Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des B, vertreten durch die Schärmer + Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 21. August 2025, LVwG S 1149/001 2025, betreffend Übertretung des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf (belangte Behörde) vom 28. April 2025 wurde dem Revisionswerber angelastet, sich vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt zu haben, dass das von ihm gelenkte Sattelkraftfahrzeug den Vorschriften des KFG entspreche, weil das höchste zulässige Gesamtgewicht von 40.000 kg durch die Beladung um 4.720 kg überschritten worden sei. Der Revisionswerber habe dadurch § 102 Abs. 1 iVm § 101 Abs. 1 lit. a KFG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 Z 1 KFG eine Geldstrafe von € 250,(Ersatzfreiheitsstrafe 25 Stunden) verhängt und ihm gemäß § 64 Abs. 2 VStG ein Kostenbeitrag vorgeschrieben wurden.
2Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) keine Folge und es bestätige das bekämpfte Straferkenntnis mit der Maßgabe der Spruchkorrektur, dass beim betroffenen Sattelkraftfahrzeug die Summe der Gesamtgewichte gemäß § 4 Abs. 7a KFG für Kraftwagen mit Anhängern von 40.000 kg durch die Beladung um 4.720 kg überschritten worden sei, und dass die Übertretungsnorm § 102 Abs. 1 iVm § 4 Abs. 7a KFG laute. Dem Revisionswerber wurde gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vorgeschrieben und das Verwaltungsgericht sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Kern aus, die für eine Verwaltungsübertretung nach § 101 Abs. 1 lit. a KFG erforderliche Lastaufteilung auf Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger sei infolge der bei der Kontrolle erfolgten bloßen Gesamtverwiegung des Sattelkraftfahrzeugs nicht mehr möglich. Die Richtigstellung des Spruchs sei deshalb vorzunehmen gewesen, weil dem Revisionswerber im bekämpften Straferkenntnis nach der im Spruch ersichtlichen Tatumschreibung eine Übertretung des § 4 Abs. 7a KFG zur Last gelegt werde.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8Der Revisionswerber erachtet seine Revision deshalb als zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche und in krassem Widerspruch zu den geltenden Verfahrensgrundsätzen stehe (Hinweis auf VwGH vom 18.2.2015, Ra 2015/04/0003, 0004). Indem das Verwaltungsgericht das von der belangten Behörde vorgeworfene höchste zulässige Gesamtgewicht auf das tatsächliche Gesamtgewicht umgestellt habe, sei es zu einer unzulässigen Auswechslung der Tat gekommen, weil es sich um zwei völlig verschiedene Tatbilder handle. Dem Spruch des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Straferkenntnisses fehle die Summe der (tatsächlichen) Gesamtgewichte, die das Verwaltungsgericht als neues Sachverhaltselement eingeführt habe.
9 Gemäß § 101 Abs. 1 lit. a KFG ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern u.a. nur zulässig, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten und die größte Breite des Fahrzeuges sowie die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte eines Kraftfahrzeuges mit Anhänger, bei Starrdeichselanhängern abzüglich der größeren der höchsten zulässigen Stützlasten beider Fahrzeuge, wenn diese gleich sind, einer dieser Stützlasten, bei Sattelkraftfahrzeugen abzüglich der größeren der höchsten zulässigen Sattellasten beider Fahrzeuge, wenn diese gleich sind, einer dieser Sattellasten durch die Beladung nicht überschritten werden.
10 § 2 Z 33 KFG definiert als höchstes zulässiges Gesamtgewicht das höchste Gesamtgewicht, das ein bestimmtes Fahrzeug erreichen darf.
11 Nach § 4 Abs. 7a KFG darf bei Kraftwagen mit Anhängern von näher genannten Ausnahmen abgesehen die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten 40.000 kg nicht überschreiten.
12 Gemäß § 2 Z 32 KFG ist das Gesamtgewicht das Gewicht des fahrbereiten Fahrzeuges samt der Ladung, dem Lenker und allen gleichzeitig beförderten Personen; das Gesamtgewicht eines Anhängers, ausgenommen Sattelanhänger und Starrdeichselanhänger; ergibt sich aus der von der Achse oder den Achsen des an das Zugfahrzeug angekuppelten beladenen Anhängers auf die Fahrbahn übertragenen Last.
13Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Verwaltungsstrafsache im Umfang des vom bekämpften Straferkenntnis erfassten und erledigten Sachverhalts (vgl. VwGH 24.7.2019, Ra 2018/02/0163, mwN). Demnach darf die Sache des behördlichen Verwaltungsstrafverfahrens nicht ausgewechselt, erweitert oder ausgedehnt werden (vgl. VwGH 22.4.2025, Ra 2024/02/0224, mwN). Die Verwaltungsgerichte sind in Verwaltungsstrafsachen berechtigt, die als erwiesen angenommene Tatunter Beachtung der durch das Verbot der reformatio in peius (§ 42 VwGVG) gezogenen Grenzeneiner anderen rechtlichen Subsumtion, etwa der Unterstellung unter eine andere Strafnorm, zu unterziehen (vgl. VwGH 19.6.2019, Ra 2019/02/0098, mwN).
14Das vom Revisionswerber beanstandete Sachverhaltselement der Summe der (tatsächlichen) Gesamtgewichte lässt sich dem Spruch des Straferkenntnisses entnehmen, weil dort die maßgeblichen 40.000 kg und die Überschreitung um 4.720 kg genannt sind. Der im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses als „höchstes zulässiges Gesamtgewicht“ angegebene Wert von 40.000 kg entspricht der nach § 4 Abs. 7a KFG bei Kraftwagen mit Anhängern zulässigen Summe der tatsächlichen Gesamtgewichte (vgl. VwGH 16.1.2019, Ra 2018/02/0300).
15 Demgegenüber ist nach § 101 Abs. 1 lit. a KFG die Überschreitung der Summe der sich aus dem Zulassungsschein ergebendenhöchsten zulässigen Gesamtgewichte eines Kraftfahrzeuges mit Anhänger verpönt (vgl. VwGH 5.2.2016, Ra 2016/02/0007, mwN). Weder kann dem bekämpften Straferkenntnis entnommen werden, dass es auf Daten aus dem Zulassungsschein aufbaue, noch sind im Akt der belangten Behörde überhaupt die Zulassungsdaten des Sattelzugfahrzeugs oder des Sattelanhängers enthalten.
16 Dem bekämpften Straferkenntnis lag also das Überschreiten der tatsächlichen Gesamtgewichte zugrunde, deren Summe rechtlich für den Tatbestand des § 4 Abs. 7a KFG maßgeblich ist, sodass das Verwaltungsgericht ohne die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens zu überschreiten den Sachverhalt nach einer anderen Strafnorm beurteilen durfte.
17Soweit sich der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision auf einen krassen Widerspruch zu den geltenden Verfahrensgrundsätzen beruft, fehlt sowohl eine Konkretisierung des Verfahrensmangels als auch die Darstellung von dessen Relevanz (vgl. das schon zitierte Erkenntnis VwGH 18.2.2015, Ra 2015/04/0003, 0004).
18 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 7. November 2025
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