest 19 Minuten vor der ersten Messung einen 0,6 mg/l höheren Wert ergeben hat, als die erste Messung, und dass die zweite Messung 1 Minute später einen um 0,2 mg/l niedrigeren Wert ergeben hat als die erste Messung. Im Ergebnis seien somit diese Messungen nicht nachvollziehbar und könnten diese somit nicht als Grundlage zum Vorwurf einer Verwaltungsübertretung herangezogen werden. Einer der fundamentalsten, elementarsten Grundsätze des Verwaltungsstrafverfahrens sei der Grundsatz „in dubio pro reo“. Dieser Grundsatz sei vollkommen außer Acht gelassen worden und sei man einfach aufgrund der Tatsache, dass der Revisionswerber Halter des Fahrzeuges sei, auch davon ausgegangen, dass er der Lenker gewesen sein müsse, obwohl er das Fahrzeug gar nicht gelenkt habe. Hätte die belangte Behörde dies beachtet, hätte sie einen anderen Bescheid zu erlassen gehabt.
10Hiezu ist auszuführen, dass in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen ist, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. etwa VwGH 23.4.2018, Ra 2018/11/0066, mwN).
11 Mit der bloßen Behauptung, die Messungen seien nicht nachvollziehbar, wird vor dem Hintergrund der Ausführungen des Verwaltungsgerichtes, denen der Revisionswerber nicht entgegentritt, sowie der Tatsache, dass ein Alkovortestgerät anders als der verwendete Alkomat nicht geeicht ist, keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.
12Der Grundsatz „in dubio pro reo“ gilt schließlich nur für jene Fälle, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte (vgl. z.B. VwGH 13.1.2025, Ra 2024/02/0246, mwN). Wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung somit Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen. Verbleibt an der Richtigkeit des Tatvorwurfes kein Zweifel, fehlt es an der Anwendungsmöglichkeit des Grundsatzes „in dubio pro reo“ (vgl. zum Ganzen VwGH 6.7.2023, Ra 2023/02/0108, mwN).
13 Das Verwaltungsgericht ist nach eingehender Würdigung aller vorliegenden Beweisergebnisse und entgegen dem Revisionsvorbringen nicht allein aufgrund der Haltereigenschaftvom Lenken des Fahrzeuges durch den Revisionswerber ausgegangen. Wenn das Verwaltungsgericht jedoch im Zuge der freien und nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangte, dass die Verwaltungsübertretung vom Revisionswerber begangen wurde, liegt keine Verletzung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ vor. Mit diesem Vorbringen wird daher ebensowenig eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. VwGH 16.7.2020, Ra 2020/02/0006, mwN).
14 In der Revision werden somit soweit sie die Übertretung der StVO betrifft keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in diesem Umfang zurückzuweisen. Über die Revision bezüglich der Entziehung der Lenkberechtigung wird der dafür zuständige Senat zu Ra 2025/11/0050 entscheiden.
Wien, am 27. Mai 2025